Negative Kreditzinsen? Banken wehren sich mit Briefen an ihre

22. Februar 2016 ­ 00:04 Uhr · (hn) · Wirtschaft
Negative Kreditzinsen? Banken wehren sich mit Briefen an ihre
Kunden
Negative Kreditzinsen würden nichts anderes bedeuten, als dass Schuldner für ihre Schulden von den Banken
bezahlt werden. Bild: Erwin Wodicka
LINZ. Seit Monaten schreiben Banken Kunden an und teilen ihnen mit, dass es "Untergrenzen" für
Kreditzinsen gebe, bei null oder nahe null Prozent, sei es der sogenannte Aufschlag auf den
Referenzzinssatz. Das sei juristisch nicht in Ordnung, sagen Konsumentenschützer.
Denn weder das Gesetz noch die meisten bereits länger gültigen Kreditverträge sähen derartige Untergrenzen
vor.
Wer ein derartiges Schreiben seiner Hausbank bekommt, sollte schriftlich Widerspruch einlegen, sagt Ulrike
Weiß von der Abteilung Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Oberösterreich. Das kann etwa in Form eines
eingeschriebenen Briefes erfolgen mit dem Wortlaut: "Ich lehne Ihre Rechtsansicht in Sachen Negativzinsen in
Bezug auf die Zinsgleitklausel meines Kredites ab und widerspreche diesbezüglichen Vertragsänderungen."
Die Rechtsansichten der Banken gehen dazu diametral auseinander. Aus Sicht der Banken sind negative
Kreditzinsen "juristisch und wirtschaftlich ein Unsinn erster Güte", sagt Franz Rudorfer, Geschäftsführer der
Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Österreich. Juristisch deshalb, weil das
Kreditgeschäft nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch als "entgeltlich" gilt. Wirtschaftlich sei ohnehin
klar, dass es völlig unsinnig wäre, einen Schuldner für seine Schulden zu bezahlen.
Aus Sicht der Konsumentenschützer ist das nicht so eindeutig. Vor allem sehen sie bei einer Untergrenze für
Kreditzinsen das Gebot der Zweiseitigkeit nach Konsumentenschutzgesetz verletzt. "Damit ist gemeint, dass es
bei einer Untergrenze eben auch eine Obergrenze geben müsste", sagt Weiß. Davon wollen wiederum die
Banken nichts wissen.
Höchstgericht muss entscheiden
Jetzt muss ein Höchstgericht entscheiden, in diesem Fall der Oberste Gerichtshof (OGH). Der hat schon einmal
in Sachen Zinsen entschieden, allerdings bei den Spar­ und nicht bei den Kreditzinsen. Aus Sicht der
Höchstrichter ist es unzulässig, dass Banken ihren Kunden auf Spareinlagen keine Zinsen bezahlen.
Die Banken beziehen sich bei ihrer Argumentation genau auf dieses Urteil: Wenn es nicht erlaubt ist, die
Sparzinsen auf null oder gar darunter zu senken, dann müsste das auch für Kreditzinsen gelten. Einige
Banken sehen die Untergrenze freilich nicht bei null, sondern beim Aufschlag. Man darf gespannt sein, wie die
Höchstrichter das sehen. Die Konsumentenschützer, die bereits ein entsprechendes Verfahren eingeleitet
haben, erwarten eine Entscheidung noch in diesem Jahr.
Wie funktioniert die Zinsbildung bei einem Kredit?
Der Zinssatz eines variabel verzinsten Kredites setzt sich aus einem Indikator und einem Aufschlag
zusammen. Als Indikator werden meist die sogenannten Euribor­Sätze verwendet, meist der 3­Monats­
Euribor.Der Aufschlag hängt von der Kreditwürdigkeit des Bankkunden ab und liegt derzeit bei eins bis 1,5
Prozent. Mit der sogenannten Zinsgleitklausel wird der Zinssatz dann entsprechend der Entwicklung des
Euribor angepasst. Der Aufschlag bleibt gleich. Derzeit ist der 3­Monats­Euribor mit rund 0,25 Prozent negativ.
Würde beispielsweise der 3­Monats­Euribor auf minus ein Prozent sinken und der mit der Bank vereinbarte
Aufschlag ein Prozent betragen, dann ergäbe sich ein Kreditzinssatz von null Prozent.Ein weiteres Absinken
des Euribor ist durchaus zu erwarten, ob er derartig stark sinkt, dass die Kreditzinsen auf breiter Front negativ
werden, ist aber unwahrscheinlich.
Quelle: nachrichten.at
Artikel: http://www.nachrichten.at/nachrichten/wirtschaft/Negative­Kreditzinsen­Banken­wehren­sich­mit­
Briefen­an­ihre­Kunden;art15,2156409
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