bergretter AUSGABE 32 | MAI 2015 Bergretter und Medien | Seite 2 Editorial | Seite 3 Jahresbericht | Seite 4 Reorganisation Medizin | Seite 7 Lawinen sprengen | Seite 8 Fortschritte in der Lawinenrettung | Seite 10 Bergrettung in Frankreich | Seite 11 Personelle Wechsel | Seite 13 Bergretter im Fokus | Seite 15 Mythos Matterhorn | Seite 16 ausbildung 2 MEDIEN Vom richtigen Umgang mit Wort und Bild Die Bergrettung interessiert Öffentlichkeit und Medien, je schlimmer der Unfall, desto mehr. Retterinnen und Retter an der Front sind deshalb begehrte Informationsquellen. Aber Vorsicht: Es gibt Dinge, die sie für sich behalten sollten oder sogar müssen. Vor allem für die Zeitungen mit den grossen Buchstaben sind Bergunfälle ein gefundenes Fressen. Die Bilder sollten möglichst haarsträubend, die Aussagen von Beteiligten möglichst knackig sein. Bergretterinnen und Bergretter sind da willkommene Auskunftspersonen und Bilderlieferanten. Es lohnt sich deshalb, im Voraus darüber nachzudenken, was zu tun wäre, wenn man denn plötzlich ein Mik- Bergunfälle locken die Medien an. Doch es gibt Dinge, die nicht für die Öffentlichkeit b estimmt sind. Fotos: zvg rofon oder eine Kamera vor dem Kopf hat. Fragen von Journalisten können den Stress eines sehberichte, sondern auch Einträge in sozialen auf später zu verschieben. Lassen Sie sich Ernsteinsatzes noch steigern. Ob und was Medien wie Facebook, Youtube, Twitter usw. von Medienschaffenden nicht unter Druck sein. Sonst kann man ungewollt Schaden an- Regel 2: Auf dem Recht am eigenen Wort ten Auskunft zu geben oder sich fotografie- richten und sich sogar strafbar machen. Wer beharren ren zu lassen. ein paar Regeln befolgt, kann das verhindern. Nach einem Rettungseinsatz sind Sie mögli- Wer interviewt wird, hat das Recht, seine di- cherweise gestresst, aufgewühlt, erschöpft. rekten Zitate gegenzulesen. Journalisten Regel 1: Persönlichkeitsschutz Da fällt es schwer, nur wohlüberlegte Aussa- müssten dies gegenüber Personen mit we- respektieren gen zu machen. In dieser Situation kann es nig Medienerfahrung offenlegen. Das tun Sagen Sie nichts, was Rückschlüsse auf die ratsam sein, zu schweigen oder ein Interview aber nicht alle. Es empfiehlt sich deshalb, setzen. Es gibt keine Pflicht, einem Journalis- man in dieser Situation sagt, will gut überlegt Identität von Verunfallten oder von anderen Retterinnen und Rettern zuliesse. Eine solche Aussage wäre persönlichkeitsverletzend, weil sie den Privatbereich betrifft, der nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Die Betroffenen können auf Schadenersatz, Genugtuung oder Gewinnherausgabe klagen. Ausserdem kann sich der Bergretter bei Herausgabe von Informationen zum Patienten sogar wegen Verletzung des medizinischen Berufsgeheimnisses strafbar machen. Bilder oder Videos, auf denen Menschen erkennbar sind, dürfen ohne Zustimmung der Abgebildeten nicht einmal gemacht, geschweige denn publiziert werden. Unter «Publizieren» fallen nicht nur Zeitungs- oder Fern- Social-Media-Verhaltensregeln für Bergretterinnen und Bergretter der ARS • Persönlichkeitsrechte: Bild- und Tonaufnahmen von Verunfallten dürfen nicht veröffentlicht werden. Auch schriftliche Informationen über Verunfallte dürfen nicht an die Öffentlichkeit gelangen, wenn sie Rückschlüsse auf die Identität der Betroffenen zulassen. Bilder, Tonaufnahmen oder Informationen über Retterkolleginnen und -kollegen dürfen nicht ohne deren Einverständnis öffentlich gemacht werden. • Ehrverletzungen: Üble Nachrede, Verleumdung und Beschimpfungen sind auch im Internet strafbar. • Sachlich argumentieren: Finden sich auf Social-Media-Plattformen kritische, abschätzige oder falsche Beiträge über die Bergrettung, so sollte die Reaktion darauf ruhig und sachlich ausfallen. In gravierenden Fällen ist die ARS zu informieren. Diese entscheidet dann, wie zu reagieren ist. • Interne Probleme intern klären: Wer mit Gegebenheiten in seiner Rettungsstation, in der ARS oder der Bergrettung unzufrieden ist, soll intern das Gespräch suchen. • Geheimhaltung: Vertrauliche Informationen aus der Bergrettung gehören nicht ins Internet. Leitfaden für Aktivitäten von Rega-Mitarbeitenden in den sozialen Medien: www.rega.ch/pdf/multimedia/Rega_Social_Media_Leitfaden_d.pdf editorial 3 Elisabeth Floh Müller Stv. Geschäftsführerin festzuhalten, dass man seine Aussagen ge- für polemische oder ehrverletzende Aussa- genlesen will. Unbedachte Äusserungen gen. können so korrigiert werden. Während des Einsatzes besteht zwischen der Stiftung ARS und den Retterinnen und Ret- Regel 3: Die Arbeit der Polizei nicht tern ein temporärer Arbeitsvertrag. So sind beeinträchtigen sie gut versichert, wenn sie verunfallen oder Bei Unfällen ist zumeist die Polizei vor Ort. Schäden verursachen. Im Rahmen dieses Sie untersucht, ob sich jemand von den Un- Vertrags könnten die «Angestellten» dazu fallbeteiligten strafbar gemacht hat. Bilder verpflichtet werden, keine Bilder herauszuge- oder unvorsichtige Aussagen von Rettern in ben und Stillschweigen zu bewahren. Die den Medien können die Ermittlungen beein- ARS möchte auf solche Massnahmen jedoch trächtigen oder zu Vorverurteilungen führen. verzichten und appelliert an die Retterinnen Die zuständige Kantonspolizei bittet deshalb und Retter, sich an die gesetzlichen Bestim- darum, dass Medienanfragen oder Bilder an mungen zu halten und zudem das Image der ihre Medienstelle weitergeleitet werden. Bergrettung im Auge zu behalten. Diese Grundsätze gelten auch für Rega-Mitarbeitende. Wie sie sich bei Medienanfragen zu verhalten haben, ist in einem Verhaltenskodex geregelt, der integrierender Bestandteil des Arbeitsvertrags ist. Darin steht unter anderem, dass alle Anfragen von Medienschaffenden über den Rega-Mediendienst kanalisiert werden. «Die Entscheidung, wer in der Öffentlichkeit zu welchen Themen Auskunft gibt, wird vom jeweils zuständigen Me- Wer fotografiert, muss das Recht der anderen am eigenen Bild respektieren. diensprecher getroffen», erklärt Karin Hörhager, die Leiterin Information und Medien der Rega. Der Mediendienst entscheidet auch, Diese entscheidet dann, welche Bilder unbe- welche Bilder veröffentlicht werden dürfen – denklich sind und wer Auskunft geben soll. immer mit Blick auf den Persönlichkeits- Diesem Wunsch sollten Bergretterinnen und schutz von Mitarbeitenden und Patienten. Bergretter generell nachkommen. Falls sie Für Aktivitäten in den sozialen Medien hat die von der Polizei persönlich und explizit dazu Rega für ihre Mitarbeitenden einen Leitfaden aufgefordert werden, ist der Anweisung un- erstellt. Sie sieht ihre Angestellten als Bot- bedingt Folge zu leisten. schafter und begrüsst es deshalb, wenn sie sich in sozialen Netzwerken bewegen. «Wir Regel 4: Das Image der Bergrettung weisen aber auch auf mögliche Gefahren im pflegen Umgang mit sozialen Netzwerken hin und Retterinnen und Retter im Einsatz sind nicht stehen den Mitarbeitenden bei Unsicherhei- nur Privatpersonen. Sie repräsentieren auch ten mit Rat und Tat zur Seite», sagt Hörhager. den SAC und die ARS. Ein Verhalten, das per- Die ARS hat im Bergretter vom Dezember sönlichkeitsverletzend ist oder die Arbeit der 2012 eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnit- Polizei beeinträchtigt, schadet auch dem tene Fassung der Richtlinien