Reviergang Baujagd Reines Handwerk Die Baujagdsaison neigt sich dem Ende und es war wie eh und je. Denn nur wer bei der Bodenjagd unbeirrt einfache Grundregeln beherzigt, dem schenkt St. Hubertus reiche Beute. H Hohe Fuchsbesätze in den meisten Regionen – gebietsweise sogar seuchenauslösend – in Verbindung mit gesetzlichen Vorgaben, die die Fallenjagd ständig unattraktiver machen, sind in Europa prekär. Die Klimaerwärmung ist in aller Munde. Schneereiche Winter mit nächtlichem Schusslicht werden zunehmend selten. Glücklich schätzen können sich Waidmänner, welche die ebenso spannende wie hegerisch wirksame Baujagd mit dem Erdhund beherrschen. Noch in den 1980er-Jahren wurde Baujagd nur von einer relativ kleinen Gruppe hartgesottener Jäger im kleinen Kreise ausgeübt. Das hat sich mittlerweile geändert. Einerseits verfügen viele Reviere über Kunstbaue, die sich, wenn 8 Text: Dipl.- Forsting. Michael Mester; Fotos: Burkhard Winnsmann-Steins (4) sie ganz bestimmte Kriterien erfüllen, schnell und problemlos bejagen lassen, im Gegensatz zu der nicht selten zeitaufwändigen Naturbaubejagung. Andererseits hat man es in manchen Regionen zugelassen, dass die Niederwildbesätze in bedenkliche Besatztiefen abgerutscht sind und somit die traditionellen Treibjagden sich kaum noch lohnen. Als Ersatztätigkeitsfeld, bedingt durch die viel zu hohen Raubwilddichten, muss immer häufiger die Baujagd herhalten. Je mehr Jäger dabei beteiligt sind, desto entscheidender ist die korrekte Verhaltensweise am Bau. Weniger Jäger sind mehr Klassisch betreibt man die Baujagd alleine, zu zweit oder zu dritt. Müssen hingegen viele Jäger beteiligt werden, nähert sich nur der Bauhundführer der Bauanlage. Alle anderen Jäger stehen in mindestens 50 und mehr Metern Abstand und sichern die zu erwartenden Fluchtziele des Fuchses. Hierbei darf die Windrichtung nicht außer Acht gelassen werden. Lohnende Naturbaue innerhalb von Dickungen mit meist minimalem Schussfeld können so auch bejagt werden. Ankündigungen wie: „Achtung Fuchs“ sind zu unterlassen! Oft steckt mehr als ein roter Freibeuter und alle anderen wären gewarnt, so dass diese dem Hund unnötig gefährlich werden können. Der Schussknall am Bau alarmiert Reineke kaum, ein menschliches Wort St. Hubertus 2/2010 Reviergang Bild linke Seite: Reineke springt mit einem weiten Satz über den Graben. Wenn er über den Acker weiter flüchtet, werden ihn die Schrote des Jägers ereilen. Bild oben: Zu hoch und zu weit hinten fassen die Schrote den Fuchs. Außerdem ist der Erdhund sehr dicht hinter dem Fuchs, Abpraller könnten auch ihn treffen. hingegen sehr. Jäger, die einer derartigen Fuchsankündigung bedürfen, um Strecke zu machen, erfreuen wir lieber mit Einladungen zu anderen Jagdarten. Möglicherweise fehlt es ihnen an der nötigen Passion. Passion heißt für mich: Wir haben es am Bau mit aufmerksamen, ausdauernden, disziplinierten, geduldigen, nervenstarken, jagdhandwerklich versierten, treffsicheren und wetterunempfindlichen Jägern zu tun, die Totenstille bewahren, egal was passiert. Nur einer hat die Leitung Da die Baujagdsaison sich dem Ende nähert, wird den meisten Baujägern die jetzige Saison noch bestens in Erinnerung sein. Ist immer alles glatt gelaufen oder traten Probleme auf? Wenn ja, hätten diese vermieden werden können? Wäre allen Baujagdbeteiligten klar, dass die Gesundheit des eingesetzten Bauhundes Priorität hat und sich alle anderen Wünsche der Teilnehmer diesem Ziel unterzuordnen haben, so könnte in der Regel