Statement_Dr. Prokop__VDW

Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken
Sperrfrist: 11. Februar 2016, 11.00 Uhr
Es gilt das gesprochene Wort!
Deutsche Werkzeugmaschinenindustrie setzt Aufwärtstrend
2016 moderat fort
 Branche behauptet sich in schwierigem Umfeld
 Chancen in neuen Märkten und Technologiefeldern entwickeln
Statement von Dr. Heinz-Jürgen Prokop, Vorsitzender des VDW
(Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken), anlässlich der Jahrespressekonferenz am 11. Februar 2016 in Frankfurt am Main
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
herzlich willkommen zur Jahrespressekonferenz des VDW. Wir freuen uns
sehr, Sie heute begrüßen zu können und mit Ihnen die aktuelle Lage der
Werkzeugmaschinenindustrie und ihre Perspektiven zu diskutieren.
Da ich die VDW-Jahrespressekonferenz heute zum ersten Mal bestreite,
möchte ich mich kurz vorstellen: Mein Name ist Heinz-Jürgen Prokop. Ich
bin gelernter Verfahrenstechniker und seit Beginn des Jahres VDWVorsitzender. Im täglichen Leben bin ich Geschäftsführer bei der Trumpf
Werkzeugmaschinen GmbH in Ditzingen und dort für die Bereiche Entwicklung und Einkauf verantwortlich.
Verein Deutscher
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Nun also zur aktuellen Situation in der Werkzeugmaschinenindustrie.
Sie lässt sich mit vier Schlagzeilen umschreiben:
 2015 hat die Branche mit neuem Rekordergebnis abgeschlossen
 2016 setzt sie ihren Aufwärtstrend moderat fort.
 Werkzeugmaschinenhersteller planen auf Sicht
 Chancen in neuen Märkten und neuen Technologiefeldern entwickeln
2015 mit neuem Rekordergebnis abgeschlossen
Meine Damen und Herren, die gute Nachricht vorweg: Nach vorläufigen
Ergebnissen hat unsere Branche im vergangenen Jahr Maschinen im Wert
von 15,1 Mrd. Euro produziert, was einer Steigerungsrate von 4 Prozent
entspricht. Das ist abermals ein Rekordergebnis. Außerdem liegt es 1 Prozent über unserer Prognose, die wir vor einem Jahr veröffentlicht haben.
Das freut uns besonders, denn Mitte 2015 sah es zuweilen nicht so aus,
als ob wir diese Vorhersage erreichen könnten.
Die Zerspanungstechnik hat zum Gesamtergebnis doppelt so viel beigetragen wie die Umformtechnik, 4 Prozent versus 2 Prozent plus. Der Service
mit dem Schwerpunkt Instandhaltung ist mit plus 6 Prozent überproportional gewachsen. Er macht gemeinsam mit dem Ersatzteilgeschäft gut ein
Viertel des gesamten Produktionswertes aus.
Mit einer Exportquote von rd. 70 Prozent und einem Exportzuwachs von 4
Prozent auf rd. 9,4 Mrd. Euro hat das Ausland etwas schwächer zum Gesamtergebnis beigetragen als der Inlandsverbrauch. Besonders erfreulich
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entwickelten sich die Ausfuhren nach Amerika mit 19 Prozent Plus. Treiber
war hier eindeutig Mexiko, auf Platz 6 unserer wichtigsten Märkte, mit einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von drei Viertel auf rd. 330 Mio. Euro.
Besonders gut lief entgegen aller Erwartungen auch Europa mit plus 8 Prozent. Innerhalb Europas wuchs die EU überproportional, Westeuropa lief
weit besser als Osteuropa. Zweistellige Zuwachsraten verbuchten von Januar bis November Italien (plus 34 Prozent), Schweden (plus 19 Prozent)
und Spanien (plus 11 Prozent). Auch Österreich, Großbritannien und Portugal legten deutlich zu. Die Ausfuhrbilanz nach Osteuropa schloss mit plus
3 Prozent. Sie wurde natürlich durch den starken Rückgang der Exporte
nach Russland um 19 Prozent verhagelt. Europa nimmt gut die Hälfte der
deutschen Ausfuhren ab.
