Wie sich Thüringen auf der Cebit präsentiert: Report vom ersten Tag

Ostthüringer Zeitung
Das Thema
Seite 3
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Mittwoch, 6. März 2013
Wie sich Thüringen auf der Cebit präsentiert:
Report vom ersten Tag der Computermesse
38 Aussteller aus dem Freistaat hoffen in Niedersachsens Landeshauptstadt Hannover auf gute Kontakte zu neuen Kunden weltweit
Von Tino Zippel
Hannover. Einmal linksherum,
den Berg nach oben, wieder
runter. Die lange Gerade noch,
scharf links und von vom. Lara
Richter lacht, als sie mit dem
Elektrofahrrad Runden im Parcours dreht. Ohne es zu wissen,
nutzt die Hannoveranerin den
größten Thüringer Stand auf dieser Cebit. Und der Aussteller ExtraEnergy aus Tanna im SaaleOrla-Kreis hat dafür sogar noch
Geld von der Messegesellschaft
bekommen.
Der Rundkurs füllt einen Teil
der Halle 11, für den sich wohl
kein zahlender Aussteller fand.
So haben die Thüringer die
Chance, Elektrofahrräder verschiedener Hersteller zum Testen anzubieten. Die Interessenten stehen Schlange.
"So etwas hätte ich auf einer
Computermesse nicht erwartet.
Macht Spaß", sagt Lara Richter
(22), selbsternannter Fahrradmuffel. Standbetreuer Reno
Heßlich erläutert, dass es durchaus Bezug zur Computertechnik
gebe. So stellen die Tannaer
auch ein Mietsystem für Elektroräder vor, bei dem Kunden via
Handy-Kurzmitteilung buchen.
Gastronomen in Urlaubsregi0nen sollen die Ladestationen
dann als Service anbieten.
Ein großer Hersteller von
Elektrofahrrädern steht auch
auf der Kundenliste .v on Weko
Informatik in Nordhausen. "Vor
zwei Jahren haben wir hier auf
der Cebit diesen größten Auftrag
der Finnengeschichte eingefsdeli", sagt Geschäftsführer Werner Kopmann. Er hofft diesmal
vor allem auf gute Erstkontakte.
"Anders als in den 1990er Jah.
ren schließt man heute keine
Geschäfte mehr direkt auf der
Cebit ab."
Weko passt die Unternehmenssoftware des Frankfurter
Entwiclders Sage an Kundenbe·
dürfnisse an, ist mit 30 Mitarbeitern inzwischen der größte Partner in den neuen Bundesländern. Deshalb präsentiert sich
die Finna auch am Gemein·
schafisStand, dessen Blickfang
ein Formel-I-Flitzer des Teams
Marussia ist.
"Datenwolke" wird
immer beliebter
Seit Jahren findet der Lacos
Computerservice Unterschlupf
am Stand der Hamburger Software. Die Zeulenrodaer entwickeln Module, die an die Lösungen des Geschäftspartners anknüpfen. Als neueste Variante
stellt Maik Flach eine Lagerplatzverwaltung vor, die ans
Warenwirtschaftssytem dockt.
"Ob der Kunde Schrauben, Kaffee oder. Kleidungsstücke verwaltet, ist egal", sagt der Entwickler. Überdies.erweist sich
ein tragbares Pad als Navi im Lager: Wenn ein Mitarbeiter die
Posten einer Bestellung abarbeitet, empfi ~ hlt das System den
kürzest möglichen Weg von Lagerplatz zu Lagerplatz.
Stat1- Zeit spart Godyo aus Jena Papier. Die Mitarbeiter erfassen die Erstkontakte auf der
Messe per Ipad. Die Informationen gelangen direkt ins heimische Rechenzentrum. Damit
demonstrieren sie zugleich die
Idee der sogenannten Cloud.
Firmen verwalten Daten nicht
Ein Formel-i-Fahrzeug des Teams Marussia steht als Blickfang am Stand des Programmentwicklers Sage, an dem sich Weko Informatik aus Nordhausen präsentiert. Geschäftsführer Werner Kopmann (r.) und Thomas Großmann offerieren Lösungen, die auf der 5age-Unternehmenssoftware basieren. Fotos: Tino Zippel
mehr auf eigenen Systemen, sondern geben sie an den Dienstleis·
ter ab. ~ Bei uns liegen die Daten
nicht irgendwo auf der Welt,
sondern garantiert in Jena~ , sagt
Vorstand Hans-Uwe Schramm.
