Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock Gesellschaftsrecht Allgemein Fall 1 (nach Hüffer, GesR, S. 7): Mehrere Freunde des Zoos von Silberstadt haben sich zusammengeschlossen, um die Anschaffung eines Löwenpaares zu finanzieren. Welche Konsequenzen müssen gezogen werden, wenn daraus ein möglichst mitgliederstarker „Freundeskreis des Silberstädter Zoos“ entwickelt werden soll, der sich zum Ziel setzt, diese Einrichtung dauernd zu fördern? Lösung: Ziele der Gründer: Dauerhafte Zweckerreichung Unabhängig von wechselndem Mitgliederbestand Festgelegte Satzung, keine individuellen Verhandlungen bei Mitgliederaufnahme Daher: Eine Personengesellschaft ist mit Anknüpfung an Mitglieder und Selbstorganschaft der Personen ungeeignet. Die korporative Verfassung eines Vereins sichert die auf der Satzung beruhende Ordnung. Der „Freundeskreis“ sollte sich als nichtwirtschaftlicher Verein gründen und könnte durch Eintragung in das Vereinsregister zur jur. Person werden (vgl. § 21 BGB). Fall 2 (nach BGH NJW 2001, 359): Die X-AG verkauft am 1.4. der ABC-GbR ein Grundstück. Am 15.4. wird das Insolvenzverfahren über die AG eröffnet. Das Amtsgericht verhängt ein Verfügungsverbot. Dieses wird jedoch nicht ins Grundbuch eingetragen. Der Insolvenzverwalter benachrichtigt hiervon die BGmbH, deren Geschäftsführer ebenfalls B ist. Das Schreiben wird jedoch von einem anderen Geschäftsführer der GmbH bearbeitet. Am 1.5. wird gleichwohl das Grundstück aufgelassen und am 15.5. werden A, B und C als Eigentümer eingetragen. Ist das Grundbuch unrichtig? Genügt es, wenn nur ein Gesellschafter der GbR bösgläubig ist? Hatte B Kenntnis? Lösung: Die Eintragung war richtig, wenn A, B und C (als Gesellschafter der GbR) gutgläubig gemäß § 892 I BGB waren. 1. Vorab ein paar Worte zu den gerade im Gesellschaftsrecht immer wieder auftretenden insolvenzrechtlichen Fragen. Es ist zwischen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu unterscheiden. Im ersten Fall ergeben sich die Verfügungsbeschränkungen aus §§ 20 ff. InsO, sie haben nur relative Wirkung, §§ 135, 136 BGB. Wird jedoch ein allgemeines Verfügungsverbot erlassen, verweist § 24 Abs. 1 InsO auf die §§ 81, 82 InsO. Diese Normen regeln ein absolutes Verfügungsverbot für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das bedeutet: grundsätzlich ist gutgläubiger Erwerb nicht möglich. Gem. § 81 Abs. 1 S. 2 InsO bleibt jedoch die Ausnahme des § 892 Abs. 1 S. 2 Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock BGB bestehen. Danach ist bis zur Eintragung der Verfügungsbeschränkung im Grundbuch ein gutgläubiger Erwerb eines Grundstücks trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich. Damit folgt für den Fall: A, B, C (als Gesellschafter der GbR) können gutgläubig erworben haben. 2. Es müssen nicht alle Gesellschafter der GbR bösgläubig sein. Es genügt, wenn B bösgläubig ist. 3. Kenntnis des B? Die Kenntnis des zweiten Geschäftsführers wird der B-GmbH zugerechnet. (Organwissen/typischerweise aktenmäßig festzuhaltendes Wissen). Grund für die Zurechnung: Die Vertragspartner der GmbH sollen durch die organisatorische Aufspaltung nicht schlechter stehen als bei einem Vertrag mit einer natürlichen Person. Wissenszurechnung erfolgt jedoch an die B-GmbH nicht an B selbst. Die Zurechnung erfolgt zu Lasten der juristischen Person, nicht zu Lasten ihrer Organe. B hatte keine Kenntnis. A, B und C (als Gesellschafter der GbR) haben das Grundstück gutgläubig erworben. Fall 3 (nach Hüffer, GesR, S. 1): Zwei Brüder bewirtschaften gemeinsam ein Waldgrundstück, das sie vor 15 Jahren von ihrem Vater geerbt haben. Unter welchen Voraussetzungen besteht zwischen ihnen ein Gesellschaftsverhältnis? Lösung: Mit dem Erbfall ist zwischen den Brüdern kraft Gesetzes eine Erbengemeinschaft entstanden (§§ 2032 ff. BGB). Diese ist zwar Gesamthandsgemeinschaft, nicht aber Gesellschaft, weil jede Gesellschaft stets auf einem vertraglichen Zusammenschluss mehrerer Personen beruhen muss (§ 705 BGB). Die Brüder könnten aber die gemeinsame Bewirtschaftung auf vertraglicher Grundlage geregelt haben. Wegen der Formfreiheit ist dies auch konkludent möglich. Hier fehlen aber greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Brüder die erbrechtliche Basis ihrer Zusammenarbeit verlassen wollten, zumal auch die Erbengemeinschaft zeitlich unbegrenzt bestehen kann. Eine Gesellschaft ist zwischen den Brüdern nicht entstanden. (vgl. z.B. BGHZ 92, 259; allerdings problematisch, da der BGH Gründe aufzählt, warum ein Handelsgeschäft durchaus von einer Erbengemeinschaft fortgeführt werden kann [Abwarten bis Eintritt des Nacherbfalles, Abwarten eines günstigeren Auseinandersetzungszeitpunkts etc., um dann ein allgemeines Prinzip zu begründen]. Gegen die Möglichkeit der Fortführung in Erbengemeinschaft außer für Spezialfälle spricht, dass nur die Gesellschaft zur gemeinsamen Zweckverfolgung angelegt ist, während die Erbengemeinschaft auf Auseinandersetzung angelegt ist. Offensichtlich hatten die Brüder einen gemeinsamen Zweck.) Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock Parallele bei kraft Gesetzes entstehendem Miteigentum (§§ 947, 1008 BGB). Fall 4 (nach Hüffer, GesR, S. 2): Die Landwirte S und M verschaffen sich einen Nebenverdienst, indem sie einen Unimog für Holztransporte vermieten und solche Transporte gelegentlich auch selbst durchführen. Die Einnahmen werden geteilt. Den Unimog haben sie gemeinsam erworben und hälftig bezahlt. Liegt eine Gesellschaft oder eine Bruchteilsgemeinschaft vor? Lösung: S und M haben sich vertraglich über Erwerb, Nutzung und Einnahmeverteilung des Unimog geeinigt. Erforderlich zur Annahme einer Gesellschaft ist ferner die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks iSd § 705 BGB. Entscheidend ist, dass S und M ihre Mittel zusammenlegen, um einen gemeinsamen Zweck zu erreichen (Einnahmen durch Holzabfuhr). Anders wäre es, wenn S und M einen PKW zur privaten Nutzung erworben hätten. Auch diesem Vertrag läge der Zweck zugrunde, sich die Gebrauchsvorteile des PKW zu verschaffen. Aber dieser Zweck ist nicht gemeinsam, weil jeder das Fahrzeug für sich alleine nutzen möchte. Der Vertrag dient dann nur der Abgrenzung der konfligierenden Nutzungsbefugnisse. In diesem Fall läge keine Gesellschaft, sondern eine Bruchteilsgemeinschaft (§§ 1008 ff., 741 ff. BGB) vor. Fall 5 (nach Hüffer, GesR, S. 5): A und B wollen ihren KFZ-Meister D stärker an das Unternehmen binden und deshalb zum Gesellschafter machen. Kann D Gesellschafter werden, ohne eine Einlage zu leisten, die in das Vermögen der Gesellschaft übergeht? Lösung: Konstitutives Merkmal für das Bestehen einer Gesellschaft ist die Förderungspflicht der Gesellschafter; denn eine Gesellschaft liegt nach § 705 nur vor, wenn sich die Vertragsschließenden gegenseitig verpflichten, zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammenzuwirken. Bezeichnet man die danach von jedem Gesellschafter geschuldete Förderung als seinen Beitrag, so gibt es keine beitragsfreie Gesellschaft. Jedoch darf der Inhalt der Zweckförderungspflicht nicht zu eng gefasst werden. Die Beitragsleistung kann auch in anderer Form als durch Leistung von Geld oder sonstigen Vermögensgegenständen erbracht werden. Für D kommt in Betracht, dass er den Gesellschaftszweck fördert, indem er dem gemeinsamen Unternehmen seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (§ 706 III BGB). Er kann also Gesellschafter werden, ohne einen Beitrag zu leisten, der in das Gesellschaftsvermögen übergeht. Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock GbR Vertretung Fall 6: Im Gesellschaftsvertrag der A und B GbR ist im Rahmen der Vertretung u. a. geregelt, dass B von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen sein soll. A hingegen soll nur gemeinsam mit dem Nichtgesellschafter V die Gesellschaft nach außen vertreten können. Welche Art der Vertretung liegt vor? Lösung Fall 6 Die gewollte Gesamtvertretung von A und V stößt an Bedenken. Der Grundsatz der Selbstorganschaft besagt, dass die Vertretung der Gesellschaft nicht unter Ausschluss aller Gesellschafter auf Dritte übertragen werden kann. Die Gesellschaft muss durch ihre Organe – die Gesellschafter – uneingeschränkt handlungsfähig sein. Die beabsichtigte Gestaltung der Vertretung ist daher unwirksam. Der Gesellschaftsvertrag ist aber im Übrigen wirksam, da nicht anzunehmen ist, dass durch die unwirksame Vertretungsregelung das gesamte Gesellschaftsverhältnis unwirksam sein soll, § 139 BGB. Fraglich ist allerdings, ob anstelle der unwirksamen Regelung Alleinvertretungsmacht des A treten soll. Die Regelung der Gesamtvertretung mit V zeigt, dass nach dem Gesellschaftsvertrag eine alleinige Vertretung durch A nicht gewollt ist. Andererseits zeigt der Ausschluss des B, dass dieser nicht mitwirken soll. Das Interesse der Parteien (geht § 714 BGB vor) ist zu ermitteln. Zumeist nimmt man eine Alleinvertretung an. GbR Einlageleistung und Sachmängelgewährleistungsrecht Fall 7 (nach Hüffer, GesR, S. 79): F ist nach dem Gesellschaftsvertrag der „Fuhrunternehmen A & F GbR“ zur Übereignung eines Lieferwagens verpflichtet. Nach Übereignung stellt sich kurze Zeit später heraus, dass das Fahrzeug wegen erheblicher Rostschäden nicht vom TÜV abgenommen werden kann. Wie wirkt sich dieser Umstand auf das Gesellschaftsverhältnis aus? Die Rostschäden des Lieferwagens sind ein Sachmangel iSd. § 434 I. F hat das Fahrzeug zwar nicht aufgrund eines Kaufvertrags übereignet, doch werden §§ 433 ff. auch auf „kaufähnliche“ Verträge, die auf Veräußerung einer Sache gegen Entgelt gerichtet sind, entsprechend angewandt. Das war in § 493 BGB a. F. noch ausdrücklich angeordnet. § 493 BGB a. F.: Die Vorschriften über die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen Mängel der Sache finden auf andere Verträge, die auf Veräußerung oder Belastung einer Sache gegen Entgelt gerichtet sind, entsprechende Anwendung. Der Gesetzgeber hielt diese Anordnung aber für selbstverständlich und hat die Vorschrift deshalb im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung gestrichen. Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock Zu den kaufähnlichen Verträgen gehört der Gesellschaftsvertrag, soweit der Beitrag eines Gesellschafters in der Übereignung einer Sache besteht. Im Rahmen der entsprechenden Anwendung der §§ 434 ff. BGB ist es aber erforderlich, die Sachmängelrechte den Besonderheiten des Gesellschaftsrechts anzupassen. Zunächst kommt in Betracht, dass F zur Nacherfüllung seiner Einlageleistung verpflichtet ist (§§ 439, 437 Nr. 1 BGB). Sollte Nacherfüllung nicht möglich sein oder sollte F sie verweigern, können die anderen Gesellschafter von dem Gesellschaftsvertrag zurücktreten (§§ 323, 326 V, 440, 437 Nr. 2 BGB). Sobald die Gesellschaft aber in Vollzug gesetzt ist, wird das Rücktrittsrecht von den Kündigungsregeln verdrängt. Bei weniger gravierenden Mängeln kommt Minderung in Betracht (§§ 441, 437 Nr. 2), d. h. die Gesellschaft behält die mangelhafte Sache, die Beteiligung des Beitragsschuldners am Gesellschaftsvermögen und am Gewinn wird jedoch entsprechend dem geringeren Wert seiner Leitung niedriger angesetzt. GbR Sorgfaltsmaßstab Fall 8: Gesellschafter A der „A&B Autovermietung GbR“ beschädigt im Rahmen einer Testfahrt den Firmenwagen und verletzt seinen Mitgesellschafter B leicht. B fordert von A die Reparatur des Wagens auf eigene Kosten und Schmerzensgeld. A wendet ein, B habe von seiner unbesonnenen Fahrweise gewusst und im Übrigen sei ihm auch nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Lösung Fall 8: I. Anspruch B gegen A auf Schmerzensgeld aus § 280 I i.V.m. § 253 II BGB A hat seine Sorgfaltspflichten (§ 241 II BGB) aus dem Gesellschaftsvertrag verletzt. Ein Anspruch auf Schadensersatz kommt aber nur in Betracht, wenn A die Pflichtverletzung zu vertreten hat, § 280 I 2 BGB. Dies ist insbesondere bei einem Verschulden, § 276 I, der Fall. Grundsätzlich hat der Schuldner Vorsatz und jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Durch § 708 könnte die Haftung des A aber auf die eigenübliche Sorgfalt (diligentia quam in suis) begrenzt sein. Grobe Fahrlässigkeit, von der A nach § 277 nicht befreit wäre, liegt nach dem Sachverhalt nicht vor. Die Pflichtverletzung ist lediglich auf die übliche unbesonnene Fahrweise des A zurückzuführen. §§ 708, 277 würden nach ihren Voraussetzungen eingreifen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH gilt der Sorgfaltsmaßstab der d. q. i. s. jedoch nicht im Straßenverkehr (kein Raum für eine individuelle Sorgfalt) und bei kapitalistisch geprägten Massengesellschaften. § 708 ist daher im Fall nach ständiger Rechtsprechung nicht anwendbar. Es bleibt bei einer Haftung für jede Fahrlässigkeit, § 276 I, II. Anmerkung Mylich: Das Ergebnis ist richtig, in der Begründung liegt die Rechtsprechung daneben. Vielmehr ist § 708 BGB auf die Verwaltung des Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock Gesellschaftsvermögens begrenzt. Werden fremde Rechtsgüter verletzt, ist für die Anwendung von § 708 BGB kein Raum. B kann gegen A seinen Anspruch auf Schmerzensgeld nach §§ 249, 253 II geltend machen. Daneben kommt ein Anspruch aus § 823 I, § 823 II BGB i.V.m. StVO und §§ 18, 7 StVG in Betracht. II. Anspruch