Einführung in die Maßanalyse

Grundlage der Maßanalyse
Quantitativer, selektiver, eindeutiger, stöchiometrisch einheitlicher und rascher
Reaktionsverlauf.
Was ist eine Maßlösung?
Eine Lösung mit genau bekannter Konzentration mithilfe welcher die Konzentration
eines Stoffes mit unbekannter Konzentration bestimmt werden kann. Der sogenannte
Titrator, eine Reagenzlösung mit bekannter Konzentration, dient dazu den Gehalt
einer Analysenlösung zu bestimmen.
Ansprüche an eine Maßlösung:
Einfache und reproduzierbare Herstellung. Stabilität gegenüber Temperatur- und
Lichteinflüsse. Gehalt bzw. Konzentration der Maßlösung muss konstant sein. Hohes
Äquivalentgewicht (geringer Einwaagefehler).
Herstellung einer Maßlösung
Maßlösungen aus Urtitersubstanzen: genauer Gehalt, kein Urtiter nötig (z.B.
Kaliumbromatlösung)
Maßlösungen mit nicht genau bekanntem Gehalt: Einstellung gegen Urtiter (primärer
Standard) oder Einstellung gegen andere Maßlösung (sekundärer Standard)
Das Arzneibuch schreibt maximal 10% Abweichung von dem vorgeschriebenen
Gehalt vor.
Was ist eine Urtitersubstanz?
Eine Reinsubstanz, die zur Herstellung oder Einstellung von Maßlösungen verwendet
wird.
Ansprüche an eine Urtitersubstanz:
Muss rein darstellbar sein (Reinigung meist durch Umkristallisation) – die
Zusammensetzung muss exakt der Formel entsprechen. Darf sich beim Abwägen
nicht verändern. Nicht hygroskopisch, keine Reaktion mit CO2 in der Luft. Die Lösung
des Urtiters soll möglichst beständig sein (KMnO4 und Na2S2O3 erfüllen diese
Bedingungen nicht), hohes Äquivalentgewicht (genauere Einwaage). Sie müssen
stöchiometrisch reagieren, leicht löslich sein und generell „unbegrenzt“ haltbar sein.
Was ist ein Indikator?
Eine Verbindung, die bei Titrationen den Umschlagpunkt durch Farbänderung
anzeigt.
Was ist der Äquivalenzpunkt?
Der Äquivalenzpunkt zeigt die vollständige Umsetzung von Titrand mit der
Maßlösung an. Davor liegt praktisch keine Maßlösung vor, danach kein Titrand mehr.
cMaßlösung = cProbe
=1
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Titrationsgrad:
Was ist eine Titrationskurve?
Sie gibt den Verlauf der Titration wieder und ist somit die graphische Darstellung des
Titrationsverlaufes.
Was ist die Äquivalentzahl?
Sie ergibt sich aus einer Äquivalenzbeziehung z.B. aus der Stöchiometrie einer
definierten chemischen Reaktion.
Säure-Basen-Äquivalent (= Neutralisationsäquivalent)
> Säure-Äquivalent: jener Bruchteil einer Säure, der ein Proton freisetzen kann
> Basen-Äquivalent: jener Bruchteil einer Base, der ein Proton binden bzw. ein
Hydroxid-Ion abgeben kann
> Die Äquivalentzahl z gibt an, wie viele Protonen (H+) eine Säure freisetzen
bzw. wie viele Hydroxid-Ionen (OH-) eine Base abgeben kann
M(HCl) = 36,5 g/mol
36,5 g HCl können 1 mol Protonen freigeben
1 mol NaOH verbraucht 1 mol HCl
z=1
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M(H2SO4) = 98,1 g/mol
98,1 g H2SO4 können 2 mol Protonen freigeben
z=2
1 mol NaOH verbaucht ½ mol H2SO4
Redoxreaktion
> Reduktions-Äquivalent: jener Bruchteil eines Reduktionsmittels, der ein
Elektron abgeben kann
> Oxidations-Äquivalent: jener Bruchteil eines Oxidationsmittels, der ein Elektron
aufnehmen kann
> Äquivalentzahl z gibt die Anzahl der übertragenen Elektronen an
Differenz der Oxidationsstufe eines Redoxpaares
z=5
Äquivalentstoffmenge
[mol]
>
>
>
>
m = Masse [g]
M = Molekulargewicht [g/mol]
n = Stoffmenge [mol]
z = Äquivalentzahl
Äquivalentkonzentration
[mol/L]
> V = Volumen [L] = [m-3]
[mol/L]
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Iodometrie
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Iod kann sowohl zur Bestimmung
reduzierender sowie oxidierender Stoffe
herangezogen werden.