zu den sozialen Image dieser Organisationen. Das Gleiche gilt Medien publiziert (vgl. Kasten Seite 2). Editorial Megageiler Rettungseinsatz! Zu einer vollständigen Einsatzberichterstattung gehört dokumentarisches Bildmaterial. Für die behördlichen Ermittlungen ist dies sogar zwingend. Für Journalisten und Reporter erfüllen U nfallbilder jedoch einen anderen Zweck: Je spektakulärer und zeitnaher sie sind, umso besser f ür Leserzahlen, Einschaltquoten und Erfolgs prämien. Es gibt in der medialen Welt viel schockierendes Bild- und Filmmaterial. Zerschlagene Körper, die den Schnee rot färben, abgetrennte Extremitäten, vorstehende Knochen und verdrehte Beine, steif gefrorene Körper, die aus den Tiefen des Schnees ausgegraben werden. Ich frage mich, was das bringen soll? Welchen Nutzen habe ich von einem extremen Einsatzbild? Empfinden gewisse Betrachter das gleiche wohlige Gruseln wie im brutalen Actionfilm oder im Kriegsspiel? Die Vermutung liegt nahe, dass beim Konsum solcher Bilder die Grenzen zwischen Realität und Fiktion unscharf werden. Wer jedoch einen schweren Unfall erleidet, erlebt den Unterschied schmerzvoll und möchte vor allem eines nicht: sein Bild am Tag darauf auf der Titelseite eines Boulevardblattes oder im Internet f inden. Hinter jedem Rettungseinsatz stehen persönliche Schicksale, denen allergrösster Respekt gebührt. Als Opfer eines Unfalls bin ich darauf angewiesen, dass andere meine Privatsphäre schützen. Bei unseren Einsätzen seid Ihr diese anderen, liebe Retterinnen, liebe Retter. Rettungseinsätze sind Extremsituationen, mediales Interesse ist deshalb programmiert. Dabei den Überblick zu behalten und korrekt zu kommuni zieren, ist nicht einfach. Mit unserem Beitrag auf den Seiten 2 und 3 stellen wir vier Regeln auf, die uns im Umgang mit Medien behilflich sein können. Elisabeth Floh Müller geschäftsleitung 4 JAHRESBERICHT 2014 Tod eines Retters überschattet ein reges Jahr Das Geschäftsjahr 2014 der Alpinen Ret- schiedene organisatorische Vorkehrungen tion eines schwer verletzten Höhlenforschers tung Schweiz (ARS) brachte Neuerungen sind, die manchmal als unnötig oder als Schi- aus der Riesending-Schachthöhle in den in der Ausbildung, in der Zusammenar- kane empfunden werden. Es braucht sie, um Berchtesgadener Alpen beteiligt. Die Retter beit mit Partnerorganisationen und in wirtschaftliche oder rechtliche Härtefälle leisteten ihren Einsatz als «Arbeitnehmer» der der Logistik. In Erinnerung bleiben wird vermeiden zu können. ARS. Dadurch konnte vermieden werden, dass aber vor allem der Tod eines Bergretters. 2014 leisteten SAC-Rettungsstationen und Spéléo Secours Suisse als beauftragte Subun- Er starb nach einem Unfall, der sich wäh- Fachspezialisten der Partnerorganisationen ternehmung tätig wurde. Die Risiken der Betei- rend eines Einsatzes ereignet hatte. 659 Einsätze. Das sind etwas weniger als im ligten waren dadurch besser abgesichert. Vorjahr (675). Insgesamt nahmen 848 PersoEs geschah Ende Juli im Gebiet Schwei- nen die Hilfe der ARS in Anspruch. Das Ein- Ausbildung modularisiert benalp in der Gemeinde Brienz: Während ei- satzaufkommen war atypisch übers Jahr ver- Das neue modulare Ausbildungskonzept für ner Bergungsaktion stürzte Bergführer Franz teilt. Im Winter 2013/14 musste die organi- Fachspezialisten wurde im Herbst 2014 ein- Werren einen steilen Abhang hinunter und sierte Rettung eher selten eingreifen. Es geführt. Damit alle das gleiche Basiswissen verletzte sich schwer. Vier Tage später starb folgten ein wettermässig durchzogener Som- haben, besuchen sie gewisse Module ge- er im Spital. Bergretterinnen und Bergretter mer und ein schöner Herbst. Entsprechend meinsam. Zusammen mit den fachspezifi- reagierten mit grosser Anteilnahme auf den wenige Einsätze gab es bis Ende August. Von schen Modulen ergibt sich jene Kombination Tod ihres Kameraden und das Leid seiner Fa- September bis November lagen die Zahlen von Kompetenzen, die es in der jeweiligen milie. dann deutlich über dem Mehrjahresschnitt. Fachrichtung braucht. Mit dem neuen Kon- Die administrative Aufarbeitung des trauri- Die Rettungsmannschaft von Spéléo Secours zept werden nicht nur die Ausbildungsinhalte gen Ereignisses hat gezeigt, wie wichtig ver- Suisse war im Juni massgeblich an der Evakua- vereinheitlicht, sondern auch Kursstrukturen dezentraler und gleichmässiger über den Aktionsraum der ARS verteilt. Parallel zu den Einsätze nach Monaten 2012–2014 Ausbildungsmodulen wurde die Kursverwal- 147 140 tung über die Website aufgebaut. Das entlas- 139 130 120 110 2012 tet die Ausbildner von Büro- und Schreibkram. 2013 2014 wurden die Stationsgrenzen überarbei- 2014 tet und das ganze Rettungsgebiet in Einsatzräume mit klaren Verantwortlichkeiten über- 108 100 führt. In mehreren lokalen Projekten wurde 100 93 90 93 die Zusammenarbeit zwischen Rettungssta- 88 tionen und Partnern optimiert. 80 70 56 50 30 20 Stiftungsräte und die Geschäftsleitungen 64 60 40 Die Bergrettungsmedizin beschäftigte die 72 72 52 46 46 40 39 37 31 45 44 42 43 weit sich die Flugrettungsmedizin der Rega in 46 44 39 36 32 von Rega und ARS. Es ging um die Frage, wie 57 56 der terrestrischen Rettung engagieren soll 38 33 24 23 26 29 16 und wie die Abgrenzung zu kantonalen Blaulicht- und Notfallorganisationen zu definieren ist. Die letzten Entscheide stehen noch aus, 10 umgesetzt werden die Neuerungen erst im Jan. Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sep. Okt. Nov. Dez. Atypisch übers Jahr verteilte Einsätze: Von September bis November hatten die Retter überdurchschnittlich viel zu tun. Frühjahr 2015. Seit Anfang 2015 ist ein System zur besseren Material- und Lagerbewirtschaftung operativ. Die Materialflüsse von sicherheitsrele- 5 Rettungseinsätze und Beteiligte Zu öffentlichkeitswirksamen Auftritten ka- Auch auf der Geschäftsstelle und bei den für men die Berner Lawinenhundeteams anläss- die ARS tätigen Rega-Mitarbeitenden gab es 1000 lich der Jubiläumsausstellung des Naturhis- im vergangenen Jahr Wechsel. Sandra San- torischen Museums Bern über Barry. Mit ter hat nach ihrem Mutterschaftsurlaub die praktischen Demonstrationen, Podiumsdis- Buchhaltung der ARS wieder vollumfänglich kussionen und Medienauftritten zeigten sie übernommen. Sie betreut auch die Personal- auf, wo Unterschiede und Parallelen zwi- administration. Alexandra Fuchs wurde im schen dem legendären Bernhardiner und Herbst als neue Ressortleiterin Einsatzadmi- heutigen Lawinenhundeteams liegen. nistration der Rega gewählt. Stefan Fricker 917 900 895 848 800 700 660 675 659 600 hat die medizinische Koordination im Herbst 500 400 Stämpfli wurde IKAR-Präsident abgegeben, Dr. med. Michael Lehmann ist ARS-Stiftungsratspräsident Franz Stämpfli sein Nachfolger. wurde im Oktober am Kongress der Inter 300 200 100 Rettungseinsätze Beteiligte 2013 2014 2012 Die Anzahl der Einsätze und der Beteiligten ist 2014 leicht gesunken. vantem Einsatzmaterial und die entsprechen- nationalen Kommission für alpines Ret- 100 000 Franken Überschuss tungswesen (IKAR) zu deren neuem Präsi- Die Rechnung 2014 der ARS schliesst mit ei- denten gewählt. Er trat die Nachfolge von nem Überschuss von CHF 98 680.