Asien hingegen, vor wenigen Jahren fast gleichauf mit Europa, enttäuschte
mit einem Rückgang der Exporte von 5 Prozent. Der größte Markt China
mit einem Anteil von immer noch über einem Fünftel ließ kräftig Federn.
Gut liefen hingegen die Geschäfte mit Indien, Südkorea, Japan und der
Drehscheibe Singapur.
Der Werkzeugmaschinenverbrauch in Deutschland lag mit 5 Prozent Zuwachs leicht über dem Steigerungssatz der Produktion. Davon profitierte
auch der Import. Er stieg um 6 Prozent, die Importquote lag bei rd. 44 Prozent. Häufig sind wachsende Einfuhren aus einem Land auf die engen Lieferverflechtungen deutscher Hersteller mit ihren Auslandstöchtern zurückzuführen. Top-Lieferanten sind die Schweiz, Japan und Italien. Unter den
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Top-15 glänzten jedoch Großbritannien, Tschechien, die USA, Polen und
Österreich mit guten zweistelligen Zuwachsraten.
Die Beschäftigung stieg im Jahresdurchschnitt um 1,5 Prozent auf rd.
68 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Abweichungen zu den Vorjahren
ergeben sich durch eine Umstellung der Erhebung. Seitens des Statistischen Bundesamtes werden nur noch Firmen mit mehr als 50 Mitarbeitern
im Detail erfasst anstelle von zuvor 20 Mitarbeitern. Die Kapazitätsauslastung lag im Jahresschnitt mit knapp über 88 Prozent etwa 2 Prozentpunkte
unter Vorjahr. Der aktuelle Wert im Januar zeigt jedoch mit 88,7 Prozent
wieder nach oben. Der Auftragsbestand lag mit 6,8 Monaten im Schnitt einen halben Monat unter Vorjahr.
Wie man mir sagte, sind Sie ja auch immer an den betriebswirtschaftlichen
Kennzahlen interessiert, die ich hiermit noch ergänzen will. Laut VDMAErhebungen belief sich die Bruttoumsatzrendite 2015 im Durchschnitt auf
5,4 Prozent. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote lag 2014 bei 36,2 Prozent. Beide Kennzahlen entwickeln sich solide und zeigen, dass die Unternehmen in guter Verfassung sind.
Insgesamt hat sich die Branche mit diesen Ergebnissen wieder sehr gut
behauptet. Etliche Mitgliedsfirmen berichten vom besten Jahr ihrer Firmengeschichte. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass im Prinzip alle Mitglieder mit eigenen Niederlassungen und Personal zusätzlich im Ausland aktiv
sind, etliche sogar auch mit Produktion. Nach einer VDW-Erhebung kommen zum genannten Produktionswert von 15,1 Mrd. Euro weitere rd. 1,9
Mrd. Euro Auslandsproduktion hinzu. Außerdem können rd. 8 900 Mitarbei-
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ter und Mitarbeiterinnen zum Personalbestand hinzu addiert werden. Tendenz steigend. Die Firmen bauen ihre Auslandsstandbeine stetig aus.
2016 setzt die Branche Aufwärtstrend moderat fort
Wie sehen nun die Perspektiven aus? Auch für 2016 sind wir vorsichtig optimistisch. Nach jüngsten Berechnungen unseres Prognosepartners Oxford
Economics halten wir einen moderaten Zuwachs von 1 Prozent erneut für
möglich. Warum?
Die Meldungen der vergangenen Wochen vom unerwartet rückläufigen
Geschäftsklima unter der Überschrift „Deutsche Wirtschaft blickt erschrocken auf das neuen Jahr“ treffen nicht auf die Werkzeugmaschinenindustrie zu. Alle drei Klimakomponenten, das sind Einschätzung der Lage, die
Erwartungen und das Geschäftsklima insgesamt, zeigten zuletzt im Januar
nach oben. Zumindest in punkto Erwartungen trifft das auch auf die Investitionsgüterindustrie insgesamt zu, ebenso wie auf unseren größten Abnehmer, die Automobilindustrie.
Was sagen nun die harten Fakten? Frühindikatoren für die weitere Entwicklung sind die Investitionen der wichtigen Abnehmerbranchen, der Weltwerkzeugmaschinenverbrauch und schließlich der Auftragseingang unserer
Firmen.
