Folien - Juristische Fakultät

Juristische Fakultät
Konversatorium zum Bürgerlichen Recht I
Wintersemester 2015/16
Fall 9: Duveneck – 22.12.2015
A. Ansprüche des V
I. Anspruch V gegen K aus § 985 BGB
Möglicherweise hat V gegen K einen Anspruch auf Herausgabe des
Bildes aus § 985 BGB.
Voraussetzungen:
-V ist Eigentümer des Bildes.
-K ist Besitzer ds Bildes
-K hat kein Recht zum Besitz, § 986 BGB
V Eigentümer des Bildes?
1. Ursprünglich war V Eigentümer des Bildes.
2. Verlust des Eigentums an K gem. § 929 S.1?
a. Einigung
(+),
b. Übergabe
(+),
c. Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe
(+)
d. Berechtigung (+).
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3. Rückwirkende Nichtigkeit der dinglichen Einigungserklärung des V
durch Anfechtung, § 142 I BGB? Anfechtungsgrund?
a. Irrtum i. S. d. § 119 II BGB
Irrtum des V über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des
Bildes, nämlich die Urheberschaft
b. Kausalität des Irrtums für Abgabe der Willenserklärung
- V wollte Bild an K veräußern
- Urheber
des
Bildes
insoweit
unerheblich
 spielt nur eine Rolle bei Bestimmung des Kaufpreises
 Irrtum wirkt sich nur auf schuldrechtlicher Ebene
(Kaufvertrag) aus
 Kausalität (-)
c. Ergebnis zu 3:
Irrtum bei der Einigungserklärung gem. § 929 S.1 BGB (-)
K bleibt Eigentümer des Bildes.
4. Zwischenergebnis: V ist nicht Eigentümer des Bildes.
5. Ergebnis: V hat gegen K daher keinen Anspruch aus § 985 BGB.
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II. Anspruch V gegen K aus § 812 I 1 1. Alt. BGB
Möglicherweise
kann
V
von
K
die
Rückübereignung
und
Wiedereinräumung des Besitzes an dem Bild aus § 812 I 1 1. Alt. BGB
(Leistungskondiktion) verlangen.
Voraussetzungen:
Erlangtes Etwas = jeder vermögenswerte Vorteil
Leistung = bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens
Ohne Rechtsgrund = insbesondere kein vertragliches Schuldverhältnis
1. Etwas erlangt?
Eigentum und Besitz am Bild, s.o. (+)
2. durch Leistung des V? (+)
3. Ohne Rechtsgrund?
a. Vertrag
Laut Sachverhalt kam zwischen V und K ein Kaufvertrag gem. §
433 BGB zustande.
b. Anfechtung ?
Nichtigkeit des Kaufvertrags gem. § 142 I BGB?
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(1)
Unzulässigkeit wegen Vorrangs der kaufrechtlichen
Gewährleistungsregeln?
- Urheberschaft des Gemäldes = „vereinbarte Beschaffenheit“,
siehe § 434 I 1 BGB
- Aber: V will sich durch Anfechtung nicht der Gewährleistung
entziehen
 K will keine Gewährleistungsansprüche geltend
machen
 Anfechtung insoweit zulässig
(2)
Unzulässigkeit wegen Vorrangs der Regelung in §
313 II BGB?
- Beidseitiger Irrtum, § 313 II BGB?
- Kein
Hinweis
auf
entsprechenden
Irrtum
des
K
im
Sachverhalt!
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(3)
Anfechtungsgrund § 119 II BGB?
Irrtum bei V über verkehrswesentliche Eigenschaft bei
Einigung über Kaufvertrag?
- Irrtum über den Wert?
- Wert ist keine Eigenschaft i.S.v. § 119 II BGB. Vielmehr nur
wertbildende Faktoren, s.u.
 Irrtum über Wert = kein Anfechtungsgrund
Hier: Irrtum über Urheberschaft
- Eigenschaft des verkauften Gemäldes (+)
- Urheberschaft auch verkehrswesentlich?
 Eigenschaft = wertbildender Faktor?
Hier: Künstleridentität entscheidende wertbildende Eigenschaft eines
Gemäldes (+)
 Anfechtungsgrund Urheberschaftsirrtum § 119 II BGB (+)
(4)
Anfechtungserklärung und -gegner
Kokludente Erklärung durch Rückforderungsverlangen (§ 143
I BGB) (+)
(5)
Anfechtungsfrist
Keine Angaben im Sachverhalt, Frist daher wohl eingehalten
§ 121 I BGB („unverzüglich“)
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c. Zwischenergebnis
Anfechtungswirkung § 142 I BGB ex tunc („im nachhinein für die
Vergangenheit“):
Nichtigkeit der auf Abschluss des Kaufvertrag gerichteten
Willenserklärung des V
 Ohne rechtlichen Grund i.S.v. § 812 I 1 1. Alt. BGB (+)
4. Ergebnis
V kann von K die Herausgabe des Erlangten aus § 812 I 1 1. Alt
BGB verlangen. Der Anspruch ist gerichtet auf Verschaffung des
Eigentums und Wiedereinräumung des Besitzes an dem Gemälde.
B. Anspruch K gegen V aus § 812 I 1 1. Alt. BGB
K kann von V den für das Bild bezahlten Kaufpreis in Höhe von 6.000
EUR aus § 812 I 1 1. Alt. BGB herausverlangen. Er wurde ohne
rechtlichen Grund (vgl. oben) geleistet.
[C. Ansprüche gegen den Gutachter
Zu denken ist an einen Anspruch des V gegen den Gutachter auf Ersatz
seines Haftungsschadens (er muss K den Vertrauensschaden ersetzen)
aus schuldhafter Vertragsverletzung, falls er den Gutachtenauftrag erteilt
hat. Mangels näherer Angaben im Sachverhalt – die Person des
Gutachters wird nicht einmal erwähnt – sind sie trotz der offenen
Formulierung der Fallfrage nicht Gegenstand der Prüfung.]
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