HOHES NIVEAU, GUTE STIMMUNG

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Ige ho-S pecia l
HGZ No 38
Luca Andreano lässt sich von einer Teilnehmerin zeigen, wie Servietten fachgerecht gefaltet werden. Auch das richtige Dekantieren sowie das Zubereiten von Beefsteak-Tatar wollen gelernt sein. Luzern, den 3. Dezember 2015
FOTOS CL AU D I A LI N K /LU K A S B I D I N G ER
HOHES NIVEAU, GUTE STIMMUNG
M
it den Worten: «Gutes
Niveau und viele Emotionen», hat Luca Andreano, Präsident des Berufsverbandes Restauration, die diesjährige Servicemeisterschaft auf den
Punkt gebracht. Der Wettbewerb
fand wiederum während der Igeho
statt. Zum ersten Mal wurde er in
zwei Kategorien unterteilt. In der
Kategorie
Junior-Servicemeister/-in für Lernende und Refa ab
Jahrgang 1995 nahmen 20 Personen teil. In der Kategorie Servicemeister für Ausgelernte bis Jahrgang 1994 fünf.
Bei manch einer Teilnehmerin kullerten bereits während
der Tagesrangierung Freudentränen, als sie von ihrer Goldmedaille erfuhr. Und diese gab es zuhauf: 13 Goldmedaillen durften
die Juroren während dieser fünf
Tage verteilen, was auf das hohe
Niveau der Arbeit der Teilnehmer zurückzuführen ist: Gold erhielt, wer in den sechs Diszipli-
nen zwischen 91 und 100 Punkte Jungfrau, um zu lernen, wie man
erzielte. 81 bis 90 Punkte ergaben richtig Cocktails mixt.» (Siehe
eine Silbermedaille und wer 71 bis Interview.)
80 Punkte machte, erhielt Bronze.
Als Tiago Venancio Silva, Restaurantleiter vom Boutique HoServicemeisterschaft
tel Ristorante La Rinascente in
Locarno, von seinem Gesamtsieg in der Kategorie ServicemeisAlle zwei Jahre findet an der
ter 2016 erfuhr, gab es kein HalIgeho die Servicemeisterten mehr für den 30-Jährigen. Zu
schaft statt. Dieses Jahr
gross war die Freude des Portubereits in der neunten
giesen über den Sieg, der sich vom
Ausgabe. Zum ersten Mal
Tellerwäscher zum Servicemeiswurde der Wettbewerb in den
ter 2016 hochgearbeitet hat (siehe
Kategorien «Junior-ServiceInterview).
meister/in» und «Service­
Auch die frisch erkorene Jumeister/in» durchgeführt.
nior-Servicemeisterin 2016 Lisa-Marie Fricke, Lernende im Romantik Hotel Bären in Dürrenroth, vermochte ihren Sieg kaum Können war gefragt: In sechs Diszu fassen: Erfuhr sie doch erst ziplinen hatten sich die Teilnehvor sechs Wochen von ihrer Teil- mer zu beweisen. Während die
nahme, da sie von der Warteliste Ausgelernten Lachs fachgerecht
nachrückte. «Und dann übte ich zu portionieren hatten, richtejeden Tag. Während zweier Tage ten die Lernenden einen Käsewar ich sogar im Hotel Victoria- teller an. Dafür mussten sie die
Mehr Informationen unter:
www.hotelgastrounion.ch
Die Servicemeisterschaft gewannen Tiago Venancio Silva und Lisa-Marie Fricke.
Er darf sich nun Servicemeister 2016 nennen, die Lernende Junior-Servicemeisterin 2016.
richtigen Messer verwenden, die
Käse ihrem Geschmack nach anordnen und die Garnituren richtig verteilen. «Wichtig ist dabei,
den Käse dem Gast zu verkaufen.
Dafür muss man ihn kennen und
wissen, aus welcher Milch er gemacht ist», erläuterte David Füger. Der 20-jährige Restaurationsfachmann weiss, wovon er spricht.
Wurde er doch 2014 an den Berufsmeisterschaften SwissSkills
zum besten Restaurationsfachmann der Schweiz erkoren und belegte den 5. Platz an den diesjährigen WorldSkills in Saõ Paulo.