der GbR gegen A auf Reparatur des Wagens aus § 280 I i.V.m. § 249 I 1 BGB Da es sich bei dem Kfz um einen Firmenwagen handelt, ist davon auszugehen, dass dieser im Eigentum der GbR steht. Lediglich der Gesellschaft ist daher ein Schaden entstanden, den sie über §§ 280 I, 241 II ersetzt verlangen könnte. Nach der Regel der §§ 714, 709 I ist Gesamtvertretung der Gesellschafter A und B angeordnet. Prozessual stellt sich daher das Problem, dass die Gesellschafter gemeinschaftlich den Schaden geltend machen müssten. Wenn sich A weigert daran mitzuwirken, kommt eine Geltendmachung des Anspruchs nur über die Figur der actio pro socio in Betracht (s. nächster Punkt). Achtung: für die Reparaturkosten erscheint es vorliegend nicht unproblematisch, § 708 BGB einzuschränken; in BGHZ 46, 313 stellt der BGH darauf ab, dass die Haftungsbeschränkung des § 708 BGB sich nur auf Vermögensinteressen beziehe, nicht aber auf die körperliche Integrität der Mitgesellschafter. Stellt man weniger auf die nichtssagende Formel „Im Straßenverkehr gilt § 708 BGB nicht“ als vielmehr auf die Abgrenzung fremde Rechtsgüter zu Vermögensinteresse ab, dann kann für das Kfz als Vermögensbestandteil der GbR doch eine Haftungsbeschränkung auf die eigenübliche Sorgfalt angenommen werden; i.E. ungeklärt). GbR Haftung der Gesellschafter Fall 9: Der Gesellschafter A der A&B GbR fährt den Passanten P mit dem Geschäftswagen aus Unachtsamkeit an und verletzt ihn schwer. P verlangt nun die Heilbehandlungskosten und Schmerzensgeld sowohl von der GbR als auch von dem vermögenden Gesellschafter B ersetzt. Zu Recht? Lösung Fall 9: I. Anspruch gegen die BGB-G gem. §§ 823, 31 analog (ggf. § 823 II iVm. der StVO und §§ 18, 7 StVG) Durch sein Verhalten hat A den Körper/die Gesundheit des P adäquat kausal verletzt. Von einem Verschulden des A ist auszugehen. Das schuldhafte Verhalten des A könnte der Gesellschaft nach § 31 analog zugerechnet werden. Während dies die alte Rechtsprechung mangels ausreichend körperschaftlicher Organisation bei der GbR ablehnte, wird heute eine analoge Anwendung des § 31 durchweg befürwortet (BGH ZIP 2003, 664). Die Gesellschaft hat daher für das schuldhafte Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock Verhalten des Gesellschafters einzustehen. P kann den entstandenen Schaden nach §§ 249 II 1, 253 II von der A und B GbR ersetzt verlangen. II. Anspruch gegen B persönlich gem. §§ 823, 31 BGB analog, § 128 HGB analog Die Gesellschaft haftet für das schuldhafte Verhalten des A nach Maßgabe der §§ 823, 31 analog. Nach der Akzessorietätstheorie kommt man mit einer analogen Anwendung des § 128 HGB zu einer persönlichen Haftung des Gesellschafters für die Außen-GbR. Umstritten ist, ob § 128 HGB auch im Fall der deliktischen Schulden entsprechend angewandt werden soll. Nach dem BGH und der wohl h. M. ist dies der Fall. Jedoch werden in dem neueren Schrifttum Stimmen gegen diese Auffassung laut (lesenswert Canaris ZGR 2004, 69, 109 ff.). GbR Haftungsbeschränkung Fall 10 (nach BGHZ 142, 315): Im Gesellschaftsvertrag der A&B GbR ist neben der Anordnung der Einzelvertretung durch A und B folgende Regelung enthalten: „Die Haftung ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt.“ Auf den Geschäftsbriefen „firmiert“ die GbR als „A&B GbR mit beschränkter Haftung“. Unter Verwendung eines dieser Briefbögen schließt A im Namen der GbR einen Kaufvertrag mit X ab. X fordert nun die Erfüllung des Kaufvertrages von den Gesellschaftern A und B. Zu Recht? Lösung Fall 10: Zwischen der A&B GbR – vertreten durch A – und X ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. Nach der Akzessorietätstheorie haften die Gesellschafter einer BGB-G für die rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten der GbR nach § 128 HGB analog auch persönlich. Die Haftung könnte aber auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sein. Eine durch Individualabrede getroffene dahingehende Vereinbarung mit X liegt nicht vor. Fraglich ist aber, ob eine Haftungsbeschränkung durch eine Beschränkung der Vertretungsmacht zulässig ist. Nach der Doppelverpflichtungslehre war dies grundsätzlich möglich. Der BGH hat aber schon früh hohe Anforderungen an die Kenntlichmachung der Beschränkung nach außen gefordert, um nicht aus den Grundsätzen der Rechtsscheinvollmacht doch zu haften (s. o.). Nach der heute ganz herrschenden Akzessorietätstheorie ist eine Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen nur durch Individualvereinbarung möglich, § 128 Satz 2 HGB analog. A und B haften danach auf Erfüllung des Kaufvertrags nach § 128 HGB analog. OHG Minderjähriger Gesellschafter Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock Fall 11 (K. Schmidt, GesR, § 6 III c cc)): A schließt mit dem 17-jährigen B einen Gesellschaftsvertrag zum Betrieb der A und B Supermarkt OHG ab. Die OHG nimmt den Geschäftsbetrieb auf. Kann der Lieferant G von der Gesellschaft und den Gesellschaftern Zahlung seiner Leistungen verlangen? Wie steht es mit dem Gewinnbeteiligungsanspruch des B? Lösung Fall 11: I. Ansprüche des Lieferanten G Ein Anspruch gegen die Gesellschaft bestünde, wenn es sich bei dem unter dem Namen A und B Supermarkt OHG firmierenden Unternehmen um eine OHG handeln würde, §§ 433 II BGB, 124 I HGB. Voraussetzung hierfür wäre ein wirksamer Gesellschaftsvertrag. Bei verweigerter Genehmigung des Familiengerichtes (§§ 1822 Nr. 3, 1829, 1643 BGB) ist die Willenserklärung des minderjährigen B jedoch unwirksam. Grundsätzlich wäre bei einer Gesellschaft mit mehr als zwei Personen bei der Unwirksamkeit der Willenserklärung eines Teiles an eine Teilwirksamkeit des übrigen Gesellschaftsvertrags zu denken, § 139 a. E. Dem steht aber entgegen, dass hier allein die Willenserklärung des A „übrig bleibt“ und eine Ein-Personen-OHG nicht zulässig ist. Eine Haftung nach Invollzugsetzung kann dennoch unter den Voraussetzungen der fehlerhaften Gesellschaft zustande kommen. Dem könnte aber wiederum der Zweck des Minderjährigenschutzes entgegenstehen. Wie u. a. der Vergleich mit den Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb zeigt (der gute Glaube an die Geschäftsfähigkeit wird nicht geschützt), ist dem Minderjährigenschutz im Verhältnis zum Schutze des Rechtsverkehrs ausreichend Rechnung zu tragen. Zwei Lösungsmöglichkeiten sind denkbar: Lösungsmöglichkeit 1: Der Gesellschaftsvertrag wird auch nicht nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam angesehen, ein Anspruch gegen die „OHG“ besteht daher nicht. Der volljährige Gesellschafter A haftet aber aus Rechtsscheingrundsätzen nach § 128 HGB, da ihm der Rechtsschein der OHG zuzurechnen ist. Anders