– ab. Die Gerold Biner an, dem CEO der Air Zermatt. Geschäftsleitung hat dem Stiftungsrat bean- Tom Spycher betreut seit dem 1. Juni die Ge- tragt, diesen Betrag dem Organisationskapi- schäftsstelle der IKAR. Er arbeitet haupt tal zuzuführen und damit das Stiftungskapital beruflich in der Helikoptereinsatzzentrale auf knapp CHF 3,2 Mio. zu äufnen. Ange- der Rega. strebt wird längerfristig ein Stiftungskapital Ende 2014 ist Corine Blesi, Leiterin Helikop- in der Höhe eines Jahresaufwandes von ca. tereinsatz Rega, als Nachfolgerin von Franz CHF 4,8 Mio. Steinegger in den ARS-Stiftungsrat gewählt Die Einsatztätigkeit und Arbeiten für Dritte worden. sind die wichtigsten Einnahmequellen für die den Qualitätskontrollen werden dadurch vereinheitlicht und nachvollziehbar. Finanzierung der ARS Erster Rettertag Gesamtumsatz: CHF 4 883 289.– Im Juni trafen sich Partnerfirmen, Stiftungsräte und Regionalvereinspräsidenten erst- 476 018 Spenden und Legate 1 946 179 Betriebsbeitrag Rega mals an einem praktischen Rettertag im Grim- 1 260 000 selgebiet. Die ARS gestaltete den Tag zusam- Weitere Leistungen Rega Betriebsbeitrag SAC men mit der SAC-Rettungsstation Oberhasli Betriebsbeiträge Kantone und der Rega-Basis Wilderswil. Die Gäste Net toer träge aus Lieferungen und Leistungen wohnten anspruchsvollen Demonstrationen und Übungen bei. Die Zusammenarbeit mit den Seilbahn- und den Kraftwerkunternehmen wurde weiter intensiviert. Bis Ende 2014 wurden insgesamt 35 Vereinbarungen abgeschlossen. Diese regeln die Kooperation bei Bergungsarbeiten, bei Betriebsunterbrüchen und anderen Notfällen. 204 187 140 000 856 905 Die Betriebsbeiträge der Kantone, Einnahmen aus Lieferungen und Leistungen sowie die Beiträge der Stifter Rega und SAC bilden das finanzielle Fundament der ARS. 6 BERGNOTFALLSTATISTIK 2014 Jahr in Zahlen ARS. Trotz etwas weniger Einsätzen wurde ten Betriebsverlustes durch die Rega und den 2014 sind in den Schweizer Alpen und im praktisch der gleiche Betrag fakturiert wie im SAC ist der «Normalbetrieb» der ARS finanzi- Jura rund 2500 Personen in eine Notlage Vorjahr. Dies ist auf einige grosse Einsätze, ell gesichert. Dieses Dreisäulenprinzip hat geraten und mussten von der Bergret- wie jenen in der Riesending-Schachthöhle, sich bewährt und soll beibehalten werden. tung geborgen werden. Beim Bergsport zurückzuführen. Stiftungsrat und Geschäftsleitung danken sind 96 Menschen tödlich verunfallt, Die beiden Stifter Rega und SAC zahlten Retterinnen und Rettern, Partnerorganisatio- 11 Prozent weniger als im Jahr zuvor. die von nen und beteiligten Einzelpersonen für den CHF 1,4 Mio. Dazu kamen zusätzliche geld- budgetierten Betriebsbeiträge sorgfältigen Umgang mit den finanziellen Die gesamtschweizerische Bergnotfallstatis- werte Leistungen der Rega in der Höhe von Ressourcen und den grossen Einsatz im ver- tik ist – wie die Einsatztätigkeit der ARS – CHF 205 000.–. Im vergangenen Jahr gingen gangenen Jahr. vom Wettergeschehen geprägt. Vor allem Spenden von rund CHF 476 000.– ein. Davon der verregnete Hochsommer schränkte die waren CHF 260 000.– direkte Spenden an die Geschäftsleitung: Tourenaktivitäten ein. Dadurch kam es insge- ARS. Der Rest wurde von den Rettungssta Andres Bardill, Geschäftsführer samt zu weniger Notlagen, auch wenn etliche tionen eingebracht. Auf der Aufwandseite Elisabeth Floh Müller, stv. Geschäftsführerin Berggängerinnen und Berggänger gerade schlagen die Personalkosten und die persön- Theo Maurer, Chef Ausbildung wegen der schlechten Witterung in Schwie- liche Ausrüstung der Rettenden am stärksten rigkeiten gerieten. zu Buche. 2456 Personen mussten in den Schweizer Al- Mit den jährlichen Einnahmen aus der Ein- Der ausführliche Jahresbericht 2014 findet sich im Internet unter www.alpinerettung.ch. satztätigkeit, den Betriebsbeiträgen von Kantonen sowie der Übernahme des budgetier- pen und im Jura die Bergrettung in Anspruch nehmen, 97 Personen oder rund 4 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Die Zahl der Todesfälle ist mit 162 (Vorjahr 150) jedoch höher. Dies vor allem wegen Erkrankungen. 38 Per- Einsatzzahlen nach Regionalvereinen sonen haben aus diesem Grund das Leben verloren (Vorjahr 26), meist als Folge eines 200 Herz-Kreislauf-Problems. 180 179 176 160 2012 2013 156 140 2014 126 120 120 100 80 103 100 125 87 Gleitschirm oder Montainbike – kamen 96 Personen ums Leben, 11 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Beim Bergwandern gab es ren Bergsportart. Auf Skitouren und Hoch- 87 87 80 alpinen Aktivitäten ohne Transportgeräte wie 39 Tote zu beklagen, mehr als bei jeder ande- 105 105 Beim Bergsport im engeren Sinn – also den 70 79 67 60 touren starben je 17 Personen, beim Free 65 riden/ Variantenfahren 9 Personen. Von Lawinenunfällen waren letztes Jahr 40 28 26 20 29 Personen betroffen, 48 weniger als im 23 Jahr zuvor. Dadurch gab es auch deutlich weniger Lawinentote: Bei vier Unfällen sind SARO SARO ARBE ARZ SATI = = = = ARBE ARZ Alpine Rettung Westschweiz Alpine Rettung Bern Alpine Rettung Zentralschweiz Alpine Rettung Tessin SATI ARGL ARO ARG ARGL = Alpine Rettung Glarnerland ARO = Alpine Rettung Ostschweiz ARG = Alpine Rettung Graubünden Die Einsätze pro Regionalverein bewegten sich in den üblichen Grössenordnungen. Bei der Alpinen Rettung Bern lag die Zahl am deutlichsten unter jener des Vorjahres. sieben Tourenfahrer ums Leben gekommen (Vorjahr 15). Drei Unfälle ereigneten sich bei Gefahrenstufe «erheblich», einer bei «mässiger» Lawinengefahr. Ueli Mosimann, Fachgruppe Sicherheit im Bergsport medizin 7 REORGANISATION Die Medizin der ARS wird gestärkt Die Rekrutierung von Fachspezialisten Medizin wird schwieriger. Um die bisherige Qualität der Rettungsmedizin zu erhalten, führen ARS und Rega deshalb das gleiche System ein, wie es die anderen Fachspezialisten schon haben. Es gibt sie noch, die Hausärzte, die eine Praxis über Jahrzehnte führen, die alle im Dorf kennen und die sich für die Gemeinschaft engagieren – z.B. als Stationsarzt in der alpinen Rettung. Aber sie sind seltener geworden. «Hausärzte werden mehr und mehr zu einer mobilen Gesellschaft», sagt Michael Lehmann. «Es ist schwierig, Leute zu finden, die sich langfristig verpflichten können.» Michael Lehmann ist selber Arzt und koordiniert Mit der Reorganisation der Medizin soll deren Qualität gefördert werden. Foto: ARS für die Rega die medizinischen Aktivitäten der ARS: «Wir haben mehrere Stationen und nen so künftig auch in einem grösseren Ge- niger Personal», sagt Lehmann. «Statt einer Regionen, die medizinisch eine unklare Zu- biet eingesetzt werden. Wäre bei einem grossen, eher wenig beschäftigten Truppe kunft haben», sagt er. Noch sei die Qualität Alarm in der betroffenen Station oder Region hätten wird dann eine kleinere, aber bereite der Rettungsmedizin gewährleistet, aber kein Fachspezialist Medizin verfügbar, würde Mannschaft.» Mit den Einsatzstunden näh- ohne Gegensteuer zu geben, könnte sich dies die Rega im weiteren Umfeld suchen. Wer men Routine und Motivation der Fachspezia- ändern. Dies umso mehr, als die Notfallmedi- einsatzbereit ist, wird ins Unfallgebiet ge- listen zu. zin komplexer werde und man es den Patien- bracht, je nach Distanz auch mal per Helikop- Zusammen mit den Regionalvereinsärzten ten schuldig sei, die Qualität kontinuierlich zu ter. sollen die Fachspezialisten Medizin auch wei- steigern. Wie Michael Lehmann sagt, müssten die Pa- ter eine