Perspektiven für Flüchtlinge schaffen

Perspektiven für
Flüchtlinge schaffen
Fluchtursachen bekämpfen, Aufnahmeregionen
stabilisieren, Flüchtlinge unterstützen.
Vorwort
LIEBE LESERINNEN,
LIEBE LESER,
wer zur Flucht gezwungen ist, der
verliert nicht nur seine Heimat und sein
Eigentum, sondern auch seine Arbeits­
stelle oder Schule, die Geborgenheit der
heimischen Kultur und Sprache, die
Verbindung zu Familie und Freunden
und das Gefühl der Sicherheit. Viel­
leicht verliert er auch irgendwann seine
Hoffnungen und seine Zuversicht.
Wir dürfen diese Situation nicht taten­
los hinnehmen. Wir setzen alles daran,
die Ursachen von Flucht zu bekämpfen
und den betroffenen Menschen zu
helfen! Etwa die Hälfte aller Flüchtlinge
sind Kinder. Sie liegen mir besonders
am Herzen: Wir dürfen nicht zulassen,
dass Kriege und Konflikte ihnen sämt­
liche Chancen rauben.
Aktuell sind weltweit mehr als 60 Mil­
lionen Menschen auf der Flucht – so
viele wie seit der Nachkriegszeit nicht
mehr. Sie fliehen vor Krieg, Unterdrü­
ckung und Verfolgung, vor Gewalt und
Menschenrechtsverletzungen. Es gibt
auch Hunderttausende, die aufgrund
der Auswirkungen des Klimawandels
dazu gezwungen sind, ihre Heimat zu
verlassen. Die meisten dieser Menschen
haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um
diesen Gefahren zu entkommen. Viele
haben großes Leid erfahren.
Was vielen bei uns gar nicht bewusst
ist: knapp 90 Prozent der Flüchtlinge
werden von Entwicklungsländern
aufgenommen. Diese Länder leisten
Großartiges. Ich habe das selbst erlebt,
als ich Jordanien besucht habe. Mafraq
zum Beispiel, eine Kleinstadt an der
syrischen Grenze, hat fast ebenso viele
Menschen aus Syrien aufgenommen,
wie sie selbst Einwohner hat. Diese
Hilfsbereitschaft sollte uns allen ein
Beispiel sein.
„WIR DÜRFEN DIE AUFNAHMELÄNDER NICHT ALLEINE
LASSEN UND MÜSSEN DIE NOTLEIDENDEN MENSCHEN IN
DER REGION UNTERSTÜTZEN.“
Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller
Darum konzentriert sich das Bundes­
ministerium für wirtschaftliche Zu­
sammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
seit 2012 darauf, die Ursachen von
Flucht zu bekämpfen und Flüchtlingen
eine Perspektive zu bieten. Dazu haben
wir das Thema „Flucht und Entwick­
lung“ zu einem Schwerpunkt gemacht
und mehrere Sonderinitiativen ins
Leben gerufen. Allein in diesem Jahr
stellen wir dafür drei Milliarden Euro
zur Verfügung.
Diese Broschüre liefert Ihnen einen
kurzen Überblick über die Situation
der Flüchtlinge, über die Herausforde­
rungen, vor denen wir stehen, und über
die Bandbreite unseres Engagements.
Wir versuchen mit aller Kraft, in einer
schwierigen Situation neue Perspektiven
für die betroffenen Menschen und Län­
der zu eröffnen. Dabei können wir jede
Unterstützung gebrauchen. Ich würde
mich sehr freuen, wenn auch Sie sich für
dieses Anliegen einsetzen würden!
Ihr Dr. Gerd Müller, MdB
Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung
1
Weiterführende
Informationen zum
Thema Flucht
2
Inhalt
DEUTSCHE ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
4
Auf der Flucht
6
ZAHLEN & FAKTEN
10
Deutsches Engagement
14
ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT BEKÄMPFT FLUCHT­
URSACHEN UND SCHAFFT NEUE PERSPEKTIVEN
15
FLUCHTURSACHEN BEKÄMPFEN
16
AUFNAHMEREGIONEN STABILISIERE
22
INTEGRATION UND REINTEGRATION VON
FLÜCHTLINGEN UND BINNENVERTRIEBENEN
28
Internationales Engagement
32
ZUSAMMENARBEIT MIT PARTNERN
33
Persönliches Engagement
36
WAS KANN ICH MACHEN?
37
3
Fluchtursachen bekämpfen
FLUCHTURSACHEN BEKÄMPFEN.
So wirkt die deutsche
Entwicklungszusammenarbeit.
105 Millionen
Verlässliche Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung: 105 Millionen
Menschen profitieren heute davon, dass auch das BMZ seit 2004 weltweit mehr
als 410 Wasser- und Abwasserunternehmen unterstützt hat.
2,4 Millionen
Über 2,4 Millionen Menschen, vor allem in Afrika,
haben mit Unterstützung des BMZ zwischen
2011 und 2013 nach Katastrophen, Krisen und
Konflikten Hilfe bekommen: mit Saatgut und
Nahrungsmitteln, mit Unterkünften, Schulen
und Krankenstationen sowie mit Bildung und
Qualifizierung.
Quelle: GIZ. Die dargestellten Wirkungen basieren auf einer Datenerhebung aus dem Jahr 2014.
4
So wirkt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit
½ Million
Das BMZ hat dazu beigetragen, dass alleine in den
Jahren 2012 und 2013 die Arbeitsbedingungen von
mehr als einer halben Million Arbeiter weltweit
verbessert wurden. Dazu gehören Löhne genauso
wie das Durchsetzen der Vereinigungsfreiheit oder
die Abschaffung von Zwangsarbeit.
100.000
Allein im Jahr 2012 hat das BMZ dazu
beigetragen, dass rund 100.000 Jugendliche
eine berufliche Qualifizierung erhalten haben.
1 Million
Mit unserer Unterstützung konnten seit
2010 rund eine Million Bauern weltweit
ihr Einkommen erhöhen.
5
Auf der Flucht
„Unser Haus wurde bombardiert.