verhält sich dies mit der Haftung gegen B: Hier scheitert eine Haftung an der Zurechenbarkeit des Rechtsscheins Lösungsmöglichkeit 2: Man betrachtet den Eintritt des Minderjährigen als wirksam, Haftungsfolgen oder sonstige Nachteile für den Minderjährigen bleiben aber außer Betracht (so insbes. Karsten Schmidt GesR, S. 153). Hier bestünde also im Gegensatz zur 1. Möglichkeit auch ein Anspruch gegen die OHG selbst und nach § 128 HGB auch gegen A. II. Gewinnbeteiligungsanspruch des B Nicht durchgesetzt hat sich die Auffassung, der Minderjährige sei zwar an den Gewinnen, nicht aber an der Verlusten beiteiligt. Gewinn- und Verlustbeteiligung lassen sich nicht trennen. Wird die fehlerhafte Beteiligung nicht genehmigt, so wird Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock sie mit schuldrechtlicher Rückwirkung, d. h. ohne Gewinn- und Verlustbeteiligung, abgewickelt. Wäre die Beteiligung für den Minderjährigen wirtschaftlich vorteilhaft, so könnten die gesetzlichen Vertreter bzw. das Familiengericht den fehlerhaften Vertrag genehmigen (vgl. Karsten Schmidt GesR, S. 154) OHG Vertretungsregelungen Fall 12 (nach BGHZ 26, 330, 333): A und B schließen einen Gesellschaftsvertrag, wonach A von der Vertretung ausgeschlossen sein soll und B die OHG nur gemeinsam mit dem Prokuristen (P) vertreten darf. Zulässig? Wer ist dann vertretungsberechtigt? Der Fall ähnelt Fall 6 aus dem Recht der BGB-Gesellschaft. Auch die Lösung verläuft parallel. Eine Repetition des Problems im Kleide der OHG erscheint aber aufgrund der besonderen Examensrelevanz des Problems angebracht. Lösung Fall 12: Die gewollte Gesamtvertretung von B und P stößt an Bedenken. Der Grundsatz der Selbstorganschaft besagt, dass die Vertretung der Gesellschaft nicht unter Ausschluss aller Gesellschafter auf Dritte übertragen werden kann. Die Gesellschaft muss durch ihre Organe – die Gesellschafter – uneingeschränkt handlungsfähig sein. Die beabsichtigte Gestaltung der Vertretung ist daher unwirksam. Der Gesellschaftsvertrag ist aber im Übrigen wirksam, da nicht anzunehmen ist, dass durch die unwirksame Vertretungsregelung das gesamte Gesellschaftsverhältnis unwirksam sein soll, § 139 BGB. Fraglich ist allerdings, ob anstelle der unwirksamen Regelung Alleinvertretungsmacht des A treten soll, oder die gesetzliche Regelung des § 125 I HGB (Einzelvertretung) greifen soll. Die Regelung der Gesamtvertretung mit P zeigt, dass nach dem Gesellschaftsvertrag eine alleinige Vertretung durch B nicht gewollt ist. Anderseits soll B ausgeschlossen sein. Das Interesse der Parteien (geht § 125 I HGB vor) ist zu ermitteln. Zumeist nimmt man Alleinvertretungsmacht an. OHG Ersatzansprüche des Gesellschafters Fall 13: A ist Gesellschafter der König-Maschinenbau-OHG. Bei der Inspektion einer defekten Maschine verletzt sich A und muss 1.000.- Euro für die Heilbehandlung aufwenden. Hat er gegen die OHG einen Ersatzanspruch? Steht ihm Schmerzensgeld zu? Lösung Fall 13: Anspruch A ./. OHG auf Ersatz der Verluste aus § 110 I Var. 2 HGB Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock Während nach § 670 BGB nur Aufwendungen ersetzt werden, gibt § 110 I Var. 2 HGB auch einen Ersatzanspruch wegen der Verluste, die ein Gesellschafter unmittelbar durch seine Geschäftsführung oder aus den untrennbar mit ihr verbundenen Gefahren erleidet. Anm.: Durch den weiten Aufwendungsbegriff der sich mittlerweile zu § 670 durchgesetzt hat, erreicht man auch bei der GbR ähnliche Ergebnisse. Danach ist die Gesellschaft verpflichtet, dem Gesellschafter typische Begleitschäden zu ersetzen. Die Zufallshaftung erfasst Schäden, deren Eintrittswahrscheinlichkeit durch die Erledigung des jeweiligen Geschäfts erhöht wird (nicht bei bloßer Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos). Rechtsgrundlage: früher: Garantievertrag/ergänzende Vertragsauslegung aber: bloße Fiktion eines Parteiwillens, zudem bei Parallelproblematik GoA nicht anwendbar (vgl. §§ 683, 670) BGH: § 670 analog Unfreiwillige Vermögenseinbußen zwar keine Aufwendungen aber freiwilliges Aufsichnehmen eines bestimmten Schadensrisikos steht dem gleich. Kritik: versagt, wenn der Gesellschafter das Risiko nicht kannte Lit.: Gedanke der Risikozurechnung bei schadensgeneigter Tätigkeit im fremden Interesse (§ 110 HGB analog, Rechtsgedanke des innerbetrieblichen Schadensausgleichs) → Geschäftsherr hat das spezifische Schadensrisiko der Geschäftsbesorgung zu tragen. 1. Ersatz der Schäden: Unter Verlusten iSd. § 110 HGB werden unfreiwillige Vermögensnachteile verstanden, die aus der Geschäftsführung des Gesellschafters oder aus mit dieser untrennbar verbundenen Gefahren resultieren. Eine bloße Kausalität genügt zwischen Geschäftsführung und Vermögensnachteil nicht. Vielmehr muss die Gefahr gerade mit der Tätigkeit für die Gesellschaft zusammenhängen. Dies ist bei der Inspektion einer Maschine für eine Maschinenbaugesellschaft jedenfalls der Fall. Die Heilbehandlungskosten sind als Vermögensschaden ersatzfähig. 2. Schmerzensgeld Verluste iSd. § 110 I HGB sind nur Vermögensnachteile, nicht immaterielle Schäden. Ein Schmerzensgeld kann daher nicht verlangt werden. OHG Haftung der Gesellschafter Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock Fall 14 (nach Kraft/Kreutz, S. 200 f.): A und B sind alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter der A, B-OHG. A verkauft das Villengrundstück des B formgültig im Namen der OHG. Kann der Käufer von B nach § 128 HGB Übertragung des Grundstücks verlangen? Lösung Fall 14: K ./. B auf Auflassung nach § 433 I 1 BGB, § 128 HGB 1. Ein wirksamer Kaufvertrag über das Grundstück des B ist nach den §§ 433, 311b I BGB zwischen K und der A, B-OHG (vertreten durch A, §§ 164 ff. BGB, 125 HGB) zustande gekommen. 