Deutschland: € 10,00 Österreich: € 10,00 Schweiz: CHf 15,00 Italien: € 10,00 BeNeLux: € 10,00 Frankreich: € 10,00 Spanien: € 10,00 Sommer Ausgabe 01 / 2016 #4 D A S B E R G S P O R T M A G AZ I N V O N S T E F A N G L O WA C Z Cuba libre! Die kubanische Freikletter-Szene in Zeiten zaghafter Öffnung. Völlig verrückt? Bikebergsteiger fahren, wo andere das Seil auspacken. Handwerk Wie Bergstiefel entstehen. Grenzen Nahtod Wie Alpinisten die Grenze zwischen Leben und Tod erleben. Ablaufdatum Wo liegen die Altersgrenzen von Bergsportlern? Einstellungssache Weshalb der Südafrikaner Sibusiso Vilane auf Berge steigt. Bergwelten Patagonien G R E N Z ENLOSE Majestätisch anzuschauen, aber entlegen und windumtost – die Berge um den legendären Cerro Torre sind für Skifahrer genauso eine Herausforderung wie für Kletterer. Ohne viel Wirbel ist dem Dänen Jacob Slot und dem Katalanen David Sanabria die anspru chsvolle Befahrung eines Couloirs im patagonischen FitzRoy-Massiv gelungen. Eine Erzählung über wahre Skiabenteu(r)er. A B E N T 32 FOTO: CHRISTIAN PENNING T E X T: C H R I S T I A N P E N N I N G EUER 33 Traumkulisse: Auf einem vergletscherten Gipfel nahe El Chaltén fährt sich Jacob Slot warm für Skiprojekte wie das im Fitz-Roy-Massiv Fortsetzung in ALLMOUNTAIN #4 Bergwelten Kuba Sozialismus oder Tod? Die Locals in Kubas Klettergebiet Viñales folgen einem anderen Motto: Klettern oder Tod! Mit bescheidenen Mitteln haben sie ein Top-Revier erschlossen, das noch ein Geheimtipp ist. Das dürfte sich ändern, wenn jetzt, nach dem Ende des Embargos, die US-Amerikaner auf die Karibikinsel strömen. T E X T: G Ü N T E R K A S T F O T O S : M O R I T Z AT T E N B E R G E R 16 17 Schwerpunkt Hintergrund Alter und Alpinismus Aktionismus oder Resignation? Wenn der körperliche Verfall beginnt, sind die Strategien unterschiedlich. 110 FOTO: FRANCK CAMHI/ISTOCK.COM DER ZAHN DER ZEIT 90-Jährige, die im Fels mehrere Seillängen im Vorstieg meistern, 60- und 70-Jährige, die zu mehrmonatigen Expeditionen aufbrechen oder noch immer neue Kletterrouten erschließen: Wo liegen eigentlich die Altersgrenzen für Alpinisten? T E X T: T H O R S T E N K A L E T S C H ( 5 0 ) , P E T E R B A D E R ( 4 8 ) I L L U S T R AT I O N : R O N J A S C H E I D E L ( 2 7 ) 111 Schwerpunkt Schwerpunkt Hintergrund KOMM’ KOM WIEDER, M’ WIE SÜSSER DER, TOD SÜSSER TOD 86 Grenzerfahrung Nahtod Schwerpunkt Natürlich kann niemand erzählen, wie es sich anfühlt, zu sterben. Nahtoderfahrungen sagen uns deshalb nichts über den Tod, sondern etwas über die Momente davor. Über das Leben also. Das aber ist aufwühlend genug. „ICH SOLLTE DAS LICHT, DAS MICH HÄTTE BLENDEN UND VERSCHWIMMEN LASSEN KÖNNEN, NICHT ERREICHEN.“ PÉ T E R NÁ DAS T E X T: T O M D A U E R I L L U S T R AT I O N E N : N I K L A S G R O S C H U P A lles Schreiben über den Tod ist Spekulation. Naturgemäß und zum Leidwesen vieler großer Romanciers. Der Kolumbianer Gabriel García Márquez etwa bedauerte, lange schon, bevor sein irdisches Dasein endete: „Es ist eine Tragödie, dass man nicht weiterleben kann, um die Episode des eigenen Todes zu erzählen.