Foto © Andreas Trepte/wikimedia.commons Fragwürdige Jagd auf Meister Reineke Das Tragen von Echtpelz ist dank der «Stopp Pelz!»-Kampagne von ProTier und Aktivitäten von weiteren Tierschutzorganisationen wieder zur Gewissensfrage geworden. Nun glaubt die hiesige Modeindustrie, in Fuchspelz aus Schweizer Jagd eine «ethisch korrekte» Alternative gefunden zu haben. Ist Fell vom einheimischen Rotfuchs (k)eine Alternative zu Zuchtpelz? Von Helen Weiss Die Fuchsjagd bleibt fragwürdig. 4 ProTier_Heft_4_15.indd 4 Foto zvg M anschetten, Kragen und Gürtel: Das Zürcher Modelabel Asandri gestaltet aus grün, rot, schwarz oder blau gefärbtem Pelz zahlreiche modische Accessoires. Schick sieht die neue Winterkollektion aus – und sie ist, angeblich, erst noch ethisch korrekt, wie Inhaberin und Designerin Alexandra Pfister betont: «Der Pelz stammt von einheimischen Füchsen, weshalb er ohne schlechtes Gewissen getragen werden kann.» Sie sei eine Tierfreundin und Pelz von Zuchtfarmen komme für ihre Modekollektionen deshalb nicht in Frage. «In Fuchspelz, der aus der Jagd anfällt, haben wir deshalb eine tolle Alternative gefunden», freut sie sich. Auch Modissa setzt neben dem Zuchtpelz auf ein eigenes Label mit Schweizer Rotfuchs. Der Pelz der jährlich rund 30'000 geschossenen Rotfüchse landete bisher in der Verbrennung. «Das ist eine Verschwendung», ist Pfister überzeugt. «Lieber verarbeiten wir den Pelz.» Mit dem sogenannten «ethisch korrekten Pelz» will die Modebranche ihren Kundinnen und Kunden ermöglichen, guten Gewissens Pelz zu tragen. «Die Frage ist jedoch, ob Fuchspelz aus der Jagd tatsächlich ethisch vertretbar ist», sagt Nathalie Dubois, Geschäftsführerin von ProTier – Stiftung für Tierschutz und Ethik. Überdenkt man die Thematik kritisch, stellt sich bald einmal die Frage, ob es überhaupt noch angebracht ist, den Rotfuchs hierzulande zu bejagen. Ja, meint Hanspeter Egli, Präsident von Jagd Schweiz: «Nimmt die Population lokal überhand, kann der Fuchs als Prädator die Bestände an Bodenbrütern, Hasen und Rehkitz ProTier 4 / 15 05.11.15 11:49 übermässig reduzieren, lokal teil weise sogar ausrotten.» Die Jagd leiste deshalb einen Beitrag dazu, dass die Fuchsbestände nicht zu gross würden. «Bei der sogenannten natürlichen Regulierung gehen die Tiere bei Überbeständen an Räude oder anderen Krankheiten elendiglich zu Grunde.» Stabile Population auch ohne Jagd Die Argumente für oder gegen die Jagd auf Meister Reineke sind zahl- Modissa sieht im Schweizer Rotfuchs eine Alternative zu Zuchtpelz aus Farmhaltung – den sie aber ebenfalls anbietet. reich. «Die Frage, mit welchen Folgen man rechnen müsste, wenn die Fuchsjagd in der Schweiz eingestellt würde, ist nicht leicht zu beantwor- Rund 30'000 Rotfüchse jährlich werden in der Schweiz von der Jägerschaft abgeschossen. ProTier 4 / 15 ProTier_Heft_4_15.indd 5 Foto © Volker Friedrich/wikimedia.commons Marion Theus, Präsidentin von Wildtierschutz Schweiz WTSS, findet, dass der Fuchs nicht bejagt werden muss. Er sei ein wichtiger Teil des Ökosystems: «Der Fuchs ist ein hervorragender Mäusejäger.» Dass es auch ohne Jagd gehe, sehe man im Schweizerischen Nationalpark, der seit 100 Jahren jagdfrei ist. «Die Prognose aus Jägerkreisen, dass sich der Rotfuchs extrem vermehrt und seine Beutetiere aussterben, hat sich nicht bestätigt», so Theus. Fotos © ProTier Foto © Andreas Trepte/wikimedia.commons Geschickter Mäusejäger ten», sagt Sandra Gloor, Wildtierbiologin beim Verein SWILD, einer unabhängigen