Unternehmermagazin für die Bauwirtschaft Ausgabe 3 | August 2015 BG BAU aktuell Feuer auf der Baustelle Kompaktinfo Atemschutzgeräte Im Interview: Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) Wenn Sonne unter die Haut geht – Schutz vor schädlichen UV-Strahlen www.bgbau.de NEU! Folgen Sie uns auf Twitter: www.twitter.com/bg_bau Beilage des Kompetenzzentrums For tbildung nach der DGU V Vorschrif t 2 T hema: Atemschut zgeräte Inhalt WENN SONNE UNTER DIE HAUT GEHT IN ANDEREN UMSTÄNDEN „WIR BRAUCHEN QUALIFIZIERTE GRÜNDER“ FRANKFURTS NEUE MITTE Wenn Mitarbeiterinnen schwanger Wer viel im Freien arbeitet, muss sich besonders vor den schädlichen werden, sind die Vorschriften zum Mutterschutz zu beachten. UV-Strahlen schützen. Im Herzen der Mainmetropole Interview mit Hans Peter Wollwächst auf einem 7.000 m2 großen seifer, Präsident des ZentralverGelände eine neue Altstadt. bandes des Deutschen Handwerks. 12 16 04 22 IN KÜRZE IM BLICK 26 Frankfurts neue Mitte – im Herzen der Mainmetropole werden Teile der ehemaligen Altstadt neu errichtet 30 Studieren „on the Job“ – das neue berufsbegleitende Masterstudium für Führungskräfte im Baubetrieb ARBEITSSICHERHEIT 33 Wenn Sonne unter die Haut geht – Schutz vor schädlichen UV-Strahlen Leistungsstarkes System – ein neues Transport- und Logistiksystem für den Gerüstbau macht die Arbeit sicherer Miteinander statt gegeneinander – Tag der Verkehrssicherheit 34 Fitness für die Knie – im „Kniekolleg“ der BG BAU lernen Beschäftigte ergonomische, entlastende Bewegungsabläufe 36 Gemeinsam gegen Schwarzarbeit – Zusammenarbeit der BG BAU mit dem Zoll 38 INFOMEDIEN 39 Flexible Sicherung – die Strabag AG sorgt mit einem beweglichen Absperrband für mehr Sicherheit beim Straßenbau SCHWERPUNKT 06 Feuer auf der Baustelle – mit einer vorausschauenden Brandschutzorganisation lassen sich Brände verhindern MENSCH UND BETRIEB AUS UNFÄLLEN LERNEN 11 26 Beim Krantransport von Bewehrungsstahl erschlagen SICHER UNTERWEGS 12 14 REHABILITATION UND LEISTUNGEN IM FOKUS 16 Interview mit Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) MITGLIEDER UND BEITRÄGE ARBEITSMEDIZIN 20 22 24 Doping für den Job – leistungssteigernde Medikamente am Arbeitsplatz In anderen Umständen – Mutterschutz im Betrieb Workshop Gefährdungsbeurteilung – ein Angebot des ASD der BG BAU für Unternehmer aus Kleinbetrieben MIT GUTEM BEISPIEL IMPRESSUM BG BAU aktuell Mitgliedermagazin der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Heft 3_2015 | ISSN 1615-0333 Herausgeber: Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) Hildegardstr. 29/30, 10715 Berlin www.bgbau.de Verantwortlich: Klaus-Richard Bergmann, Hauptgeschäftsführer Redaktion: Rolf Schaper (verantw.) Tel.: 0511 987-2530 E-Mail: [email protected] Dagmar Sobull Tel.: 0511 987-1528 E-Mail: [email protected] Fax: 0511 987-2545 BG BAU, Bezirksverwaltung Nord Hildesheimer Str. 309, 30519 Hannover Änderungen Zeitschriftenversand: [email protected] Agentur: steindesign Werbeagentur GmbH, Hannover Titelbild: Picture Alliance, Einklinker: Marc Darchinger Druck: Sedai Druck GmbH & Co. KG, Hameln Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. natureOffice.com | DE-000-000000 Liebe Leserinnen, liebe Leser, einige heiße „Hundstage“ liegen schon hinter uns und auch in den nächsten Wochen ist noch mit hochsommerlichen Temperaturen zu rechnen. Beschäftigte auf Baustellen, die den ganzen Tag im Freien arbeiten, leiden besonders unter der Hitze, allen voran Dachdecker, Zimmerer und Straßenbauer. Denn der Einbau des heißen, dampfenden Asphalts beispielsweise treibt die Temperaturen zusätzlich in die Höhe. Klaus-Richard Bergmann, Hauptgeschäftsführer der BG BAU Immer wieder mussten die Rettungsdienste an den heißen Tagen ausrücken, um Menschen mit Kreislaufproblemen zu helfen. In den letzten Jahren und auch in diesem Jahr hatten wir auf deutschen Baustellen einzelne Hitzetote zu beklagen. Dazu kommt eine vermehrte Hautkrebsgefährdung durch die schädliche UV-Strahlung. Deshalb appelliere ich an Sie, die Gesundheitsgefahren durch Hitze und UV-Strahlung für Ihre Beschäftigten bei der Planung der Arbeiten in Ihrer Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. So ist es an heißen Tagen besonders wichtig, dass die Mitarbeiter genügend trinken, um den Flüssigkeitsverlust durch starkes Schwitzen auszugleichen. Achten Sie auf ausreichenden Sonnenschutz. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter nicht mit freiem Oberkörper arbeiten, sondern möglichst mit dünner, atmungsaktiver und langärmliger Kleidung. An sehr heißen Tagen sollten die Arbeiten soweit wie möglich in die frühen Morgenstunden verlegt werden. Weitere Tipps zum Schutz vor der Sonne und zur Ersten Hilfe bei Hitzeerkrankungen finden Sie auf der „Rettungskarte Hitze“ der BG BAU (siehe S. 13), die Sie auch direkt auf Ihr Smartphone laden können. Auch die Brandgefahr auf Baustellen ist bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen, wie Sie in unserem Schwerpunktartikel dazu eindrucksvoll erfahren. Jedes Jahr werden durch Bauarbeiten spektakuläre Brände verursacht. Dabei entstehen Schäden in Millionenhöhe und für die Beschäftigten kann es lebensbedrohlich sein, wenn Flucht- und Rettungswege versperrt oder gar nicht vorhanden sind. Deshalb ist eine vorausschauende Brandschutzorganisation bei Bauarbeiten notwendig. Genießen Sie den Sommer – gut gegen Sonne geschützt. Ihr Klaus-Richard Bergmann 4 | In Kürze BG BAU aktuell 3_2015 Bei Fragen zu Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten im Ausland berät das Servicecenter Ausland der BG BAU. Servicecenter Ausland VERSICHERT AUCH IN DER FERNE Foto: 123RF Mitarbeiter hiesiger Firmen, die ins Ausland entsandt werden, stehen dort auch unter dem Schutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, wenn die dazu notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind. Bei der Bearbeitung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten im Ausland sind besondere Fachkenntnisse erforderlich. Deshalb hat die BG BAU ein Servicecenter (SC) Ausland eingerichtet. Dort stehen Mitarbeiter der BG BAU speziell für Fragen zu Versicherungsfällen im Rahmen der Ausstrahlung und der Auslandsversicherung gern zur Verfügung. Kontakt zu unserer weltweit tätigen Partnerorganisation, der International SOS GmbH, aufnehmen. Von dort erhalten diese im Notfall rund um die Uhr unverzügliche und kompetente Hilfe und Unterstützung bei der Organisation der medizinischen Versorgung im Ausland. PRU Unterstützung rund um die Uhr Wichtig bei der Meldung eines Versicherungsfalls im Ausland sind die Mitgliedsnummer des Unternehmens, die persönlichen Angaben des Verletzten, die Art der Verletzung und eine Telefonnummer zur Kontaktaufnahme im Ausland. Bei Bedarf können Mitgliedsunternehmen der BG BAU auch direkt Das SC Ausland der BG BAU befindet sich in 81241 München, Am Knie 6, und ist telefonisch zu erreichen unter: Tel.: 089 8897-444. Die International SOS GmbH ist zu erreichen unter: Tel.: 06102 3588-100. Jahresbericht 2014 JETZT FREIKARTEN SICHERN ZAHLEN, DATEN, FAKTEN Am Freitag, dem 30. Oktober, findet im Rahmen der Arbeitsschutzmesse A+A in Düsseldorf der diesjährige Unternehmertag statt. „Kleine und mittelständische Unternehmen – innovativ und attraktiv“, lautet das Motto. Die BG BAU stellt für ihre Mitgliedsunternehmen 50 Gutscheine für eine Kongresstageskarte zur Verfügung. Diese berechtigt zum kostenlosen Besuch der Messe, des Unternehmertages und zur freien Fahrt im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr. Der neue Jahresbericht der BG BAU mit aktuellen Zahlen, Daten und Fakten für das Geschäftsjahr 2014 ist erschienen. Neben Informationen zu Mitgliederzahlen und Versicherungsleistungen werden darin auch die Schwerpunkte der Präventionsarbeit 2014 aufgezeigt. Die A+A ist die Messe für betriebliche Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Mehr als 1.500 Aussteller aus über 60 Nationen sind daran beteiligt. Begleitend findet auf dem Messegelände in Düsseldorf der internationale Kongress Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin statt, wo sich Fachleute aus aller Welt über betriebliche Sicherheit, Gesundheit und Arbeitsgestaltung austauschen. HKN Anmeldung für eine Freikarte bitte per E-Mail an: [email protected] Foto: Messe Düsseldorf GmbH Unternehmertag auf der A+A 2015 Mit Kampagnen und einer Ausweitung der Arbeitsschutzprämien hat die BG BAU Impulse gesetzt, um Arbeitsbedingungen sicherer zu machen. Die Bemühungen waren nicht umsonst: Auch im Jahr 2014 ist die Zahl der Arbeitsunfälle auf deutschen Baustellen weiter zurückgegangen. Eine wichtige Funktion zur Gesundheitsvorsorge übernimmt auch der Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnische Dienst der BG BAU (ASD der BG BAU). Dieser hat 2014 besonders zu dem Schwerpunktthema „Muskel-Skelett-Erkrankungen“ informiert. Im Rehabilitations- und Leistungsbereich gab es eine Neuerung: Seit dem letzten Jahr betreuen Reha-Koordinatoren schwerstverletzte Versicherte direkt vor Ort in den berufsgenossenschaftlichen Unfallkliniken. BHA Den aktuellen Jahresbericht mit einem umfassenden Überblick über die Arbeit der BG BAU im Jahr 2014 gibt es im Internet unter: www.bgbau.de BG BAU aktuell 3_2015 BSG-Urteil zum Mindestbeitrag SATZUNGSÄNDERUNG BEI DER BG BAU In Kürze | 5 die Differenz zwischen rechnerischem Beitrag und Mindestbeitrag zurückfordern. Es reicht ein kurzer schriftlicher Antrag mit dem Hinweis, dass die in den Beitragsjahren 2010 bis 2013 errechneten Beiträge auf den Mindestbeitrag angehoben wurden. Antragstellende können diesen Hinweis auf einer Kopie des Bescheides anbringen und per Post, E-Mail oder Fax an die BG BAU senden. Verrechnung möglich Eine Auszahlung gibt es allerdings nur, wenn aktuell alle Beiträge tatsächlich gezahlt wurden und keine anderen Forderungen der BG BAU offen sind. Sollten Unternehmer oder freiwillig Versicherte noch Außenstände bei der BG haben, wird sie die zu erstattenden Beiträge verrechnen. Foto: 123RF Betrifft Beiträge von 2010 bis 2013 Betriebe, die weniger als den von der BG festgelegten Mindestbeitrag hätten zahlen müssen, können die Differenz zwischen Umlagebeitrag und Mindestbeitrag zurückfordern. Weil die BG BAU in ihrer bisherigen Satzung den Mindestbeitrag ohne genaue Betragsangabe vorgesehen hatte, wurde durch das Bundessozialgericht (BSG) die Nichtigkeit der entsprechenden Satzungsbestimmung festgestellt. Die Satzung wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2015 neu beschlossen. Betroffene können die Erstattung von Beiträgen prüfen lassen. Um welche Unternehmen geht es? Betroffen sind Beitragszahlende, die weniger als den von der BG festgelegten Mindestbeitrag hätten zahlen müssen. Sie können Der Erstattungsanspruch verjährt nach Ablauf von vier Jahren. Der für 2010 im Jahr 2011 berechnete Beitrag zählt noch dazu. Die BG BAU legt die genaue Beitragshöhe, wie andere Berufsgenossenschaften auch, immer nachträglich fest. Das erklärt auch, warum Unternehmen Mindestbeiträge aus 2014 nicht zurückfordern können: Die endgültigen Beiträge für 2014 hat die BG BAU erst im März 2015 festgelegt. Zu dieser Zeit war der Formfehler bereits beseitigt, den das BSG bemängelt hatte. Heute steht in der Satzung der BG BAU die genaue Höhe des Mindestbeitrags: 100 Euro. Daher können für das Jahr 2014 keine Beiträge zurückgefordert werden. Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich an die Abteilung Mitglieder und Beiträge Ihrer Bezirksverwaltung: Bezirksverwaltung Nord, Tel.: 0511 987-0 Bezirksverwaltung Mitte, Tel.: 0202 398-0 Bezirksverwaltung Süd, Tel.: 089 8897-01 Arbeitsschutzprämien 2015 PRÄMIENKATALOG ERWEITERT Neu in den Prämienkatalog der BG BAU aufgenommen wurden Spanngurte, welche zusammen mit einem Arbeitsplattformnetz verwendet werden. Hierbei werden die Spanngurte als Traversen für die Längs- und Queraussteifung sowie die Spanngurte für die Randbefestigung der Arbeitsplattformnetze mit 50 Prozent der Anschaffungskosten, maximal 350 Euro, bezogen auf jedes angeschaffte Arbeitsplattformnetz einmalig gefördert. Das Netz selbst ist nicht Bestandteil der Förderung. Erweitert wurden auch die Prämien für Wiederbegutachtungen nach AMS BAU der BG BAU. Neben der bisher ausgezahlten Prämie von 2.000 Euro für die erfolgreiche erstmalige Wiederbegutachtung drei Jahre nach der Erstbegutachtung prämiert die BG BAU nun auch jede weitere erfolgreiche Wiederbegutachtung mit 1.000 Euro. Die Internetseiten der „Arbeitsschutzprämien“ wurden neu gestaltet und benutzerfreundlich optimiert, so dass Mitgliedsunternehmen nun noch bequemer und schneller Informationen zu den geförderten Maßnahmen erhalten und Anträge für Zuschüsse stellen können. STO Alle Arbeitsschutzprämien, Informationen und Bedingungen zur Förderung sind abrufbar unter: www.bgbau.de, Webcode: WCZjAx Auskunft zu den Arbeitsschutzprämien der BG BAU erhalten Sie auch unter Tel.: 0231 5431-1007 oder per Mail an [email protected] 6 | Schwerpunkt BG BAU aktuell 3_2015 Schwarze Rauchwolken verdunkeln den Himmel der Frankfurter Innenstadt. Bei Dachdeckerarbeiten auf dem Flachdach eines Hochhausrohbaus sind Baumaterialien in Brand geraten. BG BAU aktuell 3_2015 Schwerpunkt Feuer auf der Baustelle Bei Arbeiten mit Feuer auf Baustellen kommt es immer wieder zu Bränden. Mit einer vorausschauenden Brandschutzorganisation lassen sich diese verhindern. TEXT: Dr. Kerstin Rathmann, Frank Trunz FOTOS: Feuerwehr Frankfurt am Main, 123RF, Fotolia Oben: Die Feuerwehr sichert die Brandstelle auf dem Dach. Unten: Wo eben noch Dachdecker arbeiteten, liegen jetzt überall verkohlte Baumaterialien. S chwarze Rauchwolken wabern zwischen den Hochhäusern von Frankfurt am Main hindurch und verdunkeln den Himmel. Auf dem Flachdach eines Hochhausrohbaus brennt es lichterloh. Ausgelöst wurde dieser verheerende Brand durch Dachdeckerarbeiten. Bitumenbahnen wurden verschweißt und dabei Dachpappe, Styropor und weitere Baumaterialien in Brand gesetzt. Die Propangasflaschen auf dem Dach explodierten glücklicherweise nicht und – wie durch ein Wunder – wurden keine Beschäftigten getötet oder verletzt. Doch das hätte leicht auch anders ausgehen können. Immer wieder werden bei Arbeiten mit Feuer Brände verursacht. Und nicht nur auf Dächern kommt es häufig zu Bränden, sondern auch in anderen Baustellenbereichen. Sie werden beispielsweise durch unsachgemäßen Umgang mit Schweißbrennern verursacht oder durch mangelndes Gefahrenbewusstsein beim Umgang mit Gefahrstoffen und Materialien wie Dachpappe oder Dämmmaterial. Sehr oft werden die Beschäftigten nicht unterwiesen. Eine Brandgefährdung besteht immer dann, wenn folgende Faktoren vorliegen: ein brennbarer Stoff, eine wirksame Zündquelle und ausreichend Sauerstoff, beispielsweise in Form von Luftsauerstoff. | 7 8 | Schwerpunkt BG BAU aktuell 3_2015 Brennbare Stoffe Zu brennbaren Stoffen gehören neben Materialien wie Styropor, Pappe, Kunststoffen auch Bauchemikalien wie lösemittelhaltige Farben und Lacke, Klebstoffe, Verlegewerkstoffe sowie Sprays mit entzündbaren Treibgasen. Außerdem können bei speziellen Arbeitsverfahren brennbare Stoffe freigesetzt werden, beispielsweise Holz- und Metallstäube. Durch eine feine Verteilung eines brennbaren Stoffes erhöht sich die Brandgefahr. Holzwolle und -späne können schon durch niedrige Temperaturen entzündet werden, anders als ein Holzstamm. Ein Stahlträger brennt nicht, dagegen kann Stahlwolle leicht durch ein Feuerzeug entzündet werden. Auch brennbare Flüssigkeiten können weit unter ihrem Flammpunkt entzündet werden, beispielsweise beim Versprühen. Entzündbare Produkte sind mit dem Gefahrenpiktogramm „Flamme“ und den entsprechenden Gefahrenhinweisen wie „Flüssigkeit und Dampf extrem entzündbar“ gekennzeichnet. Erste Hinweise liefert das Kennzeichnungsetikett auf dem Gebinde. Die Brennbarkeit von Bauchemikalien kann aber auch anhand eines Sicherheitsdatenblattes beurteilt werden, welches spätestens mit der ersten Lieferung des Produktes in schriftlicher oder elektronischer Form vorliegen muss. Zündquellen Zu den Zündquellen gehören beispielsweise: • offenes Feuer wie Flammen aus Feuerzeugen, brennende Zigaretten, Schweißfunken, die bis zu 10 m weit fliegen, Schweißbrenner • heiße Oberflächen wie Heizkörper, Heizstrahler, heiße Motoren, Bitumenkocher, Heißluftföhn • mechanisch erzeugte Funken, zum Beispiel durch funkenreißendes Werkzeug, wie Trennschleifer • die gefährliche elektrostatische Aufladung von Gegenständen, Einrichtungen und Personen, die keine ableitfähigen Schuhe tragen Brandgefährdungen Oben: Bauchemikalien sind oft brennbar. Die Gefahrenpiktogramme geben wichtige Hinweise dazu. Unten: Eine Brandgefährdung liegt immer dann vor, wenn ein brennbarer Stoff, eine Zündquelle und Sauerstoff zusammenkommen. Tätigkeiten mit brennbaren Gefahrstoffen, bei denen Brände entstehen können, sind in der TRGS 800 „Brandschutzmaßnahmen“ beschrieben. Eine hohe Brandgefährdung liegt beispielsweise auf Baustellen mit Feuerarbeiten unter besonderen örtlichen und betrieblichen Bedingungen vor. Dazu zählen Schweiß-, Brennschneid-, Trennschleif-, Flamm-, Heißklebe- und Lötarbeiten. Eine hohe Brandgefährdung bedeutet, dass brennbare Gefahrstoffe in großer Menge vorhanden sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Brandentstehung zu rechnen ist und eine schnelle und unkontrollierbare Brandausbreitung oder eine große Rauch- oder Wärmefreisetzung zu erwarten ist. Außerdem kann zusätzlich eine Explosionsgefährdung vorliegen. Zu den brandgefährdeten Bereichen zählen auch Bereiche, in denen extrem und leicht entzündbare lösemittelhaltige Produkte verwendet und gelagert werden, und Bereiche, wo beispielsweise eine Holzbearbeitung durchgeführt wird. Die Brandgefährdungen werden im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermittelt, beurteilt und schriftlich dokumentiert. Grundsätzlich sollte zuerst geprüft werden, ob nicht brennbare Produkte verwendet werden können. Ist dies nicht möglich, sind geeignete Brandschutzmaßnahmen auszuwählen. Dabei sind mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arbeitsplätzen zu berücksichtigen. BG BAU aktuell 3_2015 Brandschutzmaßnahmen Feuerlöscheinrichtungen sind nach Art und Umfang der Brandgefährdung und der Größe des zu schützenden Bereiches in ausreichender Anzahl bereitzustellen. Bei hoher Brandgefährdung sind zusätzlich zu den bauordnungsrechtlichen und arbeitsstättenrechtlichen Anforderungen weitere Brandschutzmaßnahmen erforderlich. Die Anforderungen der Feuerversicherer müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Hochhausbau- und Untertagebaustellen sind Baustellen mit besonderen Gefährdungen. Gegebenenfalls ist die Anzahl der Feuerlöscher zu erhöhen oder fahrbare Feuerlöscheinrichtungen sind einzusetzen. Auch eine Ausrüstung mit Brandmeldeanlagen kann erforderlich sein. Bei Feuerarbeiten auf Baustellen ist gemäß ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“ für jedes Arbeitsmittel wie Schweißgerät, Schweißbrenner ein Feuerlöscher mit mindestens sechs Löschmitteleinheiten (LE) mitzuführen. Außerdem ist ein Freigabeschein zu erstellen. Die Arbeitsfreigabe ist vor Beginn der Tätigkeiten zu erteilen. Sind mehrere Beschäftigte in dem brandgefährdeten Bereich tätig, sind gemäß Gefahrstoffverordnung zuverlässige, fachkundige Personen mit der Aufsicht zu beauftragen. Brandschutzhelfer Brandschutzhelfer gemäß ASR A2.2 sind nur bei stationären Baustelleneinrichtungen einzusetzen, beispielsweise bei Baubüros, Unterkünften und Werkstätten. Wenn eine normale Brandgefährdung besteht, reicht es aus, wenn mindestens fünf Prozent der Mitarbeiter als Brandschutzhelfer ausgebildet sind. Aufgrund besonderer Umstände, beispielsweise erhöhter Brandgefahr, Schichtbetrieb oder Personalwechsel, kann auf Basis der Gefährdungsbeurteilung die Anzahl durchaus erhöht werden. Auf Baustellen müssen Personen, die Feuerarbeiten durchführen und einen Feuerlöscher bereithalten, im Umgang damit geschult und unterwiesen sein. Die Unterweisung beinhaltet einen theoretischen und einen praktischen Teil. Feuerarbeiten auf dem Dach Wenn beispielsweise bei Dacharbeiten Bitumenbahnen mit Aufschweißbrennern verschweißt werden, sind folgende Brandschutzmaßnahmen zu beachten: Feuerarbeiten sind immer auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Gemäß ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“ muss bei Feuerarbeiten auf Baustellen für jedes Arbeitsmittel ein Feuerlöscher für die entsprechenden Brandklassen A, B, C mit mindestens sechs LE bereitgehalten werden. Die eingesetzten entzündbaren Gefahrstoffe wie die Schweißgasflaschen sind auf den Bedarf einer Schicht zu begrenzen. Brennbare Materialien wie Dachpappe, Styropor, Bitumenbahnen dürfen in dem brandgefährdeten Bereich nicht gelagert werden. Gegebenenfalls müssen diese Materialien mit nicht brennbaren Decken abgedeckt werden. Ebenso sind Öffnungen und Fugen abzudichten. Weitere mögliche Zündquellen müssen entfernt werden. Erlaubnis für Schweißarbeiten und Fluchtwege Vor den Schweißarbeiten muss ein Erlaubnisschein ausgestellt werden. Dieser beinhaltet neben den allgemeinen Angaben zu dem Bauvorhaben und den zuständigen Personen die zu beachtenden Sicherheitsvorschriften und die Schutzmaßnahmen vor und während der Arbeiten. Gemäß Gefahrstoffverordnung sind Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, die zu Brand- und Explosionsgefährdungen führen können, nur zuverlässigen, mit den Tätigkeiten vertrauten Beschäftigten zu übertragen. Zu den Schutzmaßnahmen gehört auch das Aufstellen einer Brandwache mit geeignetem Löschgerät, beispielsweise ein Schwerpunkt | 9 Oben: Praxisnahe Feuerlöschübungen schaffen Sicherheit. Unten: Wenn Bitumenbahnen mit Aufschweißbrennern bearbeitet werden, sind geeignete Brandschutzmaßnahmen zu treffen. 10 | Schwerpunkt BG BAU aktuell 3_2015 Flucht- und Rettungswege sind schon in der Bauplanungsphase vorzusehen und abzustimmen. Feuerlöscher. Nicht nur der brandgefährdete Bereich, sondern auch die angrenzenden und darunterliegenden Bereiche sind zu kontrollieren. Dies gilt auch nach Beendigung der Feuerarbeiten. Hier kann beispielsweise eine Wärmebildkamera eingesetzt werden. Die Beschäftigten müssen den Arbeitsbereich bei Gefahr schnell, ungehindert und sicher verlassen können. Eine geeignete Alarmierung ist erforderlich, beispielsweise durch eine mobile, möglichst drahtlose Brandmeldeanlage, die auch zur Früherkennung von Bränden zum Einsatz kommen kann. Sicherheitskennzeichnung In Bereichen mit Brandgefährdung sind das Rauchen sowie der Umgang mit Feuer oder offenem Licht verboten. Entsprechende Verbotsschilder wie „Rauchen und offenes Feuer sind verboten“ sind gemäß ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ an den Eingängen und in den Räumen anzubringen. Flucht- und Rettungswege sind mit dem Sicherheits-und-Gesundheits-Koordinator (SiGeKo) abzustimmen, möglichst schon in der Bauplanungsphase. WEITERE INFOS Unterweisung • TRGS 800 „Brandschutzmaßnahmen“ (Dezember 2010) • ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“, Ausgabe 11/2012 • VdS 2036 „Erlaubnisschein für feuergefährliche Arbeiten“ • DGUV V 80 „Verwendung von Flüssiggas“ • ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ Vordruck für einen Erlaubnisschein: www.dguv.de > Prävention > Fachbereiche der DGUV > Feuerwehren, Hilfeleistungen, Brandschutz > Betrieblicher Brandschutz GISBAU, Gefahrstoffinformationssystem der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft: www.gisbau.de WINGIS, Informationen für Tätigkeiten mit Chemikalien beim Bauen, Renovieren und Reinigen: www.wingis-online.de/wingisonline Die Erstellung einer Betriebsanweisung auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung und die Unterweisung der Mitarbeiter ist dabei sehr wichtig. Hilfe bietet dabei das Gefahrstoff-Informationssystem der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (GISBAU). Mit WINGIS-Online können Betriebsanweisungen für Bauchemikalien aufgerufen werden, die sogar in mehreren Sprachen zur Verfügung stehen. Denn alle Mitarbeiter müssen mindestens einmal jährlich in einer ihnen verständlichen Sprache unterwiesen werden. Brandschutzbeauftragter Die Bestellung von Brandschutzbeauftragten kann über die Bauordnung oder gemäß behördlicher Auflagen, beispielsweise bei Hochhäusern oder Industriebauten, gesetzlich vorgeschrieben sein. Aber auch wenn im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eine Brandgefährdung ermittelt wird, die über eine normale Brandgefährdung hinausgeht, sollte ein Brandschutzbeauftragter schriftlich bestellt werden. Der Unternehmer kann sich damit hinsichtlich der gesetzlichen Pflichten zum Brandschutz entlasten. Diese Entlastung umfasst beispielsweise die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung sowie die Beratung bei Planung und Umsetzung der Organisation des Brandschutzes im Betrieb. Fazit Wenn man Brände wirkungsvoll verhindern will, müssen die Brandgefahren bereits im Vorfeld erkannt und beseitigt werden. Geeignete Brand- und Explosionsschutzmaßnahmen sind zu treffen. Kann die Freisetzung von brennbaren Gefahrstoffen nicht verhindert oder minimiert oder brennbare Stoffe nicht entfernt oder begrenzt werden, muss jedoch eine mögliche Entzündung verhindert werden. Feuerarbeiten sind stets auf ein Mindestmaß zu begrenzen, Feuerlöscher sind mitzuführen, Brandlasten zu entfernen und eine Brandwache muss vorhanden sein. BG BAU aktuell 3_2015 Aus Unfällen lernen | 11 Von Bewehrungsstahl erschlagen Bewehrungsstäbe stürzten beim Krantransport herab und verletzten einen Bauarbeiter tödlich. TEXT: Prävention Verhängnisvoller Fehler beim Anschlagen Beim Neubau von sieben Reihenhäusern wurden die Kellerwände mit Beton-Fertigteilelementen errichtet. Die Fertigteile wurden mit einem Lkw auf Transportgestellen angeliefert und mit einem Autokran auf die Kellersohle transportiert. Auf den Transportgestellen waren verschiedene Bündel mit Bewehrungsstäben abgelegt, die mit dem Kran angehoben und an anderer Stelle gelagert werden sollten. Kurz nach dem Anschlagen eines Bewehrungsstahlpaketes passierte es. Ein Kollege hatte leichtsinnig die Haken der Anschlagkette in die Drahtumschnürungen der Bunde eingehängt und die Last anheben lassen. Die Stahlpakete waren wie üblich werkseitig mit etwa 4 mm starkem Draht umschnürt, um die Stangen positionsweise nach Länge und Durchmesser zu ordnen. Doch das Anschlagen der Haken an diesen Draht ist grundsätzlich nicht zulässig, weil der dünne Draht die schwere Last des Stahlpaketes nicht sicher aufnehmen kann. Die Anschlagketten wurden in die Drahtumschnürung der Bewehrungsstäbe gehängt. Kurz nach dem Anheben riss der Draht. Kranfahrer mitverantwortlich Auch der Kranfahrer hätte erkennen müssen, dass die Haken des Kettengeschirrs falsch eingehängt waren, und die Last gar nicht transportieren dürfen. Dennoch transportierte er die Last über den Beschäftigten hinweg, mit den tödlichen Folgen. Tragisch: Auf der Baustelle befanden sich geeignete Hebebänder, mit denen der Stabstahl problemlos und sicher hätte transportiert werden können. Doch diese wurden nicht eingesetzt. Erst vor einem Monat wurden die Beschäftigten dieser Baustelle zum Thema „Sicheres Anschlagen von Lasten im Kranbetrieb“ unterwiesen. Trotzdem haben sie gegen diese Regeln verstoßen. 