Programmheft - Die Benachrichtigung

2210-CS/66 IV
Die Theatergruppe [ m a l u : d s ]
des Gymnasium Christian–Ernestinum
spielt
DIE BENACHRICHTIGUNG
von
Václav Havel
Betreff „Die Benachrichtigung“: 12 Bilder, Pause nach dem 6. Bild
Verschlußsache – nur für den Dienstgebrauch!
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ra ko hutu dekotu ely trebomu emusche, vdegar yf, stro renu er gryk kendy, alyv zvyde
dezu, kvyndal fer tekonu sely. Degto yl tre entvester kyleg go: orka eply y bodur
depydepe emete.
Alles klar?
Was sie da eben gelesen und nicht verstanden haben, ist Ptydepe, eine künstliche
Sprache, die die Kommunikation in dem Amt, in dem sie eingeführt wird, präzisieren
soll. Das Ergebnis dieses „Experiments“ ist jedoch, dass die Kommunikation unmöglich
wird und die Entpersönlichung des Menschen fortschreitet. Das Medium der künstlichen,
„mechanischen“ Sprache führt zur Mechanisierung der Menschen. Dieser Vorgang ist das
Schlüsselthema von Havels Schauspielen.
Die in Ptydepe abgefasste Benachrichtigung, die dem Direktor zugestellt wird,
gerät in der mechanisierten Bürowelt zum Auslöser der verschiedensten menschlichen
Untugenden: Feigheit, Machtgier und Dummheit.
Obwohl Havel das Stück unter dem Einfluss der tschechischen Geschichte (Zusammenbruch
der Demokratie, Stalinismus der fünfziger Jahre) schon 1965 geschrieben hat, so ist
es doch auch heute noch aktuell, weil es sich gegen Anpassung und Mitläufertum, gegen
Opportunismus und zunehmende Ökonomisierung von Leben und Bildung ausspricht.
–––––––––––––––––––––––––––
gez. Vorsitzender, Benachrichtigungsdienst
Bayreuth, den 27./28. Januar 2016
– 1 –
2210-CS/66 IV
Regie:
Bühnenbild:
Kostüme und Maske:
Plakat und Programmheft:
Technik:
Souffleuse:
Ensemble:
Jan Ehlenberger, Christl Lobe
Carla Schmidhuber, Joana Metchev, Anna Guntow,
Hannah Mösbauer, Carolin Bittner, Elisa Weiß,
Michele Wohlgemuth
Ensemble
Milena Stasch
Rasmus Klaukien, Lorenz Stahlmann
Franziska Kasch
siehe Auszug Personalakten
Auszug aus den Personalakten:
Vorgang:
Josef Gross, Direktor
Klarname:
Christoph Rusam
Beobachtungen:
„Ich bin Humanist!“
Vorgang:
Dr. Stenek Kunz,
Ptydomet
Klarname:
Benedikt Scherm
Beobachtungen:
„So ein Teufelchen!“
Vorgang:
Johann Balas,
Stellvertreter
Klarname:
Florian Benelli
Beobachtungen:
„Ptydepe lernen!“
Vorgang:
Helene, Vorsitzende
Übersetzungszentrale
Klarname:
Klara Eckert-Hetzel
Beobachtungen:
„Marie, bringen Sie
mir Zitronen mit!“
Vorgang:
Jan Morat, Leiter
Übersetzungszentrale
Klarname:
Frederik Müller
Beobachtungen:
„Andamu zep. Notut?“
Vorgang:
Marie, Sekretärin
Klarname:
Magdalena Thomas
Beobachtungen:
„Der Beobachter hat
alles gesehen und
wird es melden.“
– 2 –
2210-CS/66 IV
Auszug aus den Personalakten:
Vorgang:
Hanna, Sekretärin
des Direktors
Klarname:
Sophie Heyse
Beobachtungen:
„Kann ich mir
Brötchen holen?“
Vorgang:
Jirka, Beobachterin
Klarname:
Milena Stasch
Beobachtungen:
„Gotroch
[Scheißkerl]!“
Vorgang:
Perina, Lehrerin
Klarname:
Kathrin Wirth
Beobachtungen:
„Hören Sie mir
gut zu!“
Vorgang:
Kalous, Beamter 1
Klarname:
Otakar Skala
Beobachtungen:
„Vyrylaguf yb
det solas!“
Vorgang:
Václav Kubsch
Klarname:
Jonas Kraus
Beobachtungen:
„Nieder mit den
künstlichen
Sprachen!“
Vorgang:
Beamter 3
Klarname:
Patrick Sievers
Beobachtungen:
„Yxap tsaror najx.“
Vorgang 1:
Schuba
Vorgang 2:
Beamter 2
Klarname:
Adrian Gisder
Beobachtungen:
Feuerlöscher;
„Isyste etordyf.“
– 3 –
2210-CS/66 IV
Zum Autor:
Václav Havel wurde am 5. Oktober 1936 in Prag geboren. Nach dem Militärdienst war
er beim Prager „Theater am Geländer“ als Bühnenarbeiter, Beleuchter, Sekretär,
Regieassistent, Lektor, Dramaturg und Hausautor tätig. Dort wurde auch „Die
Benachrichtigung“ im Jahr 1965 uraufgeführt. Damit gelang Havel der Durchbruch zum
international anerkannten Dramatiker.
