Gras in der Milchkuhfütterung

Möglichkeiten und Grenzen
Gras in der Milchkuhfütterung
Thüringer Grünlandtag, Tanna, 10. Juni 2015
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≈ 75 % sächsischer Milch
ist veredeltes Kraftfutter
Aktuelle Grobfutterleistung in Sachsen liegt
bei 2.700 kg, davon ≈ 850 kg aus Gras!!!
Thüringer Grünlandtag, Tanna, 10.06.15 | Dr. Olaf Steinhöfel
Wiederkäuer???
Milch ohne Grobfutter
kg ECM / Kuh und Jahr
Betriebsvergleich eines Beratungsrings im Erzgebirge
12.000
10.000
8.000
Kraftfutterleistung
Grobfutterleistung
6.000
4.000
2.000
0
1.051
2.039
185
775
4 t Kraftfutter / Jahr
MVA 1
MVA 2
MVA 3
MVA 4
2,3
kg
Milch
/
kg
Kraftfutter
(280)
(230)
(500)
(2500)
9.200 kg Kraftfuttermilch
Betrieb
Thüringer Grünlandtag, Tanna, 10.06.15 | Dr. Olaf Steinhöfel
427
MVA 5
(1400)
Dafür oder Dagegen
(Beispiele)
Wunschbild Verbraucher
Preiswürdigkeit
(Natürlichkeit, GVO-Frei, Omega 3)
(Erzeugungskosten, Verluste, Futterwert)
Geringe Nutzungskonkurrenz
Futterwertschwankung
(kaum alternative Nachfrage)
(Vegetation, Gärbiologie, botanische Vielfalt)
Tiergerechtheit
Silierbarkeit &. Hygiene
(Struktur / Gesundheit / Fruchtbarkeit)
(Zucker, Pufferkapazität, Proteolyse, Schmutz)
Phytosanitäre Unbedenklichkeit
Masse- &. Qualitätsverlust
(Mykotoxine, Zünsler, Wurzelbohrer)
(bis 50 % Feld → Maul)
Nährstoffbalance für Pansenmikroben
Umweltgerechtheit
(NEL:N, Mineralstoffe, Struktur)
(CH4- und NH3-Freisetzung)
Nährstoffimporte
Antinutritive &. Unerwünschte Stoffe
(N, Mineralstoffe)
(spez. Pflanzenstoffe/-gifte, K, Fruktane)
Landschaftspflege
Verschmutzungsgefahr
(Offenlandmanagement)
(Gärschädlinge, Schadstoffe, Fe)
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Erfolg oder Risiko ?
4 Schwerpunkte
SELBSTBESTIMMT
Gras bestimmt seine Rolle
in der Milchviehfütterung selbst
Futterwert
UNSICHER
Wechselspiel von Umwelt, Witterung,
Natur und Management bleibt
graduell unsicher
Gärqualität
RESTRIKTIV
Spezifische Inhaltsstoffe im Gras
erzwingen Einsatzgrenzen
Unerwünschte Stoffe
TEUER
Preiswürdigkeit der Grassilagen
leidet unter Arbeitswirtschaft ▲,
Erträgen ▼ und Verlusten ▲
Wirtschaftlichkeit
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FUTTERWERT
Gras vs. Mais
Kühe können mit aber brauchen kein Gras!!!
MAISSILAGE
GRASSILAGE
Leistungsgrenze 10.000 kg ► 230 g Rfa / 6,5 MJ NEL je kg GrobfutterTM
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FUTTERWERT
Entwicklung ▲▼
Der energetische Futterwert der Grassilagen verliert.
Konkurrenz schläft nicht
Silomais bleibt auf Kurs, Gras schwächelt
Grobfuttererträge
Wiesen / Weiden &. Silomais
Folgen der Förderpolitik oder Klimawandel ???
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GÄRERFOLG
Risikofaktoren ▲
Nach 25 Jahren nasse, schmutziger Siliergüter?