“ Das ist ein hübsch verquerer Gedanke, der von einer gewissen Besessenheit zeugt. Und er ist insofern richtig, als dass er zwischen tatsächlichem Tod und seinem kühlen Hauch unterscheidet. Letzteren nämlich haben gar nicht so wenige Menschen schon einmal gespürt. Das zumindest behauptet Hubert Knoblauch, der an der Technischen Universität Berlin Soziologie lehrt und mittels einer – wie es so schön heißt – repräsentativen Umfrage herausgefunden hat, dass 3,3 Millionen Deutsche schon mal eine NTE hatten. Also eine „Nahtoderfahrung“ oder ein „Nahtoderlebnis“. Die Wissenschaft ist sich laut Professor Knoblauch nicht immer ganz einig, wie sich das bezeichnete Phänomen „in das kalte Geschirr der Sprache zwängen lässt“. Das ist verständlich, denn auch wenn sich die Berichte derjenigen, die dem Tod von der Schippe gesprungen sind, oft erstaunlich ähnlich sind, so gibt doch jede Geschichte eine ganz eigene Wirklichkeit wieder. Und ein Erlebnis, das ebenso schön wie beängstigend, ebenso friedvoll wie aufwühlend, in jedem Fall aber prägend für das unverhofft geschenkte, oder aufgezwungene, neue Leben sein kann. Wenn über diese Erfahrungen und Erlebnisse gesprochen werden soll, dann muss man sich verlassen auf die Zeugnisse derer, die einen Blick in eine andere Wirklichkeit werfen mussten, oder durften. Und warum sollte man das nicht? Wird der Mensch angesichts seines Todes doch ziemlich durchsichtig, weil dann vieles von ihm abfällt, die ganze Eitelkeit, das Begehren, die Masken der Selbstinszenierung und der Wunsch nach immer mehr. 87 Fortsetzung in ALLMOUNTAIN #4 Im Profil Eberhard Jurgalski DER EXTREM CHRONIST Er stand noch nie auf einem nennenswerten Berg. Und trotzdem kennt er den Himalaya besser als die meisten Alpinisten dieser Welt. Weshalb der deutsche Bergchronist und erklärte „Nicht-Alpinist“ Eberhard Jurgalski sein Leben den Achttausendern widmet. T E X T: J O H A N N E S S C H W E I K L E A m Eingang zur Burg kann man Holzschwerter kaufen. Für Kinder ist es ein großer Spaß, durch die Mauern der Ruine Rötteln zu toben. Mit einem Papphelm gerüstet den Zugang zur oberen Burg erkämpfen. Um die Wette die Stufen im Turm nehmen. Und dann im Triumph herabschauen auf das Land: die Autobahn, die Stadt Lörrach, die Bäume des Schwarzwalds. Der Mann, der langsam den Weg zur Brücke über den Burggraben hinaufsteigt, hat keine Energie für solchen Überschwang. Er japst nach Luft und lässt sich neben den Schießscharten auf eine Sitzbank fallen. „Gebt mir ein paar Minuten zum Verschnaufen“, sagt Eberhard Jurgalski. Die Ruine Rötteln liegt in den südlichen Ausläufern des Schwarzwalds, gerade mal 422 Meter über Meereshöhe. Der Mann, der am Rand des Mittelgebirges arg ins Schwitzen kommt, gilt unter Alpinisten als Experte. Eberhard Jurgalski gehört weltweit zu den führenden Bergchronisten. Der Himalaya ist sein Spezialgebiet. Wie kommt es, dass ein Mensch, der schon in den Hügeln des Flachlands Mühe hat, sein Leben den Achttausendern widmet? Jurgalski wurde 1952 in Norddeutschland geboren, genauer gesagt in Salzgitter. In seiner Jugend wanderte er im Harz, aber auf den Brocken kam er nie – der höchste Gipfel dieses Mittelgebirges gehörte damals zur DDR. Seine Lehre zum Großhandelskaufmann brach er kurz vor dem Abschluss ab. Er sagt: „In meiner Hippie-Zeit bin ich durch Europa gereist, Frauen hinterhergefahren und so.