Für die Investitionen der acht wichtigsten Abnehmerbranchen von Werkzeugmaschinen erwartete Oxford Economics im Herbst des vergangenen
Jahres für 2016 einen Anstieg weltweit von 4 Prozent. Zugpferde sind traditionell die Automobilindustrie gefolgt von Elektro-/Elektronikindustrie, der
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Herstellung von Metallerzeugnissen und vom Maschinenbau. Der Werkzeugmaschinenverbrauch soll um 4,2 Prozent anziehen. An der Spitze
stand Europa dicht gefolgt von Asien mit einem Plus von 4,6 bzw. 4,5 Prozent. Amerika bildete das Schlusslicht mit 2,5 Prozent Zuwachs. Hohe
Steigerungsraten wurden für die Slowakei, Polen, Indien, Tschechien, Thailand, Ungarn und Taiwan erwartet. Einzig in Brasilien und Russland wurde
der Verbrauch 2016 als rückläufig eingeschätzt. Da die Prognose für den
deutschen Markt im Februar dieses Jahres um 1,5 Prozentpunkte zurückgeführt wurde, erscheint eine gedämpftere Entwicklung auch für den Weltwerkzeugmaschinenverbrauch plausibel.
Der Auftragseingang, Indikator für die mittelfristige Geschäftstätigkeit, ist
2015 moderat um 1 Prozent auf 14,9 Mrd. Euro gestiegen. Damit pendeln
sich Produktion und Auftragseingang auf etwa gleichem Niveau ein. Auch
hier lief das Ausland besser als das Inland. Im Vergleich zum Exportgeschehen deuten sich jedoch etliche Verschiebungen an.
Während der ersten drei Quartale 2015 bestellten Asien und Europa 4 bzw.
3 Prozent mehr deutsche Werkzeugmaschinen als im Vorjahr. Die Orders
aus China, mit einem Anteil von rd. einem Viertel an den Gesamtbestellungen, verloren abermals 8 Prozent. Das zeigt, der Umstrukturierungsprozess im Land der Mitte wird noch lange ein Thema bleiben. Dennoch bleibt
China allein wegen der Größe des Marktes wichtig. Das Land steht für ein
Drittel des internationalen Werkzeugmaschinenverbrauchs.
Amerika enttäuschte bei den Bestellungen. Neben der verfahrenen Situation in Brasilien, – Investitionen und Industrieproduktion sind seit etlichen
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Jahren im Sinkflug ohne Aussicht auf Erholung, – gilt das auch für die
Nachfrage aus den USA und Mexiko. Von der viel zitierten Reindustrialisierungsoffensive der USA gehen derzeit keine breiten Impulse aus. Das Projektgeschäft mit der US-Automobilindustrie hingegen verläuft auf stabilem
Niveau. Die hohen Zuwächse beim US-Gesamtverbrauch hingegen sind
erst einmal passé. In Mexiko schlug der außerordentliche hohe Zuwachs
im Vorjahresvergleich durch.
Etliche Länder unter den Top 15-Märkten verzeichneten jedoch auch stark
steigende Aufträge, so Großbritannien, Spanien, Südkorea, Italien, Frankreich und Japan. Große Schwierigkeiten bestehen neben Brasilien und
China bekanntermaßen auch in Russland. Von den einstigen Hoffnungsträgern BRIC, die mit ihrem Wachstum die ganze Welt mitzogen, ist nur
noch Indien übrig, das sich gerade auf niedrigem Niveau mit einem Anstieg
der Bestellungen von einem Zehntel behauptet.
Das Umfeld für unsere Geschäfte ist zugebenermaßen schwierig, die wirtschaftliche Entwicklung vielfach sehr volatil und von uns selbst kaum zu
beeinflussen. Die Schwellenländer stehen stark unter Druck wegen der
niedrigen Rohstoffpreise, Russland leidet unter dem schwachen Rubel und
dem niedrigen Ölpreis, Brasilien steckt tief in der Rezession, China zieht
mit seiner Wachstumsschwäche seine wichtigsten Handelspartner ebenfalls mit nach unten. Hinzu kommen die zahlreichen politischen Unsicherheiten, die gefühlt nahezu täglich zunehmen. Die Firmen fahren mit ihren
Planungen daher auf Sicht. Dennoch muss man konstatieren, dass die
Faktoren, die das Geschäft im vergangenen Jahr beflügelt haben, wie ein
schwacher Euro, der niedrige Ölpreis, niedrige Zinskosten, nach wie vor
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gelten. Große Sprünge gehören derzeit wohl der Vergangenheit an, jedoch
geht es mit kleinen Schritten aufwärts. Die Branche wächst moderat weiter,
wobei es für die Unternehmen gelten muss, neue Chancen zu identifizieren
und zu nutzen.