wichtige Rolle in der Ausbildung der ger-Träger allerdings zwingend am E-Lear- Retter spielen. Dazu sind die bei der ARS übli- Tiefe Einsatzzahlen ning teilnehmen, jährlich einen Tag Weiterbil- chen Fachspezialisten-Entschädigungen ab Ein weiteres Problem: Wo die Stationen noch dung absolvieren und an zwei Übungen der Januar 2016 beantragt worden, sagt Michael berggängige Ärzte und Rettungssanitäter ha- Rettungsstationen mitmachen. Für die Ret- Lehmann. Geklärt werden müsse auch, wann ben, kommen diese selten zum Einsatz. Das tungssanitäter kommt eine zusätzliche Auf- welche Fachspezialisten Medizin aufgeboten hat nachteilige Folgen: Zum einen können die lage dazu: Als Bedingung für die Delegation werden. Denkbar wäre, dass dies aufgrund Fachspezialisten wenig praktische Erfahrung ärztlicher Massnahmen müssen sie die dafür einer Indikationenliste und direkt durch die sammeln, zum anderen ist es unter diesen nötigen Medikamentenkenntnisse wie bis- Rega-Einsatzzentrale geschieht und nicht Umständen schwierig, immer bereit zu sein her regelmässig nachweisen. Dies geschieht wie heute durch den Rettungschef. und sich weiterzubilden. durch E-Learning. Am 26. März hat der ARS-Stiftungsrat der Rega und ARS möchten diesen Problemen Reorganisation der Medizin zugestimmt und begegnen, indem sie die Fachspezialisten Kleinere, schlagkräftige Truppe das Geld für die notwenigen zusätzlichen Pa- besser unterstützen und einbinden. Es wer- Das neue System hat den Vorteil, dass es ger gesprochen. Ziel ist es nun, die neuen den alle mit einem Pager ausgerüstet, wie auch funktionieren würde, wenn sich die Strukturen und Abläufe bis Ende dieses Jah- dies bei den Fachspezialisten Helikopter und Nachwuchsprobleme akzentuieren sollten. res einzuführen. Fachspezialisten Hund LW/GS heute schon «Durch den regionenübergreifenden Einsatz der Fall ist. Die Fachspezialisten Medizin kön- der Fachspezialisten Medizin braucht es we- partner 8 LAWINENSCHUTZ Vom Minenwerfer bis zu «DaisyBell» Um Pisten, Bergbahnen, Strassen und len, wohin Ladungen à 2,5 Kilogramm zu Fuss Sprengseilbahnen sind ebenfalls fest instal- Siedlungen sicherer zu machen, werden oder mit dem Pistenfahrzeug gebracht wer- lierte Anlagen. Die Sprengladungen werden Lawinen künstlich ausgelöst. Dafür ste- den, für die sogenannte Handsprengung. Pro mit einem Absenkgerät an den Sprengpunkt hen verschiedene Methoden zur Verfü- Jahr verbrauchen Michel und seine Kollegen gefahren und abgeworfen. Sie sind an einer gung. Genaues Beobachten ist in jedem im Schnitt etwa 1,5 Tonnen Sprengstoff. Halteschnur befestigt, so dass sie über dem Schnee explodieren. Gezündet werden die Fall wichtig für erfolgreiches Lawinensprengen. Der beste Zeitpunkt Ladungen per Funk. «Diese beiden Methoden sind in der Schweiz Lawinensprengen beginnt im Sommer. Peter am weitesten verbreitet», sagt Lukas Stoffel Michel, der Pisten- und Rettungschef der vom Team Schutzmassnahmen des SLF, das Bergbahnen Meiringen-Hasliberg schreitet sich mit Lawinenschutz befasst. Die Heli die heiklen Hänge seines Gebiets ab, lange sprengung ist schnell, billig und sicher. Der bevor der erste Schnee fällt. So sieht er zum Nachteil: Sie ist nur bei Flugwetter möglich. Beispiel, wenn eine Fläche nicht beweidet Dadurch verpasst man möglicherweise den worden ist und das Gras hoch steht. Darauf besten Zeitpunkt, weil jene Sprengeinsätze gleitet der Schnee viel leichter ab, als wenn am erfolgreichsten sind, die bereits während Kühe und Schafe einen kurz gefressenen Ra- oder unmittelbar nach Schneefällen durchge- sen zurücklassen. Einer von vielen Faktoren, führt werden. die es zu beobachten gilt. «Vom ersten Handsprengungen sind auch bei schlechte- Schneefall an führe ich Buch», sagt Peter Mi- rem Wetter möglich. Es muss aber jemand so chel. Er notiert natürlich immer wieder die nahe an den Sprengpunkt gelangen, dass er Schneemengen, aber auch, ob der Boden ge- die Ladung ins Anrissgebiet werfen kann. froren ist oder nicht, wenn die ersten Flocken Wie Lukas Stoffel erklärt, ist das nicht ganz fallen. Wenn nicht, verbindet sich die Schnee- ungefährlich, weil der Patrouilleur schon auf schicht nicht mit dem Untergrund und hält dem Weg dorthin oder dann nach der Explo- schlecht. Um den Schneedeckenaufbau zu sion selber in eine Lawine geraten könnte, ermitteln, ist Michel die ganze Saison mor- wenn diese anderswo abgeht oder grösser gens, mittags und abends mit der Ramm- ausfällt als erwartet. sonde unterwegs. Die gewonnenen Daten Diese Gefahr entfällt bei der dritten Methode, braucht er nicht nur für den Sprengentscheid, mit der in Meiringen-Hasliberg gearbeitet sondern er leitet sie auch ans Institut für wird. Seit der Wintersaison 2012/13 verfügt Schnee- und L awinenforschung SLF weiter, das Skigebiet über eine Gazex-Sprenganlage. wo sie verwendet werden, um die lokalen Sie besteht aus sechs dicken, fest installier- L awinenbulletins zu erstellen. ten Zündrohren, die mit zwei Gastanks ver- «Im Vorwinter beginnen wir früh zu schies bunden sind. Von der Rettungszentrale aus sen», sagt Peter Michel. «Ab 20, 25 Zentime- kann Peter Michel steuern, in welche Zünd ter putzen wir den Neuschnee weg.» Das ist rohre Gas fliesst, und es entzünden. Durch die nicht nur gut für die Sicherheit. Wo die Lawi- Explosion entsteht eine Druckwelle, die vom nen auf den Pisten liegen bleiben, erspart es Rohr auf die Schneedecke wirkt und die La- auch Kunstschnee. Die Sprengpunkte im und wine auslöst. Die Installation kostete rund ums Skigebiet Meiringen-Hasliberg sind fest- 600 000 Franken. Aus Sicht von Peter Michel gelegt. Es gibt 48 «Helikopterziele». Dort hat sich die Investition gelohnt. «Wir können werden Sprengladungen à 5 Kilo aus dem He- damit effizienter sprengen als mit der Spreng- likopter abgeworfen. Dazu kommen 16 Stel- bahn, die wir vorher in diesem Gebiet hatten.» Eine explosive Glocke: «DaisyBell» wird im Endgadin und in Zermatt eingesetzt. Fotos: Lukas Stoffel 9 Die Sprenghöhe tenrohre und Minenwerfer. Mit diesen Ar- Ob Sprengstoff im, auf oder über dem meewaffen werden bereits seit langer Zeit Schnee detoniert, beeinflusst die Erfolgs- Lawinen abgeschossen. chancen der Lawinenauslösung. So genannte Überschneesprengungen sind ge- Innovationen mäss den Untersuchungen des SLF am ef- Zu den Innovationen im Lawinensprengen fektivsten, da die Druckwelle auf eine gehört hingegen «DaisyBell». Es ist ein drei g rössere Fläche wirkt. Sie führen in 70 bis Meter hoher, glockenförmiger Behälter, der 90 Prozent der Fälle zum Ziel. Explodiert der an einem 20 Meter langen Kabel unter einem Sprengstoff auf der Oberfläche liegt dieser Wert etwa bei 60 Prozent, wird im Schnee gesprengt, zwischen 30 und 50 Prozent. Helikopter hängt. Dieser Behälter kann ohne Gazex-Zündrohre können bei jedem Wetter und auch ohne Sicht gezündet werden. Sprengmasten erlauben ebenfalls eine Über- Nachfüllen 50 bis 60 Mal mit einem Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisch gefüllt und entzündet werden. Die Druckwelle, die dabei ent- schneesprengung. Sie werden fix im Lawi- wächter» mit nur einem Abschussrohr. Die- steht, soll die Lawine auslösen. Wie gut diese nenanrissgebiet installiert. Per Helikopter ses ist voll drehbar. Je nach Rohrneigung Methode wirkt, hängt laut Lukas Stoffel stark oder manuell