verschärfte massnahmen gegen dIe geldwäschereI ab 1. JulI

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juni 2015
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verschärfte massnahmen gegen die
geldwäscherei ab 1. Juli 2015
(3. Teil)
Inhaberaktien, meldepflicht bei juristischen Personen,
Bargeldtransaktionen ab CHF 100'000
Das Parlament hat im Dezember 2014 das „Bundesgesetz zur Umsetzung der revidierten Empfehlungen der Groupe d’action financière (GAFI)“ verabschiedet. Die GAFI, eine von der G-7 ins Leben gerufene Expertengruppe, erlässt Empfehlungen zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung. Mit verschiedenen Gesetzesänderungen wollen der Bundesrat und
das Parlament verhindern, dass die Schweiz auf einer schwarzen Liste landet.
Nachfolgend werden die wesentlichen Neuerungen im Obligationenrecht (OR) und im Bundesgesetz über die Bekämpfung der Geldwäscherei (GwG) ausgeleuchtet.
Obligationenrecht: Neuerungen bei Inhaberaktien ab 1. Juli 2015
Einleitung
Anlässlich der Prüfung der Jahresrechnung durch die Revisionsstelle werden auch die Beteiligungen überprüft. Neben der Werthaltigkeit ist vor allem die Prüfung von deren Existenz von entscheidender Bedeutung. In diesem Zusammenhang wird bei Namenaktien das Aktienbuch, bei Inhaberaktien in der Regel der Depotauszug geprüft. Falls die Aktien nicht bei einer Bank hinterlegt wurden,
wird das Vorhandensein der Aktien physisch kontrolliert.
Bei einer Prüfung letztes Jahr verlangte der Schreibende den Nachweis einer Beteiligung, welche in Form von Inhaberaktien verkörpert war. Der Finanzchef griff dabei in ein offenes Regal, öffnete den Ordner «Beteiligungen», zückte die Inhaberaktien und übergab
sie zur Prüfung. So schnell war der Schreibende noch nie in den Besitz eines Unternehmens gelangt. Die Aktien wurden anschliessend natürlich im Tresor aufbewahrt.
Ab dem 1. Juli 2015 haben die Eigentümer von Inhaberaktien jedoch noch weitere „Herausforderungen“ zu bewältigen. Im Rahmen
der Bekämpfung der Geldwäscherei wurden einschneidende gesetzliche Bestimmungen erlassen. Dadurch werden die Inhaberaktien
- so wie wir sie bisher kannten - per 1. Juli 2015 de facto abgeschafft.
Von den Änderungen nicht betroffen sind börsenkotierte Gesellschaften und Gesellschaften, deren Aktien als Bucheffekten gemäss
Bucheffektengesetz ausgestaltet sind. Bei diesen Gesellschaften werden die Geldwäschereibestimmungen bereits anderweitig umgesetzt.
Meldepflichten für Aktionäre
▶▶ Wer Inhaberaktien erwirbt, egal wie viele, muss den Erwerb der Gesellschaft melden, sich gegenüber der Gesellschaft identifizieren und den Besitz der Aktien nachweisen.
▶▶ Wer alleine oder in gemeinsamer Absprache (z.B. durch einen Aktionärsbindungsvertrag) Namen- oder Inhaberaktien oder
Stammanteile einer GmbH erwirbt, und dadurch den Grenzwert von 25% des Kapitals oder der Stimmrechte erreicht oder
überschreitet, muss die natürliche Person nennen, für die er oder sie letztlich handelt (wirtschaftlich berechtigte Person oder
ultimate beneficial owner).
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▶▶ Die Frist zur Meldung beträgt in beiden Fällen einen Monat nach Erwerb. Bis zur (vollständigen) Meldung ruhen die Mitwirkungsrechte. Wer nicht rechtzeitig meldet, verwirkt zudem seine Vermögensrechte (z.B. Recht auf Dividende, Bezugs- und
Vorwegzeichnungsrechte) und kann nur noch solche geltend machen, die nach der Meldung entstehen.
▶▶ Personen, welche bereits vor dem 1. Juli 2015 im Besitz von Inhaberaktien sind, müssen die Meldung nachholen; sie verwirken
ihre Vermögensrechte, wenn sie die Meldung nicht bis zum 31. Dezember 2015 vornehmen.