Chancen in neuen Märkten entwickeln
Wenn sich langjährige Gewissheiten auf der Marktseite ändern, müssen
die Firmen Ausschau nach neuen Marktpotenzialen halten. Für die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie sind beispielsweise die Entwicklungen
im Iran, Mexiko und den Asean-Staaten vielversprechend.
VDW veranstaltet gemeinsam mit der Messe Stuttgart AMB Iran
Der Iran ist derzeit in aller Munde. Nachdem die Beilegung des Atomstreits
in Sicht war, hat der VDW frühzeitig die Initiative ergriffen, um seine Mitglieder beim Wiederaufbau dieses Marktes zu unterstützen. Zu Hochzeiten
Anfang der 90er Jahre hat unsere Branche immerhin Werkzeugmaschinen
im Wert von nahezu 190 Mio. Euro in das Land exportiert. Zuletzt betrugen
die Ausfuhren nur noch 20 Mio. Euro einschließlich Ersatzteile und Zubehör. Dennoch sind wir nach den Chinesen der zweitgrößte Lieferant. Der
Markt hat Potenzial. 2014 betrug der Werkzeugmaschinenverbrauch noch
82 Mio. Euro. Er wird jedoch sehr schnell anziehen, weil hoher Modernisierungsbedarf in allen Bereichen der Metallbearbeitung besteht. Insbesondere versprechen wir uns Geschäftschancen bei den Ausrüstern für die Ölund Gasindustrie sowie in der Fahrzeugindustrie. Deutsche Technologie ist
hoch angesehen. Es gibt traditionell gute Beziehungen zu iranischen Kunden, an die wir angeknüpfen können. Insofern begrüßen wir die Aufhebung
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der Wirtschaftssanktionen, die den Weg für Iran-Aktivitäten endgültig freimacht.
Vor diesem Hintergrund veranstaltet der VDW gemeinsam mit der Messe
Stuttgart im Frühsommer dieses Jahres ein Symposium mit begleitender
Fachausstellung, die AMB Iran. Sie findet vom 30. Mai bis 01. Juni 2016 in
Teheran statt.
Gleichwohl wird der deutsche Werkzeugmaschinenexport nicht ohne weiteres wieder in die Höhe schießen. Vor allem die Banken müssen beim Aufbau des Zahlungsverkehrs mit dem Iran und der Finanzierung potenzieller
Geschäfte mitziehen. Werkzeugmaschinen sind als Dual-use-Güter auch
von der Exportkontrolle betroffen. In diesem Sinne muss die Ausfuhr höherwertiger Produktionsmaschinen nach den bekannten Regeln der deutschen Ausfuhrliste beantragt werden. Das genaue Verfahren ist derzeit
noch in der Abstimmung.
Deutsche Leistungsschau zeigt in Mexiko Produktionskompetenz
Mexiko gilt als spannender industrieller Wachstumsmarkt, getrieben vor allem durch die Automobil- und Luftfahrtindustrie. Viele US-Firmen produzieren im südlichen Nachbarland. Mexikos Werkzeugmaschinenverbrauch
stieg zwischen 2010 und 2014 um satte 85 Prozent. Mit rd. 1,5 Mrd. Euro
gehört das Land heute zu den großen Werkzeugmaschinenmärkten weltweit. Deutschland ist mit einem Anteil von 14 Prozent drittgrößter Lieferant.
Die deutschen Ausfuhren sind seit 2011 um mehr als 250 Prozent nach
oben geklettert.
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2009 und 2014 präsentierte sich unsere Branche bereits mit einem Symposium in Mexiko. Im laufenden Jahr folgt nun auf Initiative des VDW eine
deutsche Leistungsschau „German Hightech in Metal Working“ im Rahmen
der Fachmesse Expomaq. Hier ist Deutschland Gastland. Sie findet vom
12. bis 15. April in León statt, der traditionellen Hochburg der genannten
Branchen im Zentrum des Landes. 50 deutsche Hersteller von Werkzeugmaschinen, Werkzeugen, Komponenten und Zubehör nehmen daran teil.
