BDANCHE Mystery-Shopping MFP-Markt

Branche Mystery-Shopping MFP-Markt
Voll daneben!
eine aus der puste gekommene Druckerund mFp-Flotte auf Vordermann zu
bringen, ist im gegensatz zu dem, was
die Anbieter behaupten, kein zuckerschlecken. Das bekam die FActS-redaktion
von den unterschiedlichsten unternehmen
schon oft zu hören und stellte fest, dass
sich vermeintliche Fachleute häufig nicht
mit ruhm bekleckern. mit ihren falschen
Versprechungen machen sie den einkäufern jedenfalls das leben ziemlich schwer.
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ie regelmäßige Berichterstattung im Rahmen von
Myster y-Shopping-Vergleichen kommt bei Einkaufs- und Investitionsentscheidern in Unter-
nehmen, Organisationen und Behörden
gleichermaßen gut an. Regelmäßig melden
sich in der FACTS-Redaktion Mitarbeiter, die
MYSTERY-SHOPPING
vor der Aufgabe stehen, neue Investitionen
rund um Büroorganisation, -kommunikation und -einrichtung zu tätigen. Entweder,
um sich konkrete Anregungen und Tipps
rund um Ausschreibungsverfahren und Angebotsvergleiche zu holen, oder auch, um
ihre eigenen Erfahrungen mit den Anbietern
sich bringt: ein buntes Durcheinander ver-
die FACTS-Redakteure übrigens vor Ort ein
zu schildern. Dabei gibt es neben vielen äu-
schiedener, teilweise veralteter Modelle
Bild machen, denn die Einkäufer baten dar-
ßerst positiven Erlebnissen, die FACTS gern
unterschiedlicher Hersteller mit entspre-
um, ihnen bei dem Ausschreibungs- und
zum Anlass für eine anschließende Bericht-
chend teurer und aufwendiger Versorgung
Vergleichsverfahren mit dem einen oder an-
erstattung nimmt, eben auch eine ganze
mit Verbrauchsmaterialien. Hinzu kam die
deren nützlichen Hinweis unter die Arme zu
Menge schlechter Erfahrungen.
mangelnde Kostentransparenz dieser „Sys-
greifen. Diese Gelegenheit nahm die Redak-
temflotte“ für die Verantwortlichen.
tion natürlich gerne wahr. Schließlich ergibt
Ein Beispiel für einen Ausschreibungs-
sich nicht häufig die Gelegenheit, so nah
prozess, bei dem sich viele an sich namhafte
und renommierte Anbieter und Hersteller
aus dem Bereich Dokumentenoutput ganz
MangelnDe KoSTenTranSParenz
dran zu sein und den FACTS-Lesern bei deren täglicher Arbeit einmal ausführlicher
und gar nicht mit Ruhm bekleckerten, ereig-
Dass eine grundlegende Modernisierung
nete sich in einem namhaften Unternehmen
an der Zeit war, darüber waren sich Einkauf,
Die Uneinigkeit im Unternehmen schien
der Gesundheitsbranche, das vor die Aufga-
IT-Abteilung und Geschäftsleitung einig.
jedenfalls absolut begründet gewesen zu
be gestellt war, seine komplette Drucker-
Und zwar im großen Stil: Insgesamt weit
sein, denn: „Von Anfang an gestaltete sich
und MFP-Infrastruktur grundlegend zu mo-
über 1.000 Drucker und MFPs mussten aus-
die Ausschreibung als äußerst mühselig und
dernisieren.
„über die Schulter zu schauen“.
getauscht werden. Weniger einig waren sich
kompliziert“, sagt einer der Einkaufsverant-
Der Grund dafür waren die altbekannten
die Beteiligten über das genaue Wie der wei-
wortlichen. „Trotz vorheriger gründlicher
Probleme, die eine solche Ist-Situation mit
teren Vorgehensweise. Davon konnten sich
Marktanalysen – vielleicht auch gerade
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deshalb – erlebten unsere Mitarbeiter in
den stundenlangen Klärungsgesprächen mit
einer Reihe verschiedener Anbieter und deren Vertriebsmannschaften echte ‚Aha-Erlebnisse‘ nur äußerst selten.“
Zu sehr schienen die geschulten Vertriebsprofis der MFP- und Druckeranbieter
darauf aus gewesen zu sein, einen lukrativen
Auftrag an Land zu ziehen und sich selbst
entsprechend in Szene setzen zu wollen.
„Die für uns maßgebliche fachlich-technische Beratung geriet ins Hintertreffen, denn
in diesem Punkt zeigten sich die vermeintlichen Experten als wenig sattelfest“, erinnert
sich der IT-Leiter des Unternehmens. Schade, wo doch in Zeiten schwindender Margen
für das reine Box-Moving allerorten die Be-
VersprecHen nicht eingehalten:
Neue MFP-Systeme sind nicht unbedingt
leiser als die älteren Modelle.
deutung einer fundierten Beratung, die sich
ganz stark nach den vorhandenen individuellen Bedürfnissen des Anwenders richten
soll, so sehr betont wird.