2. B haftet nach § 128 HGB für die Schulden der OHG akzessorisch. Ob B aber schlechthin dasselbe schulden soll, wie die Gesellschaft (sog. Erfüllungstheorie) oder B lediglich das Erfüllungsinteresse des Gläubigers in Geld befriedigen soll (sog. Haftungstheorie), hängt davon ab, wie man die in § 128 HGB angeordnete Haftung auffassen kann. a.) Nach der (eingeschränkten) Erfüllungstheorie (z. B. Hüffer, GesR, § 18 1. a) ist neben der Gesellschaft jeder Gesellschafter nach § 128 HGB zur Erfüllung der Primärleistungspflicht verpflichtet. Die grundsätzliche inhaltliche Übereinstimmung von Gesellschafts- und Gesellschafterschuld (Inhaltsakzessorietät) folge aus dem Zweck des § 128 HGB. Dieser bestehe darin, im Interesse der Gesellschaft selbst und in dem der Gläubiger die Erfüllung der Verbindlichkeiten sicherzustellen. Damit sei es nicht vereinbar, den Gläubiger gegenüber den Gesellschaftern auf den Geldanspruch zu verweisen. Allerdings wird die Erfüllungstheorie in ihrer strengen Form nicht mehr ernsthaft vertreten, weil dies zu schweren Eingriffen in die Privatsphäre des Gesellschafters führen kann. Daher wird die Erfüllungstheorie nur noch in der abgeschwächten Form vertreten, dass der Gesellschafter grundsätzlich auf Erfüllung der Primärleistungspflicht haftet, es sei denn es liegt ein unzumutbarer Eingriff in seine Privatsphäre vor, was insbesondere bei nicht vertretbaren Leistungen anzunehmen ist. Die Auflassungserklärung kann hier nur vom Eigentümer B abgegeben werden, so dass eigentlich eine nicht vertretbare Leistung vorliegt. Die h.M. differenziert hier aber erneut. Demnach soll bei nicht vertretbaren Leistungen nur dann ein unzumutbarer Eingriff in die Privatsphäre vorliegen, wenn er von vorneherein nicht zur Auflassung des Grundstücks an die Gesellschaft verpflichtet ist. aa.) Ist dies der Fall, so war bereits die Gesellschaft zur Erfüllung dieser Schuld nicht in der Lage, § 275 I. Die OHG haftete daher infolge ihres anfänglichen Unvermögens zur Leistungserbringung nur auf Schadensersatz statt der Leistung, worauf sich der in Anspruch genommene Gesellschafter nach § 129 I HGB berufen kann. B würde also höchstens auf Schadensersatz nach § 311a II haften. Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock bb.) War der Gesellschafter hingegen zur Auflassung des Grundstücks an die Gesellschaft verpflichtet, so steht die Einwendung des anfänglichen Unvermögens weder der Gesellschaft noch dem Gesellschafter zu. B würde daher auf Erfüllung (Auflassung) haften. b.) Ein Teil der Literatur (z. B. Kraft/Kreutz, GesR S. 201) verweist darüber hinaus auf die Möglichkeit der OHG mit den Gläubigern von vorneherein eine Beschränkung der Haftung zu vereinbaren (nicht § 128 S. 2 HGB). Wenn die Auslegung des Vertrages ergibt, dass sich die Erfüllung auf die OHG beschränken soll, sei eine Erfüllungspflicht der Gesellschafter ausgeschlossen. Ein vertraglicher Ausschluss der Erfüllungspflicht sei insbesondere dann anzunehmen, wenn die Verpflichtung – auch für den Gläubiger erkennbar – von vorneherein ihrem Inhalt nach nur durch die Gesellschaft erfüllbar war. Dafür bestehen aber im Sachverhalt keine Anhaltspunkte. Zur Vertiefung dieses Problems kann auf die Besprechung einzelner Fälle der Rechtsprechung von Wiedemann (GesR Band II S. 736 f.) verwiesen werden. OHG § 129 HGB Fall 15 (nach Wiedemann/Frey, S. 148): G hat eine Kaufpreisforderung gegen die A,B,C-OHG und möchte dafür den Gesellschafter A in Anspruch nehmen. Dieser verweigert aber die Zahlung, weil der OHG eine Gegenforderung aus vorsätzlichem Delikt gegen G zustehe. Kann sich A darauf berufen? Wie wäre es, wenn die Forderung des G ein Anspruch aus § 826 BGB, die Gegenforderung der OHG aber ein Anspruch aus Werkvertrag ist? Lösung Fall 15: Variante 1: I. Gesellschafter A haftet für die Verbindlichkeiten der OHG akzessorisch, § 128 HGB. II. Ihm könnte aber nach § 129 III, II HGB ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen. Dies wäre nach dem Wortlaut der Fall, wenn sich G durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung der Gesellschaft befriedigen kann. Voraussetzung ist somit das Vorliegen einer Aufrechnungslage, § 387. Zwar stehen sich mit den beiden Geldforderungen zwei fällige gleichartige Leistungspflichten gegenüber. Zu beachten ist aber, dass G eine Aufrechnung nach § 393 nicht möglich ist. Wörtlich genommen könnte der in Anspruch genommene Gesellschafter A sich daher gegenüber G nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht gem. § 129 III BGB berufen. Dem Sinn der Vorschrift entspricht es aber, dass es wegen der Akzessorietät der Haftung auf die Aufrechnungsbefugnis der Gesellschaft und nicht des Gläubigers ankommt. Dafür spricht auch der Wortlaut des § 129 I HGB. Die OHG kann aber mit Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock einem Anspruch aus vorsätzlichem Delikt aufrechnen, weil § 393 BGB nur verhindern soll, dass der vorsätzlich Schädigende sich nicht durch Aufrechnung seiner Haftung entziehen kann (Palandt, 64. Aufl., § 393 Rn. 1; Wortlaut: gegen eine Fdg aus vorsätzl unerl Hdlg; nicht mit einer Fdg aus Delikt). Deswegen steht A hier entgegen des Wortlauts eine Einrede gem. § 129 III HGB zu. Fallbeispiel bei Bülow/Schumann, JuS 1988, 796. Variante 2: I. Gesellschafter A haftet gem. §§ 826 BGB, 128 HGB. Obgleich auch bei der OHG die Haftung der Gesellschafter für deliktische Verbindlichkeiten vereinzelt bestritten wird (vgl. Altmeppen, NJW 1996, 1017; ders., NJW 2003, 1553), entspricht es ganz h.M., dass § 128 HGB für alle im Außenverhältnis entstandenen Verbindlichkeiten gilt. II. Möglicherweise könnte A jedoch ein Leistungsverweigerungsrecht gem. § 129 III HGB zustehen. Hier kann alleine der Gläubiger G aufrechnen. Nach dem Gesetzeswortlaut würde also dem persönlich in Anspruch genommenen Gesellschafter die Einrede der Aufrechenbarkeit zustehen. Nach ganz h.M. greift hier § 129 III HGB entgegen des Wortlauts aber nicht ein, weil es – wie sich aus § 129 I HGB ergibt - auf die Aufrechnungsbefugnis der Gesellschaft und nicht des Gläubigers ankommt. Es handelt sich hier um eine gedankenlose Übernahme des § 770 BGB. Andernfalls hätte dies die eigentümliche Folge, dass obwohl der Gläubiger eine Aufrechnung durch die OHG wegen § 393 BGB nicht hinnehmen müsste, dem Gesellschafter ein Leistungsverweigerungsrecht zustände. OHG Ausgleichsansprüche gegen die Gesellschaft Fall 16 (nach Hüffer, GesR, S. 177): B hat eine Forderung über 2.500 Euro bezahlt, welche die Vereinsbank gegen die OHG hatte. Die Forderung war durch eine Hypothek an einem Grundstück gesichert. Wie kann B Ausgleich von der Gesellschaft fordern? Hat er die Hypothek erworben? Lösung Fall 16: 1. Erwerb der Hypothek B könnte die Hypothek nach §§ 401, 412 erworben haben, wenn die Forderung der Vereinsbank nach § 426 II auf ihn übergegangen wäre. Voraussetzung hierfür ist aber das Vorliegen einer Gesamtschuld zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Eine Gesamtschuld ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn die verschiedenen Verbindlichkeiten grundsätzlich in ihrem rechtlichen Bestand voneinander unabhängig sind. Dies folgt aus § 425. Diese Unabhängigkeit weist die Schuld des Gesellschafters gegenüber der Schuld der OHG nicht auf. Wie schon in Fall 14 dargestellt, ist die Schuld des Gesellschafters auch inhaltlich der Schuld der OHG Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock akzessorisch. Ein Forderungsübergang nach § 426 II hat daher nicht stattgefunden. Jedoch ähnelt die Stellung des Gesellschafters der des Gesamtschuldners oder Bürgen. Daher sind die Rechtsgedanken der § 774, § 426 II BGB analog heranzuziehen. Gerade der § 774 BGB wird für passend erachtet, da auch den Bürgen nur eine (vergleichbare) akzessorische Haftung trifft. 