Für die spezielle Zielgruppe Automobil wird als besonderes Highlight eine
komplette Prozesskette für die Zahnrad- und Getriebefertigung präsentiert.
Die politische Flankierung seitens des mexikanischen und deutschen Wirtschaftsministeriums garantiert hohe Aufmerksamkeit in Mexiko.
Dem asiatischen Wettbewerb in der Asean-Region Paroli bieten
Vielversprechend ist auch die Asean-Region. Sie umfasst sechs große
Märkte: Thailand, Vietnam, Indonesien, Malaysia, Singapur und die Philippinen. Seit Ende 2015 haben sie sich der südostasiatischen Wirtschaftsgemeinschaft AEC angeschlossen, die u.a. für zollfreien Handel und den
Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse steht. Die Länder repräsentieren
ein Marktvolumen von 3,9 Mrd. Euro. Thailand und Indonesien entwickeln
sich zu wichtigen Automobilstandorten. Die internationale Elektronikindustrie baut ihre Kapazitäten in der Region aus. Die Japaner dominieren bisher
das Marktgeschehen, nicht zuletzt weil die japanische Automobilindustrie
stark vertreten ist. Japan liefert rund die Hälfte der importierten Werkzeugmaschinen, Deutschland lediglich 4 Prozent. Dennoch sind die deutschen
Exporte in die Region in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen, von
weniger als 90 Mio. Euro im Jahr 2010 auf mehr als 150 Mio. Euro im ver-
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gangenen Jahr. Großes Potenzial tut sich in der Zulieferkette für die Automobilbauer auf.
Um hier einen Pflock einzuschlagen, war der VDW bereits mit Technologiesymposien vor Ort, 2010 und 2014 in Bangkok sowie 2015 in Jakarta. Zahlreiche namhafte deutsche Firmen haben sich exklusiv ihren Kunden in den
beiden Ländern präsentiert. Im November dieses Jahres ist ein weiteres
Symposium in Vietnam geplant.
Dennoch stellt sich die Frage, wie wir es schaffen, die Vorherrschaft asiatischer Wettwerber in der Region aufzubrechen? Das geht am besten, wenn
wir Lösungen bieten, die andere so nicht haben.
Industrie 4.0 bringt frischen Wind in die Produktion
Dabei denke ich insbesondere an ganzheitliche Produktionslösungen,
Stichwort Industrie 4.0. Es wird immer schwieriger, große Wettbewerbsvorsprünge in der Maschinentechnik zu erarbeiten. Deshalb sind die Werkzeugmaschinenhersteller gut beraten, den Blickwinkel zu erweitern: Nicht
nur in und auf der Maschine, sondern ganzheitlich in Produktionslösungen
denken lernen, neben der Maschine auch die Werksebene und das Ecosystem der Kunden im Blick haben. Das ist ungewohnt, weil man viele dieser Aufgaben bisher anderen überlassen hat. Dabei sind jedoch oft nur Teillösungen entstanden. Ganzheitliche Lösungen, die durchgängig in einem
System abgebildet werden können, erfordern ein tiefes Verständnis der
Prozesse unserer Kunden, die sich individuell stark unterscheiden, und der
komplexen Technologien unserer Maschinen. Niemand kennt diese Welten
besser als wir, und darin liegt unsere große Chance.
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Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen werden die Prozesse immer schwerer steuerbar: Geringere Losgrößen, komplexere Teile, größere
Teilevielfalt, Kombination von Verfahren. Die Kunden benötigen Hilfe dabei,
die Maschinen möglichst effizient auszulasten, den Materialfluss zu optimieren und die immer aufwändigeren administrativen Nebenzeiten von der
Angebotserstellung bis zur Rechnungslegung weitestgehend zu automatisieren. Darin liegt das große Potenzial für Produktivitätssprünge beim Kunden und für den weiteren Ausbau des Dienstleistungsangebots der Maschinenhersteller.
