Seite 1 von 5 I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l v o m 1 2 . 1 1 . 2 0 1 5 Neue Chancen gegen Krebs Jedes Jahr erkranken in Deutschland knapp 500.000 Menschen neu an Krebs. Für jeden einzelnen ist die Diagnose ein Schock. Das Thema Krebs ist mit Angst und Hoffnungslosigkeit besetzt wie kaum ein anderes. Tatsächlich sind Krebserkrankungen nach den Herz-Kreislauf-Leiden die zweithäufigste Todesursache. Es gibt aber auch eine andere Zahl: Die Hälfte der Tumorleiden sind heute bereits heilbar. Krebs: Was geschieht da? Bei einer Krebserkrankung bildet sich im Gewebe eine Wucherung aus bösartig veränderten Zellen. Diese Zellen teilen sich ungesteuert und ungebremst. Das bringt den Tumor zum Wachsen. Dabei verdrängt und zerstört er benachbartes Gewebe. Schlimmer noch – der Tumor kann Absiedlungen ausbilden und dann „streuen“. Das heißt, Tochterzellen verteilen sich im Körper und bilden neue Geschwülste in anderen Organen und Geweben. Krebszellen sind bösartige Verwandlungskünstler. Sie passen sich Veränderungen ihrer Umgebung an, tarnen sich mitunter und unterlaufen dabei körpereigene Abwehrprozesse. Eine Eigenart, die ihre Entdeckung und Bekämpfung sehr schwierig machen kann. Wie häufig sind welche Krebsarten? Am häufigsten kommen bei Männern Prostatakrebs (64.500) und Lungenkrebs (35.100) vor, gefolgt von Darmkrebs (34.300). Frauen hingegen sind am häufigsten von Tumoren der Brustdrüse (69.700), des Darms (28.700) und der Lunge (17.600) betroffen. Welche Chancen auf Heilung gibt es? Mediziner betonen: Was die Überlebenschancen von Krebspatienten angeht, liegt Deutschland im Europavergleich in der Spitzengruppe. Gerade in den letzten 20 bis 30 Jahren gab es deutliche Fortschritte. Der Anteil der Krebserkrankungen an den Todesursachen nimmt seitdem nicht mehr zu. Bis in die 1980er Jahre starben zwei Drittel der Krebspatienten an ihrem Leiden, heute wird die Hälfte von ihnen geheilt. Und – auch dort, wo eine Heilung nicht möglich ist, leben die Betroffenen nun deutlich länger. Die neuen Möglichkeiten der Präzisionsmedizin Mancher hoffte noch vor einigen Jahren auf ein einzelnes, mächtiges Mittel, das den Durchbruch beim Kampf gegen Krebs ermöglicht. Doch Krebs ist vielgestaltig, die Krebsmedizin inzwischen hoch spezialisiert. Fortschritte bei der Behandlung der Krankheit vollziehen sich in vielen Schritten auf ganz unterschiedlichen Gebieten. Das beginnt bei Früherkennung und Diagnose und setzt sich fort bei neuen Techniken in Chirurgie und Strahlenmedizin – z. B. die so 1 Seite 2 von 5 genannte Tomotherapie bei Prostatakrebs. Schließlich sind inzwischen neue Medikamente im Einsatz, die Tumoren effektiver bekämpfen können. Unser Studiogast, Prof. Dr. Andreas Hochhaus aus Jena: „Wir sind auf dem Weg zu einer Präzisionsmedizin. Das erlaubt uns, die Behandlung viel genauer auf den einzelnen Patienten zuzuschneiden.“ Neue Medikamente, neue Wirkprinzipien Eine Revolution gab es in den letzten Jahren zum Beispiel bei der Behandlung einer bestimmten Form der Leukämie, der so genannten chronischen myeloischen Leukämie. Spezielle Medikamente, so genannte Tyrosinkinaseinhibitoren, drängen die Erkrankung so wirksam zurück, dass 84 Prozent der Patienten auch zehn Jahre nach der Diagnose noch am Leben sind. Früher waren es nur 20 Prozent. Die Ärzte wollen die Behandlung künftig mit einer Immuntherapie kombinieren. Damit würde eine tatsächliche Heilung der Krankheit in greifbare Nähe rücken. Solche Immuntherapien, bei denen das körpereigene Abwehrsystem gezielt gegen den Tumor in Stellung gebracht wird, erhöhen inzwischen auch die Überlebenschancen bei Lungenkrebs, schwarzem Hautkrebs sowie bei Blasen- und Nierentumoren. „Das funktioniert erstaunlich gut“, sagt Prof. Hochhaus. Dank der genetischen Diagnostik gelingt es mittlerweile zudem, bestimmte Eigenarten von Tumoren aufzuspüren und die „tumorspezifischen Signalwege“ zu entschlüsseln. Damit lassen sich dann ganz gezielt Medikamente gegen die Schwachpunkte des Tumors einsetzen. Die Geschichte: Hoffnung für Beate Hellwig Am 30. April gerät das Leben von Beate Hellwig aus den Fugen. Nach einem Krampfanfall