12 | Arbeitssicherheit BG BAU aktuell 3_2015 Wenn Sonne unter die Haut geht Wer viel im Freien arbeitet, muss sich an heißen Tagen besonders vor den schädlichen UV-Strahlen schützen. TEXT: Dr. Ute Pohrt FOTOS: iStockphoto, Fotolia Durch ungeschützten Aufenthalt in der Sonne steigt das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken. Deshalb sollten Beschäftigte, die im Freien arbeiten, möglichst wenig Hautfläche der Sonne aussetzen. BG BAU aktuell 3_2015 Arbeitssicherheit | 13 D er Sommer gilt vielen als die schönste Jahreszeit. Doch zu viel Sonne und Hitze können auch problematisch sein. Aus Sicht des Arbeitsschutzes richtet sich der Fokus in diesem Sommer verstärkt auf die Schädlichkeit der UV-Strahlung der Sonne für die Haut. Hintergrund dafür ist, dass seit dem 1. Januar 2015 bestimmte Hautkrebsarten bei Beschäftigten, die lange Jahre im Freien gearbeitet haben, als Berufskrankheit anerkannt werden können. Hautärzte weisen schon lange darauf hin, dass durch ungeschützten Aufenthalt in der Sonne das Risiko steigt, an Hautkrebs zu erkranken. UV-Licht schädigt die Erbsubstanz der Zellen und schwächt zusätzlich die körpereigenen Schutzsysteme, die normalerweise das Überleben und Wachstum genetisch veränderter Zellen verhindern. Damit können in den betroffenen Hautregionen häufiger Tumore entstehen. Wer im Freien arbeitet, sollte sich deshalb vor UV-Strahlung schützen. Gefährdungsbeurteilung Die Intensität der UV-Strahlung ist am frühen Morgen oder späten Abend relativ gering, und zwischen 10 bis 15 Uhr am höchsten. Für Sonnenstrahlen gilt dasselbe wie für andere Gefährdungen am Arbeitsplatz: Aus der Gefährdungsbeurteilung und dem Erkennen von Risiken hat der Unternehmer entsprechende Schutzmaßnahmen abzuleiten und zu ergreifen. Schutzmaßnahmen ergreifen Am sinnvollsten ist es, möglichst die direkte Sonne besonders in der Zeit von 10 bis 15 Uhr zu meiden und Tätigkeiten in dieser Zeit im Schatten auszuführen. Eine Ausstattung der Arbeitsbereiche mit Sonnenschirmen, Sonnensegeln, Überdachungen und Abdeckungen ist eine optimale Lösung. Da dies in vielen Fällen auf dem Bau nicht möglich ist, sollten Betroffene möglichst wenig Hautfläche der Sonne ungeschützt aus setzen. Lange Hosen, lange Ober bekleidung, geschlossene Schuhe und eine Kopfbedeckung mit breiter Krempe schützen vor der gefährlichen UV-Strahlung. Die BG BAU empfiehlt dicht gewebte, luftdurchlässige, körperbedeckende Baumwollkleidung, die einen für unsere Breitengrade ausreichenden Schutz vor UV-Strahlung und einen guten Trage komfort bietet. Haut schützen Wenn Helmpflicht herrscht, empfiehlt sich zusätzlich ein leichtes Nackentuch am Helm, welches auch die Ohren vor der UV-Strahlung schützt. Für Hautflächen, welche nicht durch Bekleidung geschützt werden können – wie Gesicht und Hände – sind Sonnenschutzmittel geeignet. Sie sollten einen hohen Lichtschutzfaktor von mindestens 30, besser 50 haben und gegen UV-B- und UV-A-Strahlung schützen. Wichtig ist es, die Her stellerangaben zur Dosierung zu beachten – in der Regel unterschätzt man die notwendige Menge. Geeignete Schutzbrille tragen Die Augen können durch geeignete Sonnenbrillen oder UV-Schutzbrillen geschützt werden. UV-Schutzbrillen sollten möglichst geschlossen am Gesicht anliegen, so dass keine Streustrahlung eindringen kann. Zu beachten ist, dass Brillen mit einer Abdunkelung von 80 Prozent und mehr nicht im Straßenverkehr eingesetzt werden dürfen. Bei der Auswahl einer geeigneten Brille kann die DGUV Regel „Augenschutz“ herangezogen werden. Geeignete Brillen erhält man im Fachhandel für Arbeitsschutz. Sonnenbrillen vom Discounter sind in der Regel nicht für den Einsatz an Arbeitsplätzen ausgelegt. Wichtig ist es auch, bei großer Hitze viel zu trinken. Zwei bis drei Liter am Tag sollten es schon sein. Mineralwasser ist zum Durstlöschen am besten geeignet, aber auch Früchtetee oder Fruchtschorle. Schwarzer Tee, Kaffee und Alkohol dagegen sind keine gute Wahl. Erste Hilfe – Akute Hitzeerkrankungen Sonnenstich Hitzeerschöpfung Hitzschlag (sehr gefährlich) Reizung der Hirnhäute durch Sonnenstrahlung auf den ungeschützten Kopf Überwärmung des gesamten Körpers führt zu Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen und zu einem Schockzustand Extreme Überwärmung des Körpers durch Hitze mit Körpertemperaturen > 40° C Symptome Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Nackensteifigkeit Symptome Kopfschmerzen, Übelkeit, Symptome Heiße, trockene, rote Haut, Schüttelfrost, starkes Schwitzen, taumelnder Gang, Verwirrtheit, Erste Hilfe – Sofortmaßnahmen Bewusstlosigkeit Hautblässe, schneller Puls, Blutdruckabfall (Schockzeichen) Sonnenstich In allen Fällen gilt• Betroffenen mit leicht erhöhtem Kopf lagern • Betroffene in den Schatten bringen • Kopf mit feuchten • Bei Bewusstlosigkeit stabile Seitenlage Tüchern kühlen • Bei Atemstillstand Wiederbelebungs• Rettungsdienst maßnahmen durchführen bis Rettungsalarmieren dienst eintrifft dienstt eintrif di i t ifft ft maßnahmen durchführen bis Rettungs• Bei Atemstillstand Wiederbelebungs• Bei Bewusstlosigkeit stabile Seitenlage Hitzeerschöpfung Hitzschlag • Rettungsdienst alarmieren 112 erhöhtem Kopf und • Schwere Kleidung ausziehen erhöhten Hinweise Beinen lagern Allgemeine für Ersthelfer• Betroffenen mit (kühlem) • Rettungsdienst Der Helfer vor Ort beginnt sofort mit Wasser begießen deralarmieren Reanimation bis der Rettungsdienst übernimmt. • Betroffenen mit leicht Notruf bundesweit übernimmt. der Reanimation bis der Rettungsdienst Der Helfer vor Ort beginnt sofort mit Allgemeine Allgeme Allg ine i Hinweise Hin Hi weise i für ffü ür EErst Ersthelfer th helfer lf ne in den Schatten bringen • Betroffene Notruf bundesweit s In allen FFälllen gilt ilt Nackenste eifig gkeiiit Übelkeit, Übelkei t E Erbrrech hen, h en n Kopfschme erze e en, S Symptome t e Bl d ckabfa Blutdru ckabfal kabf abfa l (Scho abfal (Sch (Sc Sc o Sc ockzzzeeich ichen) ichen) Hautb autb blä b llässe, scchnell hnelle hnel nel e n nell er Pu ulls, u ls, Schüttelfrost, st, starke tarke arke ar rkke kes Sch hw h witzen, Kopfschmerzen, Übelkeiitt, S Symptome t 112 Bewusst Bewu w tlosig wuss wusst losigke sigke iigke gke eit it t taumel ta nder Gang, V Verw wir wirr w irrrthe rtheit, it it, Heiße, trockene, ro ote H Hau ut, Sy pt Symptome Kopf zu einem Schockzustand en u und d Körpertemperaturen > 40°° C K alarmiere en durch Sonn nen nstrahlung Körpers fü Kö führt zu Flüssigke eitsit its Körpers durch Hitze mit W Kö Körpe K Wasser begie eß ßen Tüchern ch kühlen • Rettungsdienst Reizung de er Hirnhäute e H Überwärmung des gesam Überwärmun Überwär Überwärm mten te ten Extreme Ü Extre Überwärmung• de Bes etroffene en m mit (kühlem) p gern ag g ((sehr gefäh fähSrlich) chwere Klleid dung ausziehen d EERSTE RS STEE HILFE ST HII LFE HIL FE BEI HITZE HIT H TZEERK EERKRANKUNGEN KRAN KR K RANKU RANK R RA RAN NKU KUN NG GEN GEN N • Betroffenen mit leicht • Betroffenen mit leicht Erste H Hiilfe – Akute H Hitzeerkrankungen ankungenfung • Rettungsdien Rettungsdi sst alarmieren Hitzschlag Sollte ess tr ttrotz otz aller all ller Vorsichtsmaßnahmen V Vorsichtsm orsiich htsmaßnah ß hmen zu itze it zebe besc schw hwer erde den n ko komm mmen en, so g illtt:: iilt: akuten H Hitzebeschwerden kommen, gilt: i den d Schatten S h tt bringen bi d den d Betroffene in und Rettungsdienst mit der Rufnummer 112 alarmieren. Denn nur ein Arzt kann feststellen, wie bedrohlich die Situation wirklich ist. Bei Atemstillstand Wiederbelebungsmaßnahmen durchführen. Bewusstlose in stabiler Seitenlage, sonst mit leicht erhöhtem Kopf lagern und gegebenenfalls kühlen. Die Erste-HilfeMaßnahmen für solche Notfälle findet man auch auf der „Rettungskarte Hitze“ der BG BAU. Dieses Kärtchen in der heißen Jahreszeit in der Brieftasche zu haben und dann schnell und sachgerecht helfen zu können, kann lebensrettend sein. www.bgbau.de Webcode: 2246282 14 | Arbeitssicherheit BG BAU aktuell 3_2015 Leistungsstarkes System GEROFIXS ist ein aus der Praxis entwickeltes Transport- und Logistiksystem für den Gerüstbau. Es entlastet die Beschäftigten beim Be- und Entladen, macht die Arbeit sicherer und spart Zeit. TEXT: Uwe Lindhof FOTOS: Mirko Bartels Gebündelte Beläge, Rohre, Seitenschutzgeländer, Bordbretter, Bohlen, Diagonalen und andere lange Bauteile werden mit dem Gabelstapler geordnet in die Transportbox geladen und dann sicher zum Lkw transportiert. A lle Unternehmen im Baugewerbe stehen unter einem immensen Zeitdruck – auch Gerüstbaubetriebe. Die Anforderungen der Kunden an die Leistungsfähigkeit und Qualität der Unternehmen nehmen stetig zu. Doch die Möglichkeiten eines Gerüstbaubetriebes, die Leistung einer Gerüstbaukolonne zu steigern, sind begrenzt. Die meisten Gerüstbauunternehmen haben ihre betrieblichen Abläufe bereits optimiert. Eine Steigerung der Leistung und damit eine Erhöhung der Wirtschaftlichkeit sind somit kaum noch möglich. Die körperlichen Belastungen der Mitarbeiter durch das Be- und Entladen der Fahrzeuge sowie das Auf- und Abbauen der Gerüste auf den Baustellen am Bau sind erheblich. Muskel- und Skeletterkrankungen sowie Absturzunfälle, Quetschungen oder Abschürfungen sind häufig auch Folgen der Arbeitsbelastung. Gerade BG BAU aktuell 3_2015 Arbeitssicherheit | 15 die Muskel- und Skeletterkrankungen sind im Hinblick auf die demografische Entwicklung und den zunehmenden Fachkräftemangel heute nicht mehr akzeptabel. Dies veranlasste Hermann Spanier und Gerhard Reh von der GEROFIXS Gerüstbaulogistik GbR aus Longuich, ihre betrieblichen Abläufe zu analysieren und Wege zu finden, diese zu verbessern. Das Ergebnis ist GEROFIXS, ein Transport- und Logistiksystem für den Gerüstbau. Dieses System verringert nicht nur die Belastungen der Mitarbeiter beim Be- und Entladen des Transportfahrzeuges am Lager, es verbessert auch die Sicherheit beim Transport, beugt Verletzungen vor und spart Zeit am Lagerplatz. Rahmenbox und Drehvorrichtung Das Transport- und Logistiksystem wird bereits von einigen Gerüstbauunternehmen in der Praxis erfolgreich eingesetzt. Es besteht aus einer Rahmen- und Transportbox und einer Drehvorrichtung. Die Rahmenbox ist für alle Systemgerüste geeignet und kann bis zu 25 Stellrahmen aufnehmen. Es können Rahmen mit einer Breite von 0,70 m und mit einer Erweiterung auch für 1,00 m verwendet werden. Ein Sicherungsstopp verhindert ein Verrutschen der Stellrahmen und bildet dadurch eine stabile Einheit der Rahmen in der Rahmenbox. Ein sicherer Transport mit einem Gabelstapler oder einem Kran wird dadurch gewährleistet. Das Verladen am Lager per Hand entfällt. An der Baustelle kann die Rahmenbox mit einem Kran in unmittelbare Nähe des Einsatzbereiches zum Be- oder Entladen gebracht werden. Ist dies nicht möglich, wird die Rahmenbox auf dem Transportfahrzeug be- oder entladen. Mit einer Drehvorrichtung wird die Rahmenbox um 90° gedreht. Dadurch werden ein vertikaler oder horizontaler Transport und die Lagerung möglich. Die Drehvorrichtung lässt sich bequem vom Gabelstapler per Fernbedienung steuern. Transportbox Die gebündelten Beläge, Rohre, Seitenschutzgeländer, Bordbretter, Bohlen, Diagonalen und andere lange Bauteile werden in der Transportbox transportiert. Mit dem Gabelstapler wird die Box be- und entladen. Dadurch reduziert sich die Belastung der Gerüstbaukolonne auf dem Lagerplatz erheblich. Auf Baustellen mit einem Kran kann die stapel- und kranfähige Transportbox direkt in den Einsatzbereich gehoben werden. Die Laufwege werden kürzer. Die Gerüstbauteile, zum Beispiel Gerüstbohlen, Bordbretter, Stellrahmen, Seitenschutzelemente und Diagonalen, sollten vorkonfektioniert und gebündelt am Lagerplatz bereitliegen. Durch das sinnvolle Beladen der Transportboxen auf den Baustellen nach Längen und Gerüstteilen und eine Bündelung am Lager lassen sich die Transport- und Rahmenboxen mit einem Gabelstapler schnell und sicher be- und entladen und lagern. Weniger Belastungen für die Beschäftigten Durch den Einsatz des Transport- und Logistiksystems GEROFIXS verringern sich die körperlichen Belastungen der Mitarbeiter auf dem Lagerplatz erheblich und auf den Baustellen teilweise. Auch das Unfallrisiko sinkt. Die Lagerhaltung und das Be- und Entladen mit dem Gabelstapler bewirken eine enorme Zeitersparnis am Lager, erhöhen die Wirtschaftlichkeit und reduzieren den Stress der Kolonnen auf den Baustellen. Dies bedingt eine geringere Fehlerquote, erhöht die Qualität der Arbeit und ist ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Gerüstbauunternehmen. Doch die Unternehmer Spanier und Reh geben sich mit dem bisher Erreichten nicht zufrieden und entwickeln ihr Transport- und Logistiksystem immer weiter. Die neuesten Innovationen sind eine schmale Plattenbox sowie ein Transportgestell für Modulgerüste, die wie die anderen Systemelemente die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz deutlich verbessern. Weitere Infos: www.gerofixs.de Oben: Beladen einer Rahmenbox mit Stellrahmen für ein Gerüst. Mitte: Der Sicherungsstopp verhindert das Verrutschen. Unten: Rahmen- und Transportbox werden formschlüssig auf den Lkw verladen. 