Walliser Bote

Datum: 09.12.2015
Walliser Bote
3900 Brig
027/ 922 99 88
www.walliserbote.ch
Oper
Medienart: Print
Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 22'213
Erscheinungsweise: 6x wöchentlich
Themen-Nr.: 833.009
Abo-Nr.: 833009
Seite: 7
Fläche: 37'912 mm²
Zu einer Aufführung im La Poste Musiktheater Visp
Komik. Erotik. Kritik
La Poste-Bühne. Das Bühnen -Ensemble Biel-Solothurn, seine Solisten, der Chor und sein Orchester boten
den Opernfreunden einen erlebnisreichen Abend - der ein grösseres Publikum verdient hätte.
FOTO WB
sich in einer zweiten Aktion als rieur des gräflichen Schlosses
Am vergangenen
Samstabend fand auf der Schwester Colette dann der Grä- hergestellt werden. BeeindruLa Poste-Bühne unter der fin, die auf die Rückkehr ihres ckend an diesem Abend war
VISP
Leitung von Marco Zam-
belli die vom Theater
Biel-Solothurn erarbeitete Aufführung von Gioacchino Rossnils Oper
Mannes aus den Kreuzzügen
wartete. Es ist spannend, den
Bemühungen Orys, die teils
durch seinen ebenfalls in die
aber nicht nur der äussere Rahmen mit seiner deutschen Übertitelung sondern auch die schauspielerische Leistung des gesam-
Gräfin verliebten Pagen Isolier ten Ensembles in der Darstel«Le Comte Ory» statt.
behindert werden, zu folgen. lung des erwähnten roten
Die Geschichte entbehrt nicht Fadens. Ihm wurden sie alle geDie in Französisch gehaltene der Erotik und über weite Stre- recht durch einsatzfreudige Bewegung, Groteske, sprachliche
Rossini-Oper erzählt zwei Strei- cken nicht der Komik.
Deutlichkeit und spannungsgeche des mittelalterlichen franladenen Ausdruck. Es sei hier etzösischen Grafen und Frauen- Das Schauspiel
helden Ory, der versuchte, die Pierre-Emmanuel Rousseau hat wa an die Trinkszene der «Nonin einem Schloss einsam woh- in diesem Werk nicht nur Regie nen» erinnert, die es an nichtnende Gräfin Adele zu verfüh- geführt, sondern auch die Büh- französischer Grobschlächtigren. Ory spielte sich einmal als nenbilder und die Kostüme der keit nicht fehlen lässt. Ebenso
von allen Frauen bewunderter Priester, der Nonnen und Frauen komplex war die «Szene» am
und «heilender Eremit» auf, der entworfen, natürlich AdMe in Schluss der Oper, in der sich
auch der nach Liebe dürstenden ein verführerisches Kleid ge- le, Isolier und «Schwester ColetGräfin eben Liebe als Heilmittel stürzt. Bühnenbild, Kostüme te» alias Ory im Bett wälzen,
empfahl. Vielsagend heisst es und Requisiten wirkten sehr ho- Adele herausfällt und es gilt, den
an einem Ort, dass «er mehr mogen. Aus dem ersten Bühnen- Ablauf der erotischen Handlung
konnte» als Empfehlungen... bild konnte für den zweiten Akt darzustellen, Spannung zu halMit seinen als Nonnen verklei- mit wenig Aufwand ein Intent& ten ohne in Banalität zu versin-
deten Kumpanen näherte er
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ARGUS der Presse AG
Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich
Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01
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Argus Ref.: 59988745
Ausschnitt Seite: 1/2
Bericht Seite: 27/38
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ken. Schauspielerisch sehr gut sam, präzise und mit Vision.
herausgearbeitet waren auch Rossini komponierte darin in
die psychologisch schwierigen, seinem Belcanto-Stil mit teilweieindeutig erotisch-komischen se schnellen Rhythmen und lyriZwiegespräche von Adele und schen Gesanglinien wunderbare
Ory, grotesk etwa auch das Auf- Duette und Trios und witzige,
treten des Ory-Genossen Raim- intensive, einer komischen Oper
baud und der in ihrem grossen angemessene Soli, dann vor alHaaraufbau diskret wirkenden lem auch viele und mächtige
Hofdame Ragonde...
Chöre. Sie wurden in dieser Aufführung von Valentin Vassilev
Die Musik
vorzüglich einstudiert und
Bei aller Erotik und Komik ist wirkten glanzvoll. Wenn man
aber die Musik das wesentliche diese Musik hörte, bedauerte
Element dieser Oper. Rossini hat man aufrichtig, dass sich Rossiin dieses vorletzte Werk vor dem ni mit 37 Jahren von der Musik
Abschluss mit «Wilhelm Tell» verabschiedete und dann noch
seinen ganzen künstlerischen 40 Jahre seines Lebens der KochReichtum ausgebreitet. Dirigent kunst widmete. Auf der La PosMarco Zambelli entfaltete die- te-Bühne erreichten die Vokalsosen mit dem in allen Registern listen des Ensembles Biel-Solosehr gut besetzten Sinfonieor- thurn insgesamt, natürlich mit
chester Biel - Solothurn einfühl- Unterschieden, ein eindrückli-
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ches, hohes Niveau. Wir hörten
so eine wundersame, auch koloratursichere Adele (Perrine Madoeuf), einen starken hellen Tenor Ory (Enrico Iviglia), einen
überaus kräftigen Bass Raimbaud (Michele Govi) und eine
überzeugende Hosenrolle Isolier (Marion Grange). Sie alle tru-
gen dazu bei, dass diese Oper
mit ihrem betont antiklerikalen, schonungslos kritischen Ge-
halt zu einem unvergesslichen
Erlebnis werden konnte. Die Zusammenarbeit zwischen dem La
Poste- Musiktheater und dem
Theater Biel-Solothurn hat sich
einmal mehr bewährt. Wer
nicht anwesend war, verpasste
viel: Die weniger bekannte Rossini-Oper «Der Graf Ory» verdient mehr Beachtung. 1 ag.
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