Trockenmassegehalt
Rohasche
~ 50 % Grassilagen < 30 % TM
> 50 % verschmutzt (> 100 g RA / kg TM)
g Rohasche / kg TM
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GÄRERFOLG
Folgen folgen folgerichtig
Unerwünschte Fermentationsprodukte nehmen zu.
Buttersäure
Ammoniak
15 % über 0,3 % Buttersäure in TM
20 % über 10 % NH3-N am RP-N
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FUTTERWERT
Proteinqualität
Grassilage muss um Rolle als Proteinfuttermittel bangen.
Getreide bringt mehr Protein
UDP
Nur noch 11 % RP aus Gras
Im Mittel > 20 % im RP aber ▲▼
100%
Trockenschnitzel
% an der Rohproteinversorgung
13,6
80%
14,8
18,0
5,2
13,4
12,0
12,2
12,4
11,7
6,9
Körnermais
Getreide
Sojaex.
60%
25,8
Biertreber
28,7
31,1
33,9
48,7
Rapsex.
Körnerleguminosen
40%
Luzernesilqage
26,6
19,4
14,2
11,9
20%
16,7
6000
Grassilage
11,1
14,5
16,8
15,9
13,4
7000
8000
9000
10000
0%
GPS
Maissilage
Heu
kg Milch / Kuh und Jahr
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FUTTERWERT
Proteinqualität
Grassilage muss um Rolle als Proteinfuttermittel bangen.
Proben aus aktuellen Versuchen / Erhebungen LfULG
Frischgras
Grassilage < 30 % TM
Grassilage > 30 % TM
Wiesenheu
Trockengrün
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n
67
50
114
36
18
% UDP am RP
24 (19...32)
14 (6…27)
18 (8…33)
26 (14…44)
42 (28…57)
Risiko:
Die Fütterung
N-Überschuss ist System
Protein - Angebot und Nachfrage
R = -0,413, n=2.433
Bewertungsprobleme
97 % TMR mit N-Überschuss = Sachsen 10.950 t N / Jahr
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Potential ist
doppelt so hoch
30 %
50 %
% in der Grobfutterrration
Maissilage ( 8 % RPTM)
Grassilage ( 16 % RPTM)
100
20
80
TM
60
40
Beitrag zur Proteinbedarfsdeckung
in 5 t SilageTM (Jahresbedarf einer Kuh) sind
…kg Rohprotein
eine Milchkuh mit 10.000 kg Milch / 1 Kalb
braucht … kg Rohprotein
über Grobfutter-Rohprotein kann … % der
Bedarf gedeckt werden
800
720
560
1.070
75
67
52
Im Mittel 250 kg Grobfutter-Rohprotein / Kuh &. Jahr erzeugt +
über Konzentrate supplementiert, durch die Kuh gejagt, aber nicht veredelt!!!
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UDP - Falle:
Füttern nach Tabellen
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Risiko: Grasprotein während
Silierung attackiert
Proteolyse und Hitzeschäden zerstören Graseiweiß
NPN steigt
UDP-Gehalt oft halbiert
Hitze bindet Protein für immer
Ganzkörper-UDP ist nur Verlust
% des Rohprotein
80
Kleegras
Kleegrassilage
60
40
20
0
A
B1
B2
B3
C
UDP8
2.250 sächsische Grassilagen
Sächsische Grassilagen
2000 - 2014
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(Richardt u. Steinhöfel, 2007)
UDP aus Grassilagen
???