Pflichten von Aktiengesellschaften, GmbH und Genossenschaften
▶▶ Die Gesellschaften (AG, GmbH, Genossenschaft) müssen generell ein Verzeichnis über ihre Gesellschafter führen. Das war
bei der Aktiengesellschaft für Namenaktien und bei der GmbH für die Gesellschafter bisher so, den Genossenschaften sind
die Genossenschafter meist bekannt. Neu müssen Aktiengesellschaften ein Verzeichnis der Inhaberaktionäre führen und: Alle
Gesellschaften müssen die wirtschaftlich Berechtigten kennen, die mindestens 25% ihrer Anteile oder Stimmrechte halten.
▶▶ Die betroffenen Gesellschaften müssen Aktienbücher, Verzeichnisse ihrer Gesellschafter und die Belege der Meldungen während mindestens 10 Jahren aufbewahren.
▶▶ Die Gesellschaften müssen ihre Statuten und Reglemente anpassen. Es gilt eine gesetzliche Übergangsfrist von zwei Jahren,
d.h. bis zum 1. Juli 2017. Um offene Fragen im Zusammenhang mit der Verwirkung der Vermögenswerte in den Statuten klarzustellen, empfehlen wir eine Anpassung bis 31. Dezember 2015.
Pflichten der Unternehmensführung
▶▶ Der Verwaltungsrat hat sicherzustellen, dass kein Aktionär seine Mitgliedschafts- und Vermögensrechte ausüben kann, wenn er
seine Meldepflicht nicht (rechtzeitig) einhält.
Erleichterte Umwandlung von Inhaber- in Namenaktien
▶▶ Die Statuten dürfen eine Umwandlung nicht mehr erschweren. Es genügt ein Beschluss der Generalversammlung mit der
Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Statutenbestimmungen, welche dieser Vorschrift widersprechen, treten spätestens per 1.
Juli 2017 ausser Kraft.
Was müssen Sie tun?
▶▶ Als Inhaberaktionär: Melden Sie sich bei der Gesellschaft mit einer Kopie eines amtlichen Ausweises, der Kopie des Aktienzertifikates und ihrer aktuellen Anschrift.
▶▶ Als Treuhänder und Aufbewahrer (Escrow Agent), der für andere Aktien hält resp. verwahrt: Machen Sie ihren oder ihre Treugeber darauf aufmerksam, dass sie verpflichtet sind, ihn resp. sie bei der Gesellschaft zu melden, falls er alleine oder sie in
gemeinsamer Absprache 25% und mehr am Kapital oder den Stimmrechten einer Gesellschaft halten.
▶▶ Als Verwaltungsrat: Stellen Sie sicher, dass
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die Gesellschaft ihre Statuten und das Reglement an die neue Gesetzgebung anpasst, empfohlen bis spätestens 31. Dezember 2015.
die Gesellschaft ein Aktienbuch / Verzeichnis aller Aktionäre und Gesellschafter und ggf. der wirtschaftlich Berechtigten
führt.
die Gesellschaft die Aufbewahrungsvorschriften einhält.
die Sanktionen bis zur vollständigen Meldung resp. bei verspäteter Meldung durchgesetzt werden.
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▶▶ Als Berater und Wirtschaftsprüfer: Weisen Sie Kunden auf die Änderungen und notwendigen Massnahmen und Anpassung hin
(Statuten anpassen; Aktienbuch / Verzeichnisse führen, Durchsetzen der Sanktionen, Aufbewahrungspflichten).
Was kann BDO für Sie tun?
▶▶ Wir können grundsätzliche Fragen zu den Änderungen und Fragen zur Geldwäschereigesetzgebung beantworten.
▶▶ Sollten Sie die Umwandlung von Inhaber- in Namenaktien planen, können wir Sie beraten
▶▶ Wir können Sie bei der Anpassung von Statuten und Reglement unterstützen.
▶▶ Wir können Aktienbücher und Verzeichnisse in elektronischer Form zur Verfügung stellen.
▶▶ Falls die Aktien oder Aktienzertifikate nicht mehr auffindbar sein sollten, könnten wir Sie bei der Kraftloserklärung unterstützen, damit die Eigentümer ihre Rechte wieder geltend machen können.