16 | Im Fokus BG BAU aktuell 3_2015 „Wenn der Trend zur Akademisierung nicht gestoppt wird, werden wir im Jahr 2030 drei Millionen mehr Akademiker und eine Million weniger Fachkräfte haben.“ BG BAU aktuell 3_2015 Im Fokus | 17 „Wir brauchen qualifizierte Gründer“ Interview mit Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). FOTOS: Marc Darchinger Sie sind seit dem 1. Januar 2014 Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Was sind die wichtigsten Aufgaben des ZDH? Der ZDH ist einer der vier Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft. Wir suchen den engen Kontakt mit der Politik in Brüssel und Berlin. Während wir in Brüssel die meisten Termine zu Fuß machen können, schaue ich in Berlin aus meinem Bürofenster auf Ministerien, den Bundestag und das Bundeskanzleramt. Im direkten Kontakt mit der Politik verstehen wir uns als Berater, wollen die richtigen Rahmenbedingungen für das Handwerk erwirken. Ein Beispiel ist die aktuelle Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium, mit dem wir im Dialog an gemeinsamen Initiativen für ein modernes und innovatives Handwerk arbeiten. Auch beim jährlichen „Zukunftsgespräch“ von Bundesregierung, Wirtschaft und Gewerkschaften ist der ZDH auf Schloss Meseberg dabei. Unter Leitung der Bundeskanzlerin ging es jüngst um die Digitalisierung und die Folgen für die Arbeitswelt. Eine gute Gelegenheit, deutlich zu machen, wie weit die Digitalisierung im Handwerk schon fortgeschritten ist. Wie steht es aktuell um das deutsche Handwerk? Wir hatten 2014 ein Wirtschaftswachstum von 2,4 Prozent und rechnen auch in diesem Jahr mit einem Umsatzplus bei stabiler Beschäftigungslage. Doch wir fürchten die Wachstumsbremsen in der Arbeitsmarktund Sozialpolitik. Wir plädieren daher für eine bessere Standortpolitik, für mehr Investitionen in die Infrastruktur und eine vernünftige Neuregelung der Erbschafts- steuer. Für das gesamte Handwerk ist wichtig, die Wertschätzung unserer Betriebe zu erhöhen. Dank der Imagekampagne unserer „Wirtschaftsmacht von nebenan“ hat sich die Wahrnehmung positiv verändert. Viele unserer hoch technisierten Unternehmen sind in der breiten Öffentlichkeit heute viel präsenter. Gibt es im Handwerk tatsächlich einen Fachkräftemangel und was sind die Ursachen dafür? Rund 40 Prozent unserer Betriebe haben schon heute Schwierigkeiten bei der Neubesetzung von Stellen. Das Handwerk konnte zuletzt 20.000 Ausbildungsplätze nicht besetzen. 2015 bleiben im sechsten Jahr in Folge Zehntausende Ausbildungsplätze frei. Warum? Innerhalb nur einer Dekade ist die Zahl der Schulabgänger aus Haupt- und Realschulen um 25 Prozent gefallen. Das sind 150.000 potenzielle Azubis weniger. Erstmals gehen mehr Jugendliche in ein Studium, als eine berufliche Ausbildung zu beginnen. Diese Entwicklung bereitet uns große Sorgen, weil sie sich noch verschärft. Wir machen der Politik die Brisanz dieses Themas sehr deutlich. Wenn sich das so fortsetzt, haben wir 2030 drei Millionen mehr Akademiker und eine Million weniger Fachkräfte. Das führt zwangsläufig zu Engpässen. … die demografische Entwicklung schlägt also schon zu? Natürlich, aber es ist nicht nur die demografische Entwicklung, es liegt auch daran, dass immer mehr junge Leute höhere Bildungsabschlüsse anstreben. Wir reagieren darauf. Das Handwerk bietet Abiturienten 120 duale Studiengänge an. Hans Peter Wollseifer (r.) auf der Dachterrasse des ZDH in Berlin im Gespräch mit Rolf Schaper von BG BAU aktuell. 18 | Im Fokus BG BAU aktuell 3_2015 von Entscheidungen und darum, wie man beim Kunden einen guten Eindruck hinterlässt. Diese Eigenschaften und Kompetenzen werden bei der Ausbildung vermittelt und können lebenslang angewendet werden. Dank dieser dualen Ausbildung hat Deutschland die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit. Der Gesellenbrief ist auch die Basis für den Erwerb des Meisterbriefes, der zur Führung eines Betriebes und zur Ausbildung qualifiziert. Bei uns gilt weiter der Dreisatz: Lehrling, Geselle, Meister. Das garantiert eine umfassende Ausbildung auch in kleinen Betrieben. Genau darum wollen wir auch die Meisterqualifikation erhalten. „Mit Unterweisung und Prävention versuchen wir Unternehmer im Handwerk, möglichst jeden ‚Bruder Leichtsinn‘ in den Belegschaften zu erreichen.“ Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) Einmalig ist ein triales Studium, wo man in viereinhalb Jahren die Gesellenprüfung, Meisterprüfung und den Bachelor im Handwerksmanagement absolvieren kann. Ohne diese höher Qualifizierten können wir die anderen nicht beschäftigen. In den nächsten zehn Jahren werden rund 200.000 Handwerksbetriebe aus Altersgründen übergeben – dafür brauchen wir qualifizierte Gründer! Wir kümmern uns aber selbstverständlich auch um junge Leute mit Bildungsdefiziten. Die neue Ausbildungsallianz aus Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften wird für bis zu 10.000 Ausbildungsplätze eine assistierte Ausbildung anbieten. Hier werden zum Beispiel soziale Probleme in der Familie durch einen Ausbildungsbegleiter kompensiert, der die Jugendlichen und den Betrieb während der Ausbildung betreut. So wollen wir auch die Schwächeren zum Ausbildungsziel führen. Im Handwerk und der Industrie wird bei uns das Prinzip der „dualen Ausbildung“ praktiziert. Wo sehen Sie die Vorteile dieser Ausbildung? Unsere duale Ausbildung wird weltweit beachtet und geschätzt. Selbst Gruppen aus Indien oder China informieren sich darüber. Der Vorteil ist eine parallele schulische und betriebliche Ausbildung, die am ersten Arbeitsmarkt erfolgt. Aber eine Lehre ist neben der fachlichen Qualifikation auch ein Sozialisierungsprozess. Denn es geht um Teamfähigkeit, um das Treffen Reden wir über die Meisterprüfung. Von verschiedenen Seiten wurde die Meisterpflicht in Deutschland kritisiert, beispielsweise als Hemmschwelle für die Gründung eines Unternehmens. Wofür steht der Meisterbrief heute? Der Meisterbrief ist heute in Deutschland ein Markenzeichen. Er steht für Qualität von Produkten und Dienstleistungen, für Qualifikation und Ausbildung. Die Wertschätzung durch die Kunden steigt. Doch für einige in der EU gilt er als Zugangshürde auf den deutschen Markt. Aber wir haben starke Partner in der Politik. Bund und Länder stehen zum Meisterbrief, an der Spitze Bundeskanzlerin und Bundeswirtschaftsminister. Welche Folgen eine Deregulierung hat, zeigte sich nach 2004. Seinerzeit wurden 53 Handwerksberufe zulassungsfrei – jeder kann seitdem einen Betrieb eröffnen, etwa als Raumausstatter, Fliesenleger oder Fotograf. Die fehlende Qualifikation vieler Unternehmer führte jedoch zu einem Rückgang der Ausbildungsleistung. Heute finden in den 41 Meisterberufen 95 Prozent der Ausbildung statt, in den 53 zulassungsfreien Berufen dagegen nur fünf Prozent. Die zuletzt genannten Betriebe sind heute oft sogenannte „Ein-Personen-Betriebe“. Viele gerade aus Osteuropa zugewanderte Handwerker unterlaufen dabei als Scheinselbstständige auf den Baustellen die Tarifverträge. Auch prekäre Selbstständigkeit nimmt zu, ohne ausreichende Altersversorgung und Unfallversicherungsschutz. Diese Menschen müssen am Ende von der Solidargemeinschaft aufgefangen werden. Die Folgen der Deregulierung sind fatal. BG BAU aktuell 3_2015 Sie haben kürzlich für ein Bleiberecht für ausbildungswillige junge Flüchtlinge in Deutschland plädiert. Was erwarten Sie davon? Das Handwerk hat traditionell eine hohe Willkommenskultur. Wir wollen die meist jungen Menschen gern ausbilden und in den ersten Arbeitsmarkt integrieren, und damit in unsere Gesellschaft. Im Juni fand dazu der sogenannte „Flüchtlingsgipfel“ von Bund und Ländern statt, wo die Perspektiven für Flüchtlinge erörtert wurden. Aber von den Ergebnissen des Treffens sind wir enttäuscht. Wenn Flüchtlinge hier eintreffen, sollten sie möglichst umgehend Deutsch lernen und ein Profiling durchlaufen. Wir wollen wissen, wo sie herkommen, was sie bisher gearbeitet haben, welche Ausbildung und Kompetenzen sie mitbringen. Und unsere Unternehmer, die einen jungen Flüchtling ausbilden wollen, brauchen mehr Planungs- und Rechtssicherheit. Dazu gehört, dass die Menschen während ihrer kompletten Ausbildung im Betrieb bleiben können – und danach mindestens noch zwei Jahre, um im Beruf sattelfest zu werden. Selbst wenn diese Flüchtlinge später einmal in ihre Herkunftsländer zurückkehren, kann Deutschland von diesen Kontakten und ihren erworbenen Kompetenzen nur profitieren. Viele Berufe in der Bauwirtschaft sind noch immer mit einem hohen Unfallrisiko verbunden. Was müsste sich aus Ihrer langjährigen Erfahrung ändern? Wenn man sich die Unfallzahlen der zurückliegenden zehn Jahre anschaut, hat sich ja sehr viel verbessert. Die Unfälle sind um ein Drittel zurückgegangen! Die BG BAU und ihre Mitgliedsunternehmen setzen erfolgreich auf Prävention. Seit fünf Jahren gibt es Zuschüsse für entsprechende, ausgewählte Maßnahmen. Die Mittel dafür sind jetzt nochmals aufgestockt worden. Das wird sich weiter positiv auf die Unfallzahlen auswirken. Mit Unterweisung und Prävention versuchen wir Unternehmer im Handwerk, möglichst jeden „Bruder Leichtsinn“ in den Belegschaften zu erreichen. Die Hilfestellung durch die BG ist dabei wichtig. Sie kennt aus ihrer Erfahrung und den Statistiken die Unfallschwerpunkte und kann sie gezielt thematisieren. Im Fokus | 19 Was erwartet das Handwerk von der BG in puncto Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz? Viele kleine Unternehmen sind mit der Masse der bestehenden Regeln zum Arbeitsschutz überfordert. Die BG BAU liegt hier richtig, wenn sie die Betriebe mit praxisnahen Broschüren versorgt und den Arbeitgebern branchen- und gewerkespezifische Hilfestellungen gibt, zur Umsetzung der relevanten Regeln. Ich bin daher für den Erhalt der UVV „Bauarbeiten“. Sollte die UVV, wie im Bundesarbeitsministerium geplant, faktisch außer Kraft gesetzt werden, würde das dem Arbeitsschutz sehr schaden. Die von den BGen entsandten Aufsichtspersonen sind ebenfalls eine Hilfe, wenn sie flexibel und mehr unterstützend eingreifen, als bloß Vorschriften zu kontrollieren. Die Teilnahme an den Fort- und Weiterbildungsangeboten der BG ist ebenfalls sehr effektiv – diese Erfahrung habe ich selbst bereits gemacht. Aber bitte verstehen Sie mich hier nicht falsch: Ein konsequentes Einschreiten, wenn sich Unternehmen nicht an Vorschriften halten und eigene und fremde Arbeitnehmer dadurch etwa auf gemeinsamen Baustellen gefährden, ist dringend notwendig. Sie haben sich deutlich gegen eine Rente mit 63 Jahren ausgesprochen. Ist das bei den teilweise harten Bedingungen am Bau realistisch? Das seit einem Jahr gültige Konzept einer Rente mit 63 überzeugt nicht. Es ist ungerecht, bevorteilt einige wenige Jahrgänge. Es unterläuft die Absicht der Rente ab 67, mehr Ältere in Arbeit zu halten. Es kann letztlich nicht funktionieren, weil die Menschen immer älter werden und die Rentenbezugsdauer immer länger wird. Bis heute sind über 300.000 Anträge gestellt worden. Das wird teuer! Wir belasten damit nachfolgende Generationen. Die Rente mit 63 kostet auch Fachkräfte, die eigentlich noch zwei Jahre und mehr arbeiten wollen und können. Den Betrieben geht dadurch viel Erfahrung und Kompetenz verloren. Bei uns fehlen doch schon jetzt die Facharbeiter. Eine zukunftsweisende Rentenpolitik sieht anders aus. Wir fordern von der Bundesregierung einen flexibleren Übergang in die Rente, etwa über höhere Hinzuverdienstmöglichkeiten bei Teilrenten. HANS PETER WOLLSEIFER Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) Berufstätigkeit • 1976 Meisterprüfung im Maler- und Lackiererhandwerk • 1976–2009 Geschäftsführender Gesellschafter eines Unternehmens für Bauwerkschutz und Gestaltung • 1985–2007 Gründung und Betrieb eines Spezialgerüstbau-Unternehmens • 1995 Gründung und Betrieb eines Unternehmens der Wohnungswirtschaft • 2009 Gründung und Betrieb eines handwerklichen Einzelunternehmens: Wollseifer Facilities und Bauservices • Geschäftsführender Gesellschafter in der Wollseifer Grundbesitzverwaltung GmbH • Geschäftsführender Gesellschafter in der Wollseifer Grundbesitzgesellschaft GmbH & Co. KG • Einzelunternehmer im Handwerk Aktuelle Ehrenämter • seit 01. 01. 