Zumeist seien die Kunden zunächst vorsichtig, gliedern nur
Teilbereiche wie beispielsweise
Mail-Anwendungen
in die
Datenwolke aus. "Nach ersten
positiven Erfahrungen wollen
viele aufstocken, beispielsweise
ihre Archive bei uns ablegen",
sagt Schramm, der wegen des
großen Interesses acht weitere
Mitarbeiter-einstellen möchte.
Womöglich hilft ihm die Fachkräfteagentur, die sich am Thüringer Gemeinschaftsstand präsentiert. Der Freistaat ist diesmal mit einem luftigen Stand
vertreten. Die blaue Farbe leuchtet, leckerer Kartoffelsalat steht
bereit. Nur die Thüringer Unternehmen zeigten diesmal kaum
Interesse: nur drei Anbieter aus
der freien Wirtschaft nehmen
teil. Dafür schießt das Land
-'l tl5000,Euro zum Standliu~ iHn
Gemeinschaftsstand
ist zu hinterfragen
"Wir suchen mit dieser Repräsentanz auch Investoren für
Thüringen", sagt der Sprecher
der Landesentwicldungsgesellschaft, Holger Wiemers. Ob der
geringen Firmenzahl komme die
Cebit-Beteiligung aber auf den
Prüfstand. Marketingmann Wiemers zieht aber selbst aus dem
Negativen noch positives: "Viele Firmen, die sich in den Jahren
zuvor an unserem Stand beteiligten; können sich inzwischen
einen eigenen Auftritt leisten."
Zetime aus Apolda nutzt hingegen gern die Plattform des
Thüringenstandes. Das ZweiMann-Unternehmen entwickelt
Lösungen zur Zeiterfassung.
Auf die. Besucher, die nach Kugelschreiber jagen, wartet das
Team nicht, sondern hofft auf
"vier, fünf gute Kontakte".
Der neueste Clou: Außendienstmitarbeiter können sich
via Smartphone zum Dienst einbuchen. Die App, so zeigt es Pe-
ter Zahn stolz, ennöglicht dem
Chef aber auch, über eine Landkarte zu kontrollieren, wo sich
der Mitarbeiter bei der Anmeldung aufhält. "Nicht, dass einer
im Cafe sitzt, statt zu arbeiten",
sagt Zahn augenzwinkernd.
Das Jenaer Unternehmen Dako versucht, mit einer ähnlichen
Idee in einem anderen Sektor zu
punkten. Ein Telematikmodul
für Lkw erlaubt es einem Spediteur, die Routen seiner Lastzüge
zu kontrollieren. Das ist aber
nur eine Teilfunktion des Paketes, das von der Tenninverwaltung über die Routenplanung bis
-.:zum,,,hm i\ufti-agsrrianagement
reicht. Zugleich speichert das
Programm die Daten der elektronischen Tachoscheibe. Laut
Christian Weiß nutzen bereits
15000 Unternehmen diese Lösu~g aus Jena. "Wenn es nach
der Cebit ein paar mehr sind, wären wir nicht böse", sagt Vertriebsleiter Jtirgen Eggeling.
Auf die Jagd nach geklauten
Filmschnipseln gehen die For·
scher ,vom Fraunhofer-Institut
für Digitale Medientechnologie
aus I1menau. Ihre neue Software
erkennt bei verschiedenen Filmclips, ob die gleichen Sequenzen
darin auftauchen. Zunächst soll
die Technologie, die im Rahmen
eines
Europäischen
Forschungsprojektes
entwickelt
wird, Kommunikationswissenschaftlern bei der Analyse von
Datenbesländen helfen.
"Künftig soll unser System dazu beitragen, große Archive zu
sortieren", blickt Christian Weigel voraus. Oder Anbietern die
Möglichkeit geben, automatisch
Copyright-Verletzungen zu enthüllen - ein großer Markt. Es.wäre nicht die erste Erfindung der
Ilmenauer, die ihren Siegeszug
von der Cebit aus antritt
Lara Richter aus Hannover testet am Parcours von ExtraEner9Y aus Tanna ein Elektrofahrrad .. Der Thüringer Verein stellt
die Möglichkeiten von ElektromCObilität auf der Messe vor.
Christian Weiß vom Jenaer Untternehmen D.ako zeigt eine
Blackbox für lkw. Sie gibt SpedHteuren jederzeit den Überblick, ob das Fahrzeug pünktlich ankommt.