Predigt 1. Teil Liebe Gemeinde! "Ein jeglicher sei gesinnt, wie Jesus

Evangelische Kirchengemeinde Sinsheim ~ Pfarrstrasse 5, 74889 Sinsheim
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3.-letzter Sonntag im Kirchenjahr, 8.11.2015, Schuldekan i.R. Wolfgang Meuret
(Philipper 2,5-13)
Predigt-Text:
Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht: Er, der in
göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich
selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als
Mensch erkannt. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am
Kreuz.
Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle
Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf
Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist,
zur Ehre Gottes, des Vaters.
Also, meine Lieben, - wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein in meiner Gegenwart,
sondern jetzt noch viel mehr in meiner Abwesenheit - schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und
Zittern. Denn Gott ist's, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem
Wohlgefallen.
Predigt 1. Teil
Liebe Gemeinde!
"Ein jeglicher sei gesinnt, wie Jesus Christus auch war..." Diese Verse habe ich als
Konfirmand auswendig gelernt. Inzwischen weiß ich auch, warum meinem Pfarrer
diese Verse so wichtig waren: Ist da nicht alles enthalten, worauf es für uns Christen
ankommt? Erfahren wir hier nicht die ganze Bedeutung des Lebens und Sterbens
Jesu?
Ich gehe so weit, dass ich sage: Wenn jemand vom Glauben und Hoffen, von Jesus
und seinem Auftrag nur diese paar Sätze wüsste, dann wäre es genug. Das heißt, wir
sollten sie auch verstanden haben und auch danach leben! Und andersherum: Und wir
können nicht leben ohne diese Gedanken, als Christ jedenfalls nicht.
„Christus – Hymnus“ heißt dieser wichtige Text. Lied auf Jesus. Es kann sogar sein,
dass Paulus und Silas dieses Lied gesungen haben, als sie in Philippi im Gefängnis
saßen. Eine Hymne also,
die Jesus verherrlicht und in kurzen Versen sein ganzes Leben und dessen
Heilsbedeutung darstellt. Es ist sozusagen ein Schnelldurchgang von der
Menschwerdung Christi durch die tiefsten Tiefen seines Lebens und Sterbens bis hin
zur Königsherrschaft, die er vom Vater nach der Auferstehung erhalten hat.
So wie JC gelebt hat, so oder so ähnlich sollen auch wir leben. JC ist uns ein Vorbild.
Unser Leben soll nun ein Abbild von Jesu Leben sein – bildlich gesprochen.
Zuerst heißt es hier: Mit dem, was wir sind oder haben, sollen wir nicht prahlen, uns
groß tun oder stolz darauf sein. Auch Jesus verhielt sich nicht hochmütig. Dabei hat
er sogar noch etwas Besonderes, was wir nicht haben: Er hat eine göttliche Natur.
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Gott ist sein Vater. Deshalb konnte er Wunder tun, Gedanken lesen, die Zukunft
vorhersagen. Aber er nutzte das nicht für sich aus – nur für andere, denen er helfen
wollte.
Und Jesus war auch Mensch. Der Mensch Jesus von Nazareth, Mensch unter
Menschen.
Er hätte es sich ja bequem machen können und bei Gott bleiben. Aber er ist
heruntergekommen zu den Menschen.
Das fing mit bei der Geburt an. Das göttliche Kind – muss in einem Futtertrog
schlafen.
Kaum auf der Welt, musste Jesus schon mit seiner Familie als Asylbewerber nach
Ägypten. Wie doch die Zeiten immer wieder dieselben sind. Bloß, dass Jesus in
Ägypten nach allem, was ich weiß, eine schöne Kindheit als Ausländer verbracht hat.
„Jesus entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen
gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.“ Ein Mensch unter Menschen.
Ein Armer unter Armen. Asylant unter Asylanten. Ein Ausländer unter Ausländern.
Aber das war nicht alles. Jesus konnte zum Zorn getrieben werden. Wie sehr musste
er sich über manch einen Gotteshausbesucher ärgern. So sehr, dass er sie mit Stricken
zum Tempel hinaus jagte: „Mein Haus soll ein Bethaus sein“ ruft er den ängstlich
Davon - Flüchtenden nach – „und ihr habt eine Räuberhöhle daraus gemacht.“
Mensch unter Menschen.
Und das auch noch: Jesus macht einen Spaziergang über die Felder. Es ist Feiertag.