2014 Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks • Präsident der Handwerkskammer zu Köln • Präsident der Gesellschaft zur Förderung des Forschungsinstituts für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln – FBH – e. V. • Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung „Pro Duale Ausbildung“ • Ehrenkreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Rhein-Erft • Ehrenmeister der Maler- und LackiererInnung Rhein-Erft • Vorstandsvorsitzender des IKK e. V. / Bundesvereinigung der Innungskrankenkassen • Mitglied im Verwaltungsrat GKV-Spitzenverband Berlin Auslöser für den Griff zur Pille sind meist hoher Leistungsdruck sowie Stress und Überlastung. Doping für den Job Immer mehr Beschäftigte schlucken leistungssteigernde Medikamente, um den Anforderungen am Arbeitsplatz gewachsen zu sein – ohne Rücksicht auf die damit verbundenen Risiken für die Gesundheit. TEXT: Dr. med. Sascha Plackov FOTOS: 123RF W as im Sport längst ein allseits bekanntes Thema ist, ist nun auch in der Arbeitswelt auf dem Vormarsch: Doping. Knapp drei Millionen Menschen in Deutschland schlucken verschreibungspflichtige Pillen, um am Arbeitsplatz leistungsfähiger zu sein und Stress sowie Ängste abzubauen. Das geht aus dem aktuellen Gesundheitsreport der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) 2015 hervor. Dabei sei die Anzahl der Arbeitnehmer, die entsprechende Medikamente schon zum Doping missbraucht haben, in den vergangenen sechs Jahren von 4,7 auf 6,7 Prozent stark gestiegen, heißt es in der Studie. Viele Beschäftigte mit einfachen Tätigkeiten oder unsicheren Jobs gehörten zu den Risikogruppen für Medikamentenmissbrauch. Führungskräfte hingegen dopen entgegen der landläufigen Meinung kaum. Im medizinischen Sinne bezeichnet „Doping“ den Missbrauch verschreibungspflichtiger Medikamente durch Gesunde. Wenn jemand hingegen versucht, sich mit Tee, Kaffee, Energydrinks, Kräutern, Schokolade oder Multivitamintabletten „aufzuputschen“, ist das noch kein Doping. Denn diese Genussmittel sind frei verkäuflich und haben bei sachgemäßem Gebrauch keine Nebenwirkungen und kein Gesundheitsrisiko. Außerdem unterstützen diese legalen Stimulanzien die Gehirnfunktionen nur ganz allgemein. Werden jedoch verschreibungspflichtige Medikamente dazu genutzt, um am Arbeitsplatz leistungsfähiger zu sein oder um Stress abzubauen, obwohl keine gesundheitlichen Störungen vorliegen, dann handelt es sich um Doping. Denn diese Substanzen wirken ganz gezielt im Gehirn und BG BAU aktuell 3_2015 haben schwerwiegende Nebenwirkungen. Deshalb sind diese illegalen Stimulanzien auch verschreibungspflichtig. Am häufigsten mit gut 60 Prozent werden zum Hirndoping Medikamente gegen Angst, Nervosität und Unruhe eingesetzt. 34 Prozent der Doper schlucken Medikamente gegen Depressionen. Etwa jeder Achte nimmt der Studie zufolge Tabletten gegen starke Tagesmüdigkeit, 11,1 Prozent nehmen Betablocker, die der Arzt eigentlich bei Bluthochdruck und Herzerkrankungen verschreibt. Die meisten Doper kommen über Ärzte an die Mittel. Aber auch Familienangehörige, Freunde und Bekannte sind der Studie zufolge oft bereit, solche Medikamente weiterzugeben. Eine weitere Quelle sei der Handel im Internet. Für die Studie wurden Arzneimitteldaten von 2,6 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten analysiert. Zusätzlich wurden mehr als 5.000 Berufstätige im Alter zwischen 20 und 50 Jahren befragt. Der Griff zur Pille Wenn Menschen psychisch unter Druck stehen, lassen sich, je nach individueller psychischer Disposition, grundsätzlich drei verschiedene Reaktionsmuster beobachten. Die einen werden unter diesem seelischen Druck depressiv. Andere bilden körperliche Erkrankungen aus. Bluthochdruck, Tinnitus und ein Hörsturz sind hierfür Paradebeispiele. Eine dritte Gruppe greift zu Alkohol, Drogen und Medikamenten. Regelmäßig dopen sich laut der DAK-Studie knapp eine Million der Berufstätigen. Vier von zehn Dopern gaben an, bei konkreten Anlässen wie anstehenden Präsentationen oder wichtigen Verhandlungen Medikamente einzunehmen. Männer versuchen so vor allem, berufliche Ziele noch besser zu erreichen. Und sie wollen nach der Arbeit auch noch Energie für Freizeit und Privates haben. Frauen hingegen nehmen die Medikamente eher ein, damit ihnen die Arbeit leichter von der Hand geht und sie emotional stabil genug sind. Und es gibt noch einen Unterschied zwischen den Geschlechtern: Frauen nehmen eher Mittel gegen Depressionen, um die Stimmung zu verbessern sowie Nervosität und Ängste abzubauen. Männer hingegen nehmen meist anregende Mittel, um wach zu bleiben, stark und leistungsfähig zu sein. Nebenwirkungen mit hohem Risiko Erregung, Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen, Sehstörungen, Haarausfall, Störungen der Sexualfunktion und Koordinationsstörungen sind häufige Nebenwirkungen des Dopings. Außerdem kann der Medikamentenmissbrauch zu Abhängigkeit und zum Verlust der Leistungsfähigkeit führen. Der Nutzen steht in keinem Verhältnis zum Risiko. Denn eine Wunderpille gibt es nicht. Die Medikamente haben oft nur kurzfristige, minimale Effekte auf die Leistungssteigerung. Auch wenn Hirndoping am Arbeitsplatz in Deutschland noch kein Massenphänomen ist, sind die Ergebnisse der DAK-Studie ein Alarmsignal. Angesichts der Suchtgefahren und Nebenwirkungen ist es im Sinne der Gesundheitsvorsorge erforderlich, Hirndoping am Arbeitsplatz zu vermeiden. Konkret heißt das, Arbeitsbedingungen zu schaffen, bei denen sich Leistungsdruck und Stress in Grenzen halten, so dass die Beschäftigten die an sie gestellten Anforderungen ohne Aufputschmittel erfüllen können. Das ist in erster Linie eine Frage der Arbeitsorganisation. Arbeitsmedizin | 21 Eine gute Arbeitsorganisation hilft, die Anforderungen ohne Aufputschmittel zu erfüllen. 22 | Arbeitsmedizin BG BAU aktuell 3_2015 In anderen Umständen Wenn eine Mitarbeiterin schwanger ist, sind im Unternehmen einige Vorschriften für werdende Mütter zu beachten. TEXT: Dr. med. Sascha Plackov Sobald dem Arbeitgeber eine Schwangerschaft bekannt wird, muss er eine Gefährdungsbeurteilung für die werdende Mutter durchführen. FOTOS: Fotolia D er Mutterschutz gilt für alle Frauen, die in einem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis stehen. Die werdende Mutter sollte ihre Schwangerschaft dem Arbeitgeber so früh wie möglich mitteilen, damit die Mutterschutzregelungen wirksam werden können. Meldepflicht Sobald der Arbeitgeber von der Schwangerschaft erfährt, ist er verpflichtet, die zuständige staatliche Aufsichtsbehörde unverzüglich zu informieren. Weiteren Personen darf die Schwangerschaft nicht ohne Zustimmung der werdenden Mutter bekanntgegeben werden. Für die ärztlichen Schwangerschaftsuntersuchungen ist sie ohne Lohn- oder Gehaltsausfall von der Arbeit freizustellen. Beurteilung der Arbeitsbedingungen Sobald dem Arbeitgeber die Schwangerschaft bekannt ist, muss er eine Gefährdungsbeurteilung für die werdende Mutter durchführen. Dabei sind sämtliche Gefahren für die Gesundheit sowie alle Auswirkungen auf die Schwangerschaft und Stillzeit der Mitarbeiterin zu bewerten. Dies erfolgt am besten mit Unterstützung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes. Ergibt die Beurteilung, dass die Gesundheit der Schwangeren durch die Art ihrer Tätigkeit gefährdet ist oder dass Auswirkungen auf Schwangerschaft oder Stillzeit möglich sind, resultieren daraus entsprechende Beschäftigungsverbote. BG BAU aktuell 3_2015 Beschäftigungsverbote Ein generelles Beschäftigungsverbot von Schwangeren gilt für folgende Tätigkeiten: • Arbeitszeiten von mehr als 8,5 Stunden pro Tag und 90 Stunden innerhalb von zwei aufeinanderfolgenden Wochen • Beschäftigung zwischen 20 Uhr und 6 Uhr • Sonn- oder Feiertagsarbeit • Akkordarbeit, taktgebundene Tätigkeiten • Arbeiten, bei denen regelmäßig Lasten von mehr als 5 kg Gewicht oder gelegentlich Lasten von mehr als 10 kg Gewicht gehoben werden müssen • nach Ablauf des dritten Monats der Schwangerschaft: Arbeit auf Beförderungsmitteln • nach Ablauf des fünften Monats der Schwangerschaft: Arbeiten, bei denen die Schwangere ständig stehen muss, soweit diese Beschäftigung täglich vier Stunden überschreitet • Arbeiten, bei denen die Schwangere sich häufig erheblich strecken, beugen oder sich gebückt halten muss, sowie Arbeiten, bei denen sie dauernd hockt • Umgang mit Gefahrstoffen • Arbeiten, bei denen die Schwangere erhöhten Unfallgefahren ausgesetzt ist Individuelle Beschäftigungsverbote berücksichtigen den individuellen Gesundheitszustand der Schwangeren. Sie können nur von einem Arzt ausgesprochen werden. Sobald dem Arbeitgeber ein ärztliches Attest darüber vorliegt, gilt das individuelle Beschäftigungsverbot. Mutterschutzfrist Die Mutterschutzfrist beginnt sechs Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin und endet im Normalfall acht Wochen nach der Entbindung. In diesem Zeitraum besteht ein absolutes Beschäftigungsverbot. Bei Früh- oder Mehrlingsgeburten beträgt die Schutzfrist zwölf Wochen nach der Entbindung. Kündigungsschutz Der Arbeitgeber darf der Schwangeren während der Schwangerschaft und danach bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung nicht kündigen. Stillzeit / Liegemöglichkeit Schwangere Frauen müssen sich während der Pausen und, soweit es erforderlich ist, Arbeitsmedizin | 23 auch während der Arbeitszeit unter geeigneten Bedingungen hinlegen und ausruhen können. Durch die Stillzeit darf der Mutter kein Verdienstausfall entstehen. Mutterschutzlohn Kann eine werdende Mutter ihre Arbeit wegen eines allgemeinen oder individuellen Beschäftigungsverbots nicht mehr ausüben, dürfen ihr keine finanziellen Nachteile entstehen. Sie behält auch dann mindestens ihren bisherigen Durchschnittsverdienst als Mutterschutzlohn, wenn der Betrieb die werdende Mutter auf einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz umsetzt. Der Mutterschutzlohn muss wenigstens der Höhe des Durchschnittsverdienstes entsprechen, den die werdende Mutter vor Eintritt der Schwangerschaft die letzten 13 Wochen, bei monatlicher Gehaltszahlung die letzten drei Monate, erhalten hat. Mutterschaftsgeld Das Mutterschaftsgeld wird von den gesetzlichen Krankenkassen während der Schutzfristen gezahlt. Es kann frühestens sieben Wochen vor dem mutmaßlichen Geburtstermin beantragt werden, weil die ärztliche Bescheinigung frühestens eine Woche vor Beginn der Schutzfrist ausgestellt werden darf. Erstattungsanspruch des Arbeitgebers Nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlungen, hat der Arbeitgeber in der Regel einen Erstattungsanspruch gegenüber den Krankenkassen. Im U2-Verfahren erstatten die Krankenkassen in vollem Umfang sowohl das Mutterschaftsgeld als auch das bei Beschäftigungsverboten gezahlte Arbeitsentgelt. Die Erstattung erfolgt auf schriftlichen Antrag. Weitere Infos: Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen wie • Mutterschutzgesetz (MuSchG) • Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) • Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) sind beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erhältlich unter: www.bmfsfj.de Die Mutterschutzfrist beginnt üblicherweise sechs Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin. 24 | Arbeitsmedizin BG BAU aktuell 3_2015 Welche Vorgehensweise passtt für unseren Bettrieb? Ziel des Workshops Gefährdungsbeurteilung ist es, dass die Teilnehmer eine Gefährdungsbeurteilung für die Standardtätigkeiten in ihren Betrieben selbst erstellen können. BG BAU aktuell 3_2015 Arbeitsmedizin | 25 Workshop Gefährdungsbeurteilung Der Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnische Dienst der BG BAU bietet Unternehmern konkrete Hilfe bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilungen an. TEXT: Dr. med. Jobst Konerding, M. Kröger Anhand einer Musterbaustelle werden die einzelnen Schritte veranschaulicht, wie eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen ist. FOTO: 123RF D er Workshop wendet sich an Unternehmer aus Kleinbetrieben, die möglichst über Grundkenntnisse im Arbeitsschutz verfügen sollen. Die Veranstaltung wird jeweils für Unternehmer des gleichen oder eines ähnlichen Gewerbezweiges durchgeführt. Idealerweise soll ein Kurs mit 15–20 Teilnehmern besetzt sein. Der Workshop besteht aus mehreren Modulen und lässt verschiedene Varianten des Ablaufs zu. So werden die Wünsche und Vorgaben der Teilnehmer berücksichtigt. Vorbereiten Fortschreiben Überprüfen Arbeitsschutzorganisation verbessern Die Teilnehmer sollen nach dem Workshop eine Gefährdungsbeurteilung für alle Standardtätigkeiten in ihren Betrieben selbst erstellen können. Sie können dabei die begleitende Beratung der Mitarbeiter vom Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnischen Dienst der BG BAU (ASD der BG BAU) in Anspruch nehmen. Die ASD-Referenten stehen auch nach dem Workshop für eine ergänzende telefonische Beratung zur Verfügung. Die Teilnehmer erhalten durch den Workshop Unterstützung bei der Verbesserung der Arbeitsschutzorganisation sowie Rechtssicherheit in Bezug auf ihren Betrieb. Lernen am praktischen Beispiel Der Einstieg in den Prozess der Gefährdungsanalyse erfolgt als Brainstorming über die Planung einer üblichen Baustelle des Gewerkes. Dabei werden im Workshop Aushänge erstellt, die dann den Prozessschritten der Gefährdungsbeurteilung zugeordnet werden: „Vorbereiten – Ermitteln – Beurteilen – Festlegen – Durchführen – Überprüfen – Fortschreiben“. Anhand einer Musterbaustelle werden Gefährdungen ermittelt, Gefährdungsbeurteilung Durchführen Ermitteln Beurteilen Festlegen bewertet und die Maßnahmen nach Dringlichkeit festgelegt. Der Referent zeigt auszugsweise einzelne Inhalte aus dem von der BG BAU angebotenen Programm „Gefährdungsbeurteilung Handlungshilfen“ und veranschaulicht so die Schritte einer Gefährdungsbeurteilung. Dabei nimmt er Bezug auf die ausgehängten Prozessschritte. Bevor die Teilnehmer mit der Arbeit am eigenen mitgebrachten Laptop beginnen, wird auf wichtige, ergänzende Informationen und Dokumente zur Gefährdungsbeurteilung eingegangen. Aus dem Prozess der Gefährdungsbeurteilung ergeben sich immer auch Hausaufgaben. Hier wird auf hilfreiche Dokumente hingewiesen. Zum Schluss bleibt noch ausreichend Zeit für die Selbstarbeit der Teilnehmer bei der Gefährdungsbeurteilung für den eigenen Betrieb. WEITERE INFOS Bei Interesse am Workshop Gefährdungsbeurteilung melden Sie sich bei Ihrem sicherheitstechnischen Berater: www.bgbau.de; Suchwort: Ansprechpartner und Adressen Die Onlineversion der Handlungshilfe zur Gefährdungsbeurteilung finden Sie unter: www.bgbau-medien.de/handlungshilfen_gb Die App zur Gefährdungsbeurteilung gibt es für iPads unter: www.appstore.com/gbbgbau 26 | Im Blick BG BAU aktuell 3_2015 Frankfurts neue Mitte Im Zentrum der modernen Mainmetropole wächst eine neue Altstadt. Sie soll den Menschen zwischen Wolkenkratzern und glatten Fassaden künftig mehr beschauliche Orte bieten. TEXT: Thomas Lucks FOTOS: Mirko Bartels, DomRömer GmbH A uf dem 7.000 Quadratmeter großen Areal zwischen dem Römerberg im Westen und dem Domplatz im Osten werden bis Ende 2017 Teile der ehemaligen Altstadt wiedererrichtet. Die war mit ihren zahlreichen Fachwerkhäu- sern im März 1944 bei einem verheerenden Bombenangriff zu 70 Prozent zerstört worden. „35 Altstadthäuser, davon 20 stilistisch angepasste Neubauten und 15 Rekonstruktionen mit so klangvollen Namen wie ‚Goldenes Lämmchen‘, ‚Rotes Haus‘, BG BAU aktuell 3_2015 Im Blick | 27 Bis 2017 sollen 35 Altstadthäuser als Neubauten und Rekonstruktionen auf dem 7.000 Quadratmeter großen Gelände im Herzen Frankfurts entstehen. Die Animation links unten zeigt, wie ein Teil der Altstadt bald aussehen wird. ‚Rebstockhof‘ und ‚Goldene Waage‘, bilden künftig ein lebendiges Ensemble“, erläutert Patrik Brummermann, Projektmanager der DomRömer GmbH, die das neue Quartier entwickeln, planen und realisieren soll. Die Gesellschaft ist Bauherrin und eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt Frankfurt am Main. Bevor sie 2009 gegründet wurde, hatte es über Jahre einen intensiven Austausch zwischen Planungswerkstätten, Architekten, Historikern und Vertretern der Stadtregierung gegeben. 