Reduzierende Stoffe
Diese werden entweder direkt mit Iod-Lösung titriert (unbeständige Lösung) oder Iod
wird in situ gebildet:
Oxidierende Stoffe
Überschuss an KI führt durch Oxidation zur Bildung von elementarem Iod (braun
gefärbt). Dieses kann durch Rücktitration mit Natriumthiosulfat als Maßlösung
bestimmt werden.
Einstellen der Maßlösung: Natriumthiosulfat
Für die Einstellung von Natriumthiosulfat als Maßlösung wird Kaliumiodat als Urtiter
eingesetzt. Wird Kaliumiodid im Überschuss zugegeben, so bildet sich im sauren
Milieu Iod (siehe letzte Reaktionsgleichung).
Durch Titration mit Natriumthiosulfat wird das gebildete elementare Iod wieder zu
Iodid reduziert. Im Laufe der Titration entsteht aus der braun, allmählich eine hellgelb
gefärbte Lösung. Da ein Farbumschlag von hell nach durchsichtig für das
menschliche Auge schwer zu erkennen ist, wird gegen Ender der Titration eine
1%ige Stärkelösung zugegeben. Iod bildet mit Stärke eine tiefblaugefärbte
Einschlussverbindung (Iod-Stärke-Reaktion). Nun wird mit Natriumthiosulfat bis zur
vollständigen Entfärbung titriert.
Permanganometrie
Kaliumpermanganat KMnO4 ist ein starkes Oxidationsmittel. In saurem Milieu wird
KMnO4 unter Aufnahme von 5 e- zu Mn(II) reduziert.
In neutraler bis schwach alkalischer Lösung wird KMnO4 unter Aufnahme von 3 e- zu
Mangan(IV)dioxid reduziert.
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Beispiel: Bestimmung von Natriumnitrit
Hier wird eine inverse Titration durchgeführt, das bedeutet, dass die Maßlösung
vorgelegt wird und mit der Probelösung (dem Natriumnitrit) titriert wird.
Um die Bildung von Braunstein zu verhindern, wird im Sauren titriert. Zusätzlich muss
die Lösung während der gesamten Titration leicht erwärmt werden, damit die
freigesetzte salpetrige Säure als Stickoxid (flüchtig) aus dem Geleichgewicht
genommen wird.
Cerimetrie
Cerium(IV)-Ionen werden als starkes Oxidationsmittel eingesetzt. Hierbei wird Ce(IV)
unter Aufnahme eines Elektrons zu Ce(III) reduziert. Als Maßlösung kommt
beispielsweise (NH4)2Ce(NO3)6 zum Einsatz.
In neutraler bis schwach alkalischer Lösung fallen Cer(IV)hydroxid oder andere
basische Salze aus.
Als Indikator wird der Metallindikator Ferroin eingesetzt.
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Komplexometrie (EDTA)
Darunter wird die Titration von Metall-Ionen mit Komplexbildnern verstanden. Es
kommen Komplexbildner mit mehreren Koordinationsstellen (Chelate) zum Einsatz,
da cyclische Komplexe stabiler sind.
Ein häufiger Komplexbildner ist Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA, meist als
Dinatriumsalz wegen der besseren Löslichkeit). EDTA besitzt sechs
Koordinationsstellen und bildet mit Metallionen somit oktaedrische Komplexe (im
Verhältnis 1:1).
pH-Wert Abhängigkeit
> M2+ : Chelate sind (nur) im Basischen beständig
> M2+ : ab pH 5 sind alle Chelate unbeständig
> M3+ : bei pH 5 noch beständig
selektive Titration
Bei der Komplexbildung von EDTA mit Metallion werden Protonen frei, daher ist
Pufferung nötig.
Metallindikator
Metallindikatoren sind organische Farbstoffe, die mit Metallionen Komplexe bilden,
die anders gefärbt sind als der freie Indikator. Am Äquivalenzpunkt wird die reine
Farbe des Indikators beobachtet. Der Metallion-Indikatorkomplex MUSS instabiler
sein als der Komplex zwischen dem Komplexbildner und dem Metallion.
Voraussetzung ist eine hohe Farbintensität des Metallindikator-Metall-Komplexes,
damit geringe Mengen an Indikator ausreichen (ansonsten würde der Indikator
mittitriert werden).
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Beispiel: Eriochromschwarz T
Praktische Tipps und Tricks
Bei farblosen Flüssigkeiten: Meniskus (Schellbachstreifen)
Bei gefärbten Flüssigkeiten: Oberkante
Bürette fettfrei und trocken halten
Keine Luftblasen in der Bürette
Trichter nicht vergessen abzunehmen
0-Punkt-Einstellung, bzw. den Flüssigkeitsstand notieren und vom Verbrauch
abziehen
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