in der Nacht erwacht sie morgens im Krankenhaus. Die Ärzte entdecken einen Hirntumor. Es ist ein sogenanntes Glioblastom – der bösartigste Hirntumor überhaupt. Doch die Mediziner machen ihr Mut. Der Tumor kann operiert werden. Tatsächlich gelingt es, das Krebsgewebe fast vollständig zu entfernen. Jetzt nur noch eine Bestrahlung und eine Chemotherapie – dann scheint es geschafft. Doch die Hoffnung trügt. Die Leber der Patientin verträgt die Chemotherapie-Mittel nicht. Die Behandlung muss sofort abgebrochen werden. Und der Tumor wächst wieder. „Vor der Operation hat man immer noch die Hoffnung, es wird alles gut, aber wenn man dann merkt, der bildet sich nach vier Monaten schon wieder und die Zeit rennt einem davon – das war hart“, schildert Beate Hellwig. An der Uniklinik Jena beraten die Ärzte im so genannten Tumorboard, welche Behandlungsmöglichkeiten für Frau Hellwig noch offen stehen. Und sie finden eine Möglichkeit. An der Klinik wird gerade ein neues Medikament erprobt. Es wirkt aber nur bei ganz bestimmten Tumoren, bei denen ein Enzym mutiert ist. Ob das Mittel für Beate Hellwig infrage kommt, muss ein Gentest klären. Tatsächlich erweist sich, dass Beate Hellwigs Tumor gegen das neue Medikament empfindlich ist. Sie wird in die Studie aufgenommen. Bisher zeigt sich, dass sie das Mittel gut verträgt. Ob es den Tumor tatsächlich am Wachsen hindert, müssen die nächsten Wochen und Monate ergeben. Beate Hellwig: „Mein größtes Geschenk wäre wirklich, dass die Therapie anschlägt und der Tumor nicht weiter wächst und ich ein bisschen mehr Lebenszeit hätte.“ 2 Seite 3 von 5 Fit für die Therapie – Ernährung bei Krebs Wenn der Arzt Krebs feststellt, glauben viele Patienten, sie müssten sich ab sofort besonders „gesund“ ernähren oder eine spezielle Diät beginnen, die den Tumor angreift. Mediziner und Ernährungsexperten warnen jedoch vor solchen angeblichen „Krebsdiäten“. „Es gibt keine sicheren Belege, dass bestimmte Ernährungsformen oder einzelne Lebensmittel einen Krebs heilen können, wenn er erst einmal da ist“, sagt unser Studiogast Dr. Carl Meißner, Chirurg und Ernährungsmediziner aus Magdeburg. Wer sich bei seiner Ernährung zu stark einschränkt, riskiert zudem, seinen Körper zu schwächen. Damit sinken die Chancen, die oft belastende Therapie zu vertragen. Wer abnimmt, gerät in Gefahr Dr. Meißner weiß aus seiner Praxis – Patienten, die in einem normalen Ernährungszustand in die Klinik kommen, sind in der Minderheit. Viele sind übergewichtig, doch ein Viertel der Betroffenen leidet an Mangel- oder Unterernährung. Wer schon so geschwächt eine Therapie beginnt, bei dem gibt es häufiger Nebenwirkungen und Komplikationen. Viele Krebspatienten nehmen dann während der Behandlung täglich 500 bis 1000 Kilokalorien weniger auf. Es kommt also darauf an, die Patienten vor Therapiebeginn mit besonders energiereicher Ernährung fit zu machen und ihnen auch während der Behandlung ausreichend Energie zuzuführen. Die Ernährungsmedizin wird damit zu einer wichtigen Säule der Therapie. Kalorienbomben erlaubt Studiogast Dr. Meißner sagt rundheraus: „Krebspatienten dürfen sündigen. Uns geht es nicht darum, die Dicken dünn zu machen, sondern die Dünnen dick.“ Er rät zu einer besonders energiereichen Kost, damit der Tagesbedarf von mindestens 2000 Kilokalorien erreicht wird. Basis sind vor allem Eiweiß und Fett. Da dürfen die beliebten Pfannkuchen gern mit Sahne angereichert und mit Speck gebraten werden. Eine wichtige Rolle kann hochkalorische Trink- und Zusatznahrung spielen, die vielen Gerichten untergemischt werden kann. Was tun gegen Übelkeit und Appetitlosigkeit? Statt der großen Mahlzeiten früh, mittags und abends vertragen viele Krebspatienten fünf bis sechs kleinere Mahlzeiten besser, die über den Tag verteilt werden. Gegen Übelkeit können entsprechende Medikamente helfen. Manche Betroffenen haben mit Ingwertee gute Erfahrungen gemacht. Generell kann kräftiges Würzen den Appetit anregen, mit Salz und Pfeffer muss nicht gespart werden. Manche Patienten berichten, dass sie durch die Chemotherapie ständig einen metallischen Nachgeschmack spüren. Tipp von Dr. Meißner – hier