28 | Im Blick BG BAU aktuell 3_2015 Buntes Treiben zwischen Dom und Römer Die Grundsteinlegung war im Januar 2012. Jetzt entsteht eine städtebaulich neue Mischung aus rekonstruierten Gebäuden und Neubauten, die mit ihren charakteristischen Stilelementen an die historische Altstadt anknüpfen: In den Erdgeschossen der Neubauten wird roter Mainsandstein dominieren, es gibt überhängende Gebäudeteile und die Giebeldächer werden mit Schiefer gedeckt. Kleine Geschäfte sollen das neue Viertel beleben. Hinter den Fassaden entstehen zumeist in den Obergeschossen 80 Wohnungen, zwischen 35 und 190 Quadratmeter groß. Die Wiedererstehung der historischen Mitte Frankfurts – mit dem berühmten Krönungsweg vom Dom zum Römer, dem Sitz des Magistrats – lässt sich die Stadt einiges kosten: „169 Millionen Euro“, so Brummermann. „Die Stadt Frankfurt trägt davon 100 Millionen Euro, die übrige Summe wird durch den Verkauf der Wohnungen finanziert.“ In das Stadtbild Frankfurts füge sich die neue Altstadt gut ein, findet der Projektmanager. Das Stadthaus mit einem Saal für 150 Gäste soll künftig als Veranstaltungs- und Begegnungsort allen Bürgern zur Verfügung stehen und bietet zudem mehrere Seminarräume und Wohnungen. Gleichzeitig wird damit der sogenannte archäologische Garten überbaut. Das sind Ausgrabungen einer frühen römischen Ansiedlung und Reste der karolingischen Kaiserpfalz, in der die deutschen Könige und Kaiser ihren Sitz hatten. „Die Bewohner Frankfurts erhalten einen wichtigen Teil der Stadtgeschichte zurück. Dies wird sicher ein Magnet für Gäste und Touristen sein“, betont Brummermann. Historische Häuser entstehen neu Oben: Der Architekt Professor Jochem Jourdan betreut den Nachbau des prunkvollen Fachwerkhauses „Goldene Waage“ (Mitte). Unten: Dazu gehören auch filigrane Holzarbeiten, bei denen figürliche Darstellungen und zierliche Ornamente in jahrhundertealtes Holz geschnitzt werden. Besondere Schmuckstücke sind die 15 historischen Nachbauten. So zählte etwa der „Rebstockhof“ – ein barocker Bau aus der Mitte des 18. Jahrhunderts – zu Frankfurts bekanntesten Gasthäusern. Das dreigeschossige Gebäude hatte ein steinernes Erdgeschoss und zwei darüberliegende Fachwerkgeschosse, die mit langen charakteristischen Holzgalerien versehen waren. Im Nachbau erhält der „Rebstockhof“ eine zweischalige Konstruktion: Über das Holz als Tragwerk kommt Sichtfachwerk aus altem Eichenholz. Das Haus „Das goldene Lämmchen“ stammte ursprünglich aus der Renaissance und wurde früher gern von Gästen der Frankfurter Messe als Quartier gebucht. Und das „Rote Haus“, gebaut um 1350, war das Zunfthaus der Metzger. Einst erhielt es alle zwei Jahre einen neuen Anstrich mit Ochsenblut. Die historischen Häuser sind so gut dokumentiert, dass sie exakt auf den alten Parzellen wiedererrichtet werden können. Viele der historischen Ecksteine, Skulpturen, Torbögen oder Kapitellsteine der Gebäude lagern im Historischen Museum der Stadt und können wiederverwendet werden. Nur Steine aus dem Haus „Goldene Waage“ waren in Privatbesitz. Fehlendes Material wie Buntsandstein oder Marmor für Säulen, Brunnen oder Ziersteine sollen versierte Bildhauer und Steinmetze nach alten Vorlagen für die jeweiligen Häuser nacharbeiten. Alle historischen Gebäude müssen dabei natürlich heutige Anforderungen, beispielsweise sparsamer Energieverbrauch, moderner Brandschutz, Bauvorschriften, Statik und Schallschutz, erfüllen. Deshalb sprechen die Fachleute hier von „schöpferischen Nachbauten“. Prestigeobjekt „Goldene Waage“ Als bestimmendes Gebäude unter den rekonstruierten Altbauten gilt die „Goldene Waage“: Rund sieben Millionen Euro kostet das stattliche Bürgerhaus der Renaissance. Mit dem Nachbau getreu nach alten Fotos und Plänen beauftragte die Stadt Frankfurt am Main das Architekturbüro Jourdan & Müller. Es sei reizvoll, so Professor Jochem Jourdan, dieses prunkvolle Fachwerkhaus mit seiner detailreichen Fassade wiedererstehen zu lassen. „Es ist ein Zeugnis der Zeit und sowohl von außen als auch im Inneren sehr gut dokumentiert“, betont der renommierte Architekt. Eine besondere Herausforderung liege in der Auseinandersetzung mit einer Baukunst und Konstruktionsweise, die um 1600 üblich war, als man noch kein Dezimalmaß kannte, erläutert Jourdan. „Im Grunde genommen war die ‚Goldene Waage‘ ein Low-Tech-Haus, ohne Heizung, elektrisches Licht und fließendes Wasser.“ Beim Nachbau müssen also Wege gesucht werden, die historischen Gefüge mit heutigen Baugesetzen und Anforderungen, etwa an die Haustechnik, zu vereinbaren. Diese Kombination ist notwendig, denn nach der Wiedererstehung der „Goldenen Waage“ soll in den oberen Stockwerken gezeigt werden, wie eine Frankfurter Bürgerfamilie in der Renaissance gelebt hat. Im Erdgeschoss ist eine Gaststätte geplant. „Bei diesen Arbeiten müssen sich Steinmetze und Rohbauer eng abstimmen. Eine Besonderheit ist, dass die Treppenstufen direkt in das Mauerwerk eingelassen werden“, sagt BG BAU aktuell 3_2015 Sven Gutjahr, Bauleitung und Projektüberwachung bei der Schneider+Schumacher Bau- und Projektmanagement GmbH. Alte Handwerkskunst Im Hinblick auf die Rekonstruktion der Sandsteinfassade, die Verzierungen aus Holz und die Schmiedearbeiten stimmt sich das Architekturbüro Jourdan & Müller mit Fachfirmen in Deutschland ab, die das alte Handwerk noch beherrschen. Steinmetze der Firma Zeller aus Umpfenbach und des Natursteinwerks Herman Graser aus Bamberg etwa restaurieren mehrere Lkw-Ladungen mit wertvollen Schmucksteinen, sogenannten Spolien aus Mainsandstein. Die aus dem Jahr 1616 stammenden Originale haben die Steinmetze aus einem Gebäude im hessischen Dreieich geborgen. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Eberhard Beckmann, damaliger Intendant des Hessischen Rundfunks, die prächtigen Spolien der „Goldenen Waage“ von der ausgebombten Stadt Frankfurt erworben und in ein Gebäude auf seinem Grundstück eingebaut. Zu den geretteten Spolien gehören Porträtsteine des Bauherrn und seiner Frau Anna von Litt sowie Skulpturen, Löwenköpfe, Atlanten, Torbögen und Ecksteine. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass „Beckmanns Tochter eine Klassenkameradin von mir war, daher kannte ich die Steine aus der Zeit, als das Haus entstanden ist“, erklärt Jourdan. Historische Hölzer Außer den Spolien werden auch die historischen Fachwerkbalken und filigranen Holzkonstruktionen der „Goldenen Waage“ nachgebaut. Dafür engagierte man eigens versierte Handwerker des Spezialunternehmens Kramp & Kramp aus Lemgo. Das Holz, zum Beispiel jahrhundertealte Eiche, stammt von einem Händler für historische Baustoffe. 144 Kubikmeter Eichen- und Nadelholz sollen für Fachwerkkonstruktionen, Deckenbalken und die Dachkonstruktion insgesamt verbaut werden. Nach alten Vorlagen werden in akribischer Handarbeit figürliche Darstellungen und zierliche Ornamente in das Holz geschnitzt. Arbeiten auf engem Raum Bei der Errichtung der neuen Frankfurter Altstadt gibt es aber auch immer wieder knifflige Aufgaben beim Bauablauf selbst zu lösen: Vor allem die räumliche Enge des Areals führt zu Problemen. „Es fehlen Lagerflächen und das gesamte Material Im Blick | 29 kann nur über die Zufahrt zu einer einzigen Straße angeliefert werden“, erklärt Brummermann. Nur mit einer wirklich effizienten Baustellenlogistik und reibungsloser Kommunikation sei das ehrgeizige Bauvorhaben rechtzeitig fertigzustellen. Der Abstimmungsbedarf auch zwischen den einzelnen Gewerken sei groß, denn bis zum Projektabschluss werden rund 500 Beschäftigte aus etwa 80 Unternehmen ihren Beitrag zur Entstehung der neuen Frankfurter Altstadt geleistet haben, schätzt der Projektmanager. „Wenn dann die Arbeiten zum Innenausbau beginnen, sind zeitweise bis zu 150 Mitarbeiter gleichzeitig im Einsatz.“ Gutjahr weist auf eine weitere Herausforderung hin: „Alle Gebäude mussten auf der sanierten Römer-Tiefgarage gebaut werden. Die ‚Goldene Waage‘ wird auf einem alten U-Bahn-Ausgang errichtet sowie auf Stützen über dem archäologischen Garten.“ Arbeitsschutz auf dem neuesten Stand Dass bei einem Bauprojekt mit so vielen Beschäftigten auf den Arbeitsschutz besonderes Augenmerk gelegt werden muss, ist allen Beteiligten klar: „Der Zugang zur Baustelle ist nur mit Persönlicher Schutzausrüstung für die Mitarbeiter des jeweiligen Gewerbezweigs gestattet und unsere Objektüberwachung achtet penibel auf die Einhaltung aller Vorschriften“, betont Gutjahr. Außerdem finden alle zwei bis vier Wochen Treffen der Bauleitung mit Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Koordinatoren sowie Vertretern der ausführenden Firmen statt. Dabei werden alle sicherheitsrelevanten Themen besprochen, beispielsweise zur Absturzsicherung. Auch die Ordnung an Arbeitsplätzen und Lagerflächen für Schalelemente sei vorbildlich, findet Dietmar Schwarzer, der als Aufsichtsperson der BG BAU für die Baustelle zuständig ist. Bislang werde gut auf freie Verkehrswege geachtet, hebt er hervor. Diese würden trotz der engen Verhältnisse an keiner Stelle als Zwischenlager missbraucht. „Auch vermeintliche Kleinigkeiten stimmen“, registriert Schwarzer, „beispielsweise die Abdeckung der freien Enden vertikal und horizontal stehender Stäbe der Anschlussbewehrungen mit Stopfen und Abdeckschienen.“ Weitere Infos: Virtuelle Einblicke, wie die neue Altstadt ab 2017 aussehen wird, gibt es unter: www.domroemer.de/der-film Oben (von links): Sven Gutjahr, Bauleitung und Projektüberwachung, Dietmar Schwarzer, BG BAU, Patrik Brummermann, DomRömer GmbH. Mitte: Steinmetzarbeiten. Unten: Steinmetzmeister Andreas Herttan setzt einen Rundbogen für die „Goldene Waage“. 30 | Mensch und Betrieb BG BAU aktuell 3_2015 Studieren „on the Job“ Die Bergische Universität Wuppertal bietet in Zusammenarbeit mit der BG BAU ein berufsbegleitendes Masterstudium für Führungskräfte im Baubetrieb an, das sich am konkreten Bauablauf in der Praxis orientiert. TEXT: Dagmar Sobull Der neue Masterstudiengang soll Führungskräfte gezielt auf ihre anspruchs- und verantwortungsvollen Aufgaben in der Praxis vorbereiten. FOTOS: Mirko Bartels S chon während meines Studiums in den achtziger Jahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass höchstens zehn Prozent des an der Uni erlernten Wissens direkt auf die Praxis übertragen werden kann“, sagt Dr.-Ing. Manfred Helmus, Professor für Bauingenieurwesen an der Bergischen Universität Wuppertal. Daran habe sich bis heute nicht viel geändert. Nach wie vor klagen Absolventen bauingenieurwissenschaftlicher Studiengänge über zu viel Theorie und zu wenig Praxisorientierung. „Daran hapert es oft, wenn junge Bauingenieure direkt von der Uni kommend ins kalte Wasser geworfen werden und eine Bauleitung übernehmen sollen“, beobachtet Helmus. Das sei auch der Grund dafür gewesen, dass die Uni Wuppertal bereits seit 2006 einen dualen Bachelorstudiengang für angehende Bauingenieure eingerichtet habe. „Dieses Konzept hat sich so gut bewährt, dass es nahelag, berufsbegleitend auch einen Masterstudiengang anzubieten.“ BG BAU aktuell 3_2015 „Meine Firma „Mit dem Praxisunterstützt mich wissen gewinne bei dem berufs- ich einen ganz begleitenden anderen BlickMaster.“ winkel auf meine Arbeit in der Firma.