Die häufigsten Fragen und Antworten zum neuen Asyl-Gesetz: Warum braucht es ein Durchgriffsrecht des Bundes? Die Bundesländer haben sich verpflichtet, gemäß einer vereinbarten Quote Plätze für AsylwerberInnen zu schaffen. Derzeit erfüllen nur Wien, Niederösterreich, Salzburg und Vorarlberg diese Quote, während die Zahl der Asyl-Anträge weiter steigt. Das neue Asyl-Gesetz soll eine menschenwürdige, gleichmäßige, gerechte und solidarische Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden gewährleisten. Haben Bundesländer und Gemeinden von nun an kein Mitspracherecht mehr, wenn es um die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen geht? Doch, es obliegt auch in Zukunft den Bundesländern, selbst Quartiere zu suchen und zur Verfügung zu stellen. Denn die Länder und Gemeinden wissen selbst am besten, wo es geeignete Unterkünfte gibt. Der Bund bekommt jedoch die Möglichkeit, die Unterbringung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder ersatzweise vorzunehmen, wenn die Länder die Quoten nicht erfüllen. Dazu kann er Grundstücke, die im Eigentum des Bundes oder diesem zur Verfügung stehen, für die Unterbringung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder nutzen. Gemeinden obliegt es, ganz im Sinn der kommunalen Selbstverwaltung, innerhalb ihres Bezirkes zusammenzuarbeiten und für entsprechende Unterbringungs- und Betreuungsmöglichkeiten zu sorgen. Die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden steht also weiterhin im Vordergrund. Was bedeutet das Durchgriffsrecht des Bundes genau? Der Bund kann künftig Grundstücke, die in seinem Eigentum oder ihm zur Verfügung stehen, für die Unterbringung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder nutzen, ohne, dass es dafür eine Bewilligung oder Genehmigung braucht (sofern dem überwiegende Interessen der Sicherheit, der Gesundheit und des Umweltschutzes nicht entgegenstehen). Das heißt, das Innenministerium kann die Nutzung und den Umbau von bestehenden Bauwerken zur Unterbringung von Flüchtlingen vorläufig anordnen. Auch die Aufstellung von Containern auf Grundstücken ist möglich. Kann der Bund also überall Quartiere errichten lassen, auch gegen den Willen von BürgermeisterInnen und Bevölkerung? Oberstes Ziel ist, dass die Länder und Gemeinden selbst für die Unterbringung sorgen. Schlagend wird das Durchgriffsrecht erst dann, wenn ein Bundesland die vereinbarte Quote zur Unterbringung von Asylsuchenden nicht erfüllt und im betroffenen Bezirk der Bezirksrichtwert nicht erreicht wird. Das Durchgriffsrecht bezieht sich zudem nur auf Grundstücke, die im Eigentum des Bundes oder diesem zur Verfügung stehen (z.B. die er zu diesem Zwecke angemietet hat). Wie viele Flüchtlinge muss eine Gemeinde aufnehmen? Wird dabei auf die Größe einer Gemeinde Rücksicht genommen? Zur gerechten Verteilung von Flüchtlingen gibt es Richtwerte für Gemeinden und Bezirke in Relation zur Wohnbevölkerung von 1,5 Prozent. Das heißt: Ein Bezirk mit 50.000 EinwohnerInnen müsste Unterkünfte für 750 AsylwerberInnen bereitstellen, ein Bezirk mit 10.000 EinwohnerInnen Unterkünfte für 150 Menschen. Erfüllt ein Bezirk in einem säumigen Bundesland die Quote von 1,5 Prozent nicht und wird dort das Durchgriffsrecht schlagend, sind Grundstücke in jenen Gemeinden zu nutzen, die den Gemeinderichtwert (ebenfalls 1,5 Prozent) nicht erfüllen. Stehen gleichwertige Grundstücke in mehreren in Betracht kommenden Gemeinden zur Verfügung, sind vorrangig Grundstücke in jenen Gemeinden zu nutzen, deren EinwohnerInnenzahl 2.000 übersteigt. Sind Gemeinden mit weniger als 2.000 EinwohnerInnen von dieser Verordnung ausgenommen? Nein. Alle Gemeinden haben ihren Beitrag zu leisten. Wie oben dargestellt, werden Bundesquartiere vorrangig in Gemeinden errichtet, die den Richtwert nicht erfüllen, und bei gleichwertigen Grundstücken werden zuerst jene in Gemeinden über 2.000 EinwohnerInnen herangezogen. Um von Maßnahmen nach diesem Gesetz gänzlich ausgenommen zu sein, können die Gemeinden jedoch zusammenarbeiten, um die Erfüllung der Richtwerte bzw. Quoten in ihrem Bezirk bzw. ihrem Bundesland sicherzustellen. Besteht die Gefahr, dass neue Massenlager à la Traiskirchen errichtet werden? Nein, denn in den neuen Ersatzquartieren dürfen auf einem Grundstück nie mehr als 450 Personen untergebracht werden. Durch das neue Gesetz wird sichergestellt, dass in allen Bundesländern ausreichend feste Quartiere zur Verfügung stehen und die Hilfs- und Schutzbedürftigen auf ordentliche Unterkünfte im ganzen Bundesgebiet aufgeteilt werden. Dadurch wird auch die Situation für Traiskirchen entschärft. Entstehen nun überall neue Zeltstädte? Nein. Ziel des Gesetzesentwurfs ist es, feste Quartiere zu schaffen. Der Gesetzesentwurf definiert daher bestimmte Standards bezüglich der Unterbringung, dazu zählen etwa angemessener Wohnraum, ein Schlafplatz, ausreichend Sanitäranlagen. Die zu errichtenden Quartiere müssen winterfest sein. Nicht winterfeste Unterkünfte wie Zelte werden nicht in die Quote eingerechnet. Ist die Quote von 1,5 Prozent eine unverrückbare Größe oder flexibel? Die Bundesregierung kann durch Verordnung einen höheren Gemeinderichtwert bestimmen, wenn die Zahl der unterzubringenden hilfs- und schutzbedürftigen Fremden die Zahl der im Bundesgebiet bereitzuhaltenden Plätze voraussichtlich übersteigt. Er kann allerdings auch einen geringeren Gemeinderichtwert bestimmen, wenn die Zahl der unterzubringenden hilfs- und schutzbedürftigen Fremden die Zahl der bereitzuhaltenden Plätze voraussichtlich unterschreitet. Vor Erlassung einer solchen Verordnung hat der Bund den Ländern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Muss jede Gemeinde die Quote selbst erfüllen? Das Durchgriffsrecht kommt nur zum Tragen, wenn ein Bundesland säumig ist und ein Bezirk den Richtwert von 1,5 Prozent unterschreitet. Da es – gerade für kleine Gemeinden – unzweckmäßig sein kann, selbst Unterkünfte bereitzuhalten, sieht der Gesetzesentwurf vor, dass Gemeinden eines Bezirkes Vereinbarungen über die Unterbringung der hilfs- und schutzbedürftigen Fremden treffen können. Zum Beispiel kann eine Gemeinde die Unterbringung zur Verfügung stellen, während andere Gemeinden Transport- und Versorgungsleistungen durchführen oder Freizeitbeschäftigungen anbieten. Kann privates Eigentum gegen den Willen der EigentümerInnen zur Errichtung von Quartieren herangezogen werden? Nein. Der Bund kann nur Grundstücke, die in seinem Eigentum sind oder ihm zur Verfügung stehen, also z.B. angemietet werden, für die Unterbringung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder nutzen. Wer trägt die Kosten für die Errichtung der neuen Unterkünfte und die Versorgung der Flüchtlinge? Die Kosten für die Errichtung bzw. Adaptierung von Gebäuden oder Containern trägt der Bund. Der Tagessatz für die Betreuung der Schutzbedürftigen wird schrittweise von 19 auf 21 Euro erhöht, wobei die Kosten wie bisher zu 60 Prozent vom Bund und zu 40 Prozent von den Ländern getragen werden. Wer bestimmt, welche Gebäude als Quartiere in Frage kommen? Die Bezirksverwaltungsbehörde hat zu prüfen, ob die Nutzung von Gebäuden den bundes- und landesrechtlichen Vorschriften hinsichtlich der Bestimmungen betreffend Brandschutz, Festigkeit, Hygiene, Nutzungssicherheit und Umweltverträglichkeit entspricht. Ist dies nicht der Fall, hat die Bezirksverwaltungsbehörde dies dem Bundesministerium für Inneres mitzuteilen. Das Innenministerium lässt dann in der Regel die entsprechenden Adaptierungsarbeiten durchführen. Was passiert, wenn ein Bezirk zu einem späteren Zeitpunkt die Quote erfüllt? Erfüllen das Land bzw. der Bezirk ihre Verpflichtungen zu einem späteren Zeitpunkt, ohne dass dazu das Bundesquartier notwendig ist, soll dessen Nutzung auch wieder per Bescheid beendet werden. Ist bei der Errichtung und Versorgung von Flüchtlingen die Zusammenarbeit mit NGOs gestattet bzw. erwünscht? Bei der Unterbringung sollen sich Bund, Länder und Gemeinden nach Möglichkeit gemeinnütziger humanitärer oder kirchlicher Einrichtungen oder Institutionen der freien Wohlfahrtspflege bedienen. Ab wann und wie lange gilt das neue Gesetz? Der Entwurf wurde den anderen Parlamentsklubs übermittelt. Vorbehaltlich der Gespräche mit der Nationalratspräsidentin und den anderen Fraktionen ist eine Sondersitzung des Nationalrats am 1. September ins Auge gefasst, in der das Gesetz eingebracht wird. Dann bliebe genügend Zeit für eine ausführliche Beratung im Verfassungsausschuss. Die Beschlussfassung kann dann in der regulären Nationalratssitzung am 23. September erfolgen, danach müsste es noch eine Sondersitzung des Bundesrates geben, damit das Gesetz wie geplant am 1. Oktober in Kraft treten kann. Das Gesetz soll bis 2018 befristet gelten.
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