Oktober/1 2015 YENZ VKZ-Jugendseite / Telefon: 0 70 42-9 19 49 / E-Mail: [email protected] Kein Thema steht seit Wochen mehr in der Diskussion als der Strom der Flüchtlinge, der nach Deutschland kommt. Die Menschen leben in Sporthallen und Notunterkünften. Haben keine Zukunft. Wie soll es weiter gehen? Auch die Yenz-Redaktion hat sich mit diesem Thema beschäftigt und sich mit einer Inklusionsbegleiterin unterhalten. Außerdem stellen wir euch den Arbeitskreis Asyl Vaihingen/Enz vor. Viel Spaß wünscht EURE YENZ-REDAKTION Brücken in eine fremde Welt bauen – der Vaihinger Arbeitskreis Asyl Den Vaihinger Arbeitskreis Asyl gibt es bereits seit Dezember 2014. Er besteht aus ehrenamtlichen Vaihinger Bürgern, die sich zum Ziel gesetzt haben, gemeinsam mit Vertretern der Gemeindeverwaltung, der Gemeindefraktionen, der Diakonie und dem Arbeitskreis der christlichen Kirchen die Themen Asylbewerber und Flüchtlinge im Sozialraum der Stadt Vaihingen zu begleiten. Auf seiner Homepage schreibt der Arbeitskreis: „51,2 Millionen Menschen auf der Flucht! Ein Anstieg um 13% – und die Zahlen steigen weiter (UNHCR 2013). Daran, an die Massaker terroristischer Gruppen wie IS und Boko Haram oder an den Bürgerkrieg in Syrien haben wir uns gewöhnt, es sind Zahlen in der Tagesschau oder der Zeitung. Nun werden die anonymen Zahlen Realität, sind die Flüchtlinge bei uns angekommen, Menschen und ihre dramatischen Schicksale sind mitten in unserer Gesellschaft, stehen nach langer Flucht ratlos vor unbekannten Welten. Damit sich Türen nicht ver schließen und Brücken in diese fremde Welt entstehen, hat der AK Asyl Vaihingen – eine Gruppe ehrenamtlicher, enga gierter Helfer – mit der konkreten Arbeit begonnen.“ Wie sieht diese Arbeit aus? Die Menschen werden unterstützt bei Behördengängen, im Alltag und bei der Integration im Allgemeinen. Es gibt Angebote für Kinder und Jugendliche, Kurse, um die deutsche oder englische Sprache zu erlernen, und verschiedene Freizeitaktivitäten. klein ist. Grundsätzlich kann sich jeder in dem Bereich einbringen, in dem er seine Fähigkeiten und Interessen sieht. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel eine Patenschaft, bei der man zum Ansprechpartner für einen Flüchtling wird, ihn begleitet und ihm die Eingewöhnung so erleichtert. Außerdem kann man verschiedene Freizeitaktivitäten anbieten, wie SpieleNachmittage oder sportliche Aktivitäten, um den Flüchtlingen Abwechslung zu bieten und die Möglichkeit, andere Menschen in lockerer Atmosphäre kennenzulernen. Aufnahme und Schutz Das Büro des Arbeitskreises Asyl in der Friedrichstraße 3 in Vaihingen ist dienstags [für Verfolgte], Zuflucht [sort] und donnerstags jeweils von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Hier könnt ihr euch weiter infor mieren. Außerdem findet dort immer am [Heimat]vertriebener, letzten Freitag im Monat ein Begegnungs [Heimat] vertriebene Die tag von 14 bis 17 Uhr statt, bei dem ihr die Möglichkeit habt, mit dem Arbeitskreis-Team Flüchtlinge ins Gespräch zu kommen und Flüchtlinge ken werden bei der Wohnungssuche und nenzulernen. Ihr wollt auch beim Arbeitskreis mithel Umzügen unterstützt und erfahren in fen? Auf der Homepage www.ak-asyl-vaihingen.de findet ihr Gesprächen viel Hilfsbereitschaft. Der dazu weitere Informationen! Arbeitskreis ist über jede Hilfe dankbar, und wenn sie noch so Anja Dieterle Asyl Flüchtling Marika Cordes (21) studiert im vierten Semester Kulturwissenschaften im österreichischen Klagenfurt. Im Rahmen eines Angebots ihrer Universität bekam sie die Chance an einem Seminar zur Ausbildung als Inklusionsbegleiterin für Flüchtlinge teilzunehmen. Im Interview berichtet sie über Themen und Schwerpunkte und erzählt von eigenen Erfahrungen, die sie im Kontakt mit Flüchtlingen machte. „Ich habe von Freunden gehört, dass es an unserer Uni ein Angebot zur Inklusionsbegleitung geben soll“, berichtet Marika. Vor allem der Zusammenhang mit ihrem Studium im Bezug auf Internationalität bewog sie, sich an dem Auswahlverfahren, das aufgrund der großen Nachfrage eingeführt wurde, zu beteiligen. Sie spricht von Gastfreundschaft und ihrer Freude daran, sich mit anderen Kulturen und Nationalitäten auseinan derzusetzen. Vor dem Studium verbrachte sie mit der Organisation OM ein Jahr in Afrika, Kapstadt. Hier beteiligte sie sich an dem Programm „Diaspora Hope“. Dieses Programm beschäftigt sich mit Migranten, die nicht direkt aus Südafrika kommen. Unter anderem arbeitete sie hier mit Flüchtlingsfrauen, inter nationalen Studenten und Markthändlern, die aus anderen afrikanischen Staaten kamen und sich hier ein besseres Leben erhofften. „Durch Südafrika hatte ich den ersten Kontakt.“, sagt sie. „Die Ausbildung zur Inklusionsbegleitung klang für mich spannend, weil man einfach mehr Hinter grundwissen hat und vielleicht mehr qualifiziert ist, um den Leuten unter die Arme zu greifen.