22.01.2016 Repetitorium Strafrecht und Strafprozessrecht StPO & AT II Univ.-Ass. Mag. Angelika Zotter, BA [email protected] Allgemeiner Teil II C wird wegen § 147 Abs 2 StGB (Schaden: 35.000 Euro) zu 2½ Jahren FS verurteilt. Kurz darauf wird eine vorsätzliche Körperverletzung aufgedeckt, die C schon vor der Verurteilung begangen hat. Was haben Sie als Richter bei der Verhängung der Strafe zu beachten? 1 22.01.2016 Zuständigkeit § 147 Abs 2 (Schaden 35.000): FS bis zu 3 Jahren ER § 83 Abs 1: FS bis 1 Jahr oder GS BG Zusatzstrafe § 31 StGB? • Satz 1: Verurteilung und andere Tat (Tatzeitpunkt vor erster Verurteilung) • Satz 2: Höchstmaß § 83 Abs 1: hier 1 Jahr • Satz 3: Strafrahmen (§ 28) bis zu 3 Jahre • Beachte § 40 StGB! Lösung: Die Verhängung einer Zusatzstrafe von bis zu 6 Monaten ist zulässig. D wird 1990 wegen § 85 Abs 1 StGB zu 2 Jahren verurteilt, kann aber nach Afghanistan flüchten. 20 Jahre später kommt er nach Österreich zurück. Er glaubt, er sei vor der Justiz sicher. Hat er Recht? Zuständigkeit • § 85 Abs 1: FS 6 Mo bis 5 Jahre ER am LG Vollstreckbarkeitsverjährung • § 59 Abs 3 (mehr als 1 J, weniger als 10) • 2 Jahre Urteil 15 Jahre Verlängerung? • § 60 Abs 2 Z 4: Zeiten im Ausland zählen nicht Lösung: Die Strafe kann daher noch vollzogen werden. 2 22.01.2016 B wird wegen falscher Beweisaussage (§ 288 Abs 1 StGB) zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 10 Euro verurteilt. 1.Ist das möglich? 2.Kann die Geldstrafe auch nach Rechtskraft des Urteils noch verändert werden? Zuständigkeit § 288: FS bis 3 Jahre ER am LG Problem Grds nur FS angedroht - § 37? • • • Strafdrohung max. 5 Jahre hier 3 Nicht mehr als 1 Jahr zu erkennen GS bis max. 720 TS keine spezialpräventiven Gründe dagegen Lösung: 80 TS à 10 Euro ist zulässig. Nach RK: Nachträgliche Milderung § 31a StGB iVm § 410 StPO Variante: B wird wegen §§ 83 Abs 2, 86 Abs 1 StGB verurteilt. 3. Kann eine Geldstrafe verhängt werden? • § 86 Abs 1: FS 1-10 Jahre § 37 Abs 2: • Strafdrohung max. 10 Jahre • Spezial- und generalpräventive Überlegungen Lösung: Unter Umständen kann eine GS verhängt werden. 3 22.01.2016 A wird wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt. 1. Unter welchen Voraussetzungen ist eine bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe möglich? 2. Wie lange darf die verhängte Probezeit höchstens sein? Bedingte Nachsicht § 43 • FS max 2 Jahre hier 1 Jahr • Spezialpräventive Überlegungen: Tat, Person, Verschulden, Vorleben, Verhalten, … • Generalpräventive Überlegungen • Probezeit (1-3 Jahre) Lösung: Bedingte Nachsicht ist uU möglich. Probezeit: Max. 3 Jahre B wird wegen §§ 83, 84 Abs 1 StGB aufgrund einer einschlägigen Vorstrafe zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt, von denen ihm 3 Monate bedingt nachgesehen werden. 1.Ist dieses Vorgehen zulässig? 4 22.01.2016 Bedingte Nachsicht eines Teils der Strafe § 43a Abs 3: • FS mehr als 6 Mon, weniger als 2 Jahre • Nicht bedingt nachgesehener Teil der Strafe: mindestens 1 Monat, nicht mehr als 1/3 Lösung: 4 Monate sind mehr als 1/3 von 7 Monaten Strafe Vorgehen ist unzulässig (Nichtigkeitsgrund § 489 Abs 1 iVm § 281 Abs 1 Z 11) Variante: B ist erst 17 Jahre alt. 2. Welche Möglichkeiten hat das Gericht noch? §§ 12 und 13 JGG: Schuldausspruch ohne bzw. unter Vorbehalt der Strafe D wird wegen § 83 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt, die er am 4. Dezember 2015 antritt. D´s Freund F meint, er habe gute Chancen, schon am 4. Februar 2016 bedingt entlassen zu werden. Variante: D ist erst 20 Jahre alt. Hat F Recht? 