„Sinnvolle“ Erhöhung des UDP in Grobfuttersilagen durch
bedarfsgerechte N – Düngung (kein Luxuskonsum)
Futterpflanzenart (z.B. Esparsette, Hornklee)
neue Wege der Pflanzenzucht (z.B. Tannine, Polyphenoloxidase)
optimaler Nutzungszeitpunkt (nicht zu früh)
höhere Trockenmasse % (bis Grenze Verdichtbarkeit)
kurzes Anwelken + aerobe Stabilität (minimal Zeit an der Luft)
schnelle Säuerung + Siliermittel (z.B. Clostridien, Tannine)
hohe Grobfutterqualität → Grobfutteraufnahme (Passage)
Vermeidung Heißvergärung + Nacherwärmung
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UNERWÜNSCHTE STOFFE
Biogene Amine ▲
Clostridien bleiben aktiv: Desaminierung &. Dekarboxylierung
Buttersäure
Biogene Amine
15 % über 0,3 % Buttersäure in TM
schon TM < 40 % hohe GABA
Kuhnitzsch u.a. 2015
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SILAGESTABILITÄT
Nacherwärmung ein Hauptproblem seit 10 Jahren
Silovorschub
Siloreifung
67 % < 30 cm / Tag
10 % Grassilagen < 40 Tage Silierung
20
15
10
5
0
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
cm Vorschub im
Grassilo / Tag
25
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SILAGESTABILITÄT
Nacherwärmung ein Hauptproblem seit 10 Jahren
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UNERWÜNSCHTE STOFFE
Störmineralien in Grassilagen nehmen zu
Eisen Antagonismus bei
Kalium Restriktion im geburtsnahen
Spurenelementversorgung
Zeitraum
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UNERWÜNSCHTE STOFFE
Zuckergehalte können Restriktionen provozieren.
Zucker (ohne Fruktane)
Restriktion
Max. 60-70 g Zucker inkl. Fruktane / kg TMRTM
Bei > 100 g Zucker / kg TM max. 8 kg TM
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Lehrbuchwissen
Das Grundrauschen ≈ 15 % Masse TM - Verluste
TM-Verluste ( % )
Anwelken
Silobefüllung
Silierung
Nacherwärmung
Gesamtbilanz
Atmung, Gärung,
Mechanik
Auswaschung
gesamt
je Tag
je Prozess
2
2
1,2
1,5
6
1
0,8
0,5
4
6
5
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WIRTSCHAFTLICHKEIT
Neue Zeit, neue Probleme: Verlust bleibt Verlust
Kalkuliert aus der
mittleren Futterwertveränderung
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WIRTSCHAFTLICHKEIT
Teuerste Futtermittel sind Futtermittel,
welche erzeugt aber nicht in Milch veredelt wurden.
Quantität
Qualität
Kosten durch Masseverlust
Kosten durch Futterwertverlust
TM-Verlust
%
0
10
20
30
40
50
Silageerzeugung
dt TM
50
56
63
72
84
100
dt FM
145
160
180
205
240
286
Verdrängung
bei 9.000 kg
Cent / kg Milch
MJ NEL
% Grassilage
im Grobfutter
6
7
8
9
11
13
6,3
6,2
6,1
6,0
5,9
5,8
5,7
50
40
33
28
25
22
20
Grobfutterkosten
bei 50 dt TM Silagebedarf bei 4 € / dt FM
1)
€ / Jahr
580
640
720
820
960
1.144
Futterkostensteigerung
Futterwert
Grassilage
10 % Masseverlust kosten
≈
je kg Milch
Erzeugung
ohne
Veredlung
Mehrbedarf
Maissilage
∑
Cent / kg Milch
0,0
0,4
0,7
1,0
1,3
1,5
1,7
0,0
0,1
0,2
0,2
0,2
0,3
0,3
0,0
0,5
0,9
1,2
1,5
1,8
2,0
0,2 MJ weniger NEL / kg TM
≈
je kg Milch
2 Cent / kg Milch = 190 € / Kuh und Jahr = 2.000 kg mehr Milch je
Kuh und Jahr, um durch Kostendegression zu egalisieren !!!
