„Wir starten in die Viralität“

Mercateo AG
Foto: Andreas Klehm
Fakten: 300 Mitarbeiter, 160 Millionen Euro Umsatz, 18 Millionen Artikel,
1 Million Geschäftskunden, 10 Software-Releases pro Tag
Erfolgsrezept: „Auch ohne Google sind wir im Internet erfolgreich.“
Erwartung an die Bank: „Muss Komplexität für mich lösen.“
Sebastian Wieser und Peter Ledermann beschreiben im Gespräch mit Oliver Bortz (rechts), Deutsche Bank, wie die Beschaffungsplattform Mercateo zum Erfolg wurde.
„Wir starten in die Viralität“
Peter Ledermann und Sebastian Wieser entwickeln gemeinsam die
­Beschaffungsplattform Mercateo. Sie haben es geschafft, völlig unab­
hängig von Google im Internet die Besuchszahlen auf ihrer Seite zu
­steigern. So wachsen sie jährlich um 25 Prozent. Mercateo ist einer
von 900.000 erfolgreichen Mittelstandskunden der Deutschen Bank.
Inmitten der Münchner Innenstadt, über einer
Einkaufspassage unweit der Münchner Frau­
enkirche, entstehen Visionen. Das Unterneh­
men Mercateo hat hier seinen Firmensitz. Die
Flure sind hell, viel Tageslicht fällt in die weit­
läufigen Räume. Zwischen den Büros lädt eine
Kaffeebar zum Verweilen ein, überall sind an
den Wänden Whiteboards angebracht. Tabel­
len, Grafiken und Zahlen in verschiedenen Far­
ben zeugen von der letzten Besprechung und
davon, dass immer alles in Bewegung ist. „Als
wir hier eingezogen sind, haben wir zunächst
Wände rausgerissen, um Offenheit und Trans­
parenz zu schaffen“, erklärt Peter Ledermann,
Vorstand des Unternehmens. „So wollen wir
eine Arbeitsatmosphäre schaffen, in der sich
die Mitarbeiter begegnen, austauschen und
ihre Ideen weiterentwickeln können“, sagt sein
Vorstandskollege Sebastian Wieser. Entstan­
den ist hier die internetbasierte Beschaffungs­
plattform Mercateo. „Geschäftskunden können
über 18 Millionen verschiedene Artikel bei uns
kaufen“, erklärt Ledermann. Hunderte Lieferan­
ten stehen zur Verfügung, und mehr als eine
Million Kunden nutzen die Plattform bereits.
„Für die Zahlen bin ich zuständig, mein Kollege
ist der Visionär“, beschreibt Ledermann nach
der Aufzählung der Fakten seine Aufgaben.
Wieser ergänzt zugleich: „Wir sind komplemen­
tär und ergänzen uns perfekt.“
Firmenkultur über
­Standorte hinweg
Mercateo verfügt über drei Standorte. Wäh­
rend in München und in Leipzig die Beschaf­
fungsplattform programmiert und weiterent­
wickelt wird, arbeiten rund drei Viertel der 300
Mitarbeiter im sachsen-anhaltinischen Köthen.
„Dort sitzt unser Kundenservice“, sagt Wieser.
„Wie schaffen Sie es, die Verbindung zwischen
den einzelnen Standorten zu erhalten?“, fragt
Einer von 900.000 erfolgreichen Mittelstandskunden der Deutschen Bank
Oliver Bortz, Leiter Firmenkunden Deutschland
bei der Deutschen Bank. „Jede dritte Woche ist
das gesamte Management einen Tag in Leip­
zig und einen in Köthen“, erklärt Ledermann.
„Unsere Firmenkultur ist uns sehr wichtig. Wir
wollen wie eine Großfamilie sein“, sagt Wieser.
Die Leitsätze sind in 30 Punkten festgehalten
und geprägt von Offenheit, Vertrauen und Aus­
tausch. Bei Einstellungen achten Wieser und
Ledermann deshalb nicht nur auf die Qualifika­
tion. „Der Mensch muss zu uns passen“, zeigt
Wieser auf. Um das zu testen, führen sie jeden
Bewerber durch die Räumlichkeiten in Köthen.
„Nach wenigen Minuten erkennen wir und die
Kollegen dann schon, wie er auf uns und die
Arbeitsumgebung reagiert“, beschreibt Wieser
das Verfahren. Über eine Einstellung entschei­
det schließlich das Team.
Besonders ist bei Mercateo, dass es trotz
der drei Standorte und der stattlichen Mitar­
beiterzahl kaum Strukturen gibt. „Innovationen
dürfen nicht durch starre Unternehmensstruk­
turen gestört werden“, erklärt Visionär Wieser
das Verständnis. „Bei uns führt nicht derjenige
ein Projekt, der zuständig ist, sondern der, der
Verantwortung übernimmt und es vorantreibt“,
sagt er weiter. Um den Innovationsgeist zu för­
dern, können Mitarbeiter sich deshalb ihre Ar­
beitszeit frei einteilen und die Teams selbst zu­
sammenstellen. „Der Markt fordert ständig neue
Ideen und die Weiterentwicklung der Systeme,
ebenso wichtig ist jedoch auch Kontinuität im
Tagesgeschäft“, berichtet Bortz von seinen Er­
fahrungen. Ledermann stimmt ihm zu. „Für un­
sere Kunden müssen wir natürlich erreichbar
sein, deshalb gibt es in Köthen auch geregelte
Arbeitspläne“, sagt er.
„Die Schwierigkeit ist, User, die wir nicht
kennen, auf unsere Plattform aufmerksam
zu machen“, erklärt er. Dies gelang dem Un­
ternehmen zunächst durch Werbung über
die Onlinesuchmaschine Google und die
intelligente Verschlagwortung. 2011 und
2012 wuchs das Unternehmen so jährlich
im zweistelligen Bereich. „Das Wachstum
war damit sehr von Google abhängig“, er­
kennt Bortz die Lage. „2013 kam der Ein­
zahlt und auch nur eine Schnittstelle in das
ERP-System integriert werden.
„Sie reduzieren damit den logistischen Auf­
wand für die Geschäftskunden und schaf­
fen gleichzeitig eine Preistransparenz“, sieht
Bortz den Vorteil für die Unternehmen. Wie­
ser erläutert einen weiteren: „Wir werden vi­
ral“, sagt er. Entscheidet sich ein Unterneh­
men, künftig über die Mercateo-Plattform
zu beschaffen, müssen die Lieferanten auch
mitziehen. Denn sind sie nicht mit ihren Pro­
dukten im System vertreten, sind sie vom Be­
schaffungsprozess ausgeschlossen. Die Ent­
wicklung geht aber noch weiter. Lieferanten
bringen inzwischen ihre Kunden selbst auf die
Plattformen. „Sie erkennen für sich über die­
sen Weg den breiteren Marktzugang“, bekräf­
tigt Wieser. „So füllt sich die Plattform quasi
bruch“, erinnert sich Ledermann. Google än­
derte ständig die Suchkriterien, und Merca­
teo war nicht mehr bereit, immer wieder den
Änderungen zu folgen und dafür Werbung
zu schalten. „Wir wollen frei sein“, sagt Wie­
ser. Aus diesem Grund konzipieren sie ein
zweites Geschäftsmodell. Dieses baut auf
der bereits bestehenden Plattform auf - mit
von alleine“, sagt Bortz. 40 Prozent des De­
ckungsbeitrags erwirtschaftet das Unterneh­
men bereits heute auf diese Weise. Von die­
sem neuen System erwarten die beiden Vor­
stände deutliche Wachstumsimpulse. „Das
System fliegt. In Zukunft werden es 80 Prozent
und mehr sein“, ist Ledermann überzeugt.
Seit 2000 arbeiten Ledermann und Wieser zu­
Versenden ohne Pakete
sammen. Damals kauften sie
Geschäftskunden können über
einer Tochtergesellschaft des
die Internetplattform von Büro­ Elektronische Beschaffung immer wichtiger
Energiekonzerns Eon über ein
material über Industriebedarf Unternehmen erwarten, dass die Bedeutung des E-Einkaufs deutlich steigt Management-Buy-out Merca­
bis hin zu Fahrzeugteilen alles
teo ab. „Wir waren ein Zwerg
bestellen. Verpackt und ver­
steigend
gleichbleibend und auf der Suche nach einer
59,7%
27,9%
sendet werden die Teile aber
Bank“, erinnert sich Wieser. Si­
nicht von Mercateo-Mitarbei­
cherheiten und ein Investment­
tern, sondern von den ver­
grad waren nicht vorhanden.
schiedenen Lieferanten selbst.
„Dennoch hat uns die Deutsche
„Wir nehmen deren Kataloge
Bank von Anfang an ernst ge­
und deren Produkte in unsere
nommen und vor allem unsere
Plattform auf, handeln die Be­
Idee und die Skalierbarkeit ver­
stark steigend
abnehmend
stellung und stellen schließlich
standen“, berichtet Ledermann
11,6%
0,8%
die Rechnung“, beschreibt Le­ Quelle: BME, Unternehmerbefragung aus 2015
über die anfängliche Zusam­
dermann den Prozess. „Unse­
menarbeit. Auch heute arbeitet
re Suchmaschine ermittelt da­
das Unternehmen noch immer
bei den günstigsten Preis“, fügt Wieser hinzu. einem wesentlichen Unterschied: Mercateo mit der Deutschen Bank zusammen. Neben
„Das Herz Ihres Unternehmens ist die Platt­ programmiert eine Lösung, über die Unter­ dem Verständnis für das Geschäftsmodell und
form. Umso intelligenter diese die Bedürfnis­ nehmen ihren kompletten Beschaffungspro­ dem engen Austausch bei Finanzierungsfra­
se und das Verhalten der User erkennt, umso zess über die Plattform abwickeln können. gen ist Ledermann vor allem eines wichtig: „Ich
höher ist die Auslastung und damit der Nut­ Alle Bestellformalitäten mit einer Vielzahl von möchte einen Bankpartner, der mir Komplexi­
zen für Sie“, fasst Bortz zusammen. Rund unterschiedlichen Lieferanten fallen damit für tät nimmt und schnelle Lösungen bietet.“ 120-Mann-Jahre Entwicklungsarbeit sind ins­ die Nutzer weg. „Wir sind mit unserem Sys­
gesamt in Algorithmen und die clevere Ver­ tem quasi das Bindeglied zwischen den Ein­
schlagwortung geflossen. Ständig verbessern käufern in den Unternehmen und den Liefe­ Und was können wir für Ihren Erfolg tun?
die Mercateo-Mitarbeiter die Funktionen. „Bis ranten“, sagt Wieser. So werden viele einzel­ Mehr zu unseren Lösungen für
zu zehn Software-Releases führen wir täglich ne Posten zu einer Bestellung gebündelt. Es mittel­ständische Unternehmen unter:
im Livebetrieb durch“, sagt Wieser.
muss nur noch eine Bestellung geprüft, be­ www.deutsche-bank.de/geschäftskunden
Eine Serie der Deutschen Bank