Das grosse Engagement seitens der Teilnehmer war besonders in der Kategorie Erlebnistisch zu spüren. «Es ist sensationell, welche Mühe sich die
Teilnehmer für diese Disziplin
gegeben haben», freute sich Juror Christian Caprez. «Ich bin
froh, dass nicht die Jury, sondern das Publikum die Dekoration der Tische bewertet. Die
Wahl fiele mir schwer.» Gut nachvollziehbar: Da wurden Tische
zum Thema Märchen mit rosa
Stühlen, weissen Vögeln, Schatztruhen, Burgen, Hexen und Kronen aufgedeckt. Oder ganz dem
Thema Glamour gerecht, von
silbernen Zylindern, Edelsteinen und goldenen Schuhen verziert. Doch nicht nur die Kreativität wurde bewertet: «Es gilt Verschiedenes zu beachten», sagte
Tom Christen. Der Chef de service
im «Landhaus Liebefeld» hatte
auch dieses Jahr wieder die Teilnehmerinnen aus dem Kanton
Bern auf die Servicemeisterschaft
vorbereitet. Zum Beispiel sei ein
organisierter Ablauf wichtig, die
Einhaltung der Hygienevorschriften sowie die richtige Abfolge
beim Aufdecken.
Sarah Stübi, die Servicemeisterin 2014, erläuterte, worauf
die Kandidaten in der Kategorie
Cocktails zu achten hatten: «Es ist
wichtig, sich mit dem Gast auszu-
Luzern, den 3. Dezember 2015
S ie g e
r i n te r
v ie w s
Schönste
«ICH HABE JEDE
ErlebnisMINUTE INVESTIERT» tische
LISA-MARIE FRICKE
Die Junior-Servicemeisterin 2016 hatte
nur sechs Wochen Zeit
zum Üben. Und siegte
trotzdem.
Lisa-Marie Fricke, da
Sie nachgerückt sind, hatten
sie wenig Zeit zum Üben und
schnitten doch als Beste ab.
Wie haben Sie das gemacht?
L I S A- M A R I E F R I C K E: Ich habe während des Lehrlingswettbewerbs
unserer Berufsschule in Burgdorf
– den ich gewonnen habe – erfahren, dass ich nachgerückt bin und
an der Servicemeisterschaft teilnehmen kann. Das war Mitte Oktober, weshalb ich gleich nachher
mit dem Üben begonnen habe.
Und das in jeder freien Minute.
Meine Ideen habe ich mit meinen
Eltern und im Betrieb besprochen,
um zu sehen, wie diese ankommen. Mein Klassenlehrer Pascal
Trottmann lernte jede Woche
eine Stunde in der Schule mit mir.
Im Betrieb stellte ich vor den Köchen Tatar und Cocktails her. Das
Mixen durfte ich im Hotel Victoria-Jungfrau in Interlaken lernen.
H GZ :
Das Flambieren war eine der anspruchsvollsten, aber auch eine
der eindrücklichsten Disziplinen.
tauschen.» Sie erinnerte sich, dass
es gar nicht so einfach ist, die Rezepte aller Cocktails auswendig
zu kennen und dann vor grossem
Publikum abzurufen. Auch in der
Disziplin Beefsteak-Tatar war
die Kommunikation ein wesentlicher Teil der Aufgabe. Mussten
die Wettbewerbsteilnehmer doch
herausfinden, ob der Gast das Gericht gerne mild oder scharf, mit
oder ohne Cognac hätte.
«Die diesjährige Servicemeisterschaft
war eine der
besten.»
CH R I S TO P H M U GG LI
In der nächsten Disziplin hatten
die Lernenden Servietten zu falten. Welche drei Arten das waren, entschied das Los. Kim Eberhard vom Landhaus Liebefeld
zeigte dem Publikum, wie eine
Seerose, ein Torbogen sowie eine
Dschunke entstehen. Dabei erklärte sie, wie sie sich den Falt­
ablauf merken konnte und wofür
die Gedecke genutzt werden: «Zur
‹Seerose› gefaltete Servietten
nutzen wir häufig, um sie unter
Weinkühler oder Champagnerkübel zu legen.» Wie alle Kandidaten wurde auch sie vor Ort unterstützt von Mitlernenden, Freunden und Verwandten.
Derweil mussten die Ausgelernten einen perfekten Weinservice vorführen. Alexandre
Werren vom Restaurant du Centre de Loisirs in Saignelégier erklärte den Wein dann auch korrekt und goss ihn über einer Kerzenflamme in die Karaffe um: «So
sieht man, ob der Wein Satz hat
und kann im richtigen Moment
stoppen, damit nichts davon in
die Karaffe kommt», erklärt er.