“ Mario Wetzels, Bauleiter, August Dohrmann GmbH Xavier Louison Denisch, List Bau Bielefeld GmbH Orientiert an der Praxis Der im Wintersemester 2014 / 2015 erstmals angebotene Masterstudiengang „Baubetrieb: Führung, Prozesse, Technik“ soll Führungskräfte auf Baustellen gezielt auf ihre anspruchs- und verantwortungsvollen Aufgaben vorbereiten. „Der gesamte Studiengang ist konkret an den realen Prozessen im Baubetrieb ausgerichtet“, erläutert Helmus. Die Reihenfolge der Veranstaltungen orientiere sich am Bauprozess, von der Akquise über die Angebotsbearbeitung und Vertragsverhandlungen, Arbeitsvorbereitung, Bauausführung und -fertigstellung bis hin zur Gewährleistung. Rund zwei Drittel der Dozenten kommen aus der Wirtschaft und vermitteln praxisrelevantes Wissen. Was alles dazugehört, haben die Initiatoren des Masterstudiengangs zuvor im Rahmen eines Forschungsprojektes ermittelt. 20 Baubetriebe unterschiedlicher Größe wurden danach befragt, welche Probleme es bei ihnen in den unterschiedlichen Phasen des Bauablaufs gibt. Dementsprechend wurde der Lehrplan aufgebaut. Arbeitssicherheit inklusive Technische Lösungen stehen ebenso auf dem Stundenplan wie Führungskompetenz und Arbeitssicherheit. „Arbeitssicherheit ist ein sehr wichtiger, integraler Bestandteil der Ausbildung“, so Helmus. „In diesem Bereich arbeiten wir eng mit der BG BAU zusammen. Dozenten der BG BAU vermitteln das notwendige Wissen zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz.“ Aber auch bei den Praktikern aus der Industrie spielt der Arbeitsschutz eine wichtige Rolle. Zum Beispiel in den Lehrveranstaltungen bei Dr. Ralf Neubauer, der bei Bilfinger für die Akquise und Angebotskalkulation zuständig ist: „Voraussetzung für eine richtige Kalkulation in der Praxis sind ja viele Randbedingungen, die man an keiner Uni lernt“, weiß Neubauer: „Wichtiger als der Kubikmeterpreis für Beton kann es beispielsweise sein, dass die Baustelle schwer zugänglich ist, kostenintensive Verkehrswege erstellt werden müssen oder besondere Maßnahmen der Arbeitssicherheit erforderlich sind. Dafür will ich die Studierenden sensibilisieren.“ Mensch und Betrieb | „Ich habe die Möglichkeit, den ganzen Prozess noch mal durch die ‚Bauleiterbrille‘ zu betrachten.“ Theresa Schießer, Bauleiterin, Ed. Züblin AG 31 32 | Mensch und Betrieb BG BAU aktuell 3_2015 Optimal ausgebildetes Personal ist für Professor Dr.-Ing. Manfred Helmus eine Investition in die Zukunft jedes Unternehmens, um konkurrenzfähig zu bleiben. DER STUDIENGANG MBE Baubetrieb, Führung / Prozesse / Technik Motivierte Studierende Abschluss Master of Business Engineering – MBE, berechtigt zur Promotion Studienstart Februar 2016 Studiendauer drei Jahre (pro Jahr zwei Monate Präsenzstudium jeweils Februar und März, zuzüglich einer Prüfungswoche) Voraussetzungen mindestens Bachelorabschluss und ein Jahr Berufserfahrung, Arbeitsvertrag mit einem Unternehmen der Bauwirtschaft Studiengebühren 5.600 Euro / Jahr zuzüglich Kosten für Reise, Unterkunft, Verpflegung Kontakt Bergische Universität Wuppertal Fachbereich D – Abteilung Bauingenieurwesen, Lehr- und Forschungsgebiet Baubetrieb und Bauwirtschaft Prof. Dr.-Ing. Manfred Helmus Pauluskirchstr. 7, 42285 Wuppertal Studieninformationen Alexandra Liesert Telefon: 0202 439-4225 E-Mail: [email protected] Das berufsbegleitende Studium dauert drei Jahre und findet als Intensivstudium in drei Blöcken jeweils in den Monaten Februar und März an der Bergischen Universität Wuppertal statt. In den verbleibenden zehn Monaten des Jahres arbeiten die Studierenden in ihren Unternehmen, wo sie die neu erworbenen Kenntnisse in der Praxis erproben können. 13 Nachwuchskräfte nehmen daran teil. Unter ihnen Theresa Schießer, Bauleiterin bei Ed. Züblin AG in Frankfurt. „Ich mache den berufsbegleitenden Master, weil ich hier Dinge lerne, die für meine Arbeit in der Praxis wichtig sind“, sagt die junge Ingenieurin. „Vieles, was ich in der Praxis brauche, war in meinem Studium gar nicht dabei. Der berufsbegleitende Master gibt mir die Möglichkeit, den ganzen Prozess noch mal durch die ‚Bauleiterbrille‘ zu betrachten.“ Ähnliche Motive für seine Teilnahme an dem berufsbegleitenden Masterstudiengang nennt Xavier Louison Denisch von der List Bau Bielefeld GmbH: „Mit dem Praxiswissen, welches ich hier vermittelt bekomme, gewinne ich einen ganz anderen Blickwinkel auf meine Arbeit in der Firma.“ Besonders toll findet er, dass die Beispiele, an denen gearbeitet wird, tatsächlich aus der Praxis sind. Die Praxisorientierung schätzt auch Mario Wetzels, Bauleiter bei der August Dohrmann GmbH in Remscheid: „Während meines Bachelor Studiums wurden die Inhalte an der Uni sehr theoretisch vermittelt. An dem dualen Studium hat mir von Anfang an gefallen, dass ich manches an der Uni Gelernte auch direkt in der Praxis anwenden konnte. Da lag es nahe, auch noch den berufsbegleitenden Master anzuhängen, den mir meine Firma ermöglicht.“ Zufriedene Chefs Die meisten Chefs der Studierenden befürworten die Masterausbildung ihrer Nachwuchskräfte und unterstützen sie dabei finanziell. Für Helmus ist das naheliegend: „Zum einen stehen die Unternehmen ja vor dem Problem, genügend qualifizierte Nachwuchskräfte zu gewinnen und zu halten. Da ist die Möglichkeit zur berufsbegleitenden Weiterbildung eine gute Gelegenheit, hochmotivierte und gut qualifizierte Kräfte für sich zu begeistern. Manche Unternehmen werben sogar an den Unis damit, dass sie die Nachwuchskräfte beim Erwerb eines berufsbegleitenden Masterabschlusses unterstützen“, beobachtet Helmus. Zum anderen sei optimal ausgebildetes Personal gerade in Führungspositionen wie der Bauleitung immer wichtiger, um konkurrenzfähig zu bleiben. „Unsere Studierenden beispielsweise arbeiten mit den neuesten digitalen Techniken der Bauleitplanung und bekommen von uns einen Laptop mit einer kompletten Projektplattform gestellt. Damit lassen sich sämtliche Prozesse im Bauablauf spürbar verbessern, bis hin zur Arbeitssicherheit.“ BG BAU aktuell 3_2015 Sicher unterwegs | 33 Miteinander statt gegeneinander Der Tag der Verkehrssicherheit im Juni in München hatte das Ziel, zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern zu vermitteln. TEXT: Margarete Schubsky A utofahrer, Radfahrer, Fußgänger, Inliner und Skateboarder: Viele Verkehrsteilnehmer müssen sich den öffentlichen Raum teilen. Das geht nicht immer ganz reibungslos. Denn unsere Straßen sind voll. „Kommen zu den normalen Verkehrsteilnehmern auch noch Baustellenfahrzeuge hinzu, wird es eng“, weiß Rolf Sorgenfrei von der Prävention der BG BAU. Die hatte an ihrem Stand einen Baggersimulator für das Publikum bereitgestellt, der großen Anklang fand. Vielen Besuchern machte es Spaß, selbst einmal ein so großes Gerät zu führen, wenn auch nur virtuell. Wie auf einer richtigen Baustelle kann man im Simulator Bagger fahren, graben und laden und die Maschine über zwei Joysticks steuern. So kann man Gefahrensituationen ohne tatsächliche Gefahr für Mensch oder Maschine nachstellen. Rücksicht schafft Sicherheit Mit dem Motto „Rücksicht schafft Sicherheit“ warben Berufsgenossenschaften und Unfallkassen auch für ein rücksichtsvolles Miteinander im normalen Straßenverkehr. Denn die Prävention von Verkehrsunfällen ist der BG BAU ein starkes Anliegen. Schließlich entschädigt sie auch Unfälle, die auf dem Weg zur Arbeit und wieder nach Hause passieren. Gerade wer beruflich viel unterwegs ist, weiß, wie leicht ein Unfall geschehen kann. Das zeigen auch die Statistiken: Allein auf dem Weg zur Arbeit und zur Schule verunglücken jedes Jahr mehr als 300.000 Menschen – über 350 davon tödlich. Besonders gefährdet sind gerade im Sommer die zahlreichen Radfahrer. Grund genug für die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, gemeinsam mit ihrem Dachverband, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), auf die Gefahren des Straßenverkehrs aufmerksam zu machen. Defensiv fahren heißt die Devise Zentrales Thema der Infoveranstaltung war die gegenseitige Rücksichtnahme: Egal ob Autofahrer auf Radfahrer treffen, Lkw-Fahrer an Baustellenfahrzeugen auf den Autobahnen vorbeirauschen, ob unsichere Ältere oder spielende Kinder auf den Straßen unterwegs sind: Es kann nur gutgehen, wenn alle aufeinander achten und defensiv fahren. Dass das Bewusstsein für sichere Mobilität mit Spaß vermittelt werden kann, zeigten die Aktionen in München, initiiert vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). Die BG BAU zeigte mit einem Baggersimulator, wie man Baugeräte realitätsnah steuern kann, ohne sich und andere zu gefährden. 34 | Rehabilitation und Leistungen BG BAU aktuell 3_2015 Fitness für die Knie Im „Kniekolleg“ der BG BAU lernen Beschäftigte ergonomische Bewegungsabläufe kennen, die ihre Knie entlasten. Mit Erfolg, wie regelmäßige Auswertungen von Teilnehmerdaten zeigen. TEXT: Michael Büschke FOTOS: Mirko Bartels Für jeden Teilnehmer des Kniekollegs wird ein individueller Therapie- und Trainingsplan erstellt, der auch später als gerätegestütztes Training in einem Sportstudio weitergeführt werden soll. Z iehen, knirschen, stechen: Schmerzen und Geräusche im Knie sind die ersten Anzeichen für den beginnenden Knorpelverschleiß. Später schwillt das Kniegelenk an, ist heiß und gerötet, weil abgeriebene Knorpelteilchen die Innenhaut des Kniegelenks reizen. Schließlich ist der Knorpel völlig zerstört und das Kniegelenk kaum noch funktionsfähig. Die Kniegelenksarthrose ist eine der häufigsten Volkskrankheiten, die vornehmlich im höheren Lebensalter auftritt. Risikofaktoren dafür sind neben Übergewicht, Fehlstellungen der Beine und bestimmten Sportarten auch berufliche Belastungen. Im Baugewerbe sind davon in erster Linie Fliesen- und Bodenleger, Heizungs- und Sanitärinstallateure sowie Dachdecker und Maler betroffen. Bei diesen Berufsgruppen kann es zu Verschleißerscheinungen in den Knien kommen, weil sie regelmäßig im Knien oder Hocken arbeiten müssen. Berufskrankheit vermeiden Um eine Berufskrankheit (BK) nach Nummer 2112 – Gonarthrose zu vermeiden, bietet die BG BAU das Kniekolleg in Reha-Zentren in Hamburg und Bremen an. Die dreiwöchige Reha-Maßnahme ist speziell auf die berufsbedingten Belastungen des Kniegelenks BG BAU aktuell 3_2015 Rehabilitation und Leistungen und des Bewegungsapparates von Beschäftigten aus dem Baugewerbe ausgerichtet. Dort lernen die Teilnehmer ihre Schwachstellen kennen und erfahren, wie sie sich in der Freizeit knieschonend verhalten können. Zum Programm gehören neben Ganganalyse, Gangtherapie und Beinachsentraining auch Physio- und Ergotherapie sowie Schmerztherapie. Gespräche über Möglichkeiten, Stress zu vermeiden, sowie Entspannungstechniken runden das Angebot ab. Ein interdisziplinäres Rehabilitationsteam, besetzt mit Ärzten, Physio-, Ergo- und Sporttherapeuten, Masseuren, Gehschullehrern, Psychologen, Ernährungsberatern und Sporttherapeuten für traditionelle chinesische Medizin (TCM), betreut die Teilnehmer nach individuellen Erfordernissen. Dazu gehören auch theoretischer und praktischer Unterricht zum Erlernen knieentlastender Bewegungsabläufe im Alltag und am Arbeitsplatz. Auch Beratungen zu Hilfsmitteln bei der Arbeit wie Hebe- und Tragehilfen, die die BG BAU aus ergonomischen Gründen empfiehlt, gehören dazu. Zur Wiederholung und Vertiefung der im Kniekolleg erlernten Übungen bietet die BG BAU zwei einwöchige Auffrischungskurse nach jeweils zwölf Monaten an. | 35 Zum Programm des Kniekollegs gehört neben einer Ganganalyse auch die Gangtherapie und das Beinachsentraining. Mess- und spürbare Erfolge Das Pilotprojekt zum Kniekolleg fand 2011 statt. Die damaligen Teilnehmer waren von den erreichten Fortschritten und Erfolgen begeistert. Seitdem hat sich das Kniekolleg bewährt, wie regelmäßige Auswertungen von Teilnehmerdaten zeigen. Prof. Dr. Stefan Dalichau vom Institut für angewandte Prävention und Leistungsdiagnostik der BG Unfallambulanz und das Reha-Zentrum Bremen kommen dabei zu positiven Ergebnissen in folgenden Bereichen: • Die Beweglichkeit im Kniegelenk und die Dehnfähigkeit und Kraft der Oberschenkelmuskulatur nehmen zu. • Die Leistungsfähigkeit und Ausdauer steigen. • Die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die allgemeine Fitness nehmen zu. • Die Teilnehmer fühlen sich durch das Kniekolleg körperlich und auch in ihrer allgemeinen Leistungsfähigkeit gestärkt. • Auch eine Sensibilisierung für eine gesunde Ernährung und eine knieschonende Arbeitsweise sind positiv zu vermerken. • Eine Gewichtsabnahme der Teilnehmer konnte durch das Kniekolleg bisher nicht nachgewiesen werden, obwohl viele Teilnehmer der subjektiven Überzeugung sind, dabei abgenommen zu haben. „Am Ball bleiben“ Dalichau betont: „Wichtig ist, dass die Teilnehmer am Ball bleiben.“ Das beste Ergebnis erreichten die Teilnehmer, die am dreiwöchigen Kniekolleg sowie den zwei Auffrischungskursen teilgenommen haben und regelmäßig die erlernten Übungen und Techniken am Heimatort in einem Sportstudio wiederholt haben. Das gerätegestützte Training in einem Sportstudio sei deutlich effektiver als ein „Heimprogramm“. Das Reha-Zentrum unterstützt die Teilnehmer bei der Suche nach einem geeigneten Sportstudio und erstellt einen individuellen Therapie- und Trainingsplan. Von der BG BAU erhalten die Teilnehmer für den Besuch eines Sportstudios maximal 24 Monate lang eine finanzielle Unterstützung in Höhe von monatlich 20,00 Euro. Investition in die Zukunft Für die Teilnehmer ist das Kniekolleg kostenlos. Sie erhalten Reise- und Verpflegungskosten erstattet und sind während des Kniekollegs in einem Hotel in der Nähe des RehaZentrums in Einzelzimmern untergebracht. Für die Zeit der beruflichen Abwesenheit erstattet die BG BAU dem Arbeitgeber den Bruttoverdienstausfall. Außerdem übernimmt die BG BAU die Kosten für eine Familienheimfahrt während des dreiwöchigen Kniekollegs. „Das Kniekolleg ist so erfolgreich, dass wir die Kosten als Investition in die Zukunft sehen“, betont Frank Westphal, Bereichsleiter für Berufskrankheiten im Referat Rehabilitation und Leistungen der BG BAU. „Unser Ziel und gesetzlicher Auftrag ist es schließlich, Berufskrankheiten zu verhindern und die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen zu erhalten, damit ihre berufliche Zukunft gesichert bleibt. Das bedeutet auch weniger Kosten für Entschädigungsleistungen der BG BAU. Davon profitieren sowohl die Beschäftigten als auch die Mitgliedsbetriebe.