2. Ausgleichsansprüche gegen die Gesellschaft Das bedeutet nicht, dass B keinen Ausgleichsanspruch gegen die OHG hätte. Grundlage dieses Anspruchs ist § 110 HGB. In der Zahlung des B liegt eine Aufwendung im Sinne dieser Vorschrift. Anders als beim Gesamtschuldnerregress erwirbt der Gesellschafter jedoch nicht die Sicherheiten, die für die Forderung des Gläubigers bestellt waren. Anm.: Dass zwischen Gesellschafter und OHG kein Gesamtschuldverhältnis entsteht, hindert nicht, auf diese Beziehung §§ 421 ff. analog anzuwenden, soweit sie nach Sinn und Zweck auf den jeweiligen Fall passen. Die Regressnorm des § 426 kann jedoch wegen der speziellen Regelung des § 110 HGB nicht herangezogen werden. OHG Innenregress zwischen den Gesellschaftern Fall 17: Wie kann B von seinen Mitgesellschaftern A und C Regress fordern? Lösung Fall 17: 1. §§ 110, 128 HGB B hat wegen Begleichung einer Gesellschaftsschuld primär einen Anspruch gegen die OHG auf Aufwendungsersatz gem. § 110 HGB. Weil die Gesellschafter grds. akzessorisch für alle Verbindlichkeiten der OHG haften, könnte an einen Anspruch des B gegen A und C aus §§ 110, 128 HGB gedacht werden. Für Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis (Sozialverpflichtungen) haften die übrigen Gesellschafter während des Bestehens der Gesellschaft grds. nicht mit ihrem Privatvermögen. Das folgt schon aus § 707 BGB, wonach der einzelne Gesellschafter nicht zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags verpflichtet ist (BGHZ 37, 299 [301]). Ferner ergibt sich bereits aus der Systematik des § 128 HGB (Dritter Teil: Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten), dass die Norm nur im Verhältnis zu Dritten wirkt und nicht auf einen internen Ausgleich der Gesellschafter untereinander zugeschnitten ist. 2. § 426 I BGB Nach § 128 HGB haften die Gesellschafter im Verhältnis zueinander – anders als im Verhältnis zu der OHG (vgl. vorangegangener Fall) – als Gesamtschuldner, §§ 421 ff. Als Ausgleichsanspruch kommt daher in erster Linie § 426 I in Betracht. Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock a. Bei den Regressansprüchen im Innenverhältnis ergibt sich aber eine Besonderheit. Die persönliche Haftung der Gesellschafter ist im Interesse der Gläubiger angeordnet. Im Verhältnis der Gesellschafter zueinander ist die Verbindlichkeit dagegen nicht aus dem Privatvermögen des einen oder des anderen von ihnen, sondern aus der Gesellschaftskasse zu begleichen (s.o.). Hat der Gläubiger einen Gesellschafter persönlich in Anspruch genommen, dann liegt darin für das Innenverhältnis der Gesellschafter eine Fehlentwicklung. Diese Fehlentwicklung würde fortgeführt, wenn der in Anspruch genommene Gesellschafter gegen seine Mitgesellschafter mit ihrem Privatvermögen ohne Einschränkung Regress nehmen dürfte. Der Ausgleichsanspruch richtet sich deshalb in erster Linie gegen die OHG und findet insoweit seine Grundlage in § 110 HGB (s. vorangegangener Fall). Nur soweit aus der Gesellschaftskasse keine Befriedigung zu erlangen ist, müssen die anderen Gesellschafter im Innenverhältnis als Gesamtschuldner einstehen. In diesem Sinn ist der Gesamtschuldnerregress subsidiär. Das Ergebnis folgt zwanglos aus der Trennung zwischen Gesellschaftsvermögen und Gesellschaftervermögen. Diese zu respektieren haben sich die Gesellschafter mit Abschluss des Vertrags verpflichtet (Konkretisierung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht). Ein Rückgriff des B gegen A und C kommt daher nach § 426 I nur dann in Betracht, wenn das Gesellschaftsvermögen nicht zur Befriedigung des B ausreicht. b. Die Quote bestimmt sich dabei nach der vertraglichen Vereinbarung der Gesellschafter über die interne Verlustbeteiligung, da die Kopfteilregel des § 426 I nur vorbehaltlich anderer Bestimmungen gilt. Schließlich ist der Ausgleichsanspruch entsprechend den allgemeinen Gesamtschuldgrundsätzen um den eigenen Verlustanteil des Regressnehmenden zu kürzen. Da hier nähere Anhaltspunkte fehlen ist von einer gleichmäßigen Beteiligung auszugehen. Gegen A und C bestünde, wenn ein Rückgriff nicht aus dem Gesellschaftsvermögen zu erlangen ist, ein Ausgleichsanspruch jeweils zu einem Drittel von 2.500 €. OHG Gesellschafter als Gläubiger der Gesellschaft Fall 18 (nach Hüffer, GesR, S. 180): Der Gesellschafter A hat seiner OHG ein Darlehen i.H.v. 6.000 Euro gewährt. Kann er seine Mitgesellschafter B und C auf Rückzahlung in Anspruch nehmen? Lösung Fall 18: 1. A hat gegen die OHG einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens aus § 488 I 2. Für Schulden der OHG haften die Gesellschafter grundsätzlich akzessorisch, § 128 HGB. 2. Bei der Frage, ob A nun direkt B und C auf Rückzahlung in Anspruch nehmen kann ist aber die Tatsache zu berücksichtigen, dass A selbst Gesellschafter der OHG Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock ist, seinen Mitgesellschaftern aber nicht in dieser Funktion, sondern als Drittgläubiger entgegentritt (Doppelstellung des A). Anm.: Dies ist der wesentliche Unterschied zu Fall 17, wo der Gesellschafter seine Mitgesellschafter wegen einer Sozialverpflichtung der Gesellschaft (§ 110 HGB) in Anspruch nehmen wollte. Dies musste daran scheitern, dass § 128 HGB nicht auf den Ausgleich von Sozialverpflichtungen zugeschnitten ist. Hier tritt der Gesellschafter der OHG aber wie ein Dritter gegenüber, so dass anderes gelten muss. a.) Es wäre eine ungerechfertigte Schlechterstellung des A gegenüber gesellschaftsfremden Kreditgebern, A die Inanspruchnahme der Gesellschafter nach § 128 HGB schlechterdings zu untersagen. b.) Andererseits ist die Darlehensschuld im Verhältnis der Gesellschafter zueinander nicht aus dem Privatvermögen eines Gesellschafters, sondern primär aus der Kasse der OHG zu tilgen. Weil A Gesellschafter ist, darf er dies nicht einfach ignorieren. Die Treuepflicht verlangt von ihm, sich wegen seiner Forderung zunächst an die Gesellschaft zu halten. Nur soweit dies nicht gelingt (also subsidiär) kann er gemäß § 128 HGB die anderen Gesellschafter persönlich in Anspruch nehmen. c.) Geht A aber gegen B und C vor, muss er sich von seiner Forderung den Anteil absetzen lassen, der seiner eigenen Verlustbeteiligung entspricht. Weil auch er für die Schulden der Gesellschaft nach § 128 HGB haftet, könnten B und C nach § 426 I Ausgleichung verlangen. Dies können sie A im Wege des dolo-facit-Einwandes entgegenhalten. OHG Nachfolgeklausel Fall 19 (nach Wiedemann/Frey, S. 167 ff.): A, B und C bilden eine OHG. Im Gesellschaftsvertrag ist vereinbart, dass „im Falle des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt wird.