Alles so still, so ruhig, so unbeobachtet. Da knibbelten sich die Jünger schon mal ein
paar Weizenkörner aus den Halmen. Jesus hat nichts dagegen. Doch das Auge des
Gesetzes wacht. Am Ende des Feldweges haben sich einige Moralapostel aufgebaut
und fragen spöttisch Meister Jesus, ob er keine Augen im Kopf habe und nicht sehe,
was seine Freunde so treiben, und das auch noch am Sabbat. Jesus - Mensch unter
Menschen.
Kein Haus hat er – im Gegensatz zu den Vögeln und Füchsen. In der eigenen Stadt
gilt er nichts – was gilt schon ein Prophet im eigenen Lande? Undank erfährt er auch bei Jesus der Welten Lohn. Und um Kinder kümmert er sich, weil andere
hartherzig sind zu den Kleinen. Jesus - Mensch unter Menschen.
Aber es kommt noch schlimmer: „Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis
zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.“
Sie ahnen es schon und mache wissen es: Jetzt kommt es für Jesus knüppeldick: Ein
Freund wird Jesus zum Verräter. Mit einem Judaskuss bekommt Jesus die Verachtung
und Unzuverlässigkeit der Menschen zu spüren. Menschen sind eben damals wie
heute ab einem bestimmten Punkt zu Treue nicht mehr fähig. Drei andere Freunde
„verschlafen“ die Angststunde im Garten von Getsemane. „Verschlafen“, wie oft höre
ich das, wenn es um Gottesdienst und Religionsunterricht geht: "Verschlafen".
Jesus kannte die Angst vor dem Sterben. „Vater Ist`s möglich, so gehe dieser Kelch
an mir vorüber.“ Mensch unter Sterblichen.
Und dann das: Verleugnet. Vor anderen nicht zugeben, dass jemand zu JC gehört.
Das kommt mir auch bekannt vor.
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Und dann: Angespuckt – welche Erniedrigung
Geohrfeigt - welche Erniedrigung
Ausgelacht - welche Erniedrigung
Verhöhnt …
Er erniedrigte sich selbst – will heißen:
Er ließ es widerstandslos zu, runtergemacht zu werden. Vom Himmel bei Gott – zur
Hölle bei den Menschen, ja zum Tode am Kreuz.
Der Christus – Hymnus besingt Jesus, der misshandelt wurde und ausgestoßen – von
Kaiphas und Pilatus.
Aber der Tod und die Auferstehung Jesu erheben den Namen Jesu Christi über alle
Namen. Der Name Jesu ist viel wichtiger als alle anderen Namen. Wichtiger auch als
Kaiphas und Pilatus.
Für die, die es vielleicht nicht mehr wissen: Kaiphas und Pilatus haben Jesus zum
Tode verurteilt. Pilatus ist daher die zweifelhafte Ehre zugekommen, im
Apostolischen Glaubenbekenntnis genannt zu werden als der, unter dem JC gelitten
hat.
Aber sonst: Kaiphas und Pilatus stehen für die Menschen, die aus sich leben und für
sich leben. Egoisten also, Egozentriker, Ichmenschen. Nach dem Zeugnis des Flavius
Josephus wurden die beiden im Jahre 36 n. Chr. abgesetzt, was möglicherweise auf
Kaiphas’ und Pilatus´ enge persönliche Verflechtungen hinweist.
Jesus hingegen – dieser Name steht für den, der als Einziger hier auf Erden nicht für
sich, sondern ausschließlich für Gott und für die Mitmenschen lebte. Er lebte für die
Blinden, die Lahmen, die die Armen, die Witwen und Waisen und – für mich. Und für
Sie. Und für Euch.
Gleichzeitig steht der Name Jesus Christus aber auch für Gott. Für den Gott, der uns
in Jesus Christus „menschlich“ nahegekommen ist.
Getauft wie Jesus, sind wir – da wir auf seinen Namen getauft sind. So sind wir mit
Jesus Christus verbunden. Wir heißen Christinnen und Christen, weil wir zu Jesus
Christus gehören. Und wer von Ihnen Christian, Christine, Christina, Tina, Tine oder
Christoph heißt, der macht es mit seinem Namen noch mal deutlicher. Weil wir auf
den Namen Christi getauft sind, brauchen wir vor anderen Namen nicht solche Angst
zu haben.
Und weil wir Christinnen und Christen sind, kleine Christusse also, sollen und
können wir so leben – so ähnlich jedenfalls – wie Jesus Christus.
„Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle
Namen ist.“
Mit JC und seinem Namen verwoben werden wir auch mit ihm sterben und mit ihm
auferstehen.
In dem Namen Jesus Christus ist dann unser Name für Zeit und Ewigkeit aufbewahrt.
Amen
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