“ „Bisher hatten wir erst ein Semester, das hauptsächlich aus Ringvorlesungen bestand. Es waren verschiedene Gastsprecher und Organisationen da und sogar ein Flüchtling aus Afghanistan, die von ihrer Arbeit und Erfahrungen berich teten.“, erklärt sie den Kurs. Verschiedene Themen waren: Migranten in den Medien, Islamophobie, Traumata und der Umgang damit, das rechtliche Asylverfahren und der Arbeitsmarktzugang. Diese Ringvorlesungen waren für alle Studenten öffentlich, vertieft werden die Themen in den Seminaren unter dem Titel „Begegnung mit dem Fremden“. Ungefähr 37 Personen, darunter auch 6 Flüchtlinge nehmen daran als feste Gruppe teil. „Die Seminare sind sehr persönlich, es geht schon auch um Selbsterfahrung. Wir sitzen im Stuhlkreis und reden. Die Arbeitsmethode der leitenden Psychologin ist das Psycho drama, das heißt wir sprechen über verschiede Szenen, die mit dem Fremden zu tun haben: Wie gehe ich mit dem Fremden um? Wie reagiere ich auf Fremdenhass? Habe ich schon Fremdheit erlebt? Was ist eine Identität? – Solche Themen wurden in der Gruppe durch aktive Teilnahme erör tert und erlebt.“ Sie versucht zu erklären, warum sie für die Inhalte der Seminare einer Schweigepflicht folgen muss. „Man merkt auch, dass jeder schon mal die Erfahrung gemacht hat, mit Fremdheit. Oder dass man das auch unter schiedlich spürt, dass das Eigene manchmal fremder ist als das Fremde an sich.“ Durch die vielen Aspekte der Ringvorlesung wird den Teilnehmern ein breites Hintergrundwissen ermöglicht. Marika ist besonders beeindruckt von den Zusammenhängen der Situationen vor Ort und den psychologischen Aspekten wie Traumata und unserem Umgang damit. „Mir ist auch klar geworden, dass man als Inklusionsbegleiter eine Vermittleraufgabe hat. Es geht um das Brückenbauen zwischen beiden Seiten. Darum, die Flüchtlinge willkommen zu heißen und ihnen Hoffnung zu geben – und aber auch gleich zeitig Leuten positiv gegenüber treten zu können, die vielleicht wirklich Angst und Vorurteile haben. Dass ich nicht mit einer Seite sympathisiere – und deswegen gut vermitteln kann. Ich muss auf beide Seiten zugehen, damit ich eben diese Brücke schlagen kann.“ Im Vergleich zwischen einem ausgebildeten Inklusionsbegleiter und ehrenamtlichen Helfern sieht sie erstmal keine großen Unterschiede: „Ich denke, dass man aus Intuition schon viel machen kann. Ich glaube auch nicht, dass man unbedingt diese Ausbildung braucht, um etwas bewirken zu können.“ Für sie geht es bei der Ausbildung hauptsächlich um das Hintergrundwissen. Sie kann dadurch Dinge stärker reflektie ren und hinterfragen. Auch in der Diskussion mit den anderen Studierenden und den Psychologen ist für sie der Rat eines Fachmanns von großem Wert. „Es ist auch sehr bereichernd, dass in den Seminaren Flüchtlinge teilnehmen, weil sie total offen sind und oft auch so viel Humor haben. Oft sind es ernste Themen und es wird sehr persönlich und trotzdem sind sie total gut drauf. Ich denke davon kann man auch sehr viel lernen.“ Auch politische und rechtliche Themen werden im kommenden Semester folgen, was, wie sie sagt, ein sicheres Gefühl gibt im Umgang mit anderen Kulturen. Im dritten Teil des Kurses wird ein praktischer Teil folgen, bei dem die Mitarbeit in Flüchtlingsorganisationen geplant ist. Momentan nimmt sie an keinen zusätzlichen Programmen teil. „Es geht eher um die Flüchtlinge aus den Seminaren, zu denen ich Freundschaften aufgebaut habe.“ Ihr Gedanke für Deutsch land ist es gerade, dass wir die Chance haben „einfach was richtig Gutes für die Menschen zu tun.“ Auf die Frage, was sie Menschen mit Berührungsängsten mit geben würde, meint sie: „Im Seminar haben wir gelernt, dass die Angst und die Vorurteile oft da sind, weil die Menschen ein fach keinen Kontakt zu „dem Fremden“ haben. Das führt zu Vorstellungen, wie irgendwas sein könnte, es fehlt der ganz praktische Kontakt. Wir sollten mehr von Kindern lernen, da gibt es keine Berührungsängste. Alles was für sie fremd ist, wollen sie kennenlernen.“ Um Verständnis für andere zu bekommen, hilft es, in der „IchForm“ zu sprechen, hat sie gelernt. Um zu vermitteln sollte man von seinen eigenen persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen berichten, damit man anderen nicht mit Fakten gegenüber tritt, mit denen sie nichts anfangen können. Abschließend fasst sie nochmals ihre Motivation zusammen. Für sie ist die Ausbildung zur Inklusionsbegleiterin eine Chance, anderen Menschen, ein gutes Gefühl zu geben und daraus selbst etwas mitzunehmen: „Für mich ist es die Gastfreundschaft und wirklich einfach mal den Menschen zu sehen. Egal welche Religion er hat oder aus was für einer Familie er stammt. Dass man als Mensch zusam menkommt und voneinander lernen kann.“ Damaris Röcker Fotos: Fotolia „Einfach mal den Mensch sehen...“
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