GwG: Bargeldtransaktionen ab TCHF 100 unterliegen dem Geldwäschereigesetz (Inkraftsetzung per 1. 1.2016)
Händlerinnen und Händler - egal in welcher Branche - werden sich ab nächstem Jahr gut überlegen müssen, ob sie weiterhin Bargeldzahlungen von mehr als CHF 100‘000 entgegennehmen wollen. Dabei spielt es gemäss Art. 8a Abs. 3 des revidierten Geldwäschereigesetzes (nGwG) keine Rolle, ob die Summe in einem Betrag oder in einzelnen Tranchen entrichtet wird. Wenn Geschäftsleute im Rahmen eines Handelsgeschäfts mehr als CHF 100‘000 in bar entgegennehmen, haben sie folgende Pflichten (Art. 8a Abs. 1
nGwG):
▶▶ Identifizierung der Vertragspartei (Personalien, Adresse, Kopie eines amtlichen Ausweises mit Foto)
▶▶ Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person
▶▶ Dokumentationspflicht (Aufbewahrung der Dokumente während zehn Jahren)
Darüber hinaus müssen sie in folgenden Fällen sogar die Hintergründe und den Zweck eines Geschäfts abklären (Art. 8a Abs. 2
nGwG), nämlich wenn:
▶▶ Es im Rahmen der üblichen Geschäftsabwicklungen ungewöhnlich erscheint, es sei denn, seine Rechtmässigkeit ist erkennbar
▶▶ Anhaltspunkte vorliegen, dass Vermögenswerte aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen nach
Artikel 305bis Ziffer 1bis StGB herrühren oder der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation (Art. 260ter Ziff. 1 StGB)
unterliegen.
Wenn Händler Bargeldtransaktionen von mehr als CHF 100‘000 akzeptieren wollen, müssen sie eine ausreichend qualifizierte Revisionsstelle mit der Prüfung der Einhaltung ihrer Pflichten beauftragen (Art. 15 Abs. 1 nGwG).
Die Restriktionen bei Bargeldtransaktionen von mehr als CHF 100‘000 dürften die wenigsten Geschäftsleute treffen. Es ist jedoch
zu vermuten, dass diese Bestimmungen in Zukunft verschärft werden, da diverse EU-Länder Restriktionen des Bargeldverkehrs anstreben oder schon beschlossen haben. Geht es hier nur um die Bekämpfung der Geldwäscherei oder ist nicht doch der „gläserne
(Steuer)Bürger“ der Auslöser bzw. das Fernziel?
Schlussfolgerungen
Die Bestimmungen zur Bekämpfung der Geldwäscherei in der Schweiz werden damit erneut verschärft und erstmals über den Finanzbereich hinaus ausgedehnt. Wahrscheinlich werden aber etwa Nutzniesser, bspw. als Mitglied einer Erbengemeinschaft, nicht
erkennen, dass sie neu möglicherweise meldepflichtig werden.
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Vielleicht kann dadurch in Einzelfällen die Geldwäscherei oder die Finanzierung des Terrorismus erschwert werden. Von Beteiligten
an organisierten Verbrechen werden aber wohl kaum Meldungen erstattet werden. Die Folge der Regulierung ist die zunehmende
Komplexität unseres Lebens und eine immer umfangreichere Bürokratie.
Letztlich führt jede Regulierungen zu einer Abnahme der Freiheit des Bürgers und Steuerzahlers. Immer erfolgen diese Einschränkungen, Auflagen oder Regulierungen mit dem Argument des höheren Zieles. Die Kosten dafür sind obendrein von den Regulierten
direkt oder indirekt selbst zu tragen.
Wir sind gespannt auf die nächsten „Empfehlungen“ der GAFI!
Formale Punkte bei der Führung des Aktienbuchs oder der Übertragung von Aktien werden von manchen Unternehmungen zu wenig beachtet. Fehler können, insbesondere im Zusammenhang mit den oben dargestellten Neuerungen bei Inhaberaktien, unliebsame Konsequenzen haben. In der nächsten Ausgabe des BDO Newsletters stellen wir dar, auf was zu achten ist.
Wir können Sie wie folgt unterstützen:
▶▶ Gratis Download eines Muster-Aktienbuchs (ab Mitte August 2015).
▶▶ Auf Wunsch bieten wir Ihnen einen Statuten-Check an.
▶▶ oder unterstützen Sie bei Ihren Fragen, z.B. bei Umwandlung von Inhaber- in Namenakten, der Kraftloserklärung von Inhaberaktien oder zum Geldwäschereigesetz.
AutorenHanspeter Baumann, dipl. Treuhandexperte, Partner, BDO AG Liestal, Tel: 061 927 87 00, E-Mail: [email protected]
Makus Häller, Rechtsanwalt, Partner, BDO AG Aarau, Tel: 062 834 91 91, E-Mail: [email protected]
Marc Schaffner, lic. iur. stv. Direktor, BDO AG Aarau, Tel: 062 834 91 91, E-Mail: [email protected]
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