Wir können nicht zurück. Wir konn­
ten bei unserer Flucht nichts mit­
nehmen. Alles, was wir dort hatten,
ist verbrannt.“
IMAD HUSSEIN IST MIT SEINER FRAU
UND SEINEN BEIDEN KINDERN AUS
SYRIEN GEFLOHEN.
„Als unsere Wohnung bombardiert
wurde, hat sich meine Tochter
furchtbar erschreckt. Danach hat sie
lange kein Wort mehr gesprochen.
Es wurde dann etwas besser. Aber
bis jetzt hat sie Sprachstörungen.
Und bei lauten Geräuschen zuckt
sie zusammen und bekommt Angst.
Ich wünsche mir, dass sie behandelt
werden kann.“
NOUR HUSSEIN,
FLÜCHTLING AUS SYRIEN
6
„Ich habe sechs schulpflichtige
Kinder. Den Schulbesuch im Libanon
können wir uns nicht leisten – An­
meldegebühren, Geld für Hefte und
Bücher und Schulbus. Ich wünsche
mir, dass wir an einem Ort leben kön­
nen, wo meine Kinder eine Zukunft
haben. An einem Ort, wo sie eine
Ausbildung machen und ohne Angst
leben können.“
WAFA AL-DAIF IST MIT IHRER
FAMILIE AUS SYRIEN IN DEN LIBANON
GEFLÜCHTET.
Auf der Flucht
Amal Murad hat eine gefährliche Reise
hinter sich. Die 14­jährige Syrerin ist zu
Fuß bei klirrender Kälte über die Berge
in den Libanon geflüchtet. Mit ihren
Eltern und vier Geschwistern lebt Amal
nun in Baalbek. Amal fühlt sich dort
wohl, aber sie vermisst ihre Heimat und
ihr altes Leben. „Ich kannte eine Menge
Leute im Dorf. Wir hatten viele Ver­
wandte. Und mein Vater hatte Arbeit.“
In einem Bildungszentrum in Baalbek
besucht Amal einen Englischkurs.
Sie hofft, dass sie bald eine normale
libanesische Schule besuchen kann,
um wieder in allen Fächern Unterricht
zu bekommen.
„Das ist eine menschliche Tragödie,
die einer gemeinsamen politischen
Antwort bedarf. Es ist eine Krise der
Solidarität, nicht eine Krise der Zahl.“
UN-GENERALSEKRETÄR
BAN KI MOON ZUR AKTUELLEN
FLÜCHTLINGSKRISE
7
DIE LÄNDER MIT DEN HÖCHSTEN
FLÜCHTLINGSZAHLEN WELTWEIT
Die Zahlen beinhalten Flüchtlinge,
Binnenvertriebene, Rückkehrer und
Asylsuchende aus den jeweiligen Ländern. Hinzu kommen etwa 5 Millionen
Quellen: UNHCR Mid-Year-Trends 2015
Kolumbien
6,9
Millionen
8
palästinensische Flüchtlinge, die dem
Mandat des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA)
und nicht dem UNHCR unterliegen.
Syrien
11,9
Millionen
Afghanistan
Irak
Zentral­
afrikanische
Republik
4,5
1,0
Millionen
Millionen
Millionen
Millionen
Myanmar
890.000
Sudan
3,0
3,9
Eritrea
444.000
Millionen
Somalia
Südsudan
2,5
2,3
Millionen
Millionen
Demokratische
Republik Kongo
2,4
Millionen
9
Auf der Flucht
FLÜCHTLINGE: ZAHLEN & FAKTEN
Nach Angaben des Flüchtlingskommis­
sariats der Vereinten Nationen (UNHCR)
waren im Jahr 2015 weltweit mehr als
60 Millionen Menschen auf der Flucht
vor Kriegen, Konflikten und Verfolgung.
Insgesamt haben 21,3 Millionen Men­
schen außerhalb ihres Landes Zuflucht
gesucht. Von ihnen gelten 19,5 Millio­
nen Menschen als Flüchtlinge unter
dem Mandat der Vereinten Nationen.
Davon haben knapp 90 Prozent in Ent­
wicklungsländern Zuflucht gefunden.
Laut Artikel 33 der Genfer Flücht­
lingskonvention ist Flüchtlingen, die
wegen ethnischer Herkunft, Religion,
Nationalität, Zugehörigkeit zu einer
bestimmten sozialen Gruppe oder
politischer Überzeugung verfolgt
werden, ohne Unterschied und Dis­
kriminierung Schutz zu gewähren.
Dieses Prinzip gilt auch für Menschen,
die aufgrund von Kriegen und gewalt­
samen Konflikten fliehen.
Menschen, die innerhalb ihres Landes
auf der Flucht sind, gelten als Binnen­
vertriebene. Sie stellen die weitaus
größte Gruppe aller Schutzbedürftigen
dar: Ende 2014 wurden 38,2 Millionen
MENSCHEN, DIE TÄGLICH ZUR FLUCHT
GEZWUNGEN WURDEN, SEIT 2010
42.500
2014
32.200
2013
23.400
2012
2011
2010
10
14.200
10.900
1.000 Flüchtlinge, Binnenvertriebene, Asylsuchende
Quelle: UNHCR/18. Juni 2015
Binnenvertriebene gezählt. Für die
Versorgung und den Schutz dieser
Menschen ist eigentlich ihr jeweiliger
Heimatstaat zuständig, doch kommt
er häufig seinen Verpflichtungen nicht
nach. Deshalb ist die Not der Binnen­
vertriebenen oft vergleichbar mit der
von Flüchtlingen, die Staatengrenzen
überschritten haben.
Darunter leiden nicht nur die Flücht­
linge, sondern auch die lokale Bevöl­
kerung.
HERAUSFORDERUNGEN
Ein bedeutender Teil der Flüchtlinge
entstammt Krisensituationen, die über
viele Jahre und oft sogar Jahrzehnte
andauern. Deshalb braucht es weitsich­
tige Lösungen, um die Menschenrechte
von Flüchtlingen zu schützen und ihre
Integration im Aufnahmeland nach­
haltig zu fördern.