hilft oft schon, statt eines normalen Metallbestecks ein Kunststoffbesteck zu benutzen. Jede Mahlzeit sollte übrigens auch über das Essen hinaus Genuss bieten – Servietten und Tischdekoration werten die Mahlzeit auf. 3 Seite 4 von 5 Das Rezept: Avocado-Dip mit Nachos (ca. 800 kCal) Zutaten: 2 reife Avocados 1 Limette 2 Strauchtomaten 1 Packung orale Trinknahrung evt. Joghurt zum Abschmecken Salz, Pfeffer, Chili (falls gewünscht) Zubereitung: Avocados schälen und mit einer Gabel zerdrücken. Mit Limettensaft mischen. Tomaten häuten, in kleine Stücke schneiden und unter den Dip rühren. Die Trinknahrung untermischen und nach Belieben würzen. Dazu Nachos reichen. Diese Mahlzeit lässt sich als einfacher Snack z. B. zum Fernsehen reichen und sorgt dafür, dass Patienten auf die benötigte tägliche Kalorienmenge kommen. Vorsicht bei angeblichen Wundermitteln Wer Krebs hat, sucht nach jeder Information, die einen Beitrag zur Heilung verspricht. Hilfreiche Hinweise gibt es oft von anderen Betroffenen und Selbsthilfeorganisationen. Je lauter aber angebliche Wundermittel angepriesen werden – „zehntausend Mal wirksamer als Chemotherapie!“ –, desto mehr Skepsis ist angebracht. Besonders dann, wenn die Anbieter dafür auch noch astronomische Preise verlangen. So nachvollziehbar auch der Wunsch ist, alles nur Mögliche für eine Heilung zu unternehmen – beraten Sie sich in jedem Falle mit Ihrem Arzt und unternehmen Sie nichts ohne sein Wissen. Das Fünkchen Wahrheit Tatsächlich untersuchen Forscher seit Jahren bestimmte Nahrungsmittel, Pflanzenextrakte oder isolierte Substanzen, ob sie vor der Entstehung von Krebs schützen oder sogar bereits vorhandene Krebszellen bekämpfen können. Das Problem – was im Labor an Zellkulturen mitunter funktioniert, muss im menschlichen Körper nicht zwingend die gleiche Wirkung haben. Und belastbare Studien zur Wirkung beim Menschen gibt es für die meisten Mittel kaum. Riskante Tipps Wer sich im Internet umsieht, stößt auf eine Vielzahl abenteuerlicher Tipps und dubioser Mittel für eine „alternative“ Krebstherapie. Da wird geraten, eine Kur mit Petroleum zu machen. Hoch im Kurs ist auch Tee oder Pulver aus dem Chaga-Pilz, der an Birken wächst. Eine 250-g-Dose kostet beim Anbieter dann € 84,00. Ähnlich das „reine organische Germanium“, Kostenpunkt pro 20 g sind z. B. € 105,50. Vieldiskutiert ist außerdem die Einnahme bitterer Aprikosenkerne als „natürliche Chemotherapie“. Im Internet finden sich Ratschläge für täglich sehr hohe Dosierungen, um das in den Kernen enthaltene Amygdalin – für das mitunter auch der Phantasiename „Vitamin B 17“ verwendet wird – für die Krebsbekämpfung nutzbar zu machen. Das Bundesamt für Risikobewertung warnt jedoch vor der Einnahme von mehr als zwei Kernen täglich: „Die während der Verdauung entstehende Blausäure kann zu schweren akuten Vergiftungen mit Krämpfen, Erbrechen und Atemnot führen, in hohen Dosen kann der Tod durch eine Atemlähmung eintreten.“ 4 Seite 5 von 5 Adressen Informationen für Krebspatienten und ihre Angehörigen: Deutsche Krebsgesellschaft www.krebsgesellschaft.de (Deutsche Krebsgesellschaft) Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums www.krebsinformationsdienst.de Telefon 0800 – 420 30 40 Suche nach Behandlungszentren über den Service „oncomap“ der Krebsgesellschaft: www.oncomap.de Buchtipp Gesunde Ernährung bei Hauptsache Gesund. Die 100 besten Rezepte aus den vergangenen Jahren. Von Frühstücksrezepten über herzhafte Gerichte bis hin zu süßen Leckereien. „Hauptsache Gesund. Das Kochbuch. 100 gesunde Rezepte für jeden Tag" ISBN: 978-3-86244-756-5, 19,99 Euro, Christian Verlag, 224 Seiten. Erhältlich im Buchhandel und im MDR-Shop. Gäste im Studio Prof. Andreas Hochhaus, UniversitätsTumorCentrum, Jena Dr. Carl Meißner, Chirurg und Ernährungsmediziner, Klinikum Magdeburg Dr. Marion Krakor, Hautärztin, Leipzig Anschrift MDR FERNSEHEN, Redaktion Wirtschaft und Ratgeber „Hauptsache Gesund“ Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund; E-Mail: [email protected] Thema der nächsten Sendung am 19.11.2015: „Erkältung und Grippe“ 5
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