Seit dem Ende des sogenannten Prager Frühlings 1968 wurde Havel mit einem
Publikations- und Aufführungsverbot in der CSSR belegt.
Als Mitbegründer und langjähriger Sprecher der Oppositionsgruppe „Charta 77“
musste Havel mehrere Festnahmen, Prozesse und Haftstrafen erdulden. Er war einer der
Wegbereiter der deutsch-tschechischen Aussöhnung. Nach der Samtenen Revolution, an der
er maßgeblich beteiligt war, war er von 1989 bis 1992 der letzte Staatspräsident der
Tschechoslowakei und von 1993 bis 2003 der erste der Tschechischen Republik.
Für seine Werke hat Havel verschiedene Preise erhalten, u. a. 1989 den Friedenspreis
des Deutschen Buchhandels.
Er starb am 18.12.2011 in Vlcice, Královehradecký kraj (Königgrätz).
„In Prag kann ‚Die Benachrichtigung‘ nicht
gespielt werden, und wenn sie gespielt werden
kann, wird das erst in einer Zeit sein, in der
eine Unzahl von Balas erneut beteuern wird
– das wievielte Mal schon! –, nie mehr die
Menschlichkeit zu verraten, und eine Unzahl von
Gross wird versprechen, niemals mehr vor den
Balas zurückzuweichen. Sodass ich also nicht
nur als Bürger, sondern auch als Mensch, dessen
Ausdauer wie bei jedem anderen ihre Grenzen hat,
mir nur eines wünschen sollte: dass das Stück
endlich aufhört, in der Tschechoslowakei gültig
zu sein.“
Václav Havel, 1983
„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas
gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas
Sinn hat, egal wie es ausgeht.“
Václav Havel
– 4 –
F
R
F
R
F
R
E
I
H
E
I
T
I
H
I
H
F
R
E
I
H
E
I
T
I
T
I
T
2210-CS/66 IV
Absurdes Theater:
Das Absurde Theater entwickelte sich im Nachkriegsfrankreich als Reaktion auf eine
sinnentleerte Welt, in welcher der „zur Freiheit verurteilte" Mensch selbständiger
Schöpfer seines Geschicks ist und sich den Sinn seiner Existenz selbst geben muss. Aus
dem Bewusstsein der damit verbundenen Verantwortung entsteht Angst und Vereinsamung.
Das Theater des Absurden ist seinem Wesen nach nicht französisch. Zu den führenden
Dramatikern zählen der Ire Samuel Beckett, der Rumäne Eugène Ionesco sowie der Franzose
Jean Genet.
Das Theater des Absurden strebt nach einer radikalen Abwertung der Sprache,
nach einer Dichtung, die unmittelbar aus auf der Bühne sichtbar und gegenständlich
gewordenen Bildern hervorgehen soll. Die Sprache spielt dabei zwar immer noch eine
wichtige Rolle, aber das, was auf der Bühne geschieht, sagt mehr aus als die Worte, die
von den Figuren gesprochen werden. Oft widerspricht sogar das Geschehene der Sprache.
Die Akteure reden aneinander vorbei, ihre Worte werden nicht verstanden oder gehen ins
Leere. Die Zerstörung der Sprache als Mittel der Verständigung ist im Absurden Theater
offensichtlich.
Dramaturgische Mittel sind hintergründige Komik, Übertreibung ins Groteske,
Sprachlosigkeit und Pantomime. Vorformen finden sich im 19. Jahrhundert bei A. Jarry
und G. Apollinaire, in Deutschland bei C. D. Grabbe und G. Büchner; Einflüsse kommen
aus dem Dadaismus, Surrealismus und dem französischen Existenzialismus; doch erst nach
dem 2. Weltkrieg gelangte das Absurde Theater zu einer breiten Wirkung. Zu seinen
prominentesten Vertretern gehören der Ire S. Beckett, die Franzosen E. Ionesco und
J. Tardieu, der Engländer H. Pinter, der Tscheche V. Havel und der Pole S. Mrozek;
im deutschsprachigen Raum arbeiteten F. Dürrenmatt, G. Grass, W. Hildesheimer und
T. Bernhard mit Elementen des Absurden Theaters.
Quelle: Wissen.de
– 5 –