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Mitteldeutschland - Hort der Sicherheit? | Manuskript
Mitteldeutschland – Hort der Sicherheit?
Bericht: Christine Schönfeld, Carina Huppertz, Thomas Datt, Christian Bergmann
Cornelia Ernst heute Morgen auf dem Weg in ihr Dresdner Büro. Gestern war die EUAbgeordnete der Linken noch in Brüssel, ist die ganze Nacht nach Deutschland
zurückgefahren.
Cornelia Ernst, Europaabgeordnete Die Linke, Sachsen
Ja es war natürlich toll in dem Moment dann wieder ins eigene Land zu kommen, es ist
schon nicht ganz ohne, da haben wir gesagt, jetzt sind wir drüben, endlich.
Stundenlang harren sie und die anderen Mitarbeiter im EU-Parlamentsgebäude aus,
während vor der Tür Ausnahmezustand herrscht. Am frühen Morgen erschüttern zwei
Explosionen den Flughafen Zaventem. Zwei Selbstmordattentäter sprengen sich und
mindestens 14 Menschen in die Luft. Anderthalb Stunden später: in der Metrostation
Maelbeek im Herzen des EU-Viertels sterben 20 Menschen, hunderte werden verletzt.
Cornelia Ernst:
Und dann bin ich durch die Fraktion gerannt und hab geguckt, wer ist da, gibt’s jemand der
fehlt, einfach so, man macht sich auch Sorgen, mein Assistent, der hatte sich ein bisschen
verspätet. Ich wusste, dass der sein Kaffee genau dort an der U-Bahn Station holt und er
hatte sich 10 Minuten verspätet. Noch nie war ich so glücklich über 10 Minuten Verspätung
wie an diesem Tag.
Und noch nie waren ihre Mitarbeiter so glücklich, ihre Chefin wiederzusehen.
Auch der CDU-Abgeordnete Sven Schulze aus Quedlinburg war gestern noch in Brüssel mit gesamter Familie, Sohn Philipp im Kindergarten neben dem Parlament.
Sven Schulze, Europaabgeordneter , CDU Sachsen-Anhalt
Und ich wollte natürlich zu ihm und ihn abholen als Vater möchte natürlich seine Kinder bei
sich haben. Jetzt gab’s aber die Situation, dass das Parlament darum gebeten hatte, dass
man erst mal im Parlament verbleibt. Es gab auch eine gewisse Zeit, wo man das das
Parlament nicht verlassen konnte und auch keiner kam rein ins Parlament.
Kathleen Schulze, Ehefrau
Also ich hab innerlich Panik gespürt und hab ihn angerufen und hab gesagt: Du musst sofort
nach Hause. Du holst bitte unseren Sohn ab und kommst sofort nach Hause. Mir war nichts
wichtiger in dem Moment, als meine Familie bei mir zu haben. Aber das war zu dem
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Moment natürlich nicht mehr möglich, weil die ganze Innenstadt schon abgeriegelt war. Das
Parlament war teilweise schon abgeschottet und ich hab nur zuhause gesessen und gehofft:
bitte lass nicht noch mehr passieren.
Am Abend kommt die Familie endlich aus Brüssel heraus, die Fahrt anstrengend, am
Grenzübergang Stau:
Sven Schulze
Das ist schon mehr als sonst gewesen und die haben auch die komplette Autobahn dicht
gemacht und alle über eine Grenzanlage geführt und in jedes Auto reingeleuchtet.
Deutschland ist alarmiert, hat seine Grenzkontrollen an den westlichen Außengrenzen
erhöht.
Thomas de Maizière, Bundesinnenminister, 22.03.2016
In solchen Fällen werden Schutzmaßnahmen in den Bereichen der kritischen Infrastruktur
getroffen, und das haben wir heute angewiesen, dazu gehört dann lageabhängig auch eine
sichtbare und robuste Präsenz und Ausstattung an den entsprechenden Orten.
Gehört Ostdeutschland dazu? Nervosität am Flughafen Leipzig gestern Nachmittag. Ein
verdächtiger Koffer wurde gefunden - Abflugterminal B wird gesperrt, der Check-InBereich evakuiert.
Schichtbeginn für die Bundespolizisten Rainer Kuhn und Sabine Meißner. Zwei von 25 und
heute sind auch die beiden alten Hasen etwas nervöser als sonst.
Sabine Meißner, Polizeiobermeister
Das war gerade in der Übergabe. Man denkt dann wahrscheinlich auch: Hoffentlich ist hier
nicht auch der Fall eingetreten oder wird der Fall eintreten, dass hier die Panik dann kommt.
Dann Entwarnung: kein Sprengsatz in dem verdächtigen Koffer, aber die Angespanntheit
bleibt.
Polizistin: Ist das Ihrs??Bleiben Sie bitte beim Gepäck junger Mann! Bleiben sie bitte beim
Gepäck, heute ist eine besondere Sicherheitslage.
Mann: Was ist denn heute los?
Polizistin: Bleiben Sie einfach hier, dann wissen wir, dass das Gepäck zu Ihnen gehört!
Mann: Was ist denn für eine besondere Sicherheitslage?
Polizistin: Na mit Brüssel, war ja so.
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Mann: Ach wegen Brüssel. Dann macht doch die Grenzen zu, dann habt Ihr keinen Ärger
mehr!
Auf Streife mit Maschinenpistole und schwerer Schutzweste. Sind die Polizisten in den
neuen Bundesländern wegen der Anschläge in Brüssel heute schwerer bewaffnet als
sonst?
Reiner Kuhn, Polizeihauptmeister
Das ist Standard bei uns, schon, wie gesagt, Ewigkeiten, nicht erst seit den letzten
Geschehnissen, die sich hier in der EU abgespielt haben und hat auch nichts mit heute zu
tun.
Keine verschärften Schutzmaßnahmen im Osten, das bestätigt auch Christian Meinhold
von der Bundespolizeidirektion Pirna, die für drei Bundesländer zuständig ist.
Christian Meinhold, Bundespolizeidirektion Pirna
Also für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gilt es das bisher Beschlossene, das heißt:
den Streifeneinsatz an den kritischen Punkten wie Hauptbahnhöfe oder Flughäfen
konsequent weiterzuführen. Natürlich müssen die anderen Direktionen von uns, die also
vielleicht näher an der Grenze zu Belgien oder Frankreich liegen, ihre Maßnahmen ganz
anders bewerten als wir, die jetzt vielleicht keinen direkten Grenzbezug haben.
Sven Schulze muss nächste Woche wieder nach Brüssel, ob seine Familie auch diesmal
mitfährt - fraglich.
Sven Schulze
Ob wir da in der Zukunft so weitermachen können, weiß ich nicht, das müssen wir sehen. Ich
selber, für mich ist klar: Meine Arbeit geht dort weiter. Und wenn wir jetzt auch als
Abgeordnete sagen würden, wir möchten das nicht mehr, dann, glaube ich, hätten die
Terroristen relativ schnell auch gewonnen und das dürfen wir nicht machen.
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