Vincent Kriste März 2016 Malerei stellt für mich eine alternative Möglichkeit dar, mich mit der Erscheinung der Dinge die mich umgeben - alltäglichen Objekten, Pflanzen oder Materialien - zu befassen. Die materiellen Voraussetzungen des Gemäldes bilden dafür die Ausgangslage. Material, Illusion und Imagination wirken im Bild wechselseitig aufeinander ein. Viele meiner Gemälde bewegen sich zwischen Skulptur und zweidimensionalem Bild. Es gibt einen Punkt an dem Material und Illusion nicht auseinanderzuhalten sind. Die synchrone Präsenz dieser beiden Wirklichkeiten generiert einen Moment der Aufmerksamkeit. Einige der Werke sind für bestimmte Situationen bzw. Räume geschaffen oder implizieren eine bestimmte Form der Hängung. Bilder von alltäglichen Motiven, wie Möbel oder Pflanzen können unter Umständen den Platz der realen Dinge einnehmen. Sunneberg, 2015, Acryl und Lack auf Leinwand, 120 x 370 cm Sunneberg (Detail) Acrylteppich, 2014, Acryl auf Baumwolle,165 x 230 cm Acrylteppich, (Detail) Das Teppichmuster ist mit 3 bis 4 mm dicker Farbe auf das Baumwollgewebe aufgetragen, welches nächtraglich vom Keilrahmen gelöst und den Rändern entlang ausgeschnitten wurde. Im spröden Farbauftrag bildet sich ein feingliedriges Netz aus Rissen, welches das gesamte Bild bedeckt. Ausstellungsansicht, “Da stieg ein Baum” Gluri Suter Huus, 2015 Materialisation I, 2015, Acryl auf Baumwolle, 90 x 300 cm Der Baumstamm ist lebensgross, direkt auf die ungrundierte Baumwolle gemalt. Im pastosen Farbauftrag bildet sich ein Netz von Rissen unterschiedlicher Tiefe. In die bemalte Fläche sind drei bis vier cm lange Fäden aus Baumwolle eingenäht. Die Umsetzung bewegt sich zwischen zweidimensionalem Bild und Relief. Aus der Distanz ergibt sich ein illusionistisches Abbild, von Nahem liegt der Fokus auf der Haptik der Oberfläche, die einerseits auf die Brüchigkeit der Baumrinde verweist und andererseits auf die ästhetischen Eigenschaften des Trägermaterials (Acrylfarbe, Bauwollgewebe). Materialisation I (Details) Acrylsofa, 2014, Acryl, Lack, Dispersion auf Leinwand, 100 x 300 cm Die Motiv ist lebensgross auf die ungrundierte Leinwand gemalt. Durch die Schichtung von Gipsmasse, Acrylfarbe und Lack, ergibt sich eine mit Auswölbungen versehene, von Rissen durchzogene, plastische Oberfläche. Dieses Relief ergibt zusammen mit den illusionistisch gemalten Glanz- und Tiefeneffekten ein irritierendes Wechselspiel zwischen tatsächlichem und dargestelltem Material. Das Gemälde wird sehr tief gehängt. Für die Präsentation wird ein paradoxer Zwischenbereich gesucht, indem es beinahe den Platz des realen Objekts einnimmt, der Charakter des Tafelbilds aber dennoch erhalten bleibt. Acrylsofa (Detail) Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland “Entdeckt / Wiederentdeckt” Museum Bärengasse, 2013 „...Vincent Kriste untersucht die Möglichkeiten der Malerei auf eine sehr eigene Weise. Dem dargestellten Motiv schenkt er genau so viel Aufmerksamkeit wie der Ausstrahlung des Trägermaterials seiner Bilder und der Umgebung, in der sein Bild erscheint. Das Wechselspiel der visuellen Einwirkungen wird durch die Präzision seiner Malerei noch weiter