LSB (Berlin) 54(2013)1, 173-175 Weineck, J., Memmert, D. & Uhing, M.: Optimales Koordinationstraining im Fußball. Sportwissenschaftliche Grundlagen und ihre praktische Umsetzung. Spitta Verlag, Balingen: 2012. ISBN 978-3-938509-75-3, 232 S., 24,80 € Unter dem genannten Titel erschien eine interessante Buchpublikation, die nach einer theoretischen Bestimmung der koordinativen Fähigkeiten im Wesentlichen auf die Ausbildung der allgemeinen Aspekte koordinativer Fähigkeiten abzielt, wobei die Verbindung zum Fußball durch nachgestellte Betrachtungen immer wieder aufgezeigt wird. Während sich die Publikation an einen breiten Adressatenkreis wendet, fasst sie gängige theoretische Ansätze zur Thematik gut zusammen und ist verständlich formuliert. In einem ersten Abschnitt werden auf 59 Seiten theoretische Grundlagen zur Thematik „koordinative Fähigkeiten“ abgebildet, wobei die Leistungsfähigkeit eines Fußballers (Anforderungsprofil) mit den verschiedenen Komponenten nach Weineck (2010) den Ausgangspunkt der Betrachtung darstellt. Diese Ableitung fällt sehr knapp aus und nur Laufleistungen und Laufdistanzen werden mit Studien belegt, wobei auf Erkenntnisse zu technisch-taktischen Anforderungen komplett verzichtet wird. Die koordinativen Fähigkeiten bilden danach zusammen mit den Bewegungsfertigkeiten eine gemeinsame Strukturkomponente, die „Technik“. Fortan werden sowohl die Bedeutung der koordinativen Fähigkeiten und ihre Trainierbarkeit im Rahmen des langfristigen Trainings- bzw. Leistungsaufbaus erörtert, wobei die Autoren, den bekannten ontogenetischen Entwicklungsbedingungen folgend, auf die Zeit vor der Pubeszenz zwar fokussieren, aber auch auf eine weitere lohnende Entwicklung des koordinativen Fähigkeitsniveaus nach den Reifungsphasen aufmerksam machen. Obwohl im Kap. 2.4 die sieben koordinativen Fähigkeiten im Wesentlichen nach dem Konzept von Blume (1978) strukturiert und für die Ausbildung hinterfragt werden, stellen Weineck et al. interessanter Weise diese selbst lediglich als Komponenten bzw. Teilkomponenten der koordinativen Fähigkeiten dar. Zumindest vereinbart sich diese Kennzeichnung nur schwerlich mit der dann von Meinel/Schnabel getroffenen Definition von 1987. Es ist anzunehmen, dass es sich hierbei um die 8. Auflage der Bewegungslehre – Sportmotorik handelt (die Literaturangabe fehlt allerdings im Verzeichnis) und es ist darauf 173 hinzuweisen, dass dieses Kapitel eigentlich von Zimmermann und Blume verfasst wurde. Eine aktuellere Version der Kennzeichnung der sieben koordinativen Fähigkeiten und deren Trainingsmethodik entnimmt man inzwischen der 11. Auflage eben dieses Buches von 2007. Gut gefallen in diesem Abschnitt die zu den einzelnen koordinativen Fähigkeiten abgeleiteten Beispiele aus der Fußballpraxis. Obwohl der Titel des Buches auf ein optimales Koordinationstraining im Fußball orientiert, vermisst man den konkreten Bezug zur Sportart im Kap. 2.9 (Koordinationstraining in den verschiedenen Altersstufen) gänzlich, zumal an dieser Stelle auf ein `alters- und entwicklungsgerechtes Training´ zurecht orientiert wird, dem Leser aber keine fußballspezifischen Hinweise gereicht werden bzw. Verweise auf den nachfolgenden Praxisteil erfolgen. Für die Ableitung der speziellen Trainingsinhalte im Fußball (Kap. 1.2) bildet das integrative Anforderungsprofil von Neumaier & Mechling (1995) sowie Roth (1998) die