werden Sprengladungen auf kann die Sprengladung bis 400 Meter weit vom fliegerischen Können des Piloten ab. den Masten deponiert und später per Funk geworfen werden. Die «Lawinenpfeife» kann Entscheidend ist namentlich, wie hoch die ausgelöst. Sie explodieren an einer Hal- fest im Boden verankert oder auf einem Fahr- Glocke zum Sprengzeitpunkt über dem Bo- teschnur. zeug montiert sein. Sie muss von einer Per- den hängt. Eingesetzt wird «DaisyBell» in der Der «Lawinenwächter» der Firma Inauen son am Abschussort bedient werden. Eine Schweiz zurzeit in Zermatt und im Oberen Schätti ist eine Wurfanlage, die Sprengladun- noch grössere Reichweite als die «Lawinen- gadin. gen bis zu 180 Meter weit in die Anrissge- pfeife» hat der «Avalancheur». Das ist eine Zugenommen haben in der Schweiz laut Lu- biete katapultieren kann. Auch sie ist fernge- Gasdruckkanone, die 1,8 Meter lange Pfeile kas Stoffel in den letzten Jahren vor allem die steuert. Über die Wurfweite und -richtung, mit Sprengstoff bis zwei Kilometer weit fest installierten Anlagen, die den Vorteil ha- lässt sich der Sprengpunkt leicht variieren. schiessen kann. Sie ist schwenkbar und kann ben, dass sie wirkungsvoll und witterungsun- Diesbezüglich noch flexibler ist die «Lawi- damit verschiedene Sprengpunkte errei- abhängig sind und aus der Ferne gesteuert nenpfeife». Es ist sozusagen ein «Lawinen- chen. Letzteres gilt natürlich auch für Rake- werden können. Den Lawinensprengern stehe heute eine grosse Auswahl guter Methoden zur Verfügung. Punkto Innovation tue Die Lizenz, Lawinen abzuschiessen Wer Lawinen mit Sprengstoff auslösen will, braucht dafür den Eidg. Sprengausweis zur künstlichen Auslösung von Lawinen. Die entsprechende Ausbildung organisiert Seilbahnen Schweiz. Sie dauert eine Woche und umfasst neben Theorie auch praktische Sprengübungen, die am Nätschen ob Andermatt stattfinden. Zum Kurs zugelassen sind ausgebildete Patrouilleure sowie Vertreter von kommunalen Lawinendiensten und Strassensicherungsdiensten. Sie müssen eine Zuverlässigkeitsbescheinigung mitbringen, in der u.a. steht, ob ein strafrechtliches Verfahren gegen sie hängig ist. Sie müssen auch bestätigen, dass sie nicht unter Vormundschaft stehen und weder alkohol-, sich derzeit vor allem im Bereich der Erfolgs- drogen- noch medikamentenabhängig sind. Laut Marc Ziegler, dem Chef des Ausbildungszentrums von Seilbahnen Schweiz, machen pro Jahr ungefähr 30 Personen die Ausbildung. Sie müssen mindestens alle fünf Jahre eine ergänzende Schulung besuchen. Für das Lawinensprengen mit Minenwerfern und Rak-Rohren gibt es spezielle Kurse, die vom Kompetenzzentrum Gebirgsdienst der Armee in Andermatt durchgeführt werden. Für das Auslösen von Lawinen mittels Gas ist kein Sprengausweis erforderlich, wohl aber sind fundierte Kenntnisse in der Schnee- und Lawinenkunde vorausgesetzt. kontrolle etwas. Man sammle zurzeit mit verschiedenen Geräten Erfahrungen, die seismisch oder mittels Radar messen, ob die anvisierte Lawine tatsächlich abgegangen ist. Das dürfte die Arbeit von Peter Michel und seinen Kollegen erleichtern. Ohne regel mässigen Kontrollgänge und ein gutes Auge wird es allerdings auch in Zukunft nicht gehen. 10 LAWINENFORSCHUNG Die Überlebenschancen sind gestiegen Die Lawinenrettung hat in den vergan der Rettung spielte, wurde bei Lawinenereig- Entscheidende fünf Minuten genen Jahrzehnten grosse Fortschritte nissen mit ganz verschütteten Personen in 90 Die Verschüttungszeit bei den durch Kamera- gemacht, weil neue Rettungs- und Kom- Prozent der Fälle ebenfalls die organisierte den lokalisierten Verschütteten verringerte munikationstechnologien von Varianten- Rettung aufgeboten. Ein Wert, der während sich in den letzten 20 Jahren von 15 auf 10 Mi- fahrern, Tourengehern und Rettern im- der gesamten 50 Jahre nur leicht gesunken ist. nuten. Weil in diesen fünf Minuten die Über- mer häufiger genutzt werden. In den letzten 20 Jahren, also dem Zeitraum, lebenschancen stark abnehmen, stieg der in dem moderne Rettungs- und Kommunika Anteil Überlebender von 60 auf 72 Prozent, In den vergangenen Jahrzehnten dürfte die tionstechniken bereits weit verbreitet waren, die Mortalität verringerte sich also um fast ei- Zahl der Tourengeher und Variantenfahrer wurden mehr als 800 Personen im freien Ge- nen Drittel. Auch die von der organisierten stark zugenommen haben. Darauf deutet die lände durch Lawinen ganz verschüttet. Im Rettung lokalisierten Verschütteten wurden Befragung der Schweizer Bevölkerung zu ih- Mittel waren sie während 30 Minuten in 80 cm markant schneller befreit (60 statt 105 Minu- rem Sportverhalten hin, auch wenn genaue Tiefe verschüttet. 44 Prozent der Verschütte- ten). Weil in dieser Phase die Überlebens- Zahlen fehlen. Die Lawinenunfallstatistik des ten starben. Die Überlebenden waren in der kurve aber fast waagerecht verläuft, nahm SLF zeigt, dass in den letzten 50 Jahren die Regel wesentlich weniger tief und vor allem die Überlebensrate trotzdem nur geringfügig Zahl der lebensbedrohlich verschütteten Per- wesentlich weniger lang verschüttet als jene, von 25 auf 28 Prozent zu. sonen ebenfalls zugenommen hat, die Zahl die den Unfall nicht überlebten. Trotz grossen Fortschritten ist jede Lawinen- der Todesopfer aber unverändert geblieben ist Knapp drei Viertel der Überlebenden wurden verschüttung lebensgefährlich. Deshalb hat oder sogar leicht abgenommen hat (Abbildung von Kameraden lokalisiert. Die Überlebens- die Prävention von Unfällen auch weiterhin links). Entsprechend ist die Überlebensrate chancen waren dabei am grössten, wenn die grösste Bedeutung. Die Daten zeigen, dass ganz verschütteter Personen angestiegen Verschüttungstiefe gering und Körperteile an Kameraden- und organisierte Rettung Hand (Abbildung rechts, rote Kurve). In der gleichen der Oberfläche erkennbar waren. Ohne visu- in Hand funktionieren müssen, um das Leben Periode wurden immer mehr Verschüttete elle Hinweise auf den Verschüttungsort ist verschütteter Personen zu retten. von ihren Kameraden lokalisiert (Abbildung eine effiziente Lokalisierung nur mit dem LVS rechts, hellblaue Kurve). Auch wenn die Kame- möglich. Gelang diese den Kameraden, über- Frank Techel, WSL-Institut für Schnee- und radenrettung eine immer grössere Rolle bei lebten zwei Drittel der Verschütteten. Lawinenforschung SLF Die Überlebensrate von ganz verschütteten Personen stieg in den letzten 50 Jahren stetig an. Berücksichtigt sind nur ganz verschüttete Personen in den Monaten Dezember bis April im freien Gelände. 10 Prozent der Todesopfer waren nicht oder nur teilweise verschüttet. Diese sind nicht abgebildet. Grafik: SLF 11 BERGRETTUNG ANDERSWO Wo die Profis retten In Frankreich ist die Bergrettung weitgehend staatlich organisiert. Polizei, Armee und Feuerwehr teilen sich die Aufgaben. Dabei gibt es von Departement zu Departement die unterschiedlichsten Lösungen. Ausser in der Haute-Savoie spielen ehrenamtliche Retter nur noch eine Nebenrolle. Anhand der Farben sieht ein Verunfallter in Frankreich sofort, wer ihn rettet. Die Blauen gehören zu den Compagnies Républicaines de Sécurité (CRS), einem Verband der nationalen Polizei. Neben der Bergrettung gehören auch die Verkehrsüberwachung oder die Absicherung von Demonstrationen und Gross ver anstaltungen zu ihren Aufgaben. Etwa 200 CRS sind in der Bergrettung tätig. Erscheint ein Retter in Dunkelblau, ist es ei- Zwei Blaue der CRS während einer Rettungsübung Foto: zvg ner von 300 Angehörigen der Pelotons de Gendarmerie de (Haute) Montagne, PG(H)M. Einige weitere Departemente gelten als Ge- 1957/58, führten schliesslich zur Professio- Sie sind ein Einheit der Gendarmerie natio- birgszone (im Gegensatz zu den Hochge- nalisierung. 