Viele der Länder, die Flüchtlinge auf­
nehmen, sind selbst sehr arm. Die wirt­
schaftlichen und sozialen Folgen der
Flüchtlingskrise überfordern oft ihre
Leistungsfähigkeit. Sie sind kaum in
der Lage, die Grundversorgung für
die teilweise sehr große Anzahl von
Flüchtlingen zu sichern. Besonders das
Gesundheits­ und Bildungssystem, aber
auch die Wasserversorgung dieser Län­
der ist oft hoffnungslos überlastet.
Im Libanon beispielsweise leben in­
zwischen rund 1,2 Millionen syrische
Flüchtlinge. Das ist eine enorme Belas­
tung für das kleine Land, das selbst nur
4,5 Millionen Einwohner hat.
11
Auf der Flucht
AUFNAHMEREGIONEN UNTERSTÜTZEN.
Das tun wir konkret vor Ort –
einige Beispiele.
Die überwältigende Mehrheit der Flüchtlinge findet in Nachbarländern und -regionen
Schutz, knapp 90 Prozent in Entwicklungsländern. Sie müssen dort unterstützt werden.
Mehr als 12 Milliarden Euro wird das BMZ in der gesamten Legislaturperiode für
Fluchtursachenbekämpfung in Herkunfts- und Aufnahmeländern ausgegeben haben.
650.000
Über 650.000 syrische
Flüchtlinge im Libanon, Irak und in Ägypten haben im Jahr
2015 Ernährungshilfe über elektronische Gutscheine erhalten,
mit denen sie in lokalen Supermärkten Nahrungsmittel
einkaufen können.
230.000
Über 230.000 Kinder in Jordanien, im Libanon und
Nordirak haben in den letzten zwei Wintern warme
Kleidung erhalten.
72.000
11,6 Millionen
Über 72.000 Menschen im Camp Dohuk im
Nordirak können von einem verbesserten
Abwassersystem profitieren.
Die Trink- und Abwasserversorgung für
11,6 Millionen Menschen im Libanon, in
Jordanien, den Palästinensischen Gebieten
und im Nordirak ist verbessert worden.
12
40.000
Über 40.000 Flüchtlinge, Binnenflüchtlinge und Menschen in
den aufnehmenden Gemeinden im Irak haben psychosoziale
Unterstützung und Freizeitmöglichkeiten erhalten.
40.000
Im Libanon profitierten bisher 40.000 Kinder von
Kinderschutzmaßnahmen und 17.000 Frauen von
Maßnahmen zur Vorbeugung von Gewalt.
520.000
Bildungsangebote für 520.000 Kinder im Libanon,
in Jordanien, den Palästinensischen Gebieten, der
Türkei und im Nordirak stehen zur Verfügung.
130.000 Flüchtlingskindern in Jordanien wurde
zwischen 2013 und 2015 der Schulbesuch ermöglicht.
In der Türkei werden 2.000 syrische und
2.500 türkische Schulkinder sowie 100 syrische
Lehrer erreicht.
15.000
Rund 60.000 Kinder, davon rund
49.000 syrische Flüchtlingskinder und
rund 11.000 bedürftige libanesische
Kinder, wurden im Schuljahr 2014/2015
in staatlichen libanesischen Schulen
aufgenommen.
25.000
15.000 Menschen im Irak können in
Beschäftigung gebracht werden.
25.000 Menschen in Ägypten können
sich beruflich bilden.
13
Deutsches
Engagement
14
Deutsches Engagement
ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
BEKÄMPFT FLUCHTURSACHEN
UND SCHAFFT NEUE PERSPEKTIVEN
In Not­ und Krisenlagen sichert die
Humanitäre Hilfe der internationalen
Staatengemeinschaft das Überleben
von Flüchtlingen. Als Ergänzung zu
dieser Soforthilfe sind die Maßnahmen
der Entwicklungszusammenarbeit
auf längere Zeiträume angelegt. Ihr
Ziel ist es, die Situation in von Krisen
betroffenen Regionen nachhaltig zu
stabilisieren und die Lebensbedingun­
gen vor Ort zu verbessern. Sie bekämpft
Fluchtursachen, trägt dazu bei, neue
Krisen zu verhindern, und hilft den
Menschen, Perspektiven zu entwickeln.
Die Bewältigung der Flüchtlingskrise
hat für die deutsche Entwicklungspolitik
höchste Priorität. Das BMZ investiert
gezielt Mittel zur Bekämpfung von
Fluchtursachen und zur Unterstützung
von Flüchtlingen: Allein in diesem Jahr
sind etwa 3 Milliarden Euro für die Unter­
stützung von Flüchtlingen und aufneh­
menden Gemeinden und zur Bekämp­
fung von Fluchtursachen vorgesehen.
Das BMZ hat unter anderem dazu drei
Sonderinitiativen geschaffen: „Flucht­
ursachen bekämpfen, Flüchtlinge
reintegrieren“, „Stabilisierung und Ent­
wicklung in Nordafrika und Nahost“
und „EINEWELT ohne Hunger“.
„Die meisten Flüchtlinge, denen ich
begegnet bin, wünschen sich – wie
fast alle Menschen – eine Zukunft in
ihrer Heimat. Sie wollen dort leben,
wo ihr Zuhause ist und ihre Familien
sind. Hier sind unsere Anstrengungen
und unsere Energie gefragt.“
BUNDESENTWICKLUNGSMINISTER
DR. GERD MÜLLER
Regionale Schwerpunkte sind vor allem
die Nachbarländer Syriens, Nordafrika,
Westafrika, das Horn von Afrika sowie
der Südsudan und die Zentralafrika­
nische Republik mit ihren Nachbarn.
Außerdem sind Afghanistan und
Pakistan von großer Bedeutung. Auch
der Balkan, der sowohl Herkunfts­ als
auch Transitregion von Flüchtlingen
ist, sowie die Ukraine mit ihren vielen
Binnenvertriebenen stehen im Fokus
der Arbeit des BMZ. Das Engagement
des BMZ umfasst dabei drei Aktionsfel­
der, die sich in vielen Arbeitsbereichen
überschneiden und sich gegenseitig
ergänzen: Fluchtursachen bekämpfen,
Aufnahmeregionen stabilisieren und
Flüchtlinge unterstützen.