5 22.01.2016 Bedingte Entlassung • § 46 Abs 1: Verbüßung der Hälfte, jedenfalls zumindest 3 Monate Lösung: D hat erst 2 Monate verbüßt, bedingte Entlassung am 4. Feb daher nicht möglich! Variante: • § 46 Abs 3 Reduktion auf 1 Monat Lösung: Bedingte Entlassung daher möglich! F ist zu 4 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nachdem F 3 Jahre seiner Strafe verbüßt hat, stellt er einen Antrag auf bedingte Entlassung, der aber mit folgender Begründung abgelehnt wird: Zwar sei F geläutert und werde wahrscheinlich keine Straftaten mehr begehen. Doch bedürfe es wegen der gestiegenen Zahl der Einbrüche der Verbüßung der vollen Strafe, um der Öffentlichkeit den Unwert von F´s Taten vor Augen zu führen. Was meinen Sie dazu? § 46 Abs 1: • spezialpräventive Voraussetzungen erfüllt § 46 Abs 2: • generalpräventive Hindernisse möglich Lösung: • Hier bereits 2/3 der Strafe verbüßt Einwände unzulässig! • Beschwerde § 87 StPO iVm § 16 StVG an OLG 6 22.01.2016 Der wegen § 142 Abs 2 StGB verurteilte B wurde gemäß § 46 Abs 1 StGB bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen. Er begeht während der Probezeit das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 2 StGB und wird dafür vom zuständigen Gericht verurteilt. Variante: B begeht die gefährliche Drohung schon vor Beginn der Probezeit. 1. Kann die bedingte Entlassung widerrufen werden? 2. Welches Gericht entscheidet darüber? Widerruf der bedingten Strafnachsicht und Entlassung § 53 Abs 1 • Widerruf bei neuerlicher Verurteilung nach Probezeit möglich • Spezialpräventive Überlegungen (Ermessen des Gerichts) • Widerrufsfrist § 56 Lösung: Widerruf ist wahrscheinlich. Wer entscheidet? • Gericht im neuen Verfahren (§ 494a Abs 1 Z 2 bzw. Abs 4 StPO) Variante • Kein Unterschied – steht einer in der PZ verübten strafbaren Handlung gleich! A begeht das Delikt der Beharrlichen Verfolgung (§ 107a Abs 2 Z 1 StGB), indem er der B ständig vor der Haustür auflauert und sie auf ihrem Weg zur Arbeit verfolgt. Laut SV ist A paranoidschizophren und aus diesem Grund zurechnungsunfähig gem § 11 StGB. Es ist zu befürchten, dass A auch in Zukunft Frauen verfolgen werde. Ist eine Unterbringung möglich? 7 22.01.2016 Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher § 21 • Abs 1: Zurechnungsunfähig § 11 StGB • Anlasstat: 1 Jahr übersteigende Strafdrohung • § 107a: FS bis zu einem Jahr – zu wenig! Lösung: Unterbringung daher unzulässig. Eine Pistole, die im Zuge eines Bankraubs zur Bedrohung des Bankangestellten eingesetzt wurde, konnte trotz intensiver Ermittlungen während des Strafverfahrens nicht aufgefunden werden. Erst viele Jahre nach Abschluss des Verfahrens wird sie plötzlich am Ufer der Donau angespült. Wie ist in Bezug auf die Waffe vorzugehen? • Waffe ist Gegenstand, den der Täter zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendet hat → Konfiskation nach § 19a Abs 1 – zur Zeit der Entscheidung im Eigentum des Täters? • Gefährlicher Gegenstand, den der Täter zur Begehung der mit Strafe bedrohten Handlung verwendet hat → Einziehung nach § 26 • Sicherstellung (§ 110 Abs 1 Z 3 StPO) und Einziehung im selbständigen Verfahren (§ 445 StPO) 8
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