1958 wurde die Zuständigkeit für nale, die ihrerseits Teil der französischen birgsdepartementen). Dort teilen sich Feuer- Bergrettung den Präfekten übertragen, den wehr und die Gendarmerie die Rettungs- Vertretern des Zentralstaates in den Departe- zeitig dem Innenministerium unter- arbeit. Für die Geretteten sind die menten. Diese betrauten die bisherigen Ak- stellt. Dritte Möglichkeit: Man lässt Dienste sowohl im Gebirge als auch teure mit der praktischen Umsetzung. Neben sich von einem rot gekleideten Mit- im Hochgebirge kostenlos. Die ein- den Freiwilligen waren dies unter anderem glied einer Berggruppe der Feuer- zige Ausnahme sind die Skigebiete. die Gendarmen, die CRS und die Ecole Natio- Der Pistenrettungsdienst (die «pis- nale de Ski et d’Alpinisme. Im Laufe der Zeit teurs-secouristes») ist kommunal organi- zogen sich die Freiwilligen immer mehr zu- rund 290. siert und gilt als private Dienstleistung, die rück. Dafür begann die Feuerwehr verschie- In welcher Farbe die Rettung daherkommt, bezahlt werden muss. denenorts damit, ihre Kenntnisse in der Hö- Streitkräfte ist. Seit 2009 ist sie gleich- wehr (groupes montagne sapeurspompiers, GMSP) helfen. Von ihnen gibt es hängt vom genauen Ort und Zeitpunkt des henrettung auch am Berg einzusetzen. Das Unfalls ab. 13 französische Departemente Kontinuierliche Professionalisierung führte hier und dort zu Kompetenzstreitigkei- werden zum Hochgebirge gezählt. Sechs da- Die für französische Verhältnisse erstaunlich ten. 2011 verpflichtete der Staat die Präfek- von liegen in den Alpen, fünf in den Pyrenäen föderalistische Organisation der Bergrettung ten dazu, die Aufgabenteilung in ihrem De- und zwei auf Korsika. In einigen davon wech- ist historisch gewachsen. Ende des 19. Jahr- partement klar zu regeln. So entstand die seln sich zwei oder drei der Rettungsorgani- hunderts entstanden die freiwilligen «socié- oben beschriebene Arbeitsteilung. sationen wöchentlich ab, in anderen haben tés de secours», die sich aus Bergführern Die Haute-Savoie ist das einzige Departe- sie das Rettungsgebiet unter sich aufgeteilt – und Einheimischen zusammensetzten. Ver- ment, in dem den Freiwilligen der Sociétés de und dann gibt es noch Kombinationen dieser schiedene gescheiterte Rettungsaktionen, secours en montagne (SSM) noch eine wich- beiden Systeme. Ganz einfach ist es nur in namentlich der dramatische Tod der beiden tige Rolle zukommt. Sie unterstützen die pro- den Pyrénées ariégeoises: Dort retten nur jungen Alpinisten Jean Vincendon und fessionellen Retter bei terrestrischen Such- die Gendarmen. François Henry am Mont-Blanc im Winter aktionen oder Lawinenrettungen. In den an- 12 deren Departementen kümmern sie sich vor Wenn es einen Helikopter braucht, wird die- allem noch um die Funknetzsysteme, die be- ser entweder von Lufteinheiten der Gendar- sonders von Bergführern zur Alarmierung ge- merie nationale oder vom Zivilschutz gestellt. nutzt werden. Die in Chamonix ansässige Wenn das nicht reicht, werden auch Helikop- SSM La Chamoniarde betreibt etwa das ter von privaten Unternehmen herangezo- grenzübergreifende Notrufsystem Emergen- gen. Rund um das Mont-Blanc-Massiv ste- c y im Gebiet des Mont-Blanc. hen auf den Basen von Chamonix, Mondane, Annecy und Corchevel zwei EC 145 der Gen- Generalistenausbildung darmerie und zwei bis drei (im Sommer) des Gendarmen und CRS absolvieren beide die Zivilschutzes zur Verfügung. 2014 wurden al- gleiche Ausbildung in der Bergrettung. Sie lein von Chamonix aus 632 Rettungsflüge un- dauert ungefähr 40 Wochen und wird mit ternommen, wobei 852 Personen transpor- zwei staatlich anerkannten Titeln abgeschlos tiert wurden. Die Einsatzzahlen und -stunden sen. Der «Chef de caravane de secours en wachsen kontinuierlich. Von 2000 bis 2014 montagne» ist in der Lage, eine «normale» nahmen sie um rund 20 Prozent zu. Rettungsaktion zu leiten. Der «Chef d’opéra Wie in der Schweiz ist das Wandern die Sport- tion de secours en montagne» kommt dann zum Zug, wenn es um eine Operation grös Die Roten: ein Feuerwehrmann bei einer Windenrettung Fotos: zvg seren Ausmasses geht. Die Ausbildung art, die den Rettungskräften am meisten Arbeit beschert. 2013 rückten sie über 2300 Mal aus, um Wandersleute zu holen, das ent- der Feuerwehrleute ist modular aufgebaut eine Generalistenausbildung, die sie für alle spricht 42 Prozent aller Einsätze. An zweiter und richtet sich nach den Anforderungen, Einsatzarten qualifiziert. Sie haben zum Stelle folgen ex aequo das Mountainbiking die lokal auf die Retter zukommen. Unabhän- B eispiel alle die nötigen Kompetenzen für und das Bergsteigen mit je zehn Prozent. Del- gig von der Organisation und im Unterschied Rettungen mit dem Helikopter oder in einem tafliegen und Skitouren folgen mit fünf resp. zur Schweiz haben die Rettungsprofis alle Canyon. vier Prozent. 2013 barg die französische Bergrettung 200 Personen tot, was zwei Prozent aller Menschen entsprach, welche ihre Dienste in Anspruch genommen hatten. Schaut man sich die Zahl der Verstorbenen über eine l ängere Periode an, scheint sie ungefähr konstant zu bleiben, – obwohl immer mehr Menschen in die Berge gehen – unter anderem das Verdienst einer effizienter gewordenen Bergrettung. Blick über die Grenze Alle Farben vereint: Feuerwehrleute, Gendarmes und CRS am letztjährigen IKAR-Kongress in Lake Tahoe, USA Der Beitrag über die Bergrettung in Frankreich gehört zur Serie über die Bergrettung in anderen Ländern. Der Blick über die Grenze macht Ähnlichkeiten und Unterschiede sichtbar und kann Anregungen für neue Ideen und Lösungen liefern. diverses 13 PERSONELLE WECHSEL Verdiente und neue Gesichter Jahren Rettungschef. Die Tätigkeit sei in tritt vom Amt, das er 1991 übernommen Edi Schäli, menschlicher und fachlicher Hinsicht sehr hatte. Der 57-jährige Bergführer erinnert zurückgetreten bereichernd, sagt der 51-Jährige. Er wird sich daran, wie er die ersten Abrechnungen Im September 1982 über- weiter als Einsatzleiter aktiv bleiben. Zu den noch auf der Schreibmaschine schrieb. Seit- nahm Polizist Edi Schäli wichtigsten Errungenschaften seiner Amts- her habe sich viel verbessert, auch struktu- den Gebirgsposten Sören- zeit zählt er die verstärkte Zusammenarbeit rell. Diesbezüglich war die Gründung der Alpi- berg. Ein halbes Jahr später wurde er in die mit Nachbarstationen und Blaulichtorganisa- nen Rettung Graubünden (ARG) im Jahr 2006 Bergrettungsgruppe aufgenommen. Wenige tionen. Das Magazin wurde neu geordnet der vorläufige Schlusspunkt. Sehr wertvoll Tage darauf sein erster Einsatz: ein Lawinen- und die Station personell gestrafft. Sie zählt findet er die Zusammenarbeit mit dem Ret- unglück mit zwei Todesopfern am Brienzer heute noch 25 Mitglieder, die alle auf einem tungsdienst der Bergbahnen, welche die Rothorn. «Dieses Ereignis werde ich nie ver- guten fachlichen Niveau sind. Das sei nötig, Station im Winter stark