Nach diesen wenig erfreulichen und we-
Anbieter sehr deutlich von seinen Wettbe-
schiede. Zu diesem Ergebnis kommen auch
nig konstruktiven Vorarbeiten machten sich
werbern ab – laut Angaben der Entscheider
die FACTS-Tester immer wieder in ihren
die Einkäufer an die Auswertung und zogen
sogar „uneinholbar“. Das zeigt: Auch wenn
Produkt-Einzeltests. Und auch die Erfah-
Bilanz. Eine wichtige Erkenntnis dieser Er-
sich die Produkte der Hersteller im Hinblick
rungsberichte von Anwendern oder Fach-
gebnisfindung: Hinsichtlich der Funktiona-
auf technische Ausstattung und auch preis-
händlern zeigen die qualitativen Unter-
lität, Geschwindigkeit und Qualität im Be-
lich immer weiter annähern mögen, so gibt
schiede immer wieder deutlich auf.
reich der A4-Laserdrucker setzte sich ein
es doch immer noch beträchtliche Unter-
Zweites Ergebnis der Einkäufer: Entgegen
den Versprechungen der meisten Hersteller
seien die neuen Drucker- und MFP-Modelle
Viel zu Kompliziert: Bei Managed Print Services
lassen sich die Angebote der Hersteller so gut wie
nicht vergleichen. Jeder Anbieter am Markt hat hier
seine eigenen Definitionen, obwohl es so große Unterschiede gar nicht gibt.
nicht unbedingt leiser als die älteren. Ein
wichtiger Faktor – wo doch gerade in großen
Unternehmen Mitarbeiter zunehmend in
Open-Space-Umgebungen und nicht mehr
im Einzelbüro arbeiten. Dort kann wirklich
niemand übermäßige Lärmbelästigung
durch die Bürotechnik gebrauchen. Und
auch Systeme mit übermäßig großem Platzbedarf sind dort völlig fehl am Platz.
Schwer nachvollziehbar
Ein dritter Punkt, der den Einkäufern
das Leben unnötig schwer machte, war die
wenig sinnvolle Kategorisierung der angebotenen Modelle. So stellte sich die gewünschte detaillierte Beschreibung der
jeweiligen Leistungsklassen in der Ausschreibung als sehr schwer nachvollziehbar heraus. Oder der Hersteller bezog sich
selbst ausschließlich auf seine eigenen
Systeme; auch das machte den Auswahlprozess nicht gerade einfacher.
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Noch schwieriger wurde es, als es um
Klickpreismodellen oftmals teure Mogelpa-
durch den Kundensupport behoben. Auch
das Thema Software ging. Als echtes Problem
ckungen verbergen, die den Kunden dann
für technische Mängel, die mehrere Syste-
stellte sich in diesem Zusammenhang her-
endgültig verprellen – darüber hat FACTS
me betrafen, wurde schnell eine Lösung ge-
aus, dass jeder der großen Anbieter am Markt
schon häufiger berichtet.
funden. „Im Bereich Software gibt es allerdings noch großen Verbesserungsbedarf –
seine eigene Definition und ein eigenes Verständnis von Managed Print Services (MPS)
hat. Böse Zungen sprechen in diesem Zusam-
Böse Überraschung
gerade was das Flotten- und Tonermanagement betrifft“, verrät der Einkaufsleiter.
menhang gerne von reinen „Marketing-Bla-
Trotz aller Schwierigkeiten gab das Un-
„So unglaubwürdig das auch klingen mag,
sen“. Ärgerlich und fast unlösbar für einen
ternehmen dann vor einigen Monaten doch
aber für einige unserer Probleme konnte
Entscheider, wenn sich die angebotenen Be-
einem Anbieter den Zuschlag und beauf-
man uns noch immer keine probate Lösung
zahlmodelle, der Funktionsumfang und die
tragte ihn, neue Systeme zu liefern, zu ins-
präsentieren.“
Schnittstellen so voneinander unterscheiden,
tallieren sowie die Wartung und Versorgung
Alles in allem waren die Erfahrungen der
dass sie sich in einer offenen Ausschreibung
mit Verbrauchsmaterial und Papier zu über-
Einkäufer im gesamten Ausschreibungsprozess
kaum noch nebeneinander darstellen, ge-
nehmen. Bis heute erlebte das Unterneh-
äußerst ernüchternd. Die Beteiligten konnten
schweige denn vergleichen lassen. Insgesamt
men jedenfalls in puncto Hardware keine
also durchaus den Eindruck gewinnen, dass
alles keine guten Voraussetzungen für einen
bösen Überraschungen. Die nur sehr selten
nur wenige der Anbieter im Markt ihren wohl-
transparenten, fairen und objektiven Ver-
auftretenden Störungen wurden sehr schnell
klingenden Verheißungen auch konkrete Taten
gleich. Und dass sich hinter den sogenannten
folgen lassen. Zu viel schuldig blieben sie hinsichtlich einer wirklich tief gehenden technischen Beratung – und zu wenig gingen sie ein
auf die konkreten individuellen Anforderungen
und Probleme der Anwender.
FAZIT
Obwohl sie uns bekannt sind, darf FACTS in
diesem Bericht „Ross und Reiter“ nicht nennen, da die Mitarbeiter des Anwenders darum
gebeten haben. Zudem war die FACTS-Redaktion bei einigen Gesprächen, an denen auch
die Anbieter teilgenommen haben, „undercover“ anwesend.
FACTS wird in Zukunft sehr genau beobachten, welche weiteren Erfahrungen in diesem und anderen Unternehmen gemacht
werden und ob alle Beteiligten am Ende eines
Verkaufsprojekts zu einer wirklich zufriedenstellenden wirtschaftlichen und effizienten
Lösung kommen. Sollte dies nicht der Fall
sein, wird die Redaktion im nächsten Jahr
über diese Fälle ausführlich berichten und
die Defizite aufdecken.
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Daniel Müller / Klaus Leifeld
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