Frau Holle 1 Eine Frau hat zwei Töchter. Beide heiβen Marie. Die eine Marie ist sehr schön und fleiβig und hilft immer im Haus. Die andere Marie ist hässlich und faul und hat keine Lust im Haus zu helfen. Aber die Mutter hat die faule Marie viel lieber, sie darf machen, was sie will. Die fleiβige Marie muss immer wischen und waschen, nähen und kochen. 2 Die fleiβige Marie muss jeden Tag am Brunnen Wolle spinnen. Aber eines Tages fällt die Spule in den Brunnen. Das Mädchen weint und läuft zur Mutter. Die Mutter ist böse und ruft: „Du hast die Spule in den Brunnen geworfen. Nun spring hinein und hol sie heraus!“ Marie geht zum Brunnen zurück. Sie hat Angst, macht die Augen zu und springt hinein. Als sie die Augen wieder aufmacht, liegt sie auf einer schönen Wiese mit vielen Blumen. Die Sonne scheint. 3 Auf der Wiese steht ein Backofen. Das Brot im Ofen ruft: „Hol mich raus, bitte, hol mich raus, sonst verbrenne ich!“ Marie holt das Brot aus dem Ofen heraus und geht weiter. Da steht ein Apfelbaum mit vielen groβen Äpfeln. Der Baum ruft: „Bitte schüttel mich! Die Äpfel sind alle reif und hängen schwer an meinen Ästen.“ Marie schüttelt so lange, bis alle Äpfel auf dem Boden liegen. Dann geht sie weiter. 4 Marie kommt an ein kleines Haus. Aus dem Fenster schaut eine alte Frau. Die Frau sagt: „Bleib bei mir! Ich bin Frau Holle. Ich brauche deine Hilfe. Du musst jeden Tag die Federbetten ausschütteln, damit die Federn fliegen, dann schneit es auf der Erde.“ Marie bleibt bei Frau Holle. Sie ist sehr fleiβig. Jeden Tag kocht und putzt sie, wäscht die Wäsche, gieβt die Blumen im Garten und schüttelt die Federdecken so lange, bis die Federn fliegen und es unten auf der Erde schneit. 5 Doch nach vielen Wochen wird Marie immer trauriger. Sie möchte wieder nach Hause gehen. Frau Holle versteht sie und bringt sie an ein großes Tor und sagt: „Durch dieses Tor musst du gehen, dann bist du wieder zu Hause.“ Als Marie durch das Tor geht, regnet es plötzlich Gold. Das Gold bleibt an ihren Kleidern hängen. 6 Dann ist sie wieder zu Hause. Auf dem Brunnen sitzt ein Hahn und kräht: „Kikeriki, kikeriki, unsere Goldmarie ist wieder da!“ Die fleiβige Marie ist jetzt reich, sie erzählt, was passiert ist. Die Mutter und die faule Schwester sind neidisch. Die faule Marie möchte auch so viel Gold haben. Da sagt die Mutter zur faulen Marie: „Spring du auch in den Brunnen!“, und sie springt. 7 Als sie die Augen aufmacht, sieht sie den Backofen auf der Wiese und hört ihn rufen: „Hol mich raus, bitte, hol mich raus, sonst verbrenne ich!“. Aber die faule Marie hat keine Lust und sagt: „Na und? Von mir aus kannst du verbrennen.“ Dann geht sie weiter. Sie kommt auch an den Apfelbaum. Dieser ruft: „Bitte schüttel mich! Die Äpfel sind alle reif und hängen schwer an meinen Ästen.“ Die faule Marie aber sagt: „Ich habe keine Lust! Außerdem kann mir ein Apfel auf den Kopf fallen.“ Dann geht sie weiter. 8 Sie kommt an das kleine Haus und sieht Frau Holle am Fenster stehen. Frau Holle sagt: „Bleib bei mir! Ich bin Frau Holle. Ich brauche deine Hilfe. Du musst jeden Tag die Federbetten ausschütteln, damit die Federn fliegen, dann schneit es auf der Erde.“ Am ersten Tag hilft die faule Marie ein bisschen. Aber am zweiten und dritten Tag schläft sie die ganze Zeit. 9 Am vierten Tag sagt sie: „Ich möchte wieder nach Hause gehen!“ Frau Holle bringt sie an das Tor und sagt: „Durch dieses Tor musst du gehen, dann bist du wieder zu Hause.“ Als die faule Marie durch das Tor geht, regnet es plötzlich Pech. Das Pech bleibt an den Haaren und den Kleidern kleben. 10 Im nächsten Moment ist sie wieder zu Hause. Auf dem Brunnen sitzt ein Hahn und kräht: „Kikeriki, kikeriki, unsere Pechmarie ist wieder da!“ Die faule Marie wäscht und wäscht die Kleider und das Haar, aber das schwarze Pech geht nie wieder weg.
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