Ewige Renten und Annuitäten

Betriebswirtschaftslehre Loderer, C., Jörg, P., Pichler, K., Roth, L. & Zgraggen, P. (2005). Handbuch der Bewertung (3., erweiterte Auflage, Kap. 4, S. 97‐147). Verlag NZZ. Erstellt am Repetiert am Repetiert am Repetiert am 23.12.07
24.12.07 31.12.07 31.01.08 Wie berechnen wir den Wert ewiger und wachsender ewiger Renten? Wie berechnen wir mithilfe dieser Modelle Aktienkurse? Wie bewerten wir konstante oder wachsende Annuitäten? Wie setzen wir das Wissen über die Berechnung von Annuitäten ein, um den Wert von Obligationen zu bestimmen? Wie nutzen wir die Formel für die Berechnung von Annuitäten, um Projekte zu bewerten? Ewige Renten und Annui‐
täten Bemerkungen Das lernen Sie •
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Wie wir den Wert ewiger und wachsender ewiger Renten berech‐
nen und mithilfe dieser Modelle Aktienkurse bestimmen Wie wir Annuitäten (konstant oder wachsend) bewerten Wie wir das Wissen über die Berechnung von Annuitäten einsetzen, um den Wert von Obligationen zu bestimmen Wie wir die Formel für die Berechnung von Annuitäten nutzen, um Projekte zu bewerten Empfehlung Müssen wir Projekte bewerten, bei denen gleichmässige Cash Flows in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren bei gleichem Zinssatz anfallen, können wir dies über die Formel zur Berechnung von ewigen Renten oder Annuitäten tun. Ewige Renten offerieren ihren Käufern gleichmässig hohe Cash Flows bis in alle Ewigkeit. Wir vereinfachen die Berechnung des Present Value von ewigen Renten, indem wir die folgende Formel anwenden: Formelsammlung
Für wachsende ewige Renten mit konstanter Wachstumsrate g passen wir die Formel an und rechnen: Formelsammlung
Diese Formeln gelten für die so genannten nachschüssigen Renten, bei denen alle Zahlungen am Ende der einzelnen Perioden stattfinden. Vor‐
schüssige Renten dagegen leisten ihre Zahlungen am Anfang der einzel‐
nen Perioden, die erste also bereits heute. Der Ausdruck für ihren Pre‐
sent Value erfordert eine kleine Modifikation. Bei der Berechnung von Renten ist es wichtig zu beachten, dass sich C, R und g auf die gleiche Periode beziehen sollten (z.B. 1 Jahr oder 1 Monat). Annuitäten versprechen eine Serie von gleichmässigen Zahlungen über einen bestimmten Zeitraum. Bei nachschüssigen Annuitäten fallen diese Zahlungen analog zu den nachschüssigen Renten jeweils am Ende der einzelnen Perioden an. Den Present Value einer nachschüssigen Annui‐
tät berechnen wir mit der Formel ,
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Den Future Value einer nachschüssigen Annuität berechnen wir mit der Formel ,
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Verfasser: Stephan Hirschi
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1 Bei vorschüssigen Annuitäten erfolgen die Zahlungen nicht am Ende, sondern zu Beginn der einzelnen Perioden. Wenn wir die PVIFA‐Formel erweitern, können wir auch den Wert von wachsenden Annuitäten berechnen. Die Formel lautet: , ,
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, ,
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Dies ist die Formel für nachschüssige konstant wachsende Annuitäten. Um deren Future Value zu erhalten, multiplizieren wir einfach den Aus‐
druck für den Present Value mit (1 + R)T. Die Formel für vorschüssige Annuitäten berücksichtigt die Tatsache, dass diese Annuitäten bereits zu Beginn der Periode ihre erste Zahlung leisten. Die Annuitätsformeln sind bestens geeignet, um Obligationen zu bewer‐
ten oder überschlagsmässig den Wert eines Projekts zu bestimmen und so zu einer ersten Analyse zu gelangen. Prinzip der Additivität: Wir können den Present Value (PV) mehrerer Cash Flows bestimmen, indem wir die verschiedenen Cash Flows auf die Gegenwart diskontieren und anschliessend addieren. Modell der ewigen Rente: Projekt Cash Flows sind über eine unendliche Anzahl von Jahren konstant Æ Aktienkurse (Dividende) Annuitätsmodell: Cash Flows steigen oder sinken über eine vorgegebene Anzahl von Jahren konstant Æ Obligationen Die Bewertung von ewigen Renten Formelsammlung