entlaste. Fringer wird gessen», sagt Schäli 32 Jahre und 95 Ein- denn das Retten in den voralpinen «Krächen» dem Schanfigg als Einsatzleiter erhalten sätze später. Er hat etliche Tote geborgen, sei anspruchsvoll. Als Chefredaktor der Tou- b leiben. was auch beim hartgesottenen Bergretter ring-Zeitung ist Maurhofer kaum mehr als Spuren hinterlässt. «Aber ich bereue keine Bergführer unterwegs. Beim Klettern, auf Reto Fritz, neu Minute, die Bergrettung war mein Herzblut», Skitouren oder beim Fliegenfischen trifft Er habe das «Helfersyn- sagt der 63-Jährige. Doch er habe nun genug man ihn aber noch regelmässig in den Ber- drom», lacht Reto Fritz, gesehen und erlebt: «Es ist an der Zeit, den gen an. wenn man ihn fragt, warum Rettungsstation Sörenberg-Entlebuch Führerpickel in die Hände eines jungen Kame- er sich in der Bergrettung raden zu übergeben.» Martin Weibel, neu engagiere. Dazu kommt, dass der passio- Seit 2013 war Martin Wei- nierte Jäger und Skilehrer die Berge liebt und Urs Christener, neu bel der Stellvertreter von dadurch das Rettungsgebiet gut kennt. Dem Im Februar hat Urs Christe- Felix Maurhofer. In Abspra- 40-Jährigen ist Teamwork wichtig. Deshalb ner die Nachfolge von Edi che mit den anderen Ein- beabsichtigt er, eine Rettungskommission Schäli übernommen. «Die satzleitern habe er das Amt des Rettungs- einzusetzen, in der neben ihm drei qualifi- Rettung steht bei mir an chefs übernommen, sagt der 32-jährige zierte Retter sitzen, die für die Ressorts Me- erster Stelle», sagt er. Und nicht nur bei ihm. Stef fi sburger. Änderungsbedarf dizin, Ausbildung und Ausrüstung zuständig «Wir haben eine sehr gute, engagierte Ret- sieht er in der Station nicht, will aber dem sein werden. Mit dem gemeinsamen Know- tungstruppe. Das gibt mir Mumm, das Amt zu Nachwuchs sein Augenmerk schenken. Es how will Reto Fritz die Standards der ARS übernehmen.» Der zweifache Familienvater sei nicht immer einfach, engagierte Retter möglichst lückenlos erfüllen. und Leiter des Reka-Dorfs Sörenberg kann zu finden. Weibel wurde 2007 Mitglied der Beruf und Rettung gut unter einen Hut brin- Rettungsstation, nachdem er berufsbeglei- gen. Als Gebirgsspezialist der Armee, Sama- tend die Höhere Fachschule Maschinen- Pierrot Vallélian, riterlehrer, Feuerwehrinstruktor und ehema- bau abgeschlossen hatte. Er hatte nach zurückgetreten liger Kommandant der Feuerwehr Sörenberg einer Freizeitbeschäftigung gesucht, die mit Als die Station Châtel-St.- sind dem 52-Jährigen die verschiedensten seiner Freude an den Bergen gut zusammen- Denis Facetten des Rettungswesens vertraut. passte. wurde, war Pierrot Vallé- Grossen Rettungsstation Châtel-St-Denis 1985 gegründet lian ihr erster Rettungschef. Noch heute ist Rettungsstation Thun Rettungsstation Arosa die Lust des 70-Jährigen an der Bergrettung Felix Maurhofer, Heinz Fringer, ungebrochen. Er hört auch nicht auf, sondern zurückgetreten zurückgetreten tauscht mit seinem Nachfolger die Funktion Vor zehn Jahren wurde Fe- Es stehe ein guter Nach und wird Rettungsobmann. Vallélians Inter- lix Maurhofer Mitglied der folger bereit, begründet esse galt immer der Rettung, seis als langjäh- Rettungsstation, vor sechs Heinz Fringer seinen Rück- riger Feuerwehrmann, seis als Bergretter 14 und RSH. Er wurde dabei immer wieder mit mit aus der Taufe und war von Anfang an ihr geleistet hat, zählt Jelk zu seinen grössten dem Tod konfrontiert. «Man tut seine Ar- Vizepräsident. Er sieht die ARS als die ent- Erfolgen. Für die Zukunft sieht er die elektro- beit», erklärt er lakonisch auf die Frage, wie scheidendste Entwicklung in der Bergret- nischen Entwicklungen als Chance und Ri- er damit zurechtgekommen sei. Die neueren tung in den letzten Jahren. Die Zusammenar- siko zugleich: «Es muss der Rettung gelin- Entwicklungen der Ausbildung und der Struk- beit von Profis und Milizkräften hält er für eine gen, die Vielfalt an Geräten und Apps zu be- turen im Rettungswesen bewertet Vallélian gute, aber herausfordernde Lösung. Er plä- wältigen und für sich nutzbar zu machen.» als sehr positiv. diert dafür, das Milizsystem aufseite des SAC Sorge bereitet ihm die zunehmende Regulie- beizubehalten und die Professionalisierung rung im Rettungswesen. «Als Retter muss nicht zu weit zu treiben. man improvisieren können.» Es gehe nicht Eric Maillard, neu Die Bergrettung war für an, dass man mit einem Fuss im Gefängnis Eric Maillard eine Gelegen- Corine Blesi, neu heit mehr, sich mit seinen Neu im Stiftungsrat Einsitz der Rettungsstation Zermatt als Retter, aber Kollegen vom SAC zu tref- genommen Corine auch als Fachmann weiter zur Verfügung. Blesi. Sie ist bei der Rega Auch in den internationalen Projekten wird er Spielwiese, um Energie zu tanken. Für den für die Helikopter-Einsatz- weiter tätig bleiben. Vater von drei Kindern sind die gute Stim- zentrale und die zwölf Einsatzbasen verant- mung in der Equipe von Châtel-St-Denis und wortlich. Die 39-Jährige sieht drei haupt- Anjan Truffer, neu die Möglichkeit, Menschen in Not zu helfen, sächliche Herausforderungen für die ARS: «Es kann nicht das Ziel wichtige Gründe für sein Engagement. Als die intensivere Vernetzung mit anderen Blau- sein, Bruno Jelk zu über- Rettungschef will er die Arbeit seines Vor- licht- und Rettungsorganisationen, das Span- trumpfen», gängers mit diesem zusammen fortführen. nungsfeld von Eigenverantwortung und Stan- Truffer. Er will in erster Li- Der 45-jährige Ingenieur will die Station nicht dardisierung sowie das Image: Wie kann die nie den hohen Standard der Rettung in Zer- auf den Kopf zu stellen, sondern bloss hier positive Wahrnehmung der ARS und damit matt halten. Potenzial sieht der 40-Jährige und dort etwas optimieren, wenn nötig. Wie die Unterstützung durch die Öffentlichkeit auf internationaler Ebene. Er möchte den Pierrot Vallélian möchte er die Bekanntheit aufrechterhalten und gestärkt werden? Be- Know-how-Transfer, den Bruno Jelk in Nepal und die Anerkennung der Bergrettung ver- vor Corine Blesi 2008 zur Rega kam, hatte sie gestartet hat, in weiteren Ländern etablieren. bessern, auch um ihr ehrenamtliches Funkti- in Genf für das Weltwirtschaftsforum und da- Truffer hatte 1996 die im Wallis übliche drei- onieren zu erhalten. nach im Stab von Christoph Blocher im Gene- jährige Ausbildung zum Bergretter absol- ralsekretariat des Eidgenössischen Justiz- vierte, zu der auch die Canyoning- und die und Polizeidepartements gearbeitet. Helikopterrettung gehören. Als Bergführer fen – in den Bergen, seiner bevorzugten Stiftungsrat ARS hat stehe, wenn man das tue. Bruno Jelk steht Anjan brachte Truffer die besten Voraussetzungen Franz Steinegger, zurückgetreten Rettungsstation Zermatt Die Liste der Ämter und Bruno Jelk, Funktionen, zurückgetreten die sagt Franz Steinegger zu einer landes- Er ist eine Legende, sein weit bekannten Persönlichkeit machen, ist Name schon fast ein Syno- lang: Urner Nationalrat, Präsident der FDP nym für Bergretter. 1943 Schweiz, Präsident der Suva, Krisenmanager als ältester Sohn einer Freiburger Berg nach den Überschwemmungen von 1987 im bauernfamilie geboren, begann Bruno Jelks Kanton Uri und, und, und. In der Bergrettung Karriere mit 16 Jahren als Patrouilleur. 1980 war der Fürsprecher und Notar ebenfalls wurde er in Zermatt Rettungschef. Hier war stark präsent. 