“ Das Kniekolleg BG BAU Forum für physiologische Kniebelastung in Alltag und Beruf in Zusammenarbeit mit BG Reha-Zentrum City Hamburg und BG Unfallambulanz und Rehazentrum Bremen BG Unfallambulanz und Rehazentrum Bremen BG Reha-Zentrum City Hamburg und in Zusammenarbeit mit Kniebelastung in Alltag und Beruf WEITERE INFOS BG BAU Forum für physiologische Das Kniekolleg Im Internet ist unter anderem ein Flyer mit den Anschriften der Reha-Zentren, den Ansprechpartnern der BG BAU und den Voraussetzungen zur Teilnahme herunterladbar. www.bgbau.de Webcode: WCNmJh 36 | Mitglieder und Beiträge BG BAU aktuell 3_2015 Gemeinsam gegen Schwarzarbeit Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung müssen strikt unterbunden werden, um die ehrlichen Unternehmen vor massiven Wettbewerbsnachteilen zu schützen. TEXT: Thomas Köngeter FOTOS: Picture Alliance Die Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Der volkswirtschaftliche Schaden wird auf 230 Milliarden Euro jährlich geschätzt. S chwarzarbeit und illegale Beschäftigung sind in der Baubranche weit verbreitet. Dabei stehen den vermeintlichen kurzfristigen Kostenvorteilen für die Profiteure der Schwarzarbeit gravierende gesamtgesellschaftliche Beeinträchtigungen gegenüber. So verlieren viele Mitarbeiter im Baugewerbe ihren Arbeitsplatz, weil ehrliche Baubetriebe gegenüber der „schwarz“arbeitenden Konkurrenz keine faire Chance im Wettbewerb haben. Nach einer Schätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wird der gesamte volkswirtschaftliche Schaden BG BAU aktuell 3_2015 durch Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung auf 230 Milliarden Euro jährlich beziffert. Könnten die illegal Beschäftigten in legale Arbeitsverhältnisse überführt werden, würden laut IW bis zu 600.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Wenn also im großen Stil mit organisierter Kriminalität Menschen ausgebeutet, Kunden betrogen, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge vorsätzlich vorenthalten werden, sind Gegenmaßnahmen nötig. Die BG BAU ist als Unfallversicherungsträger der Bauwirtschaft sehr stark von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung betroffen. Sie hat daher ein hohes Interesse an der Bekämpfung und Eindämmung dieser Praxis und engagiert sich entsprechend. Denn durch Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung entgehen der BG BAU erhebliche Beiträge. Gleichzeitig passieren dabei auch Unfälle, deren Folgen oft von der BG BAU zu entschädigen sind, obwohl für die „schwarz“ Beschäftigten keine Beiträge an die BG BAU entrichtet wurden. So entsteht eine massive Beitragsungerechtigkeit, die weder von den Mitgliedsunternehmen noch von der BG BAU akzeptiert werden kann. Finanzkontrolle Schwarzarbeit Die Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Dabei ist die BG BAU, wie alle anderen Berufsgenossenschaften, eine sogenannte Unterstützungsbehörde der Zollverwaltung. Dort übernimmt die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) die vom Gesetzgeber im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz definierten Aufgaben. Die Partner sind zu einer intensiven Kooperation und wechselseitigem Informationsaustausch verpflichtet. Die Pflicht entsteht, sobald wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen arbeits-, steuerund sozialversicherungsrechtliche Vorschriften die Unterstützung der BG angefordert wird. Aktionstage gegen Schwarzarbeit In der Praxis finden regelmäßig Schwerpunktprüfungen auf Baustellen in Neubaugebieten statt. Neben dem Zoll sind daran beispielsweise auch die Steuerfahndung und die Polizei beteiligt. Falls erforderlich, werden zudem die Ausländerbehörden ein- Mitglieder und Beiträge | 37 geschaltet. An dieser seit Jahren bestehenden erfolgreichen Zusammenarbeit an den sogenannten Aktionstagen nehmen auch Mitarbeiter der BG BAU teil. Ebenso beteiligt sich die BG BAU an gemeinsamen Aktionen zur Kontrolle bei Unternehmen in den bei ihr versicherten Branchen. Bei diesen Überprüfungen von Unternehmen werden oft Verstöße gegen die Handwerksund Gewerbeordnung, den Mindestlohn, das Ausländerrecht sowie Fälle des Leistungsmissbrauchs festgestellt. Erfolgreich: Bündnisse gegen Schwarzarbeit Bei der Sichtung und Auswertung der im Rahmen solcher oder anderer Aktionen beschlagnahmten Unterlagen unterstützt die BG BAU den Zoll. Stellt der Zoll bei selbstständig durchgeführten Kontrollen Verstöße fest, erhält die BG BAU hierüber Berichte. Daraufhin können häufig erhebliche Beiträge zur Unfallversicherung nacherhoben werden. Auch in Fällen der Generalunternehmerhaftung geben die Hauptzollämter der BG BAU wichtige Hinweise, welche die Erhebung von Beiträgen ermöglichen. Dadurch werden alle Mitgliedsunternehmen der BG BAU finanziell entlastet. Die gute Zusammenarbeit zwischen der FKS und der BG BAU zahlt sich also für alle ehrlichen Unternehmen aus. Zahlreiche Bündnisse haben sich zur Eindämmung und Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung zusammengefunden. An diesen sind Verbände, Innungen, Gewerkschaften, Hauptzollämter, Kommunalbehörden und auch Bundesländer beteiligt. Im Rahmen der Sitzung des „Bündnisses gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung“ in Bremen am 13. März 2015 fand ein Austausch über die weitere Verbesserung und die bisherigen Ergebnisse der Zusammenarbeit statt. Daran nahmen auch Vertreter der BG BAU teil. Die Bremer Finanzsenatorin Karoline Linnert stellte dabei klar: „Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung sind ein gesamtgesellschaftliches Problem und kein Kavaliersdelikt. Dafür müssen wir das Bewusstsein sowohl in der Wirtschaft als auch bei den Bürgerinnen und Bürgern deutlich schärfen.“ Diese Aufgabe übernimmt die BG BAU im Interesse ihrer Mitgliedsunternehmen und zur Stärkung der Solidargemeinschaft. Die Berufsgenossenschaften wie die BG BAU arbeiten beim Kampf gegen Schwarzarbeit eng mit dem Zoll zusammen. 38 | Infomedien BG BAU aktuell 3_2015 AKTUALISIERT: „HOCHZIEHBARE PERSONENAUFNAHMEMITTEL“ 101-005 DGUV Regel 101-005 Hochziehbare Personenaufnahmemittel Die DGUV Regel 101-005 (bisher BGR 159) enthält Informationen zu den allgemeinen Anforderungen, Bau und Ausrüstung sowie Betrieb und Prüfung von hochziehbaren Personenaufnahmemitteln. Sie wurde aufgrund vielfältiger Änderungen von technischen Regeln überarbeitet. Hochziehbare Personenaufnahmemittel sind Einrichtungen, bei denen Personenaufnahmemittel an Tragmitteln hängen und durch Hebezeuge bewegt werden, zum Beispiel Personenförderkörbe, Arbeitskörbe, Arbeitsbühnen und Arbeitssitze. MSC Januar 2015 Abruf Nr. DGUV Regel 101-005 SICHERHEITSHANDBUCH BRANDSCHUTZ Von der schnellen Durchführung von Brandschutzbegehungen über die Umsetzung der aktualisierten ASR A2.2 bis hin zur Priorisierung der betrieblichen Brandschutzaufgaben – Fachkenntnisse sind gefragt, wenn es um die Realisierung optimaler Brandschutzlösungen geht. Das Sicherheitshandbuch Brandschutz bietet präzise und übersichtliche Handlungsanleitungen, zum Beispiel zur Gefährdungsbeurteilung für den Brandschutz. Außerdem enthalten sind einsatzfertige Vorlagen von wichtigen Arbeitshilfen sowie alle relevanten Vorschriften. Das Sicherheitshandbuch im DIN-A5-Format kann online oder per Fax zum Preis von 168,00 Euro bestellt werden; eine digitale Ausgabe ist erhältlich unter: www.forum-verlag.com/arbeitsschutz-und-arbeitssicherheit/ sicherheitshandbuch-brandschutz.html GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHE BELASTUNG Das Arbeitsschutzgesetz fordert die Berücksichtigung psychischer Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung. Im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) ist dazu die neue Broschüre „Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung – Arbeitsschutz in der Praxis“ entstanden. In sieben Schritten werden die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen, ihre Methoden und Instrumente erläutert. Innerhalb dieses Rahmens soll sich die Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung bewegen. Die Broschüre richtet sich besonders an Unternehmen und betriebliche Arbeitsschutzakteure, wie Arbeitgeber, Betriebsräte, Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit. GDA Arbeitsschutz in der Praxis Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung Kostenlos herunterzuladen unter: www.gda-portal.de/de/pdf/Psyche-Umsetzung-GfB.pdf KENNZEICHNUNG VON GEFAHRSTOFFEN In verschiedenen Arbeitsprozessen werden gefährliche Stoffe und Gemische eingesetzt. Erste Hinweise zu möglichen Gefahren sowie den erforderlichen Schutzmaßnahmen erhält der Anwender aus der Einstufung und der Kennzeichnung. 2009 GHS – Global Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von wurde von der EU die CLP-Verordnung Gefahrstoffen in Kraft gesetzt, die für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen einen einheitlichen Kriterienkatalog festlegt. Ab 1. Juni 2015 ersetzt diese Verordnung die bisherige europäische Stoffrichtlinie sowie die Zubereitungsrichtlinien vollständig. Die DGUV Information gibt einen Überblick über das GHS und enthält Hilfestellungen für die Anwendung der CLP-Verordnung und die Umsetzung in der Praxis. Dazu zählen Informationen zu den Gefahrenklassen, Piktogrammen, Sicherheits- und Gefahrenhinweisen, den Fristen für die Umsetzung und den Auswirkungen auf den Arbeitsschutz. MSC 213-034 DGUV Information 213-034 Hilfe zur Umsetzung der CLP-Verordnung März 2015 BESTELLUNGEN Alle Printmedien, CDs und DVDs der BG BAU können Sie über unseren Zentralversand unter Angabe der Abrufnummer direkt bestellen. Unter www.bgbau-medien.de können Sie die Medien einsehen, bestellen oder herunterladen. BG BAU – Zentralversand, Landsberger Straße 309, 80687 München Fax: 0800 6686688-38400, E-Mail: [email protected] Abruf-Nr. DGUV Information 213-034 BG BAU aktuell 3_2015 Mit gutem Beispiel Flexible Sicherung Die Strabag AG sorgt mit einem beweglichen Absperrband für mehr Sicherheit beim Straßenbau. TEXT: Rolf Schaper FOTOS: Mirko Bartels Andreas Fleer (li.) und Uwe Seiler, Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Strabag AG, demonstrieren das flexible Sicherungssystem zwischen Fertiger und Beschicker. A uf der B 244 zwischen Rühen und Parsau wird die Asphaltdeckschicht erneuert. Mit fünf bis sechs Metern pro Minute fährt ein Sattelzug vor und lädt den heißen Asphalt in den Beschicker. Über ein Förderband gelangt das Material in den Fertiger, der es danach auf die Straße aufträgt. Weil der Maschinenführer bei diesen Arbeiten den Gefahrenbereich zwischen Straßenfertiger und Beschicker nicht einsehen kann, ergibt sich hier ein Sicherheitsrisiko. Denn der Abstand zwischen Fertiger und Beschicker erfolgt im Automatikbetrieb. Er wird durch einen Laserstrahl gesteuert ohne ein manuelles Eingreifen des Maschinisten. Dabei passiert es in der Praxis immer wieder, dass Beschäftigte bei den Arbeiten in den Gefahrenbereich zwischen Beschicker und Fertiger treten. Dann wird der Laserstrahl unterbrochen und der Beschicker macht eine ruckartige Vorwärtsbewegung. Hierdurch kann das Baustellenpersonal gefährdet werden. Pfiffige Idee Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit von der Strabag AG haben sich nun von den auf Flughäfen üblichen Absperrungen inspirieren lassen. Dort werden sehr oft flexible Gurtbänder eingesetzt, um Perso- nen in bestimmte Bereiche zu leiten oder um andere Bereiche abzusperren. Genau diesem Prinzip folgt die pfiffige Idee. Das rot-weiße Sicherheitsband in den Gurtkassetten wird einfach mit Magneten an den Baumaschinen befestigt und so der gefährliche Zwischenraum gegen unbefugten Zutritt abgesperrt. Die flexible Sicherung folgt dann jederzeit den Bewegungen der Straßenbaumaschinen, auch bei Kurvenfahrten. „Zusätzlich haben wir noch Piktogramme an die Maschinen geklebt, die vor der Gefahr warnen“, erläutert Uwe Seiler von der Strabag AG. „Vor jedem ersten Einsatz dieser Maschinenkombination werden unsere Beschäftigten mit Hilfe einer schriftlichen Betriebsanweisung genau in die Risiken und das neu entwickelte Sicherheitssystem unterwiesen“, ergänzt Seiler, der als Fachkraft für Arbeitssicherheit im Unternehmen arbeitet. | 39 „Gips gehört an die Wand, nicht aufs gebrochene Bein!“ Frank Oswald, Unternehmer für Wand-, Fassaden- und Stuckarbeiten. ko Kein Risi rbeit! bei der A heiten krank nd Berufs u e ll fä n U eidbar. sind verm raten G BAU be B r e d n e . Expert tützen Sie s r e t n u d un Mehr zu unseren Leistungen: www.bgbau.de
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