“ Jurgalski ließ sich nach Amsterdam treiben. Auch in Basel hat es ihm gut gefallen, dort hat er Freunde gefunden. Aber die Schweiz nahm Leute von seiner Lebensart nicht mit offenen Armen auf. Also ließ sich der Freigeist in den Siebzigerjahren auf der anderen Seite der Grenze nieder, in Lörrach. 48 FOTO: JÜRG BUSCHOR Den Hippie hat Jurgalski bis heute nicht ganz abgelegt. Er lebt in gut eingetragenen T-Shirts, das lange Haar hat er zum Pferdeschwanz gebunden. Sein Gesicht mit dem graumelierten Vollbart bildet die Antithese zum Outdoorsportler aus der Werbung – es hat rote Flecken. „ I C H KÖ N N T E Z E H N PA R A L L E L L E B E N F Ü H R E N UND WÜRDE MICH NICHT LANGWEILEN.“ EBERHARD JURGALSKI 49 Fortsetzung in ALLMOUNTAIN #4 Inhalt Schwerpunkt Grenzen ALLMOUNTAIN #4 Hintergrund Mountainbike-Bergsteigen 012 Tatra Sherpa Im Profil Swasiland – Everest Besserwissen Meister-Leistung 126 Vom genagelten Allzweckschuhwerk bis zum hoch spezialisierten Expeditionsbergstiefel – dazwischen liegen Jahrzehnte Entwicklungsarbeit. Trotzdem steckt in jedem Produkt nach wie vor viel Handarbeit, wie ein Blick in die Werkstätten und Fabriken zeigt. 032 Das Wetter in Patagonien gehorcht eigenen Gesetzmäßigkeiten, wie der dänische Skifahrer Jacob Slot aus 18 Jahren Erfahrung weiß. Im Profil Übrigens … 048 … schon gehört? Der Himalaya ist das Spezialgebiet des Bergchronisten Eberhard Jurgalski. Trotzdem stand der „Extremchronist“ noch nie auf einem nennenswerten Berg. 140 078 086 Hintergrund Hintergrund Grenzerfahrung Nahtod Vier Menschen – vier Grenzen Wie fühlt es sich an, zu sterben? Norbert Joos: Verzicht aus Vernunft. Barbara Zangerl: Verschiebt Leistungsgrenzen. Tomaž Humar: Grenzgänger – bis in den Tod. Andreas Madsen: Zeuge eines Grenzstreits. Warum steigen Menschen auf hohe Berge? Die Antwort darauf hat der Südafrikaner Sibusiso Vilane eher zufällig gefunden. Spannende Themen, Produkte und Events aus der Welt des Bergsports Laut gedacht Die andere Seite von Extrembeamter 098 016 Mit bescheidenen Mitteln zum Kletter-Geheimtipp. Menschliche Datenbank 074 Schwerpunkt Grenzen Bergwelten Skifahren als Geduldsprobe Wo liegen die Altersgrenzen für Alpinisten? Števo Bačkor buckelt in der Hohen Tatra bis zu 100 Kilogramm auf Berghütten. 014 Einfallsreich muss sein, wer auf Expedition Körperpflege betreibt. Sportklettern auf Kuba Zahn der Zeit Stille Helden Mut braucht, wer auf der Jagd nach Honig zu den Felsenbienen hochklettert. Hygienefaktor 110 Hintergrund Wo Durchschnittsalpinisten schon zu Fuß mulmig wird, suchen Bikebergsteiger die fahrtechnische Herausforderung auf zwei Rädern. Ein-Blick Honigjäger 060 „Der geringste Mensch kann komplett sein, wenn er sich innerhalb der Grenzen seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten bewegt“, schrieb Johann Wolfgang von Goethe. Aber wie erkennen wir diese Grenzen? Und liegt die Faszination des Bergsteigens nicht gerade darin, regelmäßig an Grenzen zu stoßen und sie manchmal zu überschreiten? Sie zu akzeptieren – es entspricht manchmal der Vernunft oder ganz einfach dem eigenen Lebenserhaltungstrieb. Und was kommt danach? Das fragt sich nicht erst, wer die ultimative Grenze, nämlich die zwischen Leben und Tod erreicht hat. Nur eines ist sicher – der Faszination von Grenzen kann man sich schlecht entziehen. Nationalangelegenheit 058 144 BMW Deutschlands höchster Berg – eine Geschichte des steten Niedergangs. Der mit dem Piolet d'Or ausgezeichnete britische Alpinist Mick Fowler hat einen anständigen Beruf: Er ist Steuerbeamter. Impressum 8 120 Leidenschaft und Grenzen Alessandro Zanardi – wie der Rennpilot zum Olympiasieger wurde. 