1989 bis 1991 war er Zentral- er an weit über 3000 Rettungsaktionen betei- präsident des SAC, von 1991 bis Ende 2014 ligt. Die Verbesserungen in der Spaltenret- Rega-Stiftungsrat. Steinegger hob die ARS tung, zu denen er entscheidende Beiträge mit. Auch heute noch ist das Führen sein Hauptberuf. 15 BERGRETTER IM FOKUS Der Profiretter Stefan Merkt ist Mitglied der jüngsten und ungewöhnlichsten Rettungsstation der ARS-Familie. «1.07 Schutz & Rettung Zürich» ist seit Mai 2013 Teil der Alpinen Rettung Ostschweiz. Dass es dazu kam, hat unter anderem mit Stefan Merkts Beharrlichkeit zu tun. Er sei hartnäckig und risikobewusst, sagt Stefan Merkt von sich. Und beginnt zu erklären, was er damit (nicht) meint. Hartnäckig heisse nicht stur, betont er. Er sei offen für Argumente, lasse eine Idee aber nicht gleich fallen, wenn sie auf Widerstand stosse. Diese Eigenschaft hat ihm dabei geholfen, die Höhenrettungsgruppe von Schutz & Rettung Zürich aufzubauen. Er und andere junge Kollegen hatten vor 15 Jahren die Initiative dafür In Stefan Merkts Garderobenschrank hängen zwei Sets Arbeitskleider. Wenn die Rega ruft, streift er die gelb-schwarze ARS-Kluft über. Foto: Andreas Minder ergriffen. Dass sie von altgedienten Kollegen erst etwas belächelt worden waren, beirrte die Höhe kommt. In den roten Kleidern der sern Fenster putzt oder auf einem Kirchturm Merkt nicht. Er war vom Nutzen des Vorha- Berufsfeuerwehr hat er immer wieder viel die Weihnachtsbeleuchtung montiert, sei es bens überzeugt und blieb dran. Luft unter den Füssen. Wenn ein Kranführer als Alpinist. Für ihn und seine Frau sind die 2014 feierte die Höhenrettungstruppe ihr auf seinem Arbeitsgerät erkrankt, wenn sich Berge wichtig. Mit zwei Kindern mussten sie zehnjähriges Bestehen. Bereits ein Jahr frü- ein Arbeiter auf einem Baugerüst verletzt, ihre Ausflüge in die Alpen zwar etwas zurück- her war sie die Rettungsstation 1.07 der ARS wenn jemand in einen tiefen Schacht stürzt, fahren. Aber Snowboardtouren, Eisklettern, geworden, deren Einsatzgebiet in der süd- kommen die Höhenretter zum Einsatz. Hochtouren, Alpinklettern sind trotzdem ihre deutschen Grenzregion beginnt und die Kan- Seit 17 Jahren ist Stefan Merkt bei der Zür- liebsten Freizeitaktivitäten. Sie suchen die tone Schaffhausen und Zürich umfasst. «Ich cher Berufsfeuerwehr. Vorher hatte er we- eher ruhigen Orte, 4000er abhaken mögen bin schon stolz darauf, dass wir in relativ kur- nige Jahre als Schreiner gearbeitet. Den Be- sie nicht. «Ich möchte nicht einer Spur hinter- zer Zeit ein so gutes Niveau erreicht haben, rufswechsel hat er nie bereut. «Ich liebe mei- herlaufen», sagt Merkt. Und alles, was zu dass uns die Rega anfragte, ob wir als Fach- nen Job. Es ist eine sehr vielseitige Aufgabe. Wettkampf und Rivalität ausarten könnte, ge- spezialisten Helikopter mit auf ihre Bergret- Man weiss nie, was der Tag bringen wird.» fällt ihm erst recht nicht. Auch weil es das tungseinsätze gehen würden.» Die Arbeit macht ihm auch deshalb Freude, R isikobewusstsein trüben kann. weil dabei die zweite Eigenschaft zum Tragen Steiler Einstieg kommt, die ihn auszeichnet: Risikobewusst- Ins erste Jahr starteten die Zürcher Bergret- sein. Auch hier beeilt er sich, Missverständ- ter fulminant. 13 Mal stiegen sie in die nisse auszuräumen: Risikobewusst heisse schwarz-gelben Kleider der ARS, um Gleit- nicht risikoscheu. Es bedeute vielmehr, ein schirmflieger aus den Bäumen zu pflücken, Gespür für Gefahren zu entwickeln, sie rich- blockierte Wanderer vom Uetliberg zu holen tig abzuschätzen. Risikomanagement heisst oder Biker aus unwegsamem Gebiet zu be- das Stichwort. freien. 2014 gab es dann allerdings nur zwei Das verantwortungsvolle Spielen mit Gefah- Einsätze, im laufenden Jahr bisher einen. ren pflegt Merkt auch in seiner Freizeit. Sei es Was nicht bedeutet, dass Stefan Merkt nie in als Industriekletterer, wenn er an Hochhäu- Steckbrief Stefan Merkt (42) lebt mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern in Zürich. Er arbeitet bei der Berufsfeuerwehr von Schutz & Rettung Zürich und ist einer von 13 Fachspezialisten Helikopter der Höhenrettungsgruppe. Wenn die Helikopterspezialisten mit der Rega unterwegs sind, unterstehen sie der Verantwortung der ARS. 16 Herausgegriffen Neues zum Mythos Matterhorn 2015 jährt sich die Erstbesteigung des Matterhorns zum 150. Mal. Im Wallis wird der alpinistischen Grosstat mit Veranstaltungen und Aktivitäten gedacht. Dazu gehören auch der Film «Focus Matterhorn» und ein gleichnamiges Buch. Der fünzigminütige Dokumentarfilm begleitet die Spitzenbergsteiger André Georges, Gerlinde Kaltenbrunner, Simon Anthamatten und Felicitas Feller auf dem Weg zum Gipfel. Sie erzählen, was für sie die Faszination der Berge ausmacht. Auch die Gefahren kommen zur Sprache. So erinnern sich die Protagonisten an den tödlich verunglückten Erhard Loretan. Dieser Hauptstrang der Erzäh- lung wird angereichert mit historischen Begebenheiten aus der Bergrettung. Unter anderem wird der Sturz einer Frau in eine Gletscherspalte nachgestellt, der sich vor 30 Jahren ereignet hatte. Die Szene wurde mit der Air Zermatt und dem ehemaligen Zermatter Rettungschef Bruno Jelk gedreht. Ein dritter Teil des Films befasst sich mit der wirtschaftlichen und geschichtlichen Bedeutung des Theodulpasses. Focus Matterhorn. Im Banne des Berges (2015). Die DVD kostet bis am 15. Juli CHF 25.– (Subskriptionspreis), danach CHF 29.50, das Buch CHF 69.–. Beides kann auf der Website www.focusmatterhorn.ch bestellt werden. Retouren: Alpine Rettung Schweiz Rega-Center Postfach 1414 8058 Zürich-Flughafen Neue Sportart bringt neue Herausforderung für die Rettung Bergretter halten äussersten körperlichen und psychischen Belastungen stand. Sie müssen im Einsatz mit allem rechnen. Neue Herausforderungen ergeben sich namentlich durch neue Freizeittrends. Das zeigte sich einmal mehr Ende Februar im Tessin, als Rettungskräfte zum San Salvatore gerufen wurden. Ein rund 30-jähriger Mann hatte sich während einer Wanderung verirrt. So weit nichts Ungewöhnliches. Was die Rega-Crew nicht wusste: Der Osteuropäer war ein Nacktwanderer, und zwar nicht einer der harmlosen Genuss-Blüttler, wie sie etwa im Appenzell anzutreffen sind. Nein, er zählt zur Community der Extrem-Nacktwanderer. Er hatte sich nach eigenen Angaben seiner Kleider entledigt, um seine Tour noch härter zu machen. Zu hart, wie sich herausstellte. Bald war er von Dornen zerschunden, unterkühlt und verloren. Eine Frau hörte seine Hilfeschreie und alarmierte die Rettung. Die Rega fand ihn unterhalb des Gipfels des San Salvatore und brachte ihn ins Spital. Sein Zustand erwies sich als nicht besorgniserregend. Die Rettungscrew ist um eine Erfahrung reicher. 3001 Bern P. P. Impressum Bergretter: Magazin für Mitglieder und Partner der Alpinen Rettung Schweiz Herausgeber: Alpine Rettung Schweiz, Rega-Center, Postfach 1414, CH-8058 Zürich-Flughafen, Tel. +41 (0)44 654 38 38, Fax +41 (0)44 654 38 42, www.alpinerettung.ch, [email protected] Redaktion: Elisabeth Floh Müller, stv. Geschäftsführerin, [email protected] Andreas Minder, [email protected] Auflage: 3500 Deutsch, 1000 Französisch, 800 Italienisch Adressänderungen: Alpine Rettung Schweiz, [email protected] Gesamtherstellung: Stämpfli Publikationen AG, Bern
© Copyright 2024 ExpyDoc