gesteigert. Zeigt sich das Bild einer Steckdose als Illusion, die in ihrer Wirkung auf die Umgebung übergreift, wird diese Umgebung dadurch als Teil des Bildes definiert. Damit schafft er nicht nur, das Bild der Umgebung ähnlich zu machen, sondern auch die Umgebung dem Bild ähnlich werden zu lassen...” Auszug aus dem Pressetext von Rolf Müller Sockelleiste Museum Bärengasse, 2013, Acryl auf Baumwolle, 40 x 40 cm Match of the Century, 2013/2014, mehrteilig, Masse variabel, Ausstellungsansicht “Nordwestwind” Kunst(Zeug)Haus Rapperswil, 2014 Game VI (Detail) Game VI, 2013, Acryl auf Baumwolle, 31 x 50 cm Match of the Century, 2013/2014 „Match of the Century” ist der Titel für eine Reihe von Gemälden, welche den Zweikampf um die Weltmeisterschaft im Schach von 1972, zwischen Boris Spassky und Bobby Fischer zur Thematik haben. Die durch die intensive mediale Berichterstattung betriebene Hochstilisierung des Wettkampfs zum Sinnbild für den Kampf der Systeme im Kalten Krieg sowie die exzentrische Figur von Bobby Fischer führten dazu, dass der Wettstreit auf breites öffentliches Interesse stiess. Neben der Qualität der einzelnen Partien, rückten verschiedene Begleitumstände in den Fokus der Aufmerksamkeit und wurden zum Gegenstand von Gerüchten und Spekulationen. In der Serie werden neben schematischen Umsetzungen der im Wettkampf gespielten Partien, auch Handschriften der Spieler, Fotografien welche das Ereignis dokumentieren, sowie weitere Requisiten aus dem Wettkampf, wie bspw. die beiden Sessel auf denen gespielt wurde, in Malerei umgesetzt. Diese Trompe l’OEil-hafte Rekonstruktion von Quellen und Artefakten unter den Bedingungen des Mediums, schafft eine Realität, welche gleichermassen auf das historische Ereignis rekurriert, wie auf die bildnerische Praxis der Malerei. Während der Partie notieren beide Spieler ihre Züge auf ein vorgedrucktes Formular. Das Gemälde zeigt die Handschriften beider Spieler zur 6. Partie als reliefhafte Darstellung in Acrylfarbe. Der historische Hintergrund des Wettkampfes wird dem Betrachter durch gemalte Texte vermittelt. Diese Gemälde funktionieren als reale Informationsträger, sind zugleich aber auch Abbilder vergleichbarer Vermittlungssyteme im musealen Kontext. Time-Life Chair I (Detail) Während dem amtierende Weltmeister Boris Spasski ein einfacher, vom Veranstalter bereitgestellter Polstertuhl zur Verfügung stand, brachte der Herausforderer Bobby Fischer den von Charles und Ray Eames entworfenen “Time-Life Chair” mit zum Match, einen komfortablen, drehbaren Ledersessel. Auf Spasskis Wunsch wurde für ihn dasselbe Model aus den USA importiert, es dauerte allerdings bis zur 7. Runde, ehe der Sessel in Reykjavik eintraf. Auf der Suche nach Erklärungen für Spasskis nachlassende Spielstärke im Verlauf des Wettkampfs, wurde auf Drängen der sowjetischen Delegation eine Untersuchung der Spielstätte nach chemischen Substanzen vorgenommen, wobei u. a. die beiden Sessel geröntgt und auseinander geschraubt wurden. Time-Life Chair I, 2013, Acryl und Lack auf Baumwolle, 105 x 80 cm Game X, 2013, Acryl auf Baumwolle, 20 x 20 cm Im Wettkampf gespielten Partien werden mittels eines Systems