Grundlage, wobei zu Recht auf die bestehenden Druckbedingungen im heutigen (modernen) Fußball als entscheidenden Faktor für ein erfolgreiches Handeln aufmerksam gemacht wird. Einzelne bekannte Druckbedingungen werden hervorragend an Praxisbeispielen des Fußballs erläutert, wobei die bekannten Druckbedingungen um den Sukzessiv- und Simultandruck erweitert werden. Ebenfalls im Kapitel 2 werden noch im Zusammenhang mit dem Koordinationstraining auf die vielfältige Bedeutung eines propriozeptiven Trainings (2.5) und die Beachtung eines beidseitigen Übens (2.8) aufmerksam gemacht bzw. kurz auf die Reihenfolgeeffekte (kontralateraler Transfer, 2.9 und 2.10) orientiert, wobei die eigentlich für das Erlernen sporttechnischer Fertigkeiten bekannten theoretischen Grundlagen etwas „freizügig“ auf die Koordinationsbedürfnisse adaptiert werden. Das Kapitel 2.11 fasst übersichtlich und leicht verständlich mit 15 methodischen Grundsätzen den Theorieteil zusammen. Im Kapitel III werden nunmehr die in Aussicht gestellten ´kindgerechten, kreativen und vielseitigen Trainingsübungen` für ´verschiedene Alters- und Leistungsklassen´ dargestellt. Angemerkt sei hier, dass die für den Leistungssport empfohlenen Übungen bis zur U15 durchaus gut nutzbar sind, darüber hinaus diese aber größtenteils nicht anspruchsvoll genug erscheinen, um die gewünschten Trainingseffekte zu erzielen. Der angebotene Service, per PC oder Smartphone über Eingabe von Codes Übungsvideos zur Koordinationsschulung abzurufen, funktioniert unkompliziert und hält Videos mit ansprechender Qualität bereit. Die Vorstellung der Übungen wird sinnvoll nach den einzelnen Druckbedingungen strukturiert, wobei zu jeder Druckbedingung fünf bis 15 Übungen mit 174 farbigen Fotos und in Tabellenform nach verschiedenen Aspekten abgebildet werden. Alle Übungen sind Aktionen mit Ball; fußballspezifisches Koordinationstraining steht insofern nunmehr im Vordergrund. Aus der eigenen Fußball-Leistungssporterfahrung werden folgende Anmerkungen zur Übungsauswahl getroffen: Die zum Sukzessivdruck vorgestellten Übungen • erscheinen teilweise zu einfach, • das Übungsrepertoire des Coerver Coachings sollte genutzt werden, • technisches Basistraining als Grundlage für nachfolgende Kombinationen schwierigerer Bewegungen und eine • größere Fintenvielfalt nutzen. Die Übungsauswahl zum Simultandruck (ausführlichstes Kapitel) ist sehr gut und diese Übungen sind auch teilweise für höhere Alters- und Leistungsklassen geeignet. Die Verknüpfung von Theorie und Praxis ist im Abschnitt acht (exemplarische Umsetzung der methodischen Regeln) sehr gut gelungen. Auch die im Exkurs neun ´Lauf- und Sprungkoordination´ gegebene Empfehlung, spezifisches Laufkoordinationstraining ohne Ball nur im höheren Leistungsbereich durchzuführen, ist zu befürworten, da in unteren Alters- und Leistungsbereichen weniger Trainingszeit zur Verfügung steht und diese so viel wie möglich mit Ball absolviert werden sollte. Abschließend sollte noch vor den Übungen 73/74 auf S. 206/207 ´Bällechaos´ bzw. ´Bällechaos beseitigen´ gewarnt werden. Beim Versuch, den Ball mit in die Übung einzubeziehen, während die Spieler in hohem Tempo über liegende Bälle laufen bzw. springen müssen, treten große Gefahrenpotenziale auf. Robert Klauß (Leipzig) Dr. paed. Christian Hartmann (Leipzig) 175
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