Der ausgelernte Servicefachmann
reiste mit seinem Lernenden Ludovic Rageaud nach Basel an die
Servicemeisterschaft. «Wir denken, es ist besser, einen spontanen Service zu machen. Deshalb
haben wir uns nicht gross auf die
Servicemeisterschaft
vorbereitet», erklärt er. Das rächte sich
beim Flambieren. Obwohl Ludovic Rageaud theoretisch wusste,
wie es funktioniert, brannte
seine Flamme schliesslich nicht.
Anders bei Daniela Santos Gomes, Lernende im Hotel Seegarten in Arbon. Sie freute sich auf
die Show und brachte dann auch
eine schöne Flamme hin. Sie
würde gerne im Betrieb flambieren, doch leider fehle dort die Zeit
dafür. Die Lernende hat sich gemeinsam mit drei Klassenkameradinnen für die Servicemeisterschaft angemeldet. «So konnten
wir uns gemeinsam motivieren
und unterstützen.»
Preisregen für die zwei Sieger
Christoph Muggli zeigte sich am
letzten Tag der Igeho erfreut: «Es
war eine sehr entspannte Servicemeisterschaft. Die allermeisten
Teilnehmer waren sehr gut vorbereitet und topmotiviert. Die Stimmung im Juryteam war super.»
Die neue Aufteilung der Lernenden und Ausgelernten in zwei Disziplinen habe sich bewährt.
Gross war die Spannung vor
der Schlussrangierung im Igeho
Campus. Es durften die zehn
Goldmedaillengewinner der Kategorie Junior-Servicemeister sowie drei Goldmedaillengewinner
der Kategorie Servicemeister auf
den Gesamtsieg hoffen. Alle 25
Teilnehmer der Servicemeisterschaft haben ein Tranchiermesser von Vetrag gewonnen.
Am meisten Punkte in der
Kategorie der Ausgelernten erzielte Tiago Venancio Silva vom
Boutique Hotel La Rinascente in
Locarno. Er darf während vier
Wochen eine Stage im «Grand
Hyatt Dubai» absolvieren. Zudem
erhielt er von CCA Angehrn einen Check in der Höhe von 1.000
Franken, einen Gutschein für einen Barista-Kurs bei der Turm
Handels AG, einen Gutschein
im Wert von 100 Franken für
den Webshop der Hotel & Gastro
Union sowie einen Wein-Dekanter von Vetrag.
Bei den Lernenden überzeugte Lisa-Marie Fricke die
Juroren. Sie durfte dieselben
­
Fachpreise wie Tiago Venancio
Silva entgegennehmen. Die Stage
jedoch wird sie im Fünf-Sterne-­
Superior-Hotel Traube Tonbach
in Baiersbronn während vier
­Wochen absolvieren. Zudem kann
sie wegen des Sieges ohne Bewerbung direkt am Assessment der
Berufs­meisterschaften
SwissSkills 2016 antreten. Beide vertreten künftig den Berufsverband
Restauration der Hotel & Gastro
Union.
S A R A H SI D LER
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Ige ho-S pecia l
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Wie kam es dazu?
Mein Chef Volker Beduhn kennt
Fredi Daumüller, den Vize-Di-
rektor des Hotels. So konnte ich
­ ährend zwei Abenden mit dem
w
Chef de bar Tony Rakovec jeden Cocktail, den wir an der Servicemeisterschaft kennen mussten, üben. Es war sehr beeindruckend, in diesem grossen Haus zu
arbeiten.
Warum haben Sie sich überhaupt an die Servicemeisterschaft angemeldet?
Einerseits, um mich auf die Lehrabschlussprüfung
vorzubereiten. Andererseits, um zu sehen,
wie es ist, vor so vielen Menschen
zu a­ rbeiten und wie ein Wettbewerb so abläuft. Ich hatte grossen
Spass und dachte nicht, dass ich so
offen auf die Leute zugehen kann.
Lisa-Marie Fricke hatte
kurz vor der Servicemeisterschaft auch den
Lehrlingswettbewerb
ihrer Berufsschule
gewonnen.
Weshalb haben Sie
gewonnen?