Forschungs- und Beratungsgemeinschaft von Biologinnen und Biologen. «Die Fuchspopulation in der Schweiz wird nicht systematisch erfasst.» Es könne also niemand anhand konkreter Zahlen aufzeigen, dass die heutige Fuchsjagd die Bestände reguliere. Nathalie Dubois von ProTier gibt zudem zu bedenken, dass mit der aktuellen Regulation des Rotfuchsbestandes etwas nicht stimmen kann – wenn das Bejagen in dieser Form greifen würde, warum müssen dann jedes Jahr erneut rund 30‘000 Füchse geschossen werden? Die Jagd vermag den Bestand also offenbar nicht nachhaltig zu regulieren, wie es die Jäger behaupten. Bisher ist wenig bekannt über die indirekten Folgen der Jagd, also etwa die Scheuheit der Tiere oder der Einfluss der Jagd auf die Alterspyramide der Fuchspopulation. «Vermutlich würde sich ohne Jagd in den meisten Gebieten der Schweiz an der längerfristigen Populationsdichte der Füchse nicht viel ändern», meint Gloor. 5 05.11.15 11:49 Eine natürliche Regulierung des Bestandes müsste laut der Fachfrau grundsätzlich möglich sein. «Allerdings treten heute mit den sehr hohen Fuchsbeständen auch Probleme auf, für die eine Lösung gesucht werden muss.» So streifen etwa in Siedlungsgebieten immer häufiger Füchse herum, die gefüttert wurden und dadurch ihre natürliche Scheu völlig verloren haben. «Sie werden dreist, dringen in Wohnhäuser ein, belästigen Leute und schnappen auch einmal zu», erzählt Gloor. Einen Abschuss halte sie in solchen Situationen für eine angebrachte Lösung, denn mit solch halbzahmen Tieren könne es zu gefährlichen Situationen kommen. Ein gezielter, intensiver Fuchsabschuss könne auch in naturnahen Gebieten helfen, in denen seltene bodenbrütende Vogelarten leben. Der Abschuss von Füchsen in Wohn- gegenden ist Dubois von ProTier hingegen ein Dorn im Auge: «Es stimmt, dass zahme Füchse lästig werden können. Das Problem sind jedoch eigentlich nicht die Füchse, sondern unvernünftige Menschen, die sie mit Futter anlocken und sie so ihre natürliche Scheu verlieren lassen.» Tierschutzkreise kritisieren nicht nur die Fuchsjagd, sondern vor allem die Baujagd auf Füchse scharf. «Zu Recht», meint Gloor, die dazu ein Fachgutachten erstellte. Sie kommt darin zum Schluss, dass der Fuchs bei dieser Jagdmethode in Angst versetzt wird und Fuchs und Hund sich nicht selten gegenseitig verletzen. «Die Baujagd läuft damit den geltenden Schweizer Tierschutzbestimmungen zuwider», so Gloor. Aus der Sicht von SWILD sei darum für die Ausübung der Baujagd ein Nachweis für deren Notwendigkeit und Effektivität erforderlich. «Dieser Nachweis ist aktuell nicht erbracht. Bei der Fuchsjagd fehlen heute in Petition «Für ein Baujagdverbot im Kanton Zürich» eingereicht Ende September wurde die von ProTier und anderen Tierschutzorganisationen unterstützte Petition «Für ein Baujagdverbot im Kanton Zürich» von der Initiantin Tierpartei Schweiz (TPS) der Kantonsratspräsidentin Theres Weber-Gachnang (SVP) übergeben. Über 7'200 Personen hatten die Forderung, die tierschutzwidrige Praxis der Baujagd im Kanton Zürich künftig zu verbieten, unterschrieben. der Schweiz sowohl eine Popula tionsschätzung als Grundlage für konkrete, messbare Ziele als auch eine Evaluation der Abschussfolgen.» ■ Foto © Rudolpho Duba/pixelio.de Tierquälerische Baujagd Aus Tierschutzsicht ist Rotfuchspelz keine Alternative zu Zuchtpelz. Die Jagd, aus der er anfällt, ist zu umstritten. 6 ProTier_Heft_4_15.indd 6 ProTier 4 / 15 05.11.15 11:49
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