Der Zen-Werker Ed Brown

Special BIRMA
Der Zen-Werker Ed Brown
Porträt eines ungewöhnlichen Lehrers
Zuweilen finden tief greifende Veränderungen auf erstaunliche Weise
statt. Der Zen-, Koch- und Schreiblehrer Ed Brown veränderte sein
Leben durch Buchstaben und Achtsamkeit. Die Autorin hat ihm
kürzlich bei einem Schreibseminar auf die Finger geschaut.
Bettina Geitner
»
Kennt ihr das selbst sabotierende
,f‘?“«, fragt Ed seine Schüler im
Tassahara-Zen-Zentrum in San Francisco und schreibt ein kleines „f“ an die Tafel. Es wird gewöhnlich unterhalb der
Zeile wie ein „g“ geschwungen und
rechts über die Mittellinie hochgezogen.
„Ein solches ,f‘ trennt euch von der
göttlichen Inspiration und euren Gefühlen“, erklärt er. Ed hat es geschrieben, geändert und sich dreifaches Glück
beschert. Es geschahen Dinge, die er
nicht zu träumen gewagt hätte.
Edward Edespe Brown ist ein bekannter Zen-Lehrer in der Tradition des
Soto-Zen. Leicht gebräunt und von kräftiger Statur steht er vor uns an einer
Flipchart und schreibt mit leichter
Hand drei Zeilen „f“ auf das weiße Papier. Diesmal zieht er jeweils eine tiefe
Schlaufe nach unten, holt sie mit
Schwung weit nach oben und beendet
sie links mittig mit einem kleinen Kreis.
„Nichts wird dich stoppen, heißt der“,
sagt Ed. Da vor dem Schreiben normalerweise zuerst Gedanken aufkommen,
bedeute anders schreiben anders denken. Ein anderes Verhalten folge. Es
würden nicht alle Wünsche wahr, aber
die Bewusstheit tiefer, so erklärt er uns
ernüchternd und einfühlsam zugleich.
Ed weist die Schüler des Schreibseminars an, drei Zeilen des neu erlernten
Buchstaben„f“ zu schreiben. Still sitzen
sie auf Holzbänken und schreiben hoch
konzentriert reihenweise das „f“ auf
blankes Papier. Das sieht zunächst wie
eine Erstklässlerübung aus. Als Ed 1995
von der Behauptung der Grafologin Vimala Rodgers erfuhr, dass man durch
die Veränderung der eigenen Schrift
sein Leben ändern könne, horchte er
auf. Das wollte er auch. Er hatte im ZenZentrum eine Heimat gefunden, spürte
aber immer noch den Schmerz seiner
Kindheit in seinem Herzen. Seine Mutter war frühzeitig gestorben, als er drei
Jahr alt war, woraufhin er in ein Waisenhaus kam.
Ed las Vimala Rodgers Bücher und
verknüpfte sie mit der Achtsamkeitspraxis. 40 Tage übte er täglich ein neues „f“.
Was folgte war unglaublich: Er schrieb
in kürzester Zeit sein erstes Buch zu Ende, an dem er bereits zwölf Jahre gearbeitet hatte, kaufte ein Haus und eröffnete das „Greens Restaurant“. Doris
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Grafologische Beispiele aus einem Schreibseminar mit Ed Brown: (1) selbst sabotierendes
„f“ und (2) das neue geänderte „f“
Dörrie drehte den Film „How to cook
your life“ mit ihm und er bekam nach 31
Jahren die Zen-Lehrbefugnis. „Alles geschah, weil ich mein ´f` änderte“, sagt Ed
mit fester Stimme.
Neben dem Schreiben unterrichtet
er noch zwei andere Übungen, die mit
den Händen praktiziert werden: Kochen
und achtsames Berühren. „Weil Hände
fühlen und man sich nur im Kontakt
mit Gefühlen verändern kann, verwandelt der Körper den Geist“, erklärt er
uns. Eine Teilnehmerin will wissen:
„Was ist, wenn ich einen Fehler bei meinen Schreibübungen mache?“ „Wenn
du weiterübst, ist es kein Fehler. Mach
mehr Fehler“, antwortet Ed.
Ed hat nie mit Koans geübt. „Ich
wollte nicht darüber nachdenken, wie
ich ein besserer Mensch werde, sondern
einer sein“, sagt er. Einst gab ihm sein
Lehrer Suzuki Roshi eine Aufgabe:
Wenn du Reis wäschst, wäschst du Reis.
Wenn du Karotten schneidest, schneidest du Karotten. „Das Entscheidende
dabei ist, dass du erkennst: Was ist das
Wichtigste jetzt, was ist das Wichtigste
hier?“ Darum geht es ihm bei allen seinen Übungen.
Edward Edespe Brown lehrt in Green Gulch,
im City Center und im Tassahara-Zentrum in
San Francisco. Im Juli lehrt er Kochen im Zentrum Scheibbs und Zen in Puregg und Wien.
BUDDHISMUS
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