„Ich spüre – also bin ich“

INTERNATIONAL SOCIETY FOR PRE- AND PERINATAL
PSYCHOLOGY AND MEDICINE e.V.
„Ich spüre – also bin ich“
Bedürfnisse vorgeburtlicher Kinder und ihrer Eltern im
Spannungsfeld zwischen geburtskulturellen Entwicklungen,
Gesundheitspolitik, Grundrechten, Ethik und Ökonomie
27. Jahrestagung der ISPPM
Berlin, Ev. Johannesstift
23. - 25. Oktober 2015
Erlebnisse und Erfahrungen der Kindheit wirken sich gravierend auf die psychosoziale und
körperliche Entwicklung eines Menschen aus.
In den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch das Wissen verdichtet, dass bereits der intrauterine
Lebensraum prägende Bedeutung für das Kind hat – und zwar immer im Kontext mit dem
Schwangerschaftserleben seiner Eltern.
Die Konsequenzen aus den neuen Erkenntnissen der pränatalen Psychologie, Neurobiologie, der
Stressforschung, Psychotherapie und Psychosomatik sind so bedeutend, dass sie bei der
Betreuung schwangerer Frauen und bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für Elternschaft
und Geburt größere Beachtung verdienen als bisher.
Deshalb ist es wichtig, die gesellschaftlichen Bedingungen, mit denen schwangere Frauen
konfrontiert sind und denen deren vorgeburtliche Kinder oftmals ausgesetzt sind, zu benennen
und nach Wegen zu suchen, die Haltung zu Schwangerschaft und Geburt zu verändern.
Gesellschaftlicher Wertewandel, medizinische Entwicklungen, rechtliche Grauzonen und
marktwirtschaftliche Interessen beeinflussen zunehmend das individuelle Erleben von
Schwangerschaft und Geburt und den bedeutsamen Übergang des Zusammenlebens mit Kindern
als Familie.
Die Befindlichkeit von Mutter und Kind während Schwangerschaft und Geburt beeinflusst
nachhaltig die körperliche und seelische Entwicklung jedes einzelnen Menschen sowie auch die
aus Individuen bestehende Gesellschaft.
Der vorausschauende, präventive Schutz für das vorgeburtliche Kind und seine Eltern ist deshalb
eine gesellschaftliche Aufgabe höchsten Ranges.
Den Ausgangspunkt der Tagung bildet die „Charta der Rechte des Kindes vor, während und nach
seiner Geburt“, die 2005 von der ISPPM verabschiedet wurde. Sie soll hinsichtlich ihrer heutigen
Aussagekraft unter Bezugnahme auf die UN-Kinderrechtskonvention und aktuelle Entwicklungen
untersucht werden, und Spielräume gesellschaftlichen Handelns sollen ausgelotet werden.
Das Ziel der Tagung ist, Wissen über die Bedeutung der vorgeburtlichen Lebenszeit zu vermitteln,
Spannungsfelder aufzuzeigen und nach Lösungen zur Verbesserung der Bedingungen für
Schwangerschaften und Geburten zu suchen.
Wir sind uns bewusst, dass unser Tagungsthema möglicherweise Bereiche unlösbarer Dilemmata
berühren könnte. Wir werden uns bemühen, respektvoll und achtsam mit den verschiedenen Erfahrungen
und Haltungen umzugehen, ohne diese zum eigentlichen Inhalt zu machen.
Tagungsprogramm
Freitag, 23. Oktober 2015
14.00 – 18.00 Uhr Pre-congress-Workshops
„Ich, allein!”??? Der Weg vom Zwang zur individuellen
Durchsetzungskraft zur Kooperation
Perinataler Selbsterfahrungs-Workshop
Katalin Orosz
Die frühen Erfahrungen des allein gelassenen Fötus und Neugeborenen
können oft zu Schwierigkeiten auch im späteren Lebensalter führen. Der hohe
Leistungsdruck kann beinahe zum zwanghaften Drang werden. Die
Teilnehmer der Gruppe können die liebevolle Zuwendung, die gemeinsame
Freude in Beziehungen erleben und bekommen Unterstützung darin, wie sie
mit einfachen Übungen zuhause diese Selbsterfahrung weiter entwickeln
können.