erfolgreich gesprengt werden. (Selbstverständlich dürfen auch niemals die Mitjäger gefährdet werden.) Dazu 2/2010 St. Hubertus gehört, dass man sinnvollerweise einen routinierten Bauhundführer am Bau die Jagd leiten lässt. Jeder Bau wird grundsätzlich gegen den Wind auf Katzensohlen, das heißt, so leise wie möglich und wenn es geht, ohne jegliche Bodenerschütterung angegangen. Es reicht vollkommen aus, wenn man sich dem Bau auf etwa zehn bis 15 Meter nähert. Die Stände werden so eingenommen, dass der Fuchs aus keiner Röhre einen der Schützen eräugen kann. Auch wenn der Wind leicht dreht, müssen die Stände so gewählt werden, dass niemals Witterung auf einer der Röhren steht. Ab jetzt darf ohne Aufforderung niemand seinen Stand verlassen und allenfalls ist Zeichensprache zugelassen. Der Fuchs wird nur beschossen, wenn er auch tatsächlich den Baubereich verlässt. Blitzschnelles von Röhre zu Röhre Springen Reinekes eignet sich so gut wie nie, um einen augenblicklich tödlichen Treffer zu landen. Sofortiges Hochreißen der Flinte hat schon so manchen roten Freibeuter veranlasst, blitzschnell wieder einzufahren. Immer Ruhe bewahren und möglichst auf +/- 25 m mit grober Garbe und mindestens 3,2 mm Schroten schießen. Feinere Schrote versagen zu oft bei gesprengten Füchsen, die spitz weg flüchten. Keine weiteren Hunde Fremde Hunde und schon gar keine, die nicht absolut standruhig sind, haben am Bau nichts verloren. Der spursichere große Hund wartet im in der Nähe abgestellten Auto. Er kann einem angebleiten Rotrock mit wenigen Momenten Verzögerung immer noch nachgesandt werden. Ist dieser inzwischen in einen anderen Bau eingefahren, so steckt der nur leicht angebleite Fuchs verblüffend locker und lässt sich schnell wieder sprengen. Der schwer getroffene Fuchs steckt sich in der nächsten attraktiven Deckung und kann vom großen Hund abgetan werden. Wir stellen sicher, dass der große Hund unsern Bauhund nicht gefährden kann. Eingespielte Spezialgespanne bestehend aus großem Hund und Bauhund sind sehr selten und werden hier nicht näher beschrieben. Bei großen Naturbauanlagen kann der Fuchs oft erheblichen Vorsprung vor dem Bauhund herausarbeiten, insbesondere wenn mehrere Füchse ➤ 9 Reviergang Falsch: Der große Hund gehört nur mit an den Bau, wenn er absolut standruhig und gehorsam ist. Geschnallt wird er auch dann erst, wenn der Bauhundeführer es erlaubt. stecken. Während der Bauhund an einem ganz bestimmten Fuchs arbeitet, möchte sich ein anderer Fuchs klammheimlich absetzen, indem er besonders kritisch und ausgiebig in der Ausfahrt verhoffend prüft, ob draußen die Luft auch wirklich rein ist. Äugt ein solcher Fuchs aus der Röhre, darf bei allen Schützen nicht die kleinste Bewegung erfolgen. Nie den Fuchs in der Ein- oder Ausfahrt beschießen. Erstens kann bei einem solchen Schuss der heraneilende Bauhund in der Röhre ebenfalls getroffen werden. Zweitens würde der von unten nachrückende Bauhund den erlegten Fuchs instinktiv in die Tiefe des Baues ziehen. Ausnahme: Zwei Hunde im Bau Bei Naturbauanlagen, die mindestens zehn Röhren aufweisen, können ausnahmsweise auch zwei Hunde gleichzeitig zum Einsatz kommen. Aber nur, wenn diese verträgliche Zwingergenossen sind, beispielsweise aggressionsfrei aus einem Napf fressen und sich keinesfalls 10 gegenseitig attackieren, um selbst besser oder zuerst ans Raubwild zu gelangen. Auch dann, wenn die Jäger absolut korrekt vorgehen, kann es trotzdem vorkommen, dass der Fuchs nicht springt. Jetzt schon zum