Kassandra Interview mit Christine Härter

Pressemitteilung
Mit der Bitte um Veröffentlichung
Gespräch mit Regisseurin Christine Härter zur Inszenierung von
Kassandra
Die Badische Landesbühne zeigt Christa Wolfs Erzählung Kassandra.
Christa Wolfs Erzählung handelt von der trojanischen Königstochter Kassandra,
die durch den Gott Apollon die Sehergabe erhält. Obwohl sie das Scheitern des
Krieges und den Untergang ihres Volkes voraussieht, schenkt ihr aber niemand
Glauben. Nach dem Untergang Trojas entscheidet sich Kassandra gegen die
Flucht vor den Feinden. Stattdessen begibt sie sich in Gefangenschaft und
damit in den sicheren Tod. Kurz vor ihrer Ermordung lässt sie ihr Leben Revue
passieren.
Wir sprachen mit Regisseurin Christine Härter über die Stückfassung und die
Inszenierung.
Härter selber schlug Intendant Carsten Ramm Kassandra für den Spielplan
2015.2016 vor: „Ich finde den Konflikt sehr aktuell - womöglich wird er es
immer bleiben, so sind wir Menschen. Nicht nur im politischen, auch im
alltäglichen. An Christa Wolfs Text finde ich spannend, dass sie die
mythologischen Elemente, beispielsweise Kassandras Sehergabe, immer auch
psychologisch erklärt: Ihre Gabe ist eigentlich nur ein sehr klarer, wacher
Verstand, auch wenn sie diesen oftmals ignoriert, weil sie sich nicht gegen
ihren Vater, den König, stellen will. Man kann ihre Situation auf zahlreiche
heutige Probleme übertragen. Nehmen wir den Klimawandel: es gibt viele gute
Studien, die uns genau sagen, dass wir in den nächsten Jahren sehr schnell und
aktiv unseren CO2 Ausstoß verringern müssen, sonst wird das Leben auf
diesem Planeten für die Menschheit sehr schwierig. Aber wir sind träge. Die
vernünftigen Einsichten ändern nur geringfügig unser Handeln. Ich hoffe, die
Studien wird man im Nachhinein nicht als Kassandra-Rufe benennen können.“
Der Schwerpunkt von Härters Bearbeitung des Kassandra-Stoffes ist auch das
Thema Vernunft.“ Kassandra ist diejenige, die zur Vernunft mahnt, sie sagt
ihrem Vater: Du bist der König, tu das nicht, das führt in unseren Untergang.
Aber der König handelt unvernünftig, er überschätzt sich, und er hat genug
Menschen, die ihn darin bestärken. Und bevor Kassandra überhaupt zu ihm
gehen kann, muss sie ihre vernünftigen Einsichten erst einmal gegen sich selbst
durchsetzen.“ Härter griff in ihrer Arbeit nicht auf eine fertige
Bühnenbearbeitung des Textes zurück, sondern erstellte eine eigene Fassung.
„Es ist eine sehr reiche Erzählung, sehr vielschichtig, und lohnt sich, gelesen zu
werden. In meiner Fassung konzentriere ich mich auf den Kampf um die
Vernunft und das Leben. In anderen steht eher die Liebesgeschichte im
Mittelpunkt, oder der äußere Feind, oder die DDR-Kritik. Ich konzentriere mich
in der Fassung sehr auf die innere Situation. In Troia, in Kassandra selbst.“ Eine
Besonderheit dieser Fassung ist, dass gleich zwei Schauspielerinnen die Rolle
der Kassandra spielen. „Eine Schauspielerin übernimmt den Teil von Kassandra,
der die Sehergabe, das klare, vernünftige Denken hat, der dadurch aber auch
unerbittlich wird. Die andere Schauspielerin übernimmt den Teil, der geliebt
werden, dazugehören möchte. Daher stehen die beiden Seiten immer wieder im
Konflikt miteinander. Es geht auch darum, mit seinen eigenen Widersprüchen
zu leben. Vernünftig, wenn möglich.“
Christine Härter stammt aus Stuttgart. Sie hat in Siegen und Tübingen
Literaturwissenschaften studiert, mit Ausflügen in die Politik, Philosophie und
die Medien. In Tübingen arbeitete sie projektweise am Zimmertheater und
hospitierte am Stuttgarter Staatstheater. Seit 2013 ist sie Regieassistentin an
der BLB in Bruchsal.
Mit: Katharina Heißenhuber, Jessica Schultheis
Premiere:
27. Februar 2016, 19.30 Uhr, Bruchsal, Stadttheater, Hexagon
weitere Vorstellungen: 5. März und 10. April 2016, 19.30 Uhr
Kartenvorverkauf:
Badische Landebühne, Telefon 07251.72723, [email protected]
www.reservix.de