14:00 – 18:00 Uhr
Beitrag: 40,- €
Die psychotherapeutische Behandlung von IVF/ICSI Babys
Rien Verdult
Die IVF/ICSI Babys werden meistens als nicht unterschiedlich von natürlich
gezeugten Babys qualifiziert. Aber sie zeigen in der Babytherapiepraxis tiefe
Traumatisierungen, welche tief in Körper und Psyche gespeichert sind.
Präkonzeptionstraumata, Konzeptionstrauma und Implantationsprobleme sind
zentral. Daneben gibt es auch pränatale Stressbelastungen und
Geburtstraumata. Die Traumatisierung von IVF/ICSI Babys manifestiert sich in
klaren, aber auch subtilen Symptomen. Die Behandlung fordert von den
Therapeuten ein genaues Einfühlen und körpertherapeutische Techniken.
14:30 – 18:00 Uhr
Beitrag: 40,00 €
Hauptsache gesund? Auswirkungen von Pränataldiagnostik auf die
vorgeburtliche Beziehung zwischen ungeborenen Kindern und
werdenden Eltern
Kirsten Hellwig
Die ständig fortschreitende Entwicklung auf dem Gebiet der
Pränataldiagnostik führt unter anderem dazu, dass das Sichtbarmachen des
Ungeborenen durch Ultraschall zur wichtigsten Verbindung zwischen Eltern
und Kind wird. Gleichzeitig erleben viele Schwangere die Unmöglichkeit,
einfach guter Hoffnung zu sein und sind stattdessen immer wieder auf
Bestätigung von außen angewiesen bzw. unterliegen tiefer Verunsicherung,
wenn diese nicht wie gewünscht erfolgt. Im Falle eines auffälligen Befundes
geraten sie in Konfliktlagen, die ihnen unvorstellbar schwerwiegende
Entscheidungen abverlangen.
Die Referentin ist Mitarbeiterin der Fachstelle Pränataldiagnostik in der
Beratungsstelle für Natürliche Geburt und Elternsein e.V. in München und
berät Eltern in diesen Krisensituationen, welche sich massiv auf die
vorgeburtliche Beziehung zum Ungeborenen auswirken und auch nicht selten
die Beendigung der Schwangerschaft – und somit den Tod des Kindes – nach
sich ziehen.
Vor diesem Hintergrund sollen im Workshop Überlegungen angestellt werden,
ob und wie die Rechte des vorgeburtlichen Kindes mit den aktuellen
Entwicklungen im Bereich Pränataldiagnostik – und den daraus folgenden
Konsequenzen für werdende Eltern – zu vereinbaren sind.
16:00 – 18:00 Uhr
Beitrag: 20,- €
Was hört eigentlich ein ungeborenes Kind?
Claudia Krüger
Dieser Frage ging der französische Arzt Alfred A. Tomatis nach.
Die Stimme der Mutter wird vom Ungeborenen ab der 20. SWW
wahrgenommen. Sie stellt damit so etwas wie eine gefühlsmäßige, klangliche
Substanz dar, die für die physische und psychische Entwicklung des Kindes
von überragender Bedeutung ist. Daher ist es so wichtig, dass die Stimme
vom Kind als angenehm wahrgenommen wird.
Was also, wenn Mama unglücklich, bedrückt, ängstlich oder viel allein ist?
Da kann das TOMATIS®-Hörtraining einspringen. Der dynamisierende Effekt
des Hörtrainings nach Prof. Tomatis lädt die werdende Mutter mit Energie auf.
Sie wird körperlich und seelisch stabiler und stressresistenter. Das sind alles
gute Voraussetzungen, um einer stress- und angstfreien Geburt
entgegenzusehen. Erfahren Sie mehr darüber!