in Malerei übertragen. Bei dieser Übersetzung werden einerseits Daten der aufgezeichneten Partien berücksichtigt, bspw. wie oft Felder im Verlauf einer Partie von Figuren besetzt und auf welchen Feldern Figuren getauscht oder geschlagen wurden, andererseits werden das malereispezifische Material, sowie im Prozess angelegte Arbeitsspuren gleichermassen zum Inhalt der Gemälde. Im Ergebnis lassen sich gewisse Fakten und Tendenzen der Partien ablesen, eine Rekonstruktion ist aber nicht möglich. Vielmehr sollen beide Realitäten ineinander greifen. Zudem werden historische Fotografien, welche Momente der Partien zeigen, sowie Dokumente, welche Aufzeichnungen von Partien enthalten, in Malerei übersetzt. Game X, 2013, Acryl auf Baumwolle, 20 x 20 cm Ausstellungsansicht „Schwellenbilder”, Solo Position Ernte 2012, Kunsthaus Baselland Acrylsessel (Detail) Acrylsessel, 2012, Acryl auf Baumwolle, 85 x 115 cm Das Motiv des Sessels ist im Massstab 1:1, direkt auf die ungrundierte Baumwolle gemalt. Die durch eine Aufeinanderschichtung von Gipsmasse, Acrylfarbe und Lack, plastisch gestaltete Oberfläche, wölbt sich unterschiedlich stark. Zwischendurch bilden sich Risse in der Farbschicht. Je nach Lichteinfall und Standort des Betrachters ergeben sich unterschiedliche Lichtreflexe. Das Gemälde wird sehr tief gehängt. Gesucht wird ein Zwischenbereich, in dem einerseits der Objektcharakter des Gemäldes und des dargestellten Morivs betont wird und andererseits der Status des Tafelbildes erhalten bleibt. „Schwellenbilder” Solo Position Ernte 2012, Kunsthaus Baselland Ohne Titel (Kunsthaus Baselland), 2012, Acryl auf Leinwand, 23 x 23 cm „...Nicht zufällig hat Vincent Kriste seine aktuelle Schau in Basel „Schwellenbilder“ genannt. Es geht ihm um Übergänge: Vom Bild zum Objekt, vom Raum in die Fläche, von der Farbe zum Motiv, von der Wand zum Abbild der Wand. Die Präzision, mit der er sich dabei an die Nachbildung der Wirklichkeit macht, lässt seine Malerei unweigerlich in die Nähe des Trompe l'œils rücken. Eines seiner Bilder zeigt ein Stück Tapete im FünfzigerjahreDesign, auf dem sich Wasserflecken ausbreiten wie die jahrzehntealten Spuren eines Rohrbruchs; auf anderen Leinwänden imitiert er mit Farbe eine Steckdose, eine Deckenabhängung, abplatzenden Putz auf grauem Grund. Die perfekte Illusion interessiert Kriste dabei nur bedingt. Sie ist für ihn lediglich Mittel zum Zweck. Was ihn interessiert, sind die Möglichkeiten der Malerei, Bilder zu schaffen, die als Modelle ihrer eigenen Ambivalenz funktionieren und damit zugleich immer all das mit ausstellen, was die Illusion grundsätzlich kaschieren möchte: ihre Objekthaftigkeit, ihre Materialität, ihren Raumbezug. Wenn Vincent Kriste so aus Farbe einen Telefon-Verteilerkasten modelliert und ihn als Bildkörper direkt über seinem realen Vorbild an der Wand platziert, thematisiert er damit nicht nur das komplizierte Verhältnis zwischen Abbild und Wirklichkeit, sondern definiert zugleich den das Bild umgebenden Raum selbst als Teil des Bildes...” Dietrich Roeschmann, artline Kunstmagazin 2012 Remix (Detail) Remix, 2012, Acryl auf Baumwolle, 85 x 85 cm Aus verschiedenen Blumenstillleben