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Die perfekte Grassilage
Pansenphysiologisch
Ernährungsphysiologisch
> 6,2 MJ NEL &. 240 - 250 g Rohfaser
150 – 170 g RP / > 20 % UDP /< 6 g RNB
< 200 g Zucker
> 15 % > 19 mm / < 50 % < 8 mm
max. 4 % technisch Zuwachs an < 8 mm
(< 40 g Fruktane)
Gärbiologische
Verzehrsbestimmend
30 - 40 % TM
20 – 40 mm Häcksellänge
frei von BS ES Verderb …
> 50 g Zucker
Wirtschaftlich
max. 4 € / dt (35 % TM)
max. 12 € / dt TM
max. 6 Cent Grobfutter / kg Milch
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Silierbarkeit:
100 g Zucker / > 3 g NO3 /
< 50 PK / siliertaugl. MS /
30 – 40 % TM
Ohne Luft bei > 200 kg TM / m³
Gärerfolg:
< 0,3 % BS / < 3 % ES /
< 8 % NH3-N vom N
Hygienisch / Toxikologisch
< + 3º C / 3 d Aerobe Stabilität
< 60 % Proteolyse (NPN)
< 100 g Rohasche
< 25 g K / < 300 mg Fe
Oder „neue“ Wege
Vergleich zur Silagebereitung
+ positiver Effekt / - negativer Effekt
GRÜNFUTTER
TROCKEN- KALTLUFTGRÜN
HEU
Flächenproduktivität (TM, RP, UDP)
+++
++
~
Verluste (Masse, Futterwert)
+++
++
-
Grobfutteraufnahme / -leistung
++
~
-
Witterungsabhängigkeit
+
++
-
+++
+++
++
+++
++
+
-
++
-
+++
++
+
++
+++
+
unerwünschte Fermentationsprodukte (z.B.
Karbonsäuren, Amine, NH3, Mykotoxine)
unerwünschte Nährstoffveränderungen
kontunierliche Energie-/ Nährstoffbereitstellung
►geringe Futterwechsel
erwünschte Pflanzeninhaltsstoffe (z.B. ß-Carotin, Vit.
E, Ω3, CLA)
Proteinqualität (Proteinlöslichkeit ▼UDP▲)
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Betriebswirtschaft
entscheidet
Grünlandaufwuchs (80 dt TM / ha)
Silage
Grünfutter
Trockengrün
Heu
% VerlusteTM
dtTM / ha
25
60
5
76
10
72
30
56
% RPTM
dt RP / ha
15,5
9
17,0
13
16,5
12
14,5
8
€ / dtTM Preiswürdigkeit
14
20
19
12
MJ NEL / kgTM
GJ NEL / ha
6,0
36
6,2
47
6,1
44
5,8
32
€ / dtTM Preiswürdigkeit
14
18
17
12
% UDP am RPTM
dt UDP / ha
20
1,9
30
3,9
45
5,3
35
2,8
€ / dtTM Preiswürdigkeit
14
29
39
21
Thüringer Grünlandtag, Tanna, 10.06.15 | Dr. Olaf Steinhöfel
FAZIT
1. Es gibt viele gute Argumente aus Gras Milch zu erzeugen.
2. Kühe können viel Milch aus Gras erzeugen, brauchen aber kein Gras.
3. Die Grassilageerzeugung bleibt trotz vieler Entwicklungen und Mühen
riskant und war in den letzten Jahren nicht wirklich erfolgreicher.
4. Aufgrund von Futterwertschwankungen und einer Vielzahl unerwünschter Fermentationsprodukte &. Störmineralien, muss der Einsatz von
Grassilage im Hochleistungsbereich immer stärker beschränkt werden.
5. Quantitative und qualitative Verluste bei der Silagebereitung prägen,
neben arbeitswirtschaftlicher Aufwendungen, in hohem Maße die
Preiswürdigkeit der Grassilagen.
6. Die genannte Problemsicht öffnet die Überlegung, stärker über
technische Trocknung (Warm- oder Heißluft unter Dach) von Gras nachzudenken.
Thüringer Grünlandtag, Tanna, 10.06.15 | Dr. Olaf Steinhöfel