15
Deutsches Engagement
FLUCHTURSACHEN
BEKÄMPFEN
Kriege und Konflikte haben in den vergangenen Jahren viele Millionen Menschen dazu gezwungen, ihre Heimat zu
verlassen. Die Ursachen dafür können
nur langfristig behoben werden.
Deutschland unterstützt Krisenländer
dabei, ihre politische und wirtschaftliche Situation zu stabilisieren, zerstörte
Strukturen wiederaufzubauen und
16
Bildungs- und Beschäftigungschancen
zu verbessern. Arbeits- und Ausbildungsprogramme bieten vor allem
jungen Menschen Perspektiven und
fördern den sozialen Zusammenhalt.
Die Bundesregierung setzt sich für
regionale und internationale Friedensprozesse ein. Sie unterstützt den konstruktiven, gewaltfreien Umgang mit
Konflikten.
Ausbildung von zukünftigen Lehrerinnen,
Afghanistan
BEISPIEL: AFGHANISTAN
Ausbildungsplätze
schaffen Perspektiven
In Afghanistan leben etwa 1,7 Millionen junge Menschen, die in einem
Alter sind, in dem sie eine Berufsausbildung machen könnten – aller­
dings gibt es für sie bisher noch viel zu wenige Ausbildungsplätze.
So konnten an den landesweit 300 Berufsschulen im Jahr 2014 lediglich
80.000 Jugendliche unterrichtet werden. Viele der Berufsschulen sind
zudem schlecht ausgestattet, die Lehrpläne und Prüfungen sind un­
einheitlich und den meisten Lehrkräften fehlt Fachpraxis. Viele Berufs­
schülerinnen und Berufsschüler schließen ihre Ausbildung deshalb ab,
ohne optimal auf ihren Beruf vorbereitet zu sein.
Weitere 600.000 Jugendliche wurden 2014 auf traditionelle Weise und
ohne staatliche Unterstützung in kleinen Handwerks­ und Handels­
betrieben ausgebildet. Diesen Berufsanfängern fehlt jedoch in vielen
Fällen das moderne technische Hintergrundwissen, um ihre Berufe den
heutigen Anforderungen entsprechend ausführen zu können.
17
Deutsches Engagement
Um Zukunftsperspektiven für alle Jugendlichen zu schaffen und damit
sich die Wirtschaft entwickeln kann, braucht das Land langfristig rund
1.000 gut ausgestattete Berufsschulen und etwa 70.000 qualifizierte
Lehrkräfte. Deutschland unterstützt Afghanistan beim Aufbau eines
entsprechenden Berufsbildungssystems – damit möglichst bald alle
Jugendlichen praxisnah und nach einheitlichen Standards ausgebildet
werden können.
BISHERIGE ERGEBNISSE
1.569
18
Ausbildungsstätten: 50 Berufsschulen wurden neu ausgestattet,
zwei Ausbildungszentren für Berufsschullehrer und Berufsschullehrerinnen wurden in Kabul und Mazar-e-Sharif gegründet, an
beiden Standorten sind derzeit 1.569 Studierende eingeschrieben,
darunter 38,5 Prozent Frauen.
6
Neue Berufsbilder: Sechs neue gewerblich-technische Ausbildungsberufe wurden entwickelt und an 35 Berufsschulen eingeführt, ein
neuer kaufmännischer Ausbildungsberuf wurde an 16 kaufmännischen Berufsschulen eingeführt.
900
Duale Ausbildung: 900 Lehrlinge, die informell in Handwerks- und
Handelsbetrieben ausgebildet werden, erhalten neben der bisher
ausschließlich praktischen Ausbildung im Betrieb nun auch Unterricht in den Berufsschulen in Kabul und Mazar-e-Sharif.
Berufliche Fortbildungen: 238 Handwerker in vier Fachrichtungen
werden zurzeit in vier Fachrichtungen weitergebildet.
11.400
Lehrerfortbildungen: Bis August 2015 nahmen mehr als 11.400
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an berufspädagogischen oder
fachlichen Fortbildungen teil.
6.658
355
Praktika: 6.658 Jugendliche konnten 2014 ein vierwöchiges Betriebspraktikum in 577 afghanischen Unternehmen absolvieren.
Fortbildungen für Verwaltungsbeamte: Workshops und Konferenzen für 355 Schulverwaltungsbeamte haben dazu beigetragen, das
Management der Berufsschulen zu verbessern.
Ausbildung zum Maschinenschlosser, Afghanistan
19
Waffia Mahmoud, Produktionsarbeiterin
in einem Lebensmittelbetrieb
BEISPIEL: ÄGYPTEN
Mehr Arbeitsplätze
für Jugendliche
„Endlich habe ich Arbeit gefunden und belaste meine Familie nicht mehr
finanziell“, freut sich Waffia Mahmoud. Die 25­jährige Ägypterin hat
eine feste Stelle in einem Lebensmittelbetrieb in Kairo gefunden. Zuvor
war sie ein Jahr lang arbeitslos.
Trotz einer hohen Arbeitslosigkeit haben zahlreiche Unternehmen in
Ägypten Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen, weil die Beschäf­
tigungsangebote für Arbeitssuchende häufig inakzeptabel sind: Oft wird
nur wenig Lohn gezahlt, es gibt keine formellen Arbeitsverträge und
auch keine Sozialleistungen. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes
wird durch diese Verhältnisse gebremst.
Um Zukunftsperspektiven für junge Menschen zu schaffen, unterstützt
Deutschland Ägypten dabei, die Beratungs­ und Vermittlungsangebote
für Arbeitssuchende zu erweitern und die Qualität der Arbeitsstellen
zu verbessern. Das Projekt „Teilhabe durch Beschäftigung“ ist Teil der
Sonderinitiative des BMZ zur Stabilisierung und Entwicklung in Nord­
afrika und im Nahen Osten.
20
Deutsches Engagement
Im Rahmen des Projekts werden kleine und mittlere Unternehmen
beraten, damit sie ihre Beschäftigungsangebote verbessern können.