146 9 Grenzen im Alpinismus Sie werden gesetzt, akzeptiert, ignoriert und verschoben – Grenzen haben im Alpinismus eine zentrale Bedeutung. Die „Grenzregionen“ dieser ALLMOUNTAIN - Ausgabe im Überblick. Viñales Berlin Mit der zaghaften Öffnung der Grenzen in Kuba rückt die KaribikInsel auch in den Fokus von Sportkletterern. In Viñales scheint das Entwicklungspotenzial in den zahlreichen bis zu 200 Meter hohen Kalkwänden schier endlos. Mit bescheidenen Mitteln haben hier Locals wie Yarobys García Martinez, Jorge („Tito“) und Junior in Viñales ein Top-Revier erschlossen, das noch ein Geheimtipp ist. 3,3 Millionen Deutsche hatten schon ein „Nahtoderlebnis“, wie der Soziologe Hubert Knoblauch von der Technischen Universität Berlin im Rahmen einer repräsentativen Umfrage herausgefunden hat. Kaum eine andere Grenze fasziniert den Menschen mehr, als diejenige zwischen Leben und Tod. Das mag auch daran liegen, dass niemand erzählen kann, wie es sich anfühlt, zu sterben. 016 086 Innsbruck 120 060 Hawaii „Für mich ist es nicht entscheidend, ob der Abgrund 50 oder 500 Meter tief ist. Wenn ich runterfalle, bin ich tot. So oder so.“ sagt Harald Philipp, einer der profiliertesten Bikebergsteiger. Was den Reiz der Radkunst auf schwindelerregenden Bergpfaden und ausgesetzten Klettersteigen ausmacht, versucht unser Hintergrundartikel auszuloten. „Es war einfach“, sagt Alessandro Zanardi heute über seine erste Teilnahme am Ironman auf Hawaii, anlässlich dessen er 3,86 Kilometer mit Schwimmen, 180 Kilometer mit Handbike und 42 Kilometer in einem olympischen Rollstuhl zurückgelegt hat. Warum die Geschichte für uns alle inspirierend sein kann? Zanardi verlor 2001 bei einem schrecklichen Unfall beide Beine. 126 Patagonien Sehnsuchtsort Patagonien – seit über 18 Jahren entflieht der Däne Jacob Slot dem Sommer in der nördlichen Hemisphäre und verbringt jedes Jahr bis zu drei Monate am windgepeitschten Ende des südamerikanischen Kontinents. Sein Ziel: alpinistische Skiunternehmungen in der einsamen Bergwelt Südpatagoniens. An kaum einem anderen Ort dieser Welt spielt das Schuhmacher-Handwerk eine zentralere Rolle als im italienischen Montebelluna. Vom genagelten Allzweckstiefel aus Leder bis zu hoch spezialisierten modernen Schuhmodell aus Karbon und Kunstleder wurde die Geschichte dieses Ausrüstungsteils hier maßgeblich mitgeschrieben. Ein Rundgang durch Firmenarchive, Museen und Werkstätten. Lubuyane K A R T E : A X E L KO C K , F OTO L I A .C O M 032 Montebelluna 098 „Kein Schwarzer hat je den Mount Everest bestiegen. Du kannst das schaffen“, zeigte sich John Doble überzeugt. Die schicksalhafte Begegnung mit dem Amerikaner hat das Leben von Sibusiso Vilane auf den Kopf gestellt. Dabei war der Traum des Südafrikaners anfangs viel kleiner: Er wollte zur Schule gehen, ein Dach über dem Kopf und jeden Tag eine warme Mahlzeit.
© Copyright 2024 ExpyDoc