des 16. Jh. wurden einzelne Bildelemente entnommen und neu kombiniert. Durch die Heterogeniität des Farbauftrags werden einzelne Teile zusammengefasst oder voneinander isoliert. Die Materialität der Farbe steht in wechselndem Verhältnis zur Beschaffenheit der Blüten, Blätter und Insekten. Ausstellungsansicht „Malerei I + II”, Schalter, Basel, 2007 Malerei I, Acryl auf Baumwolle, 140 x 420 cm, 2007 Der „Schalter” ist ein zum Ausstellungsraum umfunktionierter Gewerberaum, der von Studenten der HGK Basel kuratiert wird. Die zwei Gemälde sind speziell für diesen Ort entstanden. Die Grundidee bestand darin, einerseits mit der Atmosphäre des Raums selbst zu arbeiten, sowie auf den als Parkplatz genutzten Aussenraum zu verweisen. Die beiden Motive, Auto und Blumenstrauss, sind lebensgross dargestellt. Die Farbe des Untergrunds der Gemälde orientiert sich an den Tür- und Fensterrahmen des Raums, während sich die Farbigkeit der Darstellungen auf das einzige, im Raum eingebaute, Möbel bezieht. Malerei II, Acryl auf Baumwolle, 50 x 32 cm, 2007 Vincent Kriste 1979 geboren in Zürich Einzelausstellungen Ausbildung 2015 ArtProject Staffelbach, Zürich seit 2014 2012 “Schwellenbilder”, Solo Position Ernte 2012, Kunsthaus Baselland 2004 - 2007 Hochschule für Gestaltung und Kunst, Basel, Studiengang Bildende Kunst/Medienkunst 2009 “Roche Collection”, F. Hoffmann-La Roche AG, Basel 2006 “Malerei I + II”, Ausstellungsraum Schalter, Basel MA Fine Arts, Zürcher Hochschule der Künste 1997 - 2001 Schule für Gestaltung Basel, Grafikfachklasse 1996 - 1997 Schule für Gestaltung Basel, Vorkurs Gruppenausstellungen Preise / Stipendien 2015 “Da stieg ein Baum”, Gluri Suter Huus, Wettingen 2012 iaab (Internationales Austausch und Atelierprogramm beider Basel) Atelierstipendium Paris 2014 “Nordwestwind”, Kunst(Zeug)Haus Rapperswil “Going Places”, iaab Projektraum, Münchenstein “7 Rooms, Regionale 15”, Kunstraum Riehen “Void.Retreat.Here, Regionale 15”, Kunsthaus L6, Freiburg “Aus gutem Stoff”, Galerie widmertheodoridis, Zürich 2012 Kulturelles Baselland, Ernte 2012, Solo Position 2010 iaab (Internationales Austausch und Atelierprogramm beider Basel) Atelierstipendium Leipzig 2008 iaab (Internationales Austausch und Atelierprogramm beider Basel) Atelierstipendium Havanna 2007 5. PWC stArt Kunstförderpreis 2013 “Regionale 14”, Kunstraum Riehen “Entdeckt/Wiederentdeckt”, Museum Bärengasse, Zürich “Exhibition View”, Ausstellungsraum Klingental, Basel 2012 “Von den Rändern her”, Regionale 13, Kunsthalle Palazzo, Liestal “Positionen der Malerei”, Ausstellungsraum Zip, Basel 2011 “Ernte 11”, Kunsthaus Baselland “Joy in Repetition”, Regionale 11, Kunsthaus L6, Freiburg “Regionale 11”, Kunstraum Riehen “Going Places”, iaab Projektraum, Münchenstein “Closer”, GGG-Atelierhaus, Basel 2010 “Kunstkredit Basel-Stadt”, SAM Schweizerisches Architekturmuseum, Basel “Malerei/Druckgrafik - Basel/Leipzig”, Ausstellungsraum Klingental, Basel “Regionale 10”, Kunst Raum Riehen “Entree des artistes”, M54, Basel “Double Jeu”, Ausstellungsraum Zip, Basel Mehr Werke und Informationen unter www.vincentkriste.com
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