Außerdem werden „Beschäftigungszentren“ aufgebaut, die Schulungen
zur Vorbereitung auf den Beruf anbieten. Auch Waffia Mahmoud hat an
einer solchen Schulung teilgenommen und wurde bei der Berufswahl,
dem Bewerbungsprozess und der Vorbereitung auf ihren Job unter­
stützt. Nun blickt sie positiv in die Zukunft: „Die Arbeit macht mir Spaß.
Durch den Job habe ich nun auch zum ersten Mal ein richtiges Bank­
konto – das hilft mir beim Sparen für die Zukunft.“
ZIELE DES PROJEKTS
Bis Dezember 2017 sollen
8.000
5.000
6.000
mindestens 8.000 Jugendliche auf den Beruf vorbereitet werden,
ein Viertel davon Frauen, und
mindestens 5.000 Jugendliche in dauerhafte, formelle
Arbeitsverhältnisse vermittelt werden, ein Fünftel davon Frauen.
Außerdem soll die Situation von 6.000 Beschäftigten verbessert
werden – zum Beispiel durch bessere Sozialleistungen, bessere
Standards der Arbeitsplatzsicherheit und neue Karrieremöglichkeiten.
ERSTE ERGEBNISSE
Seit Januar 2015
643
815
haben 643 Jugendliche eine Schulung zur Vorbereitung auf
den Beruf besucht und
815 Arbeitssuchenden wurde ein Job vermittelt.
21
Deutsches Engagement
AUFNAHMEREGIONEN
STABILISIEREN
Die meisten Flüchtlinge suchen in
Ländern Schutz, die in der Nähe ihrer
ursprünglichen Heimat liegen. Zu den
Ländern, die besonders viele Menschen
aufnehmen, gehören die Türkei, Pakistan, der Libanon, Äthiopien, Jordanien,
Kenia, der Tschad und Uganda. Der
kurzfristige Zuzug von sehr vielen
Menschen auf der Flucht führt aber
gerade in Entwicklungsländern zu
massiven Problemen: Es fehlt an Unterkünften und Arbeitsmöglichkeiten,
die Schulen können nicht alle Kinder
aufnehmen, Wasser und Nahrungsmittel werden oft knapp.
LEBENSGRUNDLAGEN
SICHERN
Um die Situation zu stabilisieren,
investiert Deutschland direkt in
die Infrastruktur vor Ort – auch in
die Wasserversorgung. Ein weiterer
Schwerpunkt ist die Schaffung von
22
Arbeitsplätzen. Staatliche Einrichtungen und Nichtregierungsorganisationen erhalten Unterstützung, um
ihre Angebote aufrechtzuerhalten und
auszuweiten.
Neben dem Aufbau der Infrastruktur
fördert Deutschland den Dialog zwischen den Neuankömmlingen und der
ansässigen Bevölkerung. Ziel ist es, die
Flüchtlinge gesellschaftlich zu integrieren, Konflikte zu vermeiden und die
Lebensgrundlagen für alle zu sichern.
„Ich habe das Gefühl, dass wir hier
Eindringlinge sind. Durch uns wird
das Leben auch für die Libanesen
schwieriger, vor allem wenn es um
Arbeitsplätze geht.“
IMAD HUSSEIN LEBT ALS SYRISCHER
FLÜCHTLING IM LIBANON
BEISPIEL: JORDANIEN
Trinkwasser für alle
Seit Ausbruch des Bürgerkriegs sind rund 631.000 Syrerinnen und Syrer
ins Nachbarland Jordanien geflüchtet. Das entspricht fast zehn Prozent
der jordanischen Bevölkerung – und täglich kommen weitere Flüchtlin­
ge hinzu. Der Zustrom und lange Verbleib überfordert die Infrastruktur
des Landes.
Ein großes Problem ist die Versorgung der Menschen mit Trinkwasser,
denn Wasser ist in Jordanien extrem knapp. Schon bevor die Flüchten­
den aus Syrien ins Land kamen, wurden Jordaniens Wasserressourcen
zu intensiv genutzt und konnten sich darum nicht mehr regenerieren.
Jedes Jahr sinkt der Grundwasserspiegel um einen Meter.
Im Auftrag des BMZ engagiert sich die KfW Entwicklungsbank des­
halb bereits seit längerer Zeit im jordanischen Wassersektor. Damit
alle Einheimischen und Flüchtlinge ausreichend mit Wasser versorgt
werden können und um Konflikte zwischen den beiden Gruppen zu
vermeiden, stellt die Bundesregierung seit 2012 erheblich mehr Geld für
den jordanischen Wassersektor zur Verfügung. Derzeit werden von der
KfW Wasserprojekte im Gesamtumfang von rund 600 Millionen Euro
betreut oder vorbereitet. Damit werden sowohl kurzfristig angelegte
23
Deutsches Engagement
Maßnahmen zur Linderung der Notlage in den Grenzregionen finanziert
als auch Programme zur langfristigen und nachhaltigen Verbesserung
der Wasserversorgung in Jordanien. Zum Beispiel sollen alte Tief­
brunnen repariert werden, die Städte wie Irbid, Ramtha und Mafraq
versorgen. Diese Städte haben besonders viele Flüchtende aufgenom­
men – rund 1,7 Millionen Menschen hängen von den Brunnen ab.
ERSTE ERGEBNISSE
135.000
800.000
135.000 Menschen haben durch Maßnahmen zur Instandsetzung
der Versorgungsnetze einen besseren Zugang zu Trinkwasser.
365.000
20 Brunnen wurden bis Ende 2014 instand gesetzt. Die zusätzlich
verfügbare Wassermenge entspricht dem Wasserbedarf von rund
365.000 Einwohnern.
132.000
132.000 Menschen in den Flüchtlingscamps Zaatari und Azraq
werden mit sauberem Trinkwasser versorgt (50 Prozent davon
durch neu erbaute Brunnen) und haben Zugang zu hygienischen
Sanitäreinrichtungen.
12.000
24
800.000 Flüchtlinge und Jordanier erhalten durch den Ausbau
der Aqib-Pipeline, die ein wichtiges Brunnenfeld an das jordanische Wasserversorgungsnetz anschließt, eine sichere Wasserversorgung.