14:00 – 16:00 Uhr
Beitrag: 20,- €
Integration prä- und perinataler Erfahrungen bei Säuglingen, Kindern
und Erwachsenen
Regina Bücher, Klaus Käppeli
Wir möchten die Grundlagen dieser sehr achtsamen, feinen und respektvollen
Körperarbeit vorstellen, wie wir sie von Ray Castellino übernommen und mit
unseren eigenen Erfahrungen bereichert haben. Bestimmte Leitgedanken
schaffen die Voraussetzung für Sicherheit und Verbindung, so dass sich die
Teilnehmenden auf den inneren Prozess einlassen können. Die Arbeit ist
ressourcenorientiert. Wir begegnen den Themen von innen nach außen, was
eine nachhaltige Integration des Erlebten möglich macht. Mit Gesprächen,
persönlichen Erfahrungen und Bildmaterial soll den Teilnehmenden dieser
sehr effiziente Ansatz in der Arbeit mit ganz frühen Themen vorgestellt
werden.
14:00 – 18:00 Uhr
Beitrag: 40,- €
18.00 Uhr
Abend-Buffet
Freitag, 23. Oktober 2015
19.00 – 21.00 Uhr Mitgliederversammlung
Parallel
Filmpräsentation „Meine Narbe“ von Judith Raunig
Ab 21.15 Uhr
Come together
Samstag, 24. Oktober 2015
9.00 – 9.30 Uhr
Eröffnung durch den Präsidenten
Grußworte
9.30 – 10.15 Uhr
Einführung in den Themenkomplex
Sven Hildebrandt
10.15 – 10.45 Uhr 10 Jahre Charta der Rechte des Kindes vor, während und nach der Geburt
Gabi Stroecken, Rien Verdult
10.45 – 11.15 Uhr Kaffeepause
11.15 – 11.55 Uhr Lebensbedingungen des pränatalen Kindes in der Wechselbeziehung zur
Befindlichkeit der Eltern
Sabine Schlotz
11.55 – 12.35 Uhr Rolle der Bindung zwischen Mutter, Vater und pränatalem Kind
Colette Mergeay
12.45 – 14.30 Uhr Mittagspause
14.30 – 15.10 Uhr Das Geschäft mit der Hoffnung
Wechselwirkungen zwischen werdenden Eltern, Professionellen und
liberalisiertem Gesundheitsmarkt
Erika Feyerabend
15.10 – 15.50 Uhr Folgen für die spätere psychosoziale Entwicklung
Die „Konstanzer Gewalt-Studie“
Sven Hildebrandt
15.50 – 16.20 Uhr Kaffeepause
16.20 – 16.50 Uhr Mutter-Werden heute
Simone Vogel
16.50 – 17.20 Uhr Erfahrungen aus der Elternberatung:
Begleitung zwischen PND, PDA, Sectio und Attachment Parenting
Astrid Draxler
17.20 – 17.50 Uhr Erfahrungen aus der Bindungsanalyse
Ursula Volz-Boers
17.50 – 18.05 Uhr Pause
18.05 – 18.45 Uhr Interaktiver Austausch mit den Tagungsteilnehmern („fishbowl“)
18.45 – 19.30 Uhr Abschluss des Tages mit sozial-ethischem Schwerpunkt
offener Dialog
Sven Hildebrandt - Karsten Held
19.30 – 19.45 Uhr Pause
Ab 19.45 Uhr
Festliches Abendessen mit Live-Musik von Leifhaus aus Potsdam
Sonntag, 25. Oktober 2015
9.00 – 9.20 Uhr
Warum schreien Babys?