“ A stirbt ohne ein Testament errichtet zu haben und hinterlässt seine Ehefrau F, seinen Sohn S und seine Tochter T. Eine Woche nach dem Tod fordert die Sparkasse von F die Begleichung einer Darlehensforderung, die der Bank gegen die OHG zusteht. F lehnt eine Zahlung ab, zu Recht? Lösung Fall 19: Anspruch Sparkasse gegen F aus §§ 128, 130 HGB i.V.m. § 488 I 2 BGB? Der Sparkasse steht ein Anspruch gegen die OHG aus § 488 I 2 BGB zu. Ein Anspruch gegen F kommt nur in Betracht, wenn diese Gesellschafterin geworden ist. I. Übergang des Gesellschaftsanteils Hier handelt es sich um eine sog. (einfache) Nachfolgeklausel. Nach ganz h.M. handelt es sich hierbei aber um einen Erwerb kraft Erbrechts (§ 1922 BGB) und nicht Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock um einen Erwerb kraft Rechtsgeschäfts unter Lebenden (§ 328 BGB), weil es erstens keine Verfügungen zugunsten Dritter gibt und zweitens dies wegen der Haftungsrisiken auch eine Verfügung zu Lasten Dritter darstellen würde. Damit geht der Gesellschaftsanteil automatisch gem. § 1922 BGB auf die Erben des Gesellschafters über. Der Gesellschafterstellung der F steht auch nicht entgegen, dass sie nicht Alleinerbin, sondern Mitglied der aus ihr, S und T bestehenden Erbengemeinschaft geworden ist. Auch in Fällen, in denen der Gesellschaftsanteil generell vererblich gestellt wird (sog. unbeschränkte Nachfolgeklausel), wird nicht etwa die Erbengemeinschaft als solche Mitglied der Personengesellschaft. Mit dem Wesen der Personengesellschaft als zumeist persönlichkeitsbezogener Arbeits- und Haftungsgemeinschaft verträgt sich weder die gesamthänderische Bindung der Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB) noch die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung der Erben (§ 2059 BGB). Im Interesse der Vererblichkeit muss daher der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge im Wege der Rechtsfortbildung zugunsten einer Sonderrechtsnachfolge der einzelnen Miterben in die Mitgliedschaft erfolgen. Alle Miterben – so auch die F hier – erwerben den Gesellschaftsanteil entsprechend ihrer Beteiligung am Nachlass unmittelbar und geteilt und werden nach dieser Maßgabe automatisch Gesellschafter (BGHZ 22, 186, 192; 68, 225, 237). II. Einrede aus § 139 IV HGB analog Als persönlich haftende Gesellschafterin haftet F gleichwohl nicht unbeschränkt gem. §§ 128, 130 HGB. Denn zum Schutz des Erben, der den sich aus der Mitgleidschaft entgegehenden Nachteilen entgehen will, ohne ihn gleich zur Ausschlagung der Erbschaft zu zwingen, sieht der § 139 HGB das Recht vor, innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis vom Anfall der Erbschaft die Stellung eines Kommanditisten zu verlangen. Die Überlegungsfrist von drei Monaten gem. § 139 III HGB ginge aber ins Leere, wenn der Erbe in der Schwebezeit voll haften müsse. Deshalb entspricht es allgemeiner Meinung, dass sich der Erbe in analoger Anwendung des § 139 IV HGB bis zum Ablauf der Dreimonatsfrist auf die beschränkte Erbenhaftung der §§ 2058 ff. BGB berufen kann. Ist noch keine Erbteilung vorgenommen, so haftet die F gem. § 2059 I 1 BGB nur mit ihrem Anteil am Nachlass. Sie muss also zahlen, soweit der Wert ihres Anteils am Nachlass reicht. KG Vertretung Fall 20: A und B sind Komplementäre der A & Co. KG, C ist Kommanditist und hat zugleich Prokura. Die Gesellschaft kann lt. Handelsregister nur durch beide Komplementäre gemeinsam oder durch einen Komplementär zusammen mit dem Kommanditisten/Prokuristen vertreten werden. Am 1.3. scheidet B aus. Sein Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock Ausscheiden wird nicht im Handelsregister eingetragen. Am 1.4. nimmt A ein Darlehen bei X über 10.000 € auf. Am 1.10. fordert X von B Rückzahlung des Darlehens. Zu Recht? Lösung: Anspruch gegen die KG Ursprüngliche Vertretungslage Ursprünglich konnten A, B oder A, C oder B, C die KG gemeinsam vertreten. Im Fall A, B handelt es sich um zwei Komplementäre, so dass gem. § 161 II, § 125 II HGB zulässige organschaftliche Gesamtvertretungsmacht vorlag. Vertretungslage nach dem Ausscheiden von B Nach dem Ausscheiden von B stellt sich die tatsächliche Lage wie folgt dar: A muss zusammen mit C vertreten. C ist aber weder als Kommanditist noch als Prokurist zur organschaftlichen Vertretung fähig. Ist die Vertretungsmacht des A an ein Mitwirken des C gekettet, wird das Prinzip der Selbstorganschaft aufgegeben. Folglich muss entgegen der Vereinbarung nunmehr der A Alleinvertretungsmacht haben. (Für C ändert sich nichts). A hat mit Alleinvertretungsmacht wirksam ein Darlehen aufgenommen und die KG damit verpflichtet. Haftung des B gem. § 128, § 15 HGB B`s Eigenhaftung ist problematisch. Stellt man auf die wahre Lage ab, war er zum Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit durch A nicht mehr Gesellschafter. § 128 HGB kann nicht zu seiner Haftung führen. Stellt man auf die Scheinlage lt. Handelsregister ab, dann scheidet auch eine Haftung aus, da er zwar als Gesellschafter geführt war, jedoch ein Auftreten nach außen nur bei gemeinsamer Vertretung von A,B oder B,C oder A,C möglich wäre. A hat aber alleine die KG vertreten. Die h.M. kombiniert an dieser Stelle die Vorteile der tatsächlichen Lage (A hatte organschaftliche Alleinvertretungsmacht) und der Scheinlage (B ist lt. Handelsregister noch Komplementär) und begründet damit die Haftung des B; „Rosinentheorie“. Die Gegenansicht rekurriert hingegen auf die allgemeine Struktur der Rechtsscheintatbestände. So müssen generell, um die Rechtsfolge eines Rechtsscheintatbestandes auszulösen, folgende Voraussetzungen erfüllt sein: (1) Es existiert ein (rechtlich anerkannter) Rechtsscheintatbestand, den (2) der hierdurch Belastete zurechenbar verursacht hat, so dass (3) der Begünstigte hierauf kausal vertraut hat. (4) Die Rechtsfolge ist hingegen ausgeschlossen, wenn der Begünstigte nicht schutzwürdig ist. Punkt (3) – Kausalität ist bei § 15 HGB nicht in Sinne einer Kausalität (Einsicht ins Handelsregister) zu verstehen. Von den Vertretern der Gegenansicht wird aber eine abstrakte Kausalität erfordert: Hätte der Begünstigte Einsicht genommen, so hätte er Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock auf den Rechtsschein vertraut. Diese Position entspricht der allgemeinen Ansicht bei widersprüchlichen Eintragungen im Grundbuch (kein Vertrauensschutz). Ziel eines Rechtsscheintatbestandes