12.000 Schüler in den Aufnahmegemeinden haben verbesserte
Sanitäreinrichtungen.
Wasseraufbereitung in
Madaba, Jordanien
25
BEISPIEL: IRAK
Bessere Lebensbedingun­
gen für Flüchtlinge und
Einheimische
3,96 Millionen Irakerinnen und Iraker befinden sich innerhalb ihres
Landes auf der Flucht, um dem Terror der Organisation „Islamischer
Staat“ zu entgehen. Nach UN­Schätzungen ist ein Drittel von ihnen in
die Region Kurdistan­Irak im Nordirak geflüchtet. Aus Syrien haben
weitere 250.000 Menschen Zuflucht im Nordirak gefunden. Dort leben
nun in vielen Bezirken mehr Flüchtlinge als Einheimische. Die kurdische
Regionalregierung unternimmt mit Unterstützung der internationalen
Gemeinschaft enorme Anstrengungen, die Flüchtlinge zu versorgen.
Allein in der Provinz Dohuk wurden 18 Flüchtlingscamps für jeweils bis
zu 50.000 Menschen eingerichtet – zusätzliche Camps sind in Planung.
Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammen­
arbeit und Entwicklung (BMZ) ist die Deutsche Gesellschaft für Inter­
nationale Zusammenarbeit (GIZ) in den Camps der Region Dohuk aktiv.
In enger Zusammenarbeit mit der Welthungerhilfe, dem Kinderhilfs­
26
Deutsches Engagement
werk der Vereinten Nationen (UNICEF) und lokalen Organisationen
unterstützt die GIZ die örtlichen Behörden beim Aufbau von Infrastruk­
tur. So wurden zum Beispiel fünf Gesundheitsstationen in den Camps
eingerichtet. Außerdem hat die GIZ in Zusammenarbeit mit UNICEF sie­
ben Schulen gebaut und ausgestattet. In den Städten Dohuk und Zakho
entstehen drei weitere Schulen. Auch die psychosoziale Betreuung und
rechtliche Beratung von Flüchtlingen zählt zu den Schwerpunkten des
deutschen Engagements. Dafür wurden in sechs Camps Gemeindezent­
ren eingerichtet.
Die verschiedenen Maßnahmen tragen dazu bei, die Lebensbedingungen
der Binnenvertriebenen, Flüchtlinge und der Einheimischen zu verbes­
sern. Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller hatte der kurdischen
Regionalregierung das Vorhaben im Rahmen seiner Reise in den Nord­
irak im Oktober 2014 zugesagt. Bislang hat das BMZ dafür insgesamt
37 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die erfolgreichen Ansätze des
Vorhabens sollen in den kommenden zwei Jahren fortgeführt und weiter
ausgebaut werden.
BEISPIELE FÜR DAS BISHERIGE ENGAGEMENT (Auswahl)
145.000
2.900
100.000
3.500
250.000
30.000
500 Familienzelte und 20 Großraumzelte wurden als Übergangsunterkünfte und für soziale und kulturelle Zwecke zur Verfügung
gestellt. Davon haben mehr als 145.000 Menschen profitiert.
2.900 Schülerinnen und Schüler besuchen bereits neu eingerichtete Schulen. Für rund 2.500 weitere Kinder und Jugendliche werden derzeit Schulen in den aufnehmenden Gemeinden gebaut.
Rund 100.000 Menschen haben Zugang zu den vielfältigen
Bildungs- und Beratungsangeboten der Gemeindezentren,
die die GIZ in sechs Camps eingerichtet hat.
Etwa 3.500 Personen werden jeden Monat durch Sozialarbeiter
psychosozial betreut und umfassend beraten, um traumatische
Erlebnisse zu verarbeiten.
250.000 Menschen haben besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung.
30.000 Menschen in den Camps kommen kleinere Infrastrukturmaßnahmen wie der Bau von Wasserleitungen und Abwasserkanälen oder die Ausbesserung von Straßen zugute.
27
Deutsches Engagement
INTEGRATION UND REINTEGRATION VON FLÜCHTLINGEN
UND BINNENVERTRIEBENEN
Auf der Flucht verlieren Menschen nicht
nur ihr Hab und Gut – viele erleben auch
Gewalt, Erniedrigung und Ausbeutung.
Deutschland macht sich für die Rechte
von Flüchtlingen stark und finanziert
Maßnahmen, die das Leiden nach traumatischen Erlebnissen lindern.
PERSPEKTIVEN SCHAFFEN
Viele Flüchtlinge wissen, dass sie vermutlich jahrelang nicht in ihre Heimat
zurückkehren können. Gleichzeitig
ist es oft sehr schwierig für sie, im
Aufnahmeland Arbeit zu finden. Auch
zu Bildungsangeboten und medizinischer Versorgung haben sie häufig
keinen ausreichenden Zugang. Das
28
Gefühl, keine Perspektiven mehr zu
haben, ist in dieser Lebenssituation
nur allzu nachvollziehbar. Und selbst
dann, wenn eine Rückkehr möglich
ist, stehen die Heimkehrer vor großen
Herausforderungen: Der Alltag muss
neu organisiert und gestaltet werden.
Die meisten Rückkehrer haben ihren
gesamten Besitz verloren und müssen
sich eine neue Existenz schaffen.
Ziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ist es, sowohl für die
Flüchtlinge im Aufnahmeland als auch
für die Rückkehrer Perspektiven zu
schaffen. Dazu investiert Deutschland
unter anderem in den Wiederaufbau
von Schulen und Gesundheitszentren.
BEISPIEL: WIEDERAUFBAU UND NEUSTART
Unterstützung für
Rückkehrer in Mali
Rund 500.000 Menschen mussten 2012 vor einem gewaltsamen Konflikt
in Mali flüchten. Nachdem sich die Lage wieder stabilisiert hatte, kehr­
ten im Jahr danach Zehntausende wieder in ihre Heimatregionen und
Dörfer zurück.