Erfahrungen aus den SchreiBabyAmbulanzen
Paula Diederichs
9.20 – 9.45 Uhr
Vorstellung des Positionspapiers „Versäumnisse im vorgeburtlichen
Kinderschutz“
Marita Klippel-Heidekrüger
9.45 – 10.30 Uhr
Kinderrechte von Anfang an – Die Kinderrechtskonvention der Vereinten
Nationen
Reinald Eichholz
10.30 – 11.00 Uhr Kaffeepause
11.00 – 11.30 Uhr Moderierter Austausch in Gruppen: 10 Jahre Charta – was wurde erreicht?
Was muss nachgebessert werden – Wo wollen wir hin? Diskussion zu
konkreten Initiativen
11.30 – 12.30 Uhr Abschluss-Podium mit Publikumsbeteiligung
Irene Behrmann, Mandy Pleikies, Simone Vogel, Rien Verdult, Astrid Draxler,
Reinald Eichholz, Erika Feyerabend, Sven Hildebrandt
Abschluss der Tagung
Ab 12.30 Uhr
Mittagessen
Sonntag, 25. Oktober 2015
post congress workshops
14.00 – 18.00 Uhr Workshops
Soma-systemische Traumatherapie rund um die Geburt
Kola Brönner
Die die integrative Anwendung von systembezogener und körperorientierter
Traumatherapie für die Prä- und Perinatale Zeit mit Erwachsenen, Kindern
und Babys werden vorgestellt. Einführend demonstriere ich die
generationsübergreifende Diagnose mittels eines Genogramms, anhand
dessen die „Vererbung“ der Geburtserfahrungen von Großmüttern an die
Mütter und Töchter sichtbar werden. Praxisnah werde ich Grundlagen der
körperorientierten Traumatherapie speziell in der Anwendung bei
Geburtstraumata, sei es bei der eigenen Geburt bzw. bei denen der eigenen
Kindern, vermitteln.
Es ist Raum für persönliche Anliegen der Teilnehmer/Innen und es besteht die
Möglichkeit der Supervision von Klienten/Patienten.
Zu den angewandten Methoden gehören Somatic Experiencing,
Metamorphose, Positive Recreation der Geburt, Genogrammarbeit.
14:00 – 16:30 Uhr
Beitrag: 20,- €
T.I.P.I. - Eine Methode zur Auflösung von prä- und perinatal bedingten
Symptomen
Dr. Monika Wilke und Dr. Ludwig Janus
Der französische Sozialpädagoge Luc Nicon hat eine neue Methode zur
Auflösung von prä- und perinatal bedingten Symptomen wie Prüfungsangst,
Phobien, Blockierungen usw. entwickelt. Der französische Name der Methode
ist T.I.P.I. - Technique d’Identification sensorielle des Peurs Inconscientes
(aus dem Französischen „Technik zur Identifizierung von unbewussten
Ängsten auf Körperebene“).
Diese Methode kann durch einen Coach angeleitet werden, ist aber in
besonderem Ausmaße zur Selbstanwendung entwickelt worden. Die Methode
wird theoretisch und praktisch in dem Workshop vorgestellt und angeleitet.
14:00 – 16:30 Uhr
Beitrag: 30,- €
Reproduktionsmedizin als neuer Einstieg in die Elternschaft
Der pränatale Mutter-Kind-Dialog als Hilfe
Dr. Ute Auhagen-Stephanos
Die Reproduktionsmedizin hat neben dem Internet und den
Neurowissenschaften unsere Gesellschaft und Kultur am stärksten verändert.
Sie hat zu neuen Familienkonstellationen geführt und verschiebt die
biologische Altersgrenze (anscheinend) weit nach hinten. Über die Gefahren
und Implikationen des Social Freezing wird gesprochen. Wir müssen
humanistische und politische Diskussionen anstoßen, um die Öffentlichkeit
über die Gefahren der Reproduktionsmedizin zu informieren. Der MutterEmbryo-Dialog als beziehungsaufbauendes Element bei der IVF wird
vorgestellt und anhand eines klinischen Falls mit einer Eizellspende illustriert.
14:00 – 16:00 Uhr
Beitrag: 20,- €