Wir diskontieren die Cash Flows C vom Ende der laufenden Periode bis in die Ewigkeit mit einem Zinssatz R auf den heutigen Tag. Bei der Rech‐
nung ist zu beachten, dass für die Zahlungen die gleiche Periode gelten muss wie für den Zinssatz. Die Formel nimmt an, dass die erste Zahlung am Ende der ersten Periode stattfindet Æ nachschüssig. Fällt die erste Zahlung bereits heute an Æ vorschüssig, sieht der Wert der ewigen Rente anders aus: Formelsammlung
Ein typisches Beispiel für ewige Renten sind Aktien, auf welchen regel‐
mässig Dividenden ausgeschüttet werden. Der Wert einer Aktie hängt primär davon ab, in welchem Ausmass die Beteiligung finanziell ent‐
schädigt wird. Eine Aktie lässt sich also aufgrund ihrer erwarteten zu‐
künftigen Cash Flows bewerten, welche mit einem angemessenen Zins‐
satz diskontiert werden. Da Aktien keinen Verfalltermin aufweisen, fal‐
len Dividenden bis in alle Ewigkeit an. Somit können wir eine Aktie als ewige Rente eines Dividendenstroms bewerten. Aktien mit zunehmenden Dividendenzahlungen (nachschüssig): Formelsammlung
Die Wachstumsrate g kann sowohl positiv als auch negativ sein; im zwei‐
ten Fall sprechen wir von einer konstant sinkenden ewigen Rente. Im Falle vorschüssiger ewiger Renten ändert sich die Formel zu 04 Ewige Renten und Annuitäten 2/5
Formelsammlung
Verfasser: Stephan Hirschi
Die Formel für wachsende ewige Renten setzt voraus, dass R grösser ist als g. Die Bewertung von Annuitäten Annuität: verspricht eine Serie von gleichmässigen Zahlungen über einen bestimmten Zeitraum Æ Rente über eine bestimmte Anzahl Perioden; vor‐ oder nachschüssig, gleichmässig oder wachsend Æ Miete, Leasing, Darlehen, Obligationen usw. Die Bewertung von nachschüssigen Annuitäten Der Present Value von nachschüssigen Annuitäten Nachschüssige Annuitäten versprechen eine Zahlung am Ende jeder Periode: ,
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PVIFA: Present Value Interest Factor of an Annuity. Wenn wir den PVIFA‐
Wert mit dem Auszahlungsbetrag der Annuität multiplizieren, erhalten wir den Present Value der gesamten Annuität. Bei der Berechnung des Present Value einer Annuität muss für die Zahlungen die gleiche Periode gelten wie für den Zinssatz. Der Future Value von nachschüssigen Annuitäten Der Future Value einer Annuität mit Laufzeit T, Auszahlungen in der Höhe von C Franken und einem Zinssatz von R lässt sich berechnen, indem man den Present Value der Annuität aufzinst: , ,
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FVIFA: Future Value Interest Factor of an Annuity. Die Bewertung von vorschüssigen Annuitäten Die erste Zahlung fällt sofort an und muss folglich nicht diskontiert wer‐
den: ü
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Um den Future Value einer vorschüssigen Annuität zu berechnen, mul‐
tiplizieren wir den obigen Ausdruck mit (1 + R)K ü
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ü
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Die Bewertung von wachsenden Annuitäten Nachschüssige wachsende Annuitäten Nachschüssige wachsende Annuitäten versprechen eine Zahlung am Ende jeder Periode. Der einzige Unterschied zu einer konstanten Annui‐
tät ist der Multiplikator in der Formel: , ,
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, ,
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PVIFGA: Present Value Interest Factor of a Growing Annuity. Multiplizieren wir den PVIFGA‐Wert mit dem ersten Auszahlungsbetrag der Annuität, erhalten wir den Present Value der gesamten wachsenden Annuität. Um den Future Value einer wachsenden Annuität zu berech‐
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nen, kapitalisieren (verzinsen) wir den oben genannten Ausdruck (Multi‐
plikation mit (1 + R)T. Vorschüssige wachsende Annuitäten Die erste Zahlung fällt sofort an und muss nicht diskontiert werden: ü
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, ,
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Die Bewertung von festverzinslichen Anleihen (Obligationen) Ein Unternehmen emittiert eine Obligation, für die der Käufer einen bestimmten Preis bezahlt. Als Gegenleistung bietet das Unternehmen dem Obligationär einerseits regelmässige Zinszahlungen und anderer‐