In Zusammenarbeit mit der malischen Organisation ENDA unterstützt
Caritas international die Rückkehrer bei ihrem Neustart. Öffentliche Ver­
söhnungskomitees vermitteln bei Konflikten – etwa, wenn die Häuser und
Felder der Geflüchteten zwischenzeitlich von anderen genutzt werden.
Das BMZ fördert das Projekt mit zwei Millionen Euro von 2014 bis 2017.
Viele Rückkehrer nehmen am „Cash for work“­Programm der Caritas
teil: Sie setzen Teile der zerstörten Infrastruktur wieder instand und
erhalten dafür eine Bezahlung. Dieses Geld hilft ihnen beim Neubeginn
und kurbelt dadurch gleichzeitig die regionale Wirtschaft an.
29
Deutsches Engagement
BEISPIEL: ERNÄHRUNGS­ UND FRIEDENSSICHERUNG
Bauernfeldschulen
im Südsudan
Das Schicksal von Severina William ist typisch für den Südsudan:
Gleich mehrfach wurde sie während des Bürgerkriegs von bewaffneten
Gruppen vertrieben. Am Stadtrand von Ibba hat sie ein neues Zuhause
gefunden – und die Möglichkeit, sich zu ernähren und Geld zu verdie­
nen: Sie besucht eine von Deutschland finanzierte Bauernfeldschule.
Dort lernt sie, Saatgut auszuwählen, auf geeigneten Flächen zu säen,
zum passenden Zeitpunkt zu ernten, die Ernte richtig zu lagern und
30
Mitglieder einer Bauernfeldschule im Südsudan
„Bald werden wir in der Lage sein,
auf eigenen Beinen zu stehen.“
lokale Märkte zu beliefern. Saatgut und Geräte
werden ihr zur Verfügung gestellt. „Bald werden
wir in der Lage sein, auf eigenen Beinen zu ste­
hen“, freut sich Severina William.
SEVERINA WILLIAM BESUCHT EINE
VON DEUTSCHLAND FINANZIERTE
BAUERNFELDSCHULE
Seit 2008 fördert Deutschland im Rahmen seiner Entwicklungszusammenarbeit Bauernfeldschulen im Südsudan. Die in den Feldschulen
erworbenen Fähigkeiten werden von den Teilnehmern an andere
Bäuerinnen und Bauern vermittelt und finden so weite Verbreitung.
Die landwirtschaftliche Produktion kann dadurch nach und nach erhöht
und die Ernährung von immer mehr Haushalten gesichert werden. – Ein
wichtiger Schritt in Richtung Frieden und Sicherheit in der Region.
BISHERIGE ERGEBNISSE
56
45.500
290 Bauerngruppen mit insgesamt etwa 7.000 Bäuerinnen und
Bauern wurden gegründet; zusammen mit ihren Familienangehörigen profitieren insgesamt 45.500 Personen von den Maßnahmen
dieser Gruppen.
6.800
6.800 kleinbäuerliche Haushalte, die Landwirtschaft zu ihrer
Selbstversorgung betreiben, erhielten im Umfeld der Aktivitäten der
Bauernfeldschulen Schulungen im Gemüse- und Feldbau.
20 %
Die Erträge bei Feldfrüchten stiegen bis zu 20 Prozent, vor allem im
fruchtbaren Süden des Landes.
31
Internationales
Engagement
32
Internationales Engagement
ZUSAMMENARBEIT
MIT PARTNERN
„Der vor uns liegende Weg ist steinig,
aber ich hoffe, dass wir zusammen mit
Regierungen, der Zivilgesellschaft und
anderen Partnern Fortschritte erzielen,
bei der Sicherstellung des Schutzes
und der Verbesserung der Lebensbe­
dingungen für Millionen Flüchtlinge,
Binnenvertriebene und Staatenlose.“
UN-FLÜCHTLINGSKOMMISSAR
FILIPPO GRANDI
EUROPÄISCHE
ZUSAMMENARBEIT
Einige Flüchtlingskrisen ereignen sich
in direkter Nachbarschaft zu Europa.
Darum ist ein gemeinsames Handeln
der europäischen Länder erforder­
lich: Die Europäische Union muss
Fluchtursachen bekämpfen, Aufnah­
meländer entlasten und Flüchtlingen
neue Lebensperspektiven eröffnen.
Das BMZ setzt sich dafür ein, dass die
EU­Mitgliedsstaaten ihr Engagement für
Flüchtlinge ausbauen und dabei effektiv
miteinander kooperieren. Dazu sollte die
kurzfristige Nothilfe eng mit langfristig
wirkender Entwicklungszusammen­
arbeit verzahnt werden. Auf Initiative
von Bundesentwicklungsminister Gerd
Müller hat die EU im Februar 2015 eine
Sondermilliarde zur Bewältigung der
Flüchtlingskrise in der Region Syrien
und Irak zur Verfügung gestellt. Doch
weitere finanzielle Anstrengungen
seitens der EU sind nötig
WELTWEITE
ZUSAMMENARBEIT
Das Engagement der Bundesregierung
für Flüchtlinge ist Teil der internatio­
nalen Hilfsbemühungen und erfolgt in
enger Abstimmung mit den Vereinten
Nationen. Das BMZ unterstützt zum
Beispiel das Flüchtlingskommissariat
(UNHCR), die Arbeit des Welternäh­
rungsprogramms (WFP), des UN­Ent­
wicklungsprogramms (UNDP) und
des Kinderhilfswerks der Vereinten
Nationen (UNICEF) mit erheblichen
finanziellen Beiträgen.
Das BMZ beteiligt sich auch an der
„Solutions Alliance“, einer interna­
tionalen Initiative, die Lösungen
für Flüchtlinge in lang anhaltenden
Krisen entwickelt. Unter dem Dach
von „Solution Alliance“ kooperieren die
betroffenen Staaten, Geberstaaten wie
beispielsweise Deutschland, UN­Or­
ganisationen wie das Flüchtlingskom­
missariat (UNHCR) sowie Vertreter der
Wissenschaft, der Wirtschaft und der
Zivilgesellschaft.