Für die Werkzeugmaschinenhersteller ist eine intensive Beschäftigung damit notwendig, was Industrie 4.0 für unterschiedliche Unternehmen bedeutet und welche Lösungen und Innovationen sich für das eigene Produktportfolio ableiten lassen. Darüber hinaus gibt es Themenfelder, für deren
Bewältigung die Schlagkraft einzelner Unternehmen nicht ausreicht, beispielsweise bei der Definition von Schnittstellen oder etwa rechtlichen Anforderungen.
Hier kann der Verband unterstützen. Der VDW hat im Herbst 2015 einen
Arbeitskreis zum Thema Industrie 4.0 gegründet. Dass beim ersten Treffen
alle größeren Mitgliedsunternehmen teilnahmen, zeigt die hohe Bedeutung
des Themas. Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sowie neuer Methoden und Technologien der Datenverarbeitung wurden als vordringlich
erachtet. Hier konkrete Lösungsvorschläge gemeinsam mit den Mitgliedern
zu erarbeiten, wird das Arbeitskreisprogramm 2016 ausfüllen.
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Industrie 4.0 wird aber nicht nur die Produktionswelt verändern, es verändert bereits schon jetzt grundlegend die Unternehmen. Durch die Integration neuer Fachgebiete wie IT-Technologien, Logistik und Data Science
steigt die Komplexität von Entwicklungsprojekten. Das erfordert neue Entwicklungsmethoden und neue Formen der Zusammenarbeit. Die Architektur der Maschinen muss neu gestaltet, IT-Systeme und Datenstrukturen
angepasst werden. Schließlich werden neue Organisationsstrukturen sowie
ein geändertes Führungsverständnis notwendig. Alles in allem lässt sich
feststellen: Industrie 4.0 bringt frischen Wind in die Branche.
Additive Fertigung bereichert die Produktionsverfahren der Metallbearbeitung
Große mediale Aufmerksamkeit erfährt die additive Fertigung. Landläufig
als 3D-Druck bekannt, müssen wir uns als Ausrüster für die Metallbearbeitung im eigenen Interesse mit diesen zwar nicht neuen, aber rasch an Bedeutung gewinnenden Verfahren beschäftigen. Birgt die additive Fertigung
Risiken oder Gefahren? Wie wird sie sich entwickeln, und welche Einflüsse
auf die Branchen- und Kundenstruktur lassen sich daraus ableiten. Gibt es
Produktgruppen, auf die großer Druck entstehen wird? Gibt es klassische
Fertigungstechnologien, die quasi im Schatten der additiven Fertigung signifikant an Bedeutung gewinnen werden?
Der VDW lässt alle diese Fragen gegenwärtig wissenschaftlich untersuchen. Die Ergebnisse werden wir in Kürze auf der METAV-Eröffnungspressekonferenz in Düsseldorf vorgestellt.
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Bereits heute lässt sich festhalten, dass die Auswirkungen auf die Werkzeugmaschinenindustrie in ihrer Gesamtstruktur deutlich geringer sein
werden als man vermuten könnte. Schließlich gibt es ernstzunehmende
Technologiehemmnisse: Aufbauraten, Wiederholbarkeit der Prozesse,
Qualitätssicherung, Preise und Verfügbarkeit von Metallpulvern, Anlagentechnik und -preise selbst – selbstverständlich ist hier eine dynamische
Entwicklung zu erwarten. Doch additive Fertigung zahlt sich immer nur
dann aus, wenn durch Nutzen dieser Technologien ein Mehrwert geschaffen wird, der die signifikant höheren Herstellkosten relativiert. Bei individualisierten oder komplexen Bauteilen oder in Kleinserien lässt sich dies einfach realisieren. Auch im Werkzeug- und Formenbau sind solche Ansätze
zielführend. In der Mittel-, Großserien- und Massenproduktion allerdings ist
noch ein weiter Weg zu gehen, um konkurrenzfähige Stückkosten zu erzielen. Hinzu kommt, dass die Befähigung der Konstrukteure erst noch wachsen muss, alle Möglichkeiten der additiven Fertigung in eine fertigungsgerechte Konstruktion umzusetzen. Erst dann können diese Verfahren ihre
Vorteile wirklich flächendeckend ausspielen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass additive Fertigung die Palette
der verfügbaren und zum Kundenwohl nutzbaren Verfahren bereichert und
ergänzt.