Ich denke wegen meines aus­
sagestarken Erlebnistisches zum
Thema «Im Lauf der Zeit» und
wegen meiner offenen Art und
meines Auf­tretens. Ich habe viel
kommuniziert.
I N T ERV I E W: S A R A H SI D LER
Tagessiegerin 21.11.
Jenny Ryser
Die Lernende aus dem Landgasthof Schönbühl in UrtenenSchönbühl überzeugte das
Publikum am ersten Tag der Igeho
mit ihrem Tisch. Deshalb gewann
sie eine Übernachtung im Hotel
Schweizerhof in Luzern.
Tagessiegerin 22.11.
Andrea Alexandra
Jakob
Die Lernende im «Bel Etage
Gurten Park im Grünen» in Wabern überzeugte das Publikum an
diesem Tag mit ihrem Tisch und
erhielt dafür am meisten Stimmen.
Sie gewann eine Übernachtung im
Hotel 7132 in Vals.
Tagessieger 23.11.
Marius Pfann
TIAGO VENANCIO SILVA
«ICH HABE NACHTS
IN DER KÜCHE GEÜBT»
Der Restaurationsfachmann in
der Mövenpick Wein-Bar und
im Restaurant 20/20 in Zürich
erhielt vom Publikum am Montag
die meisten Stimmen. Deshalb
gewann er eine Übernachtung im
Hotel Palace in Luzern.
Der Servicemeister 2016
arbeitete sich vom
Tellerwäscher zum
Restaurantleiter und
Sommelier in einem
Boutique Hotel hoch.
Tagessiegerin 24.11.
beitete ich in Arosa, Gstaad und
St. Moritz. Seit drei Jahren bin ich
verantwortlich für das 14-Punkte-Restaurant im Boutique Hotel La Rinascente in Locarno und
habe die Ausbildung zum Sommelier ASSP abgeschlossen.
Haben Sie viel geübt für die
Servicemeisterschaft?
Ja, ich habe das Maximum herausgeholt und seit der Anmeldung
vor sechs Monaten täglich geübt.
Abends habe ich das Servicelehr-
H GZ : Herzliche Gratulation zu
Ihrem Sieg, den sie sich hart
erarbeitet haben. Erzählen Sie
mir von Ihrer aussergewöhnlichen Karriere?
T I AG O V EN A N C I O S I LVA : Ich kam
Der 30-jährige Restaurantleiter und Sommeim Alter von 17 Jahren von Portulier im Restaurant La
gal in die Schweiz. Ohne DeutschRinascente in Locarno
kenntnisse arbeitete ich erst als
gibt alles für seinen
Tellerwäscher und später als AusBeruf.
hilfe in Hotelküchen. Weil ich immer im Service arbeiten wollte,
lernte ich Deutsch und arbeitete
während meiner freien Tage gra- buch alleine in der Küche studiert.
tis im Service mit. Schliesslich er- Um ein Tatar hinzukriegen, das
hielt ich die gewünschte Stelle im allen schmeckt, mussten alle KöHotel Altein in Arosa. Bald darauf che sowie die Frau meines Chefs
beförderte mich mein damaliger immer wieder probieren und FeedChef zum Barkeeper. Schliess- back geben.
lich wurde ich zum Springer und
arbeitete auch im A-la-carte-Re- Was sind Ihre weiteren Ziele?
staurant. Vor neun Jahren be- Ich will in meinem Lieblingsbegann ich in einem mit 13 Gault- ruf bleiben, er bereitet mir grosse
Millau-Punkten ausgezeichneten Freude. Zudem möchte ich als
Restaurant in Lugano als Chef de Mitglied für die Hotel & Gastro
rang. Nach sechs Jahren wurde Union ehrenamtlich tätig sein
ich dort Restaurantverantwort- und irgendwann Barkeeper des
licher. In den Wintersaisons ar- Jahres werden. S A R A H SI D LER
Alina Byland
Die Lernende im Gasthof Raben
in Eschenz erhielt Dienstag für
ihren Tisch vom Publikum die
meisten Stimmen und gewann
eine Übernachtung im W Hotel
Verbier.
Tagessiegerin 25.11.
Manuela Villiger
Die Lernende der Swiss School
of Tourism and Hospitality in
Passugg überzeugte mit ihrem
Tisch Mittwoch das Publikum und
erhielt dafür die meisten Stimmen.
Sie gewann eine Übernachtung im
Hotel Montana in Luzern.