sei nämlich, dem Begünstigten die Möglichkeit zu geben, sich hinsichtlich eines Lebenssachverhalts auf den Rechtsschein zu berufen. Ist der Rechtsscheinträger aber nicht geeignet, einen Rechtsschein für das konkrete Geschäft hervorzurufen, besteht kein Grund das Vertrauen zu schützen. Auch der Hinweis der h.M. auf den Sanktionscharakter für die Nichteintragung ist problematisch, da die Rechtsscheinlehre nur das Vertrauen in einen rechtl. Anerkannten Rechtsscheinträger schützen will. Ergebnis: B hat zu zahlen: § 488 I 2 BGB, § 128, § 15 I HGB. KG Haftung des Kommanditisten Fall 21 (nach Lamprecht/Bicker, JA 2004, 28 [35]): A und B möchten die „Schlosserei A und B KG“ gründen. A ist als Komplementär vorgesehen und B als Kommanditist. A bringt sein schuldenfreies einzelkaufmännisches Schlossereiunternehmen ein. Für den Kommanditisten B ist eine Einlage und Haftsumme in der Höhe von 30.000 Euro im Handelsregister eingetragen. B erbringt durch Bareinlage seine Einlage, die A tags zuvor aus der Gesellschaftskasse entnommen hatte. Der Gläubiger G möchte den Kommanditisten B nun für eine Schuld der KG in Anspruch nehmen. Zu Recht? Anm.: Es ist davon auszugehen, dass A das zuvor entnommene Geld schenkweise auf B übertragen hat. Lösung Fall 21: Anspruch G gegen B aus §§ 171 I Hs. 1, 172 I HGB 1. Es wurde eine wirksame KG gegründet. Als Einlagenleistung bringt A sein einzelkaufmännisches Geschäft ein, B verpflichtet sich zur Erbringung einer Bareinlage iHv. 30.000,- Euro. 2. Als Kommanditist haftet B persönlich nur in Höhe seiner Einlage iHv. 30.000,Euro (§ 171 I Hs. 1 HGB). Die Haftung ist aber ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist (§ 171 I Hs. 2 HGB). B hat in Höhe seiner Haftsumme eine Einlage geleistet. Allerdings war ihm das Geld zuvor von A geschenkt worden, der es der Geschäftskasse seines Unternehmens entnommen hatte. Es könnte argumentiert werden, dass also der Gesellschaft tatsächlich nicht die Einlage geleistet wurde. Indes steht die Schenkung nicht einer haftungsbefreienden Wirkung entgegen. A kann als Inhaber des Handelsgeschäfts frei über sein Eigenkapital verfügen. Solches stand ihm nach dem Sachverhalt zur Verfügung: Das Geschäft des A war schuldenfrei. Anm.: Eine haftungsbefreiende Einlageleistung hätte sogar in einer bestehenden Gesellschaft erfolgen können, indem A von seinem Kapitalkonto einen Betrag Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock zugunsten des B umbucht. Die Einlageleistung setzt nicht voraus, dass es effektiv zur Mehrung des Gesellschaftsvermögens kommt. Ausreichend ist vielmehr, dass aus bislang ungebundenem Eigenkapital gebundenes Kapital wird. Deswegen ist auch bei Kapitalgesellschaften eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zulässig. KG Haftung des Kommanditisten vor Eintragung ins Handelsregister Fall 22 (nach Lamprecht/Bicker, JA 2004, 28 [34 f.]): Wie ist es im vorhergehenden Fall, wenn G den Kommanditisten B wegen eines Schadensersatzanspruches gegen die KG aus § 280 I BGB in Anspruch nimmt, der Vertragsschluss vor Eintragung der KG ins Handelsregister, die eigentliche Pflichtverletzung aber erst nach Eintragung stattfand? Lösung Fall 22: Anspruch G ./. B aus § 176 I 1? Hier geht es um die Auslegung des § 176 I 1 HGB und den Begriff der „bis zur Eintragung begründeten Verbindlichkeiten“. Der Kommanditist haftet vor Eintragung der KG ins Handelsregister persönlich und unbeschränkt, sofern er dem vorzeitigen Geschäftsbeginn zugestimmt hat. Dies dient dem Schutz des Rechtsverkehrs, weil Dritte vor Eintragung noch nicht von der beschränkten Haftung des Kommanditsisten wissen können. Dies ist konsequenterweise anders, wenn der Dritte von der Kommanditistenstellung tatsächlich Kenntnis hatte (§ 176 I 1 a.E.). Problematisch ist hier allerdings, ob es sich um Verbindlichkeiten handelt, die in der Zwischenzeit zwischen Geschäftsbeginn und Eintragung entstanden sind. Zwar fand der Vertragsschluss bereits vor Eintragung der Gesellschaft statt, der Anspruch ist aber erst mit Pflichtverletzung und Schadenseintritt nach Eintragung voll entstanden. Wie § 15 I HGB soll auch § 176 I HGB Verkehrsschutz gewähren und zugleich die handelnden Personen dazu anhalten, die Eintragung zu bewirken. Deswegen sind beide Paragrafen auf den reinen Unrechtsverkehr nicht anwendbar. Vorliegend handelt es sich aber nicht um einen reinen Unrechtsverkehr, sondern die Gesellschaft verletzt vertraglich begründete Schutzpflichten. Hier muss sich der Geschäftspartner darauf verlassen können, dass die Gesellschaft und die Gesellschafter ihren zuvor begründeten Schutzpflichten nachkommen. Auch der BGH hält bei rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten den Vertragsschluss für maßgeblich. Deswegen trifft den Kommanditsten B hier wohl eine Haftung aus § 176 I 1 HGB, eine a.A. erscheint aber vertretbar. Stille Gesellschaft Abgrenzung Fälle und Lösungen zur Vorlesung Gesellschaftsrecht von Dr. Falk Mylich, WS 2015/16; entnommen den einstigen Vorlesungsunterlagen von Professor Dr. Uwe Blaurock Fall 23 (nach Grunewald, S. 154 f.): Wie lässt sich die stille Gesellschaft von einem partiarischen Rechtsverhältnis abgrenzen? Lösung Fall 23: Gemeinsamkeit: Sowohl bei dem partiarischen Rechtsverhältnis als auch bei der StG besteht eine Gewinnbeteiligung. Beispielsweise kann bei einem Darlehen anstelle eines festen Zinses auch eine Vergütung in Form einer Gewinnbeteiligung vereinbart werden (sog. partiarisches Darlehen). Unterschied: Bei einem partiarischen Rechtsverhältnis nimmt jeder Beteiligte nur eigene Interessen wahr, während bei einer StG eine Zweckgemeinschaft besteht. Die Abgrenzung ist wichtig, weil partiarische Rechtsverhältnisse und StG rechtlich verschiedenen Regelungen unterliegen, z.B. unterliegen formularmäßig angebotene Gesellschaftsbeteiligungen nach § 310 IV 1 BGB nicht der AGB-Kontrolle. Die Abgrenzung ist im Einzelfall schwierig. Die h.M. behilft sich oftmals mit Indizien. Beispielsweise spricht die Beteiligung am Verlust stets für eine stille Gesellschaft. Jedoch kann auch bei der StG die Verlustbeteiligung ausgeschlossen werden. Zweifelhaft bleiben damit die Fälle, in denen lediglich eine Gewinnbeteiligung vereinbart wurde. Praktisch kann die Ausgestaltung von Kontrollrechten einen Anhaltspunkt für die Ermittlung des Parteiwillens geben. Je umfangreicher sie sind, desto mehr spricht das für eine StG. Ist etwa der Inhaber des Handelsgeschäfts bei Vornahme wichtiger Geschäfte im Innenverhältnis an die Zustimmung des Geldgebers gebunden, so wird nur eine StG in Frage kommen.
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