METAV öffnet in Kürze mit mehr als 600 Ausstellern
Geschäftschancen bieten sich auch immer durch die Teilnahme an Messen. Deshalb veranstaltet und unterstützt der VDW internationale Branchenmessen, u.a. die METAV in Düsseldorf. In gut anderthalb Wochen öffnet sie ihre Tore. Über 600 Aussteller aus 23 Ländern präsentieren ihre
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Innovationen unter dem Motto „Power your Business“. Der VDW hat im
vergangenen Jahr hart daran gearbeitet, das neue Konzept mit Inhalt zu
füllen. Der Kernbereich mit den Technologien für die gesamte Wertschöpfungskette der Metallbearbeitung wird um die beiden Verfahren Additive
Manufacturing und Qualitätssicherung sowie die beiden Abnehmerbereiche
Medical und Moulding angereichert. Darüber hinaus bildet die METAV mit
dem Themenpark Industrie 4.0, in dem mehr als 20 Firmen ihre praxistauglichen Lösungen präsentieren, das Thema erstmals gesamtheitlich für die
Produktion ab. Bei den Ausstellern kommt das Konzept gut an. Über 600
Aussteller werden ihre Kompetenz im jeweiligen Thema darstellen. Wir erwarten großes Besucherinteresse, zum einen aufgrund der Neuheiten und
zum anderen weil viele Produktionsexperten nicht zur EMO nach Mailand
gereist sind. Sie ergreifen mit der METAV die Chance, sich nach anderthalb
Jahren persönlich im deutschen Markt über Neuheiten in der Fertigungstechnik zu informieren.
125 Jahre Erfolg der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie –
125 Jahre VDW
Meine Damen und Herren, alles in allem ist die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie hervorragend aufgestellt. Sie arbeitet intensiv in den Feldern, die sie selbst beeinflussen kann, um im weltweiten Wettbewerb erfolgreich zu bestehen. Die überwiegende Zahl der Unternehmen stellt sich
auf die Globalisierung ein und ist weltweit aktiv. Die Firmen bilden aus, forschen und entwickeln neue Produkte, integrieren neue Technologien und
weiten ihr Dienstleistungsspektrum aus. Gelingt dies, werden wir unseren
internationalen Wettbewerbsvorsprung halten.
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Die Werkzeugmaschinenindustrie hat seit weit über 100 Jahren bewiesen,
dass sie sich immer wieder neu erfinden kann, hat viele Herausforderungen gemeistert und ihre führende Position in der Welt immer wieder gestärkt. Ebenso hält es der VDW, der 2016 sein 125-jähriges Bestehen feiert.
Seit Mai vergangenen Jahres haben wir uns online unter www.125jahrevdw.de auf eine Zeitreise begeben und 125 bewegten Jahren Verbandsgeschichte nachgespürt: Was haben sich die Gründerväter 1891 gedacht?
Welche Themen haben die Branche damals bewegt, welche sind heute
noch aktuell? Wie entwickelte sich der VDW zum EMO-Veranstalter, bis
heute unangefochten die Weltleitmesse für die Metallbearbeitung? Und
schließlich, wer waren die Menschen, die den Verband geprägt haben?
Diesen und vielen anderen Fragen geht unsere Online-Chronik nach.
Noch wichtiger als die Reflexion über Tradition ist der Blick auf das, was
kommt. Wir leben in einer Zeit grundlegenden gesellschaftlichen und technischen Wandels. Nachdem sie das alltägliche Leben längst erfasst haben,
bescheren uns Digitalisierung und Vernetzung nun auch in den Werkshallen neue Herausforderungen, aber vor allem neue Chancen. Dazu kommen
Themen wie neue Märkte, Energieeffizienz und additive Fertigung, die das
Geschäft von morgen bestimmen werden.
Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, gewappnet zu sein, einen
gemeinsamen Kurs zu finden und zu halten, das Ziel nicht aus den Augen
zu verlieren. Wir wollen auch morgen noch eine führende Rolle in der internationalen Werkzeugmaschinenindustrie spielen, weiterhin die besten Ma-
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schinen bauen und sie in die ganze Welt verkaufen. Worauf wir bauen, sind
Tradition und Erfahrung. Was hinzukommen muss, sind Flexibilität und
Kreativität, um auch unter geänderten Rahmenbedingungen weiter erfolgreich zu sein.
In diesem Sinne danke ich Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit!