Abgasmessung am Prüfstand

2/2015
kurz & bündig
© ÖAMTC
Kfz-Emissionen
Abgasmessung am Prüfstand
Tricks bei der Messung von Emissionen von Fahrzeugen etwa durch Softwaremanipulation
sind Betrug. Sie schaden der Umwelt, den Konsumenten und der Automobilbranche. Das
ändert aber nichts daran, dass das europäische System bei der Reduktion von Schadstoffen sehr erfolgreich ist und zeitgemäß weiterentwickelt wird.
Stickstoffoxide (NOx) bzw. Partikelmasse (PM) in mg/km
Euro-Abgasklassen: Grenzwerte für Partikel und Stickstoffoxide (NOx)
600
Euro III
Euro IV
Euro VI*
Euro V
500
500
Diesel (NOx)
Benzin (NOx)
400
Diesel (PM)*
Benzin (PM)*
300
250
200
180
150
100
80
60
80
50
25
5
0
20
00
20
01
20
02
20
03
20
04
20
05
20
06
20
07
20
08
20
09
10
20
11
20
12
20
13
20
14
20
15
20
16
20
17
20
>> Das europäische System der
Euro-Abgasvorschriften hat sich bestens
bewährt. Die Emissionen im Straßenverkehr konnten seit Anfang 2000 drastisch
reduziert werden.
*Neben der Partikelmasse (PM) gibt es in Euro VI zusätzlich Grenzwerte für die Partikelanzahl (PN).
Mit den Euro-Abgasvorschriften hat die EU ein erfolgreiches System zur
Reduktion von Schadstoffen entwickelt. Für Kohlenstoffmonoxid (CO),
Stickstoffoxide (NOx), Kohlenwasserstoffe (HC) und Partikel (PM) gibt
es laufend verschärfte Grenzwerte. Dadurch wurden die Emissionen im
Straßenverkehr drastisch reduziert. So stoßen Diesel-Fahrzeuge in den
Testzyklen heute etwa 95 Prozent weniger Partikel aus als noch 1992.
Die Stickstoffoxid-Emission liegt bei einem modernen Selbstzünder
ca. 90 Prozent unter dem Wert von Anfang der 1990er Jahre. Die neue
Euro-VI-Vorschrift ist seit dem 1. September 2015 für alle in der EU
neu zugelassenen Fahrzeuge bindend.
Sie wird bisherige Emissionsprobleme
weiter entschärfen.
Ein gutes Gefühl, beim Club zu sein.
kurz & bündig
Kfz-Emissionen
Ob ein Autotyp die vorgeschriebenen Schadstoff-Grenzwerte (s. Seite 1)
erfüllt, wird in einem von der EU vorgegebenem Testverfahren bei der
Typprüfung festgestellt. Solche Tests werden europaweit nicht von den
Herstellern selbst, sondern in unabhängigen, zertifizierten Labors
durchgeführt. In Österreich sind etwa die TU Wien, die TU Graz, AVL und
MAGNA in der Lage, solche Tests durchzuführen. Seit Einführung der
EU-Typgenehmigung finden hierzulande aber praktisch keine Typgenehmigungen für große Modellserien mehr statt. Mögliche österreichische
Extra-Tests bringen keinen Zusatznutzen, weil die solide Prüfungsdurchführung durch zertifizierte Labors nirgendwo in Europa in Frage steht.
Am Prüfstand absolviert ein Testfahrer einen genau vorgeschriebenen
Fahrzyklus. Die gemessenen Werte werden von den Autoherstellern
aktiv kommuniziert.
TESTZYKLEN :
WAS SICH 2017 ÄNDERT
Ein solcher Testzyklus dient dazu, die Einhaltung der Abgasvorschriften
zu kontrollieren sowie einen standardisierten Verbrauchswert zu erheben, um einen Vergleich zwischen unterschiedlichen Fahrzeugen zu ermöglichen. Beim normalen Betrieb ergeben sich sehr oft deutlich höhere Verbrauchswerte. Deswegen führen europäische Automobilklubs
unter Federführung des ADAC seit über zehn Jahren eigene Verbrauchstests unter Anwendung eines eigenen Test­z yklus durch – und publizieren
die Ergebnisse. Als Konsequenz hat die EU-Kommission – schon lange
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Kann man der
Abgasmessung trauen?
vor den aktuellen Abgas-Manipulationsvorwürfen – entschieden, dass
es ab 2017 ein weiterentwickeltes Prüfstands-Testverfahren geben wird.
Es bezieht Parameter wie Rollwiderstand oder Temperatur besser ein,
die bisher im Labor nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Zeitgleich
soll 2017 auch ein Messverfahren zur Ermittlung der Emissionen im
praktischen Fahrbetrieb („real driving emission“) etabliert werden. Die
Ergebnisse der beiden Messverfahren müssen korrelieren.
GRÜNE WELLE BEI TEMPO 50:
WENIGER EMISSIONEN
Für die realen Emissionen eines Fahrzeuges sind die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen von großem Einfluss. Das wirksamste
Emissionsreduktionsprogramm im Stadtverkehr ist die „grüne Welle“.
Wo Stop-and-Go-Verkehr vorgegeben wird, steigen die Emissionen
deutlich an, ebenso in Tempo 30-Zonen. Das zeigen alle einschlägigen
Untersuchungen klar auf, zuletzt etwa Messungen der baden-württembergischen Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz
sowie eine Studie des Instituts für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der TU Wien.
Heute: Neuer Europäischer Fahrzyklus (NEFZ)
Ab 2017: Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedures (WLTP)
NEFZ
WLTP
140
120
Geschwindigkeit (km/h)
100
80
60
40
20
0
0
20
0
40
0
60
0
80
0
0
10
Zeit (s)
0
12
00
0
14
0
0
16
0
18
00
>> Das bisher angewandte Testver­
fahren (NEFZ) wird ab 2017 durch ein
weiterentwickeltes Verfahren (WLTP)
ersetzt: Es orientiert sich stärker an
realistischen Fahr­zuständen.
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Ist Diesel wirklich
ein Problemantrieb?
Im Vergleich Benziner versus Diesel zeigt sich: Benzin-Pkw sind bereits
heute nahezu schadstofffrei unterwegs. Dieselmotoren verur­sachen
konzeptbedingt höhere Stickstoffoxid- und Partikel­emissionen als Benzinmotoren. Aber hier bringen neue Technologien nachhaltige Lösungen:
Das Problem der Partikelemissionen wird durch Partikelfilter beseitigt.
Stickstoffoxid-Emissionen lassen sich erfolgreich mit Speicherkatalysatoren (DeNOx-Kat), der SCR-Technik (Katalysatoren mit Harnstoffeinspritzung „AdBlue“) und mit innermotorischen Maßnahmen vermindern.
Eine Erfüllung der Grenzwerte ist möglich, die Entscheidung über die
verwendete Technik trifft der Autohersteller.
DIESEL:
WENIGER CO 2 -EMISSIONEN
Zum fairen Diesel-Benzin-­Vergleich gehört auch die CO2 -­Bilanz: Beim
Treibhausgas CO2 (s. kurz & bündig 1/2015) schneiden Dieselfahrzeuge
um 20 – 25 Prozent besser ab als benzinbetriebene Fahrzeuge. Das
spielt in der EU schon seit Jahrzehnten eine größere Rolle als in den
USA. Bei den einzuhaltenden CO2 -Grenzwerten handelt es sich um
Durchschnitts­werte über die gesamte Flotte des Herstellers, sie werden
nicht auf das einzelne Fahrzeug gerechnet.
MÖST-ERHÖHUNG :
TEUER UND
WIRKUNGSLOS
Entwicklung Feinstaub bzw. NOx-Belastung und Anteil des Verkehrs
Feinstaub (auf Basis PM 2,5) minus 63 Prozent
Angabe
in 1000t 13,1
2,6
Lkw
35
16,8
5,4
26,8
%
Lkw
3,7 15
26,8
Pkw
2,1
%
Pkw
7,8
39,1
32,9
Gesamt Partikel Ausstoß
sank bis 2015 um 14 %
20
15
9
19
0
9
19
5
0
20
0
0
20
10
20
5
15
20
2
20
0
2020 stammen 2,1 Prozent der PM 2,5-Belastung von Pkw
Stickstoffoxid (NOx) minus 77 Prozent
0,9
8,1
4,7
Angabe
in 1000t Lkw
21,8
300
9
%
22
6,3 6,3
Lkw
18,8
Gesamt NOx-Ausstoß
sank bis 2015 um 49 %
Pkw
29,2
Kleinverbraucher
Industrie
Lkw, Busse, einspurige
und Off-Road-Maschinen
%
30,3
13,1
Eine Erhöhung der Mineral­ölsteuer
(MÖSt) für Diesel aus Anlass der
aktuellen Abgasdiskussion wäre
der falsche Weg für Österreich.
Rund 29 Prozent der MÖSt-Ein­
nahmen stammen aus dem Tanktourismus. Vor allem dieselgetriebene LKW aus dem Ausland, die
in Österreich tanken, spülen mehr
als eine Milliarde Euro in die
Staats­kassen. Der MÖSt-Rechner
des ÖAMTC zeigt anschaulich,
dass eine Erhöhung der MÖSt
zwar eine Mehrbelastung für die
Österreicher, aber insgesamt weniger Steueraufkommen zur Folge
hätte: www.oeamtc.at/portal/
moest-rechner
Pkw
11,8
17,5
Pkw
Kraft- und Heizwerke
Landwirtschaft
Flugverkehr
150
100
19
80
19
85
19
90
19
95
20
00
2020 stammen 11,8 Prozent der NOx-Emissionen von Pkw
20
05
10
20
15
20
20
20
>> Die Partikel- und Stickstoffoxid­
emissionen von Dieselfahrzeugen
werden weiter reduziert.
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kurz & bündig
Kfz-Emissionen
PKW-Steuern & NOx
Normverbrauchsabgabe: Kauft man ein neues Auto, dann wird die Norm­verbrauchs­abgabe (NoVA) fällig. Diese richtet sich seit März 2014 ausschließlich
nach den CO2 -Emissionen, die im Testzyklus ermittelt werden.
Motorbezogene Versicherungssteuer: Auch der Besitz eines Autos wird besteuert. Mit der
Versicherungs­prämie wird die motorbezogene Versicherungssteuer eingehoben. Sie richtet sich
nach der Leistung (in kW) des Fahrzeugs und wurde im März 2014 zuletzt verschärft.
Mineralölsteuer: Für jeden einzelnen Liter Kraftstoff, den man tankt, ist ein Fixbetrag an Mineralölsteuer
fällig (39,7 Cent pro Liter Diesel bzw 48,2 Cent pro Liter Benzin). Damit werden auch Fahrleistung und
Verbrauch besteuert. Inklusive Umsatzsteuer liegt die steuerliche Belastung von einem Liter Kraftstoff bei
bis zu 56 Prozent (3. Quartal 2015, Superbenzin: 55,9 Prozent, Diesel: 52,9 Prozent).
NOx-Ausstoß: Ist bei der Typgenehmigung relevant. Für den einzelnen Fahrzeugbesitzer hat er keine steuerlichen Konsequenzen. Das heißt für die aktuelle Diskussion: Nur wenn eine Nachbesserung manipulierter
Motoren eine nachweisbare Änderung der Leistung oder CO 2 -Emissionen zur Folge hätte, sind steuerliche
Konsequenzen denkbar.
Nicht das Kind mit
dem Bade ausschütten
Betrügerische Tricks zur Reduktion der Emissionen von Fahrzeugen nur im Prüfzyklus gehören geahndet
und sanktioniert. Dennoch: Das EU-System zur Reduktion der Kfz-Emissionen ist eine Erfolgsgeschichte.
Mit Euro-VI wurde ihr nächstes Kapitel aufgeschlagen. Neue Technologien (z. B. SCR-Katalysatoren mit AdBlue)
sind ein entscheidender Beitrag zur Lösung der noch verbleibenden Emissions-Probleme. Aber auch eine
umsichtige Verkehrspolitik, die den Verkehr im Fluss hält („grüne Welle“) ist zur Reduktion von Emissionen
wichtiger denn je.
Dr. Max Lang
ÖAMTC Cheftechniker
Insgesamt ist jetzt Realitätsnähe angesagt. Das heißt für den ÖAMTC: Raus aus dem Labor, rein ins echte
Verkehrsleben. Die Messung von Emissionen muss unter realen Bedingungen auf der Straße erfolgen! Das
forderte der ÖAMTC schon lange – zuletzt vergeblich bei der Einführung von „Tempo 80“ auf der A1 bei Salzburg.
Klar ist auch: Realistischerweise zu erwartende höhere Werte bei der Typprüfung ab 2017 dürfen nicht
zu höheren Steuern für die Autofahrer führen. Hier bedarf es analog entsprechender EU-Regelungen eines
Korrekturfaktors, um zusätzliche Belastungen für die Autofahrer zu vermeiden.
FAKTEN ZUR ABGASMESSUNG AUF EINEN BLICK
• Tricks zur Senkung von Emissionen bei Tests sind Betrug an der Umwelt,
den Konsumenten und der gesamten Branche.
• Das europäische System zur Reduktion der Emissionen hat sich bewährt.
• Die Testzyklen für die Typenprüfung werden ab 2017 praxisnäher gestaltet.
• Dadurch festgestellte höhere Verbrauchswerte für bereits typengenehmigte
Fahrzeuge dürfen nicht zu höheren Steuern für die Autofahrer führen.
• Eine Erhöhung der MÖSt auf Diesel wegen der großen Bedeutung
des Tanktourismus würde nur die Steuerlast für die Österreicher erhöhen,
insgesamt aber zu keinen höheren Steuereinnahmen führen.
!
Zahlen und Daten aus der gemeinsamen
Broschüre „Unsere Luft“ von ÖAMTC und
TU-Wien.
IMPRESSUM:
Medieninhaber/Verleger:
Österreichischer Automobil-, Motorradund Touring Club (ÖAMTC), 1010 Wien,
Schubertring 1-3, ZVR 730335108.
Für den Inhalt verantwortlich:
MMag. Bernhard Wiesinger,
Konsumentenschutz, Mitgliederinteressen
und Kommunikation.
Offenlegung: www.oeamtc.at/impressum
Druck: digiDruck GesmbH,
Triester Straße 33, 1100 Wien
Gestaltung: GPK Advertising GmbH.
Vorbehaltlich Satz- und Druckfehler.
Stand: Oktober 2015.