33
BEISPIEL: UNICEF
Bildung für alle Kinder
im Libanon
Rund die Hälfte der syrischen Flüchtlinge sind Kinder. Von den
430.000 Kindern im Alter von 3 bis 13 Jahren, die aus Syrien in den
Libanon geflohen sind, besuchen im Schuljahr 2014/2015 324.000
bisher keine staatlich anerkannte Bildungseinrichtung. Ihnen droht
die Gefahr, dass sie zu einer „verlorenen Generation“ werden: Sie
kennen nur Krieg und Zerstörung und haben kaum eine Chance auf
ein selbstbestimmtes Leben.
Das libanesische Bildungsministerium hat ein Programm gestartet, um
sowohl syrischen Flüchtlingskindern als auch bedürftigen Libanesen
Zugang zu Bildung zu ermöglichen (Reaching all Children with Education,
RACE). Umgesetzt wird es unter anderem vom Kinderhilfswerk UNICEF
im Rahmen seiner Initiative No lost generation.
Deutschland zählt zu den größten Förderern der UNICEF­Arbeit im
Libanon. Das BMZ hat das Bildungsprogramm mit 34 Millionen Euro für
das Schuljahr 2014/2015 unterstützt und weitere 65 Millionen Euro für
dieses Schuljahr zur Verfügung gestellt.
34
Internationales Engagement
Durch diese substantielle Erhöhung der Beiträge des BMZ für das
Schuljahr 2015/2016 wird sichergestellt, dass im Rahmen des libanesi­
schen Schulprogramms RACE bis zu 200.000 Kinder eingeschult werden
können und somit eine Zukunftsperspektive erhalten.
ERGEBNISSE DER BILDUNGSOFFENSIVE
IM SCHULJAHR 2014/2015
60.000
Rund 60.000 , davon rund 49.000 syrische und rund 11.000
libanesische Kinder, wurden in staatlichen Schulen aufgenommen,
die inzwischen in zwei Schichten unterrichten. Alle diese Kinder
wurden mit Schulmaterial ausgestattet.
11.000
11.000 syrische Kinder bekommen Förderunterricht,
um wieder Anschluss an den Lehrplan zu finden.
18.500
Rund 18.500 Kinder werden bereits psychosozial betreut.
38.000
38.000 Schüler werden von ihren oft weit entfernt liegenden
Wohnorten mit Bussen abgeholt und zur Schule gebracht, um
ihnen den Schulbesuch zu ermöglichen.
500
1.900
Etwa 500 Mitarbeiter staatlicher Schulbehörden werden weitergebildet und bei der Durchführung des Programms begleitet.
Etwa 1.900 Jugendliche erhalten Bildungsangebote und Kurse
außerhalb des öffentlichen Schulunterrichts.
35
Persönliches
Engagement
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Persönliches Engagement
WAS KANN ICH MACHEN?
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die
Not von Flüchtlingen durch persön­
liches Engagement zu lindern. In
Deutschland leben Flüchtlinge zum
Beispiel oft isoliert von der restlichen
Bevölkerung. Persönliche Kontakte
helfen ihnen, sich an ihr neues Umfeld
zu gewöhnen.
Bei der Kontaktaufnahme können Sie
sich unterstützen lassen: Es gibt viele zi­
vilgesellschaftliche Initiativen, die sich
vor Ort für Flüchtlinge engagieren. Sie
bieten zum Beispiel Deutschunterricht
oder Hausaufgabenhilfe für Kinder an.
Fragen Sie bei Ihrer Kommune nach,
welche Organisationen sich in Ihrem
Ort engagieren, und helfen Sie mit!
Wenn Sie sich für das Thema engagie­
ren wollen, können Sie sich an die Mit­
machzentrale der Servicestelle Engage­
ment Global wenden. Dort unterstützt
man Sie dabei, eine zu Ihnen passende
Engagement­Möglichkeit zu finden.
HOTLINE DER
MITMACHZENTRALE:
0800 188 7 188
(kostenfrei), Montag bis Freitag
von 8:00 bis 20:00 Uhr
Angesichts der aktuellen gesellschaft­
lichen Diskussion ist es außerdem
wichtig, das Thema „Flucht“ anzuspre­
chen und über die Hintergründe von
Flucht und Migration zu informieren.
Dazu gibt es viele Informationen auf
der Website des BMZ www.bmz.de/flucht
oder auf der Website des Flüchtlings­
hilfswerks der Vereinten Nationen
www.unhcr.de.
MACHEN SIE MIT!
GEMEINSAM KÖNNEN
WIR PERSPEKTIVEN
FÜR FLÜCHTLINGE
SCHAFFEN.
HERAUSGEBER
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (BMZ),
Referat Öffentlichkeitsarbeit, digitale Kommunikation
und Besucherdienst
REDAKTION
BMZ, Sonderinitiative Fluchtursachen bekämpfen —
Flüchtlinge reintegrieren
GESTALTUNG
Atelier Hauer + Dörfler GmbH, Berlin
DRUCK
Bonifatius Druck, Paderborn
Das Original wurde auf FSC­zertifiziertem Papier gedruckt.
FOTOS
Titel: Thomas Koehler/photothek.net
Caritas international; forumZFD; GIZ: Rüdiger Behrens,
Salma Reda; photothek.net: Ute Grabowsky, Thomas Imo,
Thomas Koehler, Thomas Trutschel; UNICEF: Kate Brooks,
Sebastian Rich
STAND
Januar 2016
BEZUGSSTELLE
Publikationsversand der Bundesregierung
Postfach 48 10 09
18132 Rostock
Tel. +49 (0) 30 18 272 272 1
[email protected]
POSTANSCHRIFTEN
DER DIENSTSITZE
BMZ Bonn
Dahlmannstr. 4
53113 Bonn
Tel. +49 (0) 228 99 535­0
Fax +49 (0) 228 99 535­3500
BMZ Berlin im Europahaus
Stresemannstr. 94
10963 Berlin
Tel. +49 (0) 30 18 535­0
Fax +49 (0) 30 18 535­2501
[email protected]
www.bmz.de
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stimmt. Sie dürfen weder von Parteien noch von Wahlwerbern oder Wahlhelfern während eines Wahl­
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