Beitrag vom 20.11.2015 Leichter Optimismus an der Wiege Die Emmentaler-Krise ist nicht überwunden, aber wo engagierte Milchlieferanten, Käser und Händler aufeinandertreffen kann etwas wachsen. Ein Augenschein in der Käserei Oberei im bernischen Süderen. Bild Milchtechnologin Martina Wenger produziert daraus Emmentaler und ... (Bild Adrian Krebs) Hier ist das Emmental noch so, wie man es aus dem Katalog der Sortenorganisation kennt: grüne Hügel, weidende Kühe und habliche Bauernhäuser. Jetzt, kurz vor sechs Uhr früh im November, sieht man davon allerdings noch nicht viel. Es ist fast so finster wie in einer Kuh. Plötzlich wird es hell am Strassenrand. In der Käserei Oberei BE brennt das Licht schon länger. Soeben haben Käser Hansruedi Gasser und seine Angestellte Martina Wenger die am Vortag produzierten drei Laibe aus der Presse ins Salzbad verfrachtet. Jeder darf wünschen, wie viel er produzieren möchte Jetzt ist alles bereit für die nächste Produktion. Im Kessi wartet bereits die Milch vom Vorabend, es fehlt nur noch die morgendliche Einlieferung. Schon kurz nach sechs Uhr treffen die ersten Lieferanten ein. 13 sind es noch, die meisten bringen den Rohstoff nach wie vor in Milchkannen, die sie hinten in einem Kombi transportieren. Wenn man ein bisschen mit den Bauern und Bäuerinnen spricht, spürt man eine Mischung aus Resignation und verhaltener Aufbruchstimmung. Der Emmentaler wird ja nicht so schnell euphorisch, deshalb tönt die Aussage von Jungbauer Rolf Künzi schon fast optimistisch: «Irgendwie geht es immer weiter.» Er glaube an die Milchproduktion, soeben habe man einen neuen Laufstall gebaut. In fünf Jahren will er den Betrieb vom Vater übernehmen und die Produktion ausbauen. Dabei hofft er auf seinen Milchkäufer. Die Hoffnungen sind nicht unberechtigt: «Ich mache derzeit eine Umfrage bei meinen Bauern, mit welcher Menge ihnen wohl wäre», sagt Hansruedi Gasser später beim Frühstückskaffee, selbstverständlich begleitet von einem Stück «chüschtigem» Emmentaler auf Zopf. Es nehme ihn Wunder, welche Menge so zusammenkomme. Dann werde er versuchen, allen so weit wie möglich entgegenzukommen. Der Spielraum ist aber eng begrenzt. Gasser produziert zwar ausgezeichnete Qualität. Das hat ihm ermöglicht, 60 und damit ein Fünftel mehr als die von der Emmentaler Switzerland gegenwärtig freigegebenen 50 Prozent der zur Verfügung stehenden Referenzmenge zu produzieren, das wären im Falle von Oberei 112 Tonnen jährlich. Zusätzliche Referenzmenge kaufen – der Preis bewege sich um knapp zwei Franken pro Kilo – will Gasser trotz unbefriedigender Auslastung lieber nicht: «Es widerstrebt mir, für etwas zu bezahlen, das niemandem gehört», sagt er. Unterdessen ist eingelabt, und kurz nach acht Uhr beginnt die Harfe im Kessi zu drehen und das Korn zuzuschneiden, das später in die bereitstehenden Fertiger Käseformen gepumpt wird. Nur mit einer Premiumstrategie erfolgreich in die Zukunft Einen Teil der eingeschränkten Menge verarbeitet Hansruedi Gasser zu Spezialitäten wie den Schallenberger und der Sahlenweidli-Käse, das aus dem Schweizer Fernsehen bekannte Heimetli liegt unweit von der Oberei, das zur Gemeinde Röthenbach BE gehört. Aber, so fügt Gasser sofort an: «Auch der Emmentaler ist eine Spezialität. Er muss sich nur noch etwas mausern.» Er ist einer, der sich über die Käserei hinaus Gedanken über die Vermarktung macht. Nicht zufällig liefert er an die Handelsfirma Gourmino, die in den Turbulenzen nach dem Ende der Käseunion entstand und 16 Käsern gehört, darunter Gasser. Dort sei man sich bewusst, dass der Emmentaler nur mit einer Premiumstrategie erfolgreich in die Zukunft geführt werden kann, berichtet Gasser. Dafür reicht die Topqualität in seinen Augen nicht, es brauche Marketinganstrengungen und zwar nicht primär in Form von TV-Werbung, sondern mit Aktivitäten an der Ladenfront. Gleichzeitig sieht Gasser auch Bedarf für die Allgemeinverbindlichkeit bei der Mengensteuerung, wie sie ES nun wieder beantragen will, «das bringt mehr Ordnung in den Markt», sagt der Käser. Dass die Menge heute noch immer nicht auf die Nachfrage abgestimmt ist, will er nicht der Sortenorganisation in die Schuhe schieben, «das haben sich Milchproduzenten, Käser und Handel selber eingebrockt», sagt er selbstkritisch. «Die nächste Generation wird das nicht mehr machen» Das sehen naturgemäss nicht alle Lieferanten so, die Agrarpolitik kommt während des Milchabsaugens vor der Käserei stark an die Kasse, das sei gar nichts, meint einer, der lieber nicht namentlich erwähnt sein möchte, der Milchpreis sei heute auf dem gleichen Niveau wie 1964, himmeltraurig sei das. Auch andere sehen wenig Perspektiven: «Die nächste Generation wird das nicht mehr machen», prognostiziert Fritz Gerber, der neben dem Bauern voll arbeitet. Produzentin Rosmarie Wenger wiederum sieht Probleme bei der Führung von ES. Allen aber ist gemeinsam, dass sie nichts auf ihren «Goldkäser» kommen lassen. Dieser leiste ausgezeichnete Arbeit, ist man sich einig, es sei jammerschade, dass er nicht voll produzieren könne. Dass man Emmentaler produziere, sei im Übrigen durchaus spürbar: «Der Preis sei schon noch ein bisschen besser als für Konsummilch», räumt Rosmarie Wenger ein. Milchpreis von «bedeutend über 60 Rappen netto» Zurzeit zahlt Hansruedi Gasser für die verkäste Milch «bedeutend über 60 Rappen netto», sagt Gasser. Für die überschüssige Milch, die in die Industrie geht, ist der Preis mit rund 50 Rappen deutlich besser als im Frühjahr. Deshalb erhalten die Bauern für die gesamte Produktion einen Preis von leicht über 60 Rappen. Unterdessen sind die drei Käse von heute auf der Käsepresse unter Druck. Zeit für einen kleinen Rundgang im Keller. Hier lagert die makellose Produktion der letzten drei Monate. Ein schöner Anblick, für Gasser durchaus etwas Besonderes. Jedoch, das sei sein Handwerk. Die grosse Herausforderung bestehe darin, das alles mit einer guten Marge zu verkaufen. Adrian Krebs http://www.bauernzeitung.ch/news-archiv/2015/leichter-optimismus-an-derwiege/#sthash.ia4H2A84.dpuf
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