Wie CORRECT!V optimistisch für die Pressefreiheit kämpft und mit

Medien&Menschen
Take our story!
Wie CORRECT!V optimistisch für die Pressefreiheit kämpft und
mit Zeitschriften und Zeitungen kooperiert
PRINT&more | Was ist der Antrieb von coRRecT!V, was ist der
kerngedanke?
DR. chRISTIAN hUMBoRG | Wir wollen Missstände aufdecken und
unsere Demokratie schützen. Dazu ist es notwendig, nachzuhaken und oft
jahrelang an einem Thema zu arbeiten. Vor allem vor Ort ist die Wäch­
terfunktion der vierten Gewalt in Gefahr. Wenn es Gemeinden ganz
ohne Journalisten geben wird, dann können nur noch die Menschen,
die sich um das Wohl ihrer Kommune sorgen, für Aufk lärung sorgen.
Jeder kann Journalist sein. Bildung und Erfahrung unterscheiden einen
guten von einem schlechten Journalisten. Bildung kann jedem vermittelt
werden. Deswegen brauchen wir Bildungsangebote für diese Menschen.
Wir brauchen gemeinnützigen Journalismus auf lokaler Ebene.
Dr. Christian Humborg ist seit November 2014 Geschäftsführer und kaufmännischer Leiter von CORRECT!V, dem
gemeinnützigen Recherchebüro. Von 2007 bis 2014
war er Geschäftsführer der Antikorruptionsorganisation
Transparency International Deutschland.
C
ORRECT!V ist das erste gemeinnützige Recherchebüro im
deutschsprachigen Raum. CORRECT!V will investigativen,
aufk lärenden Journalismus für jeden Verlag, für jeden Sender,
für jeden Bürger in Deutschland erschwinglich und zugänglich machen.
CORRECT!V ist in der Bildung tätig, um Bürger vor Ort in die Lage zu
versetzen, sich selbst Informationen zu beschaffen und für Transparenz
zu sorgen. CORRECT!V ist gemeinnützig und unabhängig. PRINT&more
hat mit dem Geschäftsführer und kaufmännischen Leiter Dr. Christian
Humborg über das Konzept gesprochen.
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PRINT&more 1/2015
Die Pressefreiheit ist weltweit auf dem Rückzug. Was motiviert dazu,
sich derart für die Pressefreiheit einzusetzen, sie zu leben?
Uns geht es um Freiheit. Wir wollen in Freiheit leben und müssen diese
immer wieder gegen die Feinde der Freiheit verteidigen. Wir wollen viele
Stimmen hören und nicht verdrehte Tatsachen oder von Staaten be­
stimmte oder von Unternehmen in die Feder diktierte Meinungen. Eine
Demokratie lebt mit ihren unabhängigen Medien. Wir sind optimistisch.
Wir sind viele Freunde der Freiheit. Wir müssen nur zusammenhalten.
Dann sind wir bedeutend mehr als die Feinde der Freiheit.
Aber wie gelingt das?
Wir recherchieren zu den Bedrohungen und Herausforderungen unse­
rer Gesellschaft, zu Machtmissbrauch und Korruption in Politik, Wirt­
schaft, Sport und Kultur, zu Themen wie Umwelt, Bildung, Gesundheit
und sozialer Gerechtigkeit oder Rechtsradikalismus und Islamismus.
Das erfordert nicht immer nur langen Atem, sondern auch Mut. Aber
Mut ist ansteckend. Als wir keine Galerie in Berlin finden konnten, um
Ausschnitte unserer grafischen Reportage »Weisse Wölfe« im Rahmen
einer Ausstellung zu zeigen, haben wir sie einfach mitten in unserer
Redaktion aufgestellt. In der Reportage wird einer Bande von Nazi­Ter­
roristen aus dem Ruhrgebiet nachgespürt und ihre internationalen Ver­
flechtungen aufgedeckt. Zur Vernissage mit Polizeischutz kamen über
100 Personen und jetzt wollen immer mehr in ganz Deutschland die
Ausstellung zeigen. Das freut uns sehr.
Nicht nur »steal me« – die rechercheintensiven eigenen
Geschichten gibt es jetzt auch im neuen Format »Bookzine«.
Wie ist das »Geschäftsmodell«?
Wir werden finanziert durch Zuwendungen gemeinnütziger Stiftungen
und von Mitgliedsbeiträgen und Spenden unserer Nutzer und Leser.
Wir sind fest davon überzeugt, dass Menschen leidenschaft lichen Re­
cherchejournalismus unterstützen, ideell wie finanziell. Die Mitglieder
unserer Community erhalten Einblick in unsere Rechercheprotokolle
und mehrmals im Jahr unser Bookzine CORRECT!V mit zuvor schon
online erschienenen und neuen Geschichten.
Wie organisieren Sie die zusammenarbeit mit anderen Titeln?
Wir folgen streng dem »Steal our story«­Prinzip: Wir freuen uns, wenn
unsere Geschichten genutzt, gedruckt oder weiterverbreitet werden –
kostenlos. Egal ob lokales Blog, Online­Medium, Zeitung, Zeitschrift
oder Radio. Es gibt nur zwei Bedingungen: Man nennt uns und man gibt
uns Bescheid. Dann wissen wir, wo unsere Geschichten erschienen sind.
Das ist wichtig für uns und unsere Unterstützer. Bei vielen Geschichten
gibt es eine Kooperation bei der Erstveröffentlichung. Da haben wir bis­
her mit SPIEGEL, ZEIT, »Welt am Sonntag«, »Berliner Morgenpost«,
FUNKE MEDIENGRUPPE und anderen kooperiert. Unsere Geschich­
te, wer für den Abschuss von Flug MH 17 über der Ukraine verantwortlich
ist, wurde weltweit veröffentlicht, u. a. in Litauen, Japan, Malaysia. Bei
Mediapart, unserem französischen Partner, war die Geschichte unter
den Top 5 der meistgelesenen Geschichten seit Gründung von Media­
part im Jahr 2008.
Die Fragen stellte Peter klotzki.
www.vdz.de
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