Spaten zu greifen, um dem Bauhund zur Hilfe zu kommen, ist in aller Regel übereilt. Nun ist es richtig, den Bauhund abzunehmen. Ein Fuchs, der sich durch den Hund nicht zum Verlassen des Baues bewegen lässt, kann oft durch Abnehmen des Hundes überlistet werden. Der Bauhund wird zwischenzeitlich im Rucksack untergebracht und der Jäger wartet nun etwa 20 Minuten lang absolut geräuschlos auf den Fuchs. Die Angriffe des Hundes verleiden dem Fuchs den bis dahin sicher geglaubten Bau, den er in dieser anscheinend günstigen Situation oftmals verlässt. Das Problem besteht nur darin, den passionierten Hund überhaupt abnehmen zu können. Denn oft verschwindet dieser zum „Verschnaufen“ an die Oberfläche gekommene Hund in der nächstliegenden Einfahrt, sobald er merkt, dass ihn sein Führer vom Weiterjagen abhalten will. Auch ansonsten gehorsame Hunde verhalten sich oft in dieser Weise, solange der Fuchs noch im Bau steckt. Braucht sich der Hundeführer nur auf eine Röhre konzentrieren, wie bei ausgereiften Kunstbauen, in der sein Hund wieder verschwinden möchte, bestehen erheblich bessere Aussichten, des Hundes habhaft zu werden. Ist ein solcher Versuch erst einmal fehlgeschlagen, sind Hund und Fuchs gleichermaßen gewarnt. Der Hund wird vor jedem weiteren Oberflächenaufenthalt prüfen, ob es gefährlich wird und die Wahrscheinlichkeit, dass der Fuchs nach einem solchen meist erschütterungs- und geräuschintensiven Bemühen noch springt, geht am Naturbau gegen Null. Die Verteidigungsbereitschaft steigt und mit ihr die Verletzungsgefahr der Kontrahenten. Nicht gleich graben Naturbaue sollten nur im Notfall gegraben werden. Dabei werden die Baue St. Hubertus 2/2010 Reviergang Richtig: Der Vollgebrauchshund dient lediglich dazu, den angebleiten Fuchs abzutun. oft zerstört. Hund und Jäger können verschüttet werden und der Erdhund könnte sich auch an die Hilfe von oben gewöhnen, so dass der Flieger anschließend zum Steher tendiert. Wer aus eigener Erfahrung beurteilen kann, wie aufwändig es ist, oft bis in die Nacht hinein seinen Hund aus Naturbauen auszugraben, zieht die Anlage von professionellen Kunstbauen vor. Gute Bauhunde des mittelscharfen Fliegertyps, zu denen auch ein Bodenjäger mit Sachverstand gehört, sind nicht überall vorhanden. Deshalb kommt es nicht selten dazu, dass Füchse im Naturbau verbleiben. Solche Füchse bemerken in der Regel den Abmarsch des oder der Jäger auf dem Bau. Sie kombinieren, dass die durch den Erdhund ausgelöste instinktiv übliche Fluchtreaktion gefährlicher ist, als sich im Bau zu verstecken oder zu verteidigen. Die Lernfähigkeit des Fuchses sollte besonders in diesem Punkt nicht unterschätzt werden. Künftig wissen solche Füchse stets um die Anwesenheit des Jägers am Bau, sobald sich ein Erdhund nähert. 2/2010 St. Hubertus Aber auch derart gewiefte Füchse können noch überlistet werden, dazu in weiteren Berichten mehr. Unser Autor Unter dem Titel „Baujagdhandwerk“ ist ein Buch von Michael Mester in Arbeit. Sie erhalten mit diesem Beitrag schon heute einen kleinen Auszug. Elf Jahre hat Mester hunderte Kunstbaufüchse erfasst und anschließend innerhalb einer Diplomarbeit ausgewertet. Zahlreiche Jägerschaftsvorsitzende in neun europäischen Ländern haben den Verfasser bereits gebeten, ihre Jäger durch BaujagdFachvorträge und -Seminare oder Revierberatungen zu unterstützen. Kontakt: Dipl.-Forsting. Michael Mester, Tel.: 0049 (0) 29 61/79 39 99 oder 0049 (0) 17 17 33 75 75. 11
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