seits die Rückzahlung des Nennwertes am Ende einer festgelegten Lauf‐
zeit. Da wir wissen, dass der Wert bzw. der Preis eines Vermögensgegens‐
tandes dem Present Value der zukünftigen Cash Flows entspricht, dis‐
kontieren wir einfach die versprochenen Cash Flows der Obligation mit einem entsprechenden Zinssatz. Die Couponzahlungen entsprechen dem Muster einer Annuität. Der Obligationenpreis wird meist in Prozent des Nominalwertes ausge‐
drückt. Die Couponzahlung (C) ergibt sich aus der Multiplikation des Couponsatzes (c) mit dem Nominalwert (NW). Wir gelangen zur prozen‐
tualen Notierung, indem wir die Couponsätze (c) mit dem Marktzinssatz (R) diskontieren. Eine solche Notierung hat den Vorteil, dass wir Obliga‐
tionen mit unterschiedlichen Nennwerten einfach miteinander verglei‐
chen können. Um den Frankenwert einer Obligation mit einem gegebe‐
nen Nennwert zu erhalten, müssen wir lediglich den Nennwert mit der Prozentangabe des Obligationspreises multiplizieren: % •
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unter pari: Der Preis der Obligation liegt tiefer als der Nennwert. Dies ist immer dann so, wenn der Couponsatz niedriger ist als der aktuelle Zinssatz Æ c < R zu pari: Der Couponsatz entspricht gerade dem Zinssatz. Der Preis der Obligation beträgt genau 100 Prozent Æ c = R über pari: Der Couponsatz ist höher als der Zinssatz Æ c > R Nullcouponobligation: Sie verspricht keine Zinszahlungen während der Laufzeit und besteht somit nur aus einer einmaligen Zahlung in der Höhe des Nennwertes am Ende der Laufzeit. Dafür bezahlen die Investierenden deutlich unter pari. Der Grund hier‐
für ist, dass der Preis in der Zeit steigen muss, um eine positive Rendite abzuwerfen. Marchzinsen: Zinsen, welche kalkulatorisch zwischen zwei Couponzah‐
lungen anfallen. Beim Kauf der Obligation muss der Käufer den Verkäu‐
fer im Umfang der aufgelaufenen Zinsen entschädigen. Typischerweise werden Preisnotierungen ohne Marchzinsen angegeben. Zur Bestimmung des notierten Preises müssen wir die Marchzinsen vom Present Value der zukünftigen Zahlungen abziehen. Die Marchzinsen betragen bei absoluter Notierung 1
360
bei prozentualer Notierung Formelsammlung
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360
In beiden Formeln bezeichnet t die Anzahl Tage bis zur nächsten Cou‐
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Verfasser: Stephan Hirschi
ponzahlung. Über die Autoren Loderer, Claudio: Studium an den Universitäten Bern und Rochester, N.Y., USA. Lehre an den University of Rochester, N.Y., Purdue University, West Lafayette, IN, und University of Chicago, IL. Seit September 1990 ordentlicher Professor für Finanzmanagement und Direktor des Instituts für Finanzmanagement an der Universität Bern. Mitbegründer und Di‐
rektor des Rochester‐Bern Executive M.B.A. Programms. Forschungs‐
schwerpunkte: Corporate Finance, Corporate Governance, Kapitalmärk‐
te, Risikomanagement, Bewertung sowie Mergers & Acquisitions. Jörg, Petra: Studium der Betriebswirtschaftslehre und Medienwissen‐
schaft an den Universitäten Bern und Rochester, N.Y., USA. Wirtschafts‐
journalistin. Lehre am Medienausbildungszentrum Luzern, an der Zür‐
cher Hochschule Winterthur und an der Universität Bern. Forschungs‐
schwerpunkt: Schnittfeld von Finanz und Kommunikation (Investitions‐
verhalten). Pichler, Karl: Studium der Betriebs‐ und Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Bern und Rochester, N.Y., USA. Roth, Lukas: Studium der Betriebs‐ und Volkswirtschaftslehre sowie Recht an den Universitäten Bern und Rochester, N.Y., USA. Seit Herbst 2000 Lehr‐ und Forschungsassistent am Institut für Finanzmanagement. Forschungsschwerpunkt: Auswirkungen der Liquidität auf die Bewertung von Unternehmen. Zgraggen, Pius: Studium der Betriebs‐ und Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Bern und Rochester, N.Y., USA. Lehre am Ausbildungszent‐
rum für Experten der Kapitalanlage (AZEK). 04 Ewige Renten und Annuitäten 5/5
Verfasser: Stephan Hirschi