Zu viel Kapazität, zu wenige Aufträge

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Schwerpunkt: Holz
wirtschaftsblatt.at
DONNERSTAG, 23. APRIL 2015
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Sägeindustrie
Zu viel Kapazität, zu wenige Aufträge
iStock
Die österreichische
Sägeindustrie hat in den
guten Jahren massiv
ausgebaut und Kapazitäten erweitert. Nun
aber steigt der Preis des
Rohstoffs Holz, und das
Auftragsvolumen fällt.
Holzbau
Architektendesign
für modulare
Fertighäuser
KILB. „Wir hatten in letzter Zeit
häufig Anfragen von ökologisch
interessierten Kunden, deren
Budget aber kein individuelles
Haus zulässt“, sagt der Vorarlberger Architekt Juri Troy. Der
auf Holzdesign und Energieeffizienz spezialisierte Architekt
ging folglich eine Kooperation
mit dem Start-up McCube ein.
Das Mostviertler Unternehmen
bietet modulare Fertighäuser im
Baukastensystem. Die einzelnen
Wohnmodule mit je 28 Quadratmetern Nutzfläche lassen sich je
nach Platzbedarf zu größeren
Einheiten kombinieren. Pro Quadratmeter zahlen Kunden für die
Niedrigenergiehäuser auf Holzbasis ab 1600 €.
„Insgesamt sollen es drei verschiedene Design-Varianten werden“, sagt McCube-Gründer Oliver Pesendorfer. „Mehrere hunderttausend Euro“ hat er in sein
Start-up investiert. Ein Auftritt in
der Start-up-Show „2 Minuten 2
Millionen“ auf Puls4 im März
brachte ihm eine 25-prozentige
Beteiligung von Winzer Leo Hillinger über 125.000 €. Rund
57.000 € an Nachrangdarlehen hat
er über seine noch laufende
Aktion auf der CrowdfinancingPlattform Conda eingeholt. (man)
WIEN. Auf die Situation der Sägeindustrie angesprochen, hat
Wolfgang Hutter, Inhaber und
Geschäftsführer der HutterHolzindustrie GmbH in Sankt
Michael im Salzburger Lungau,
eine knappe Einschätzung parat:
„Sie ist angespannt spannend.“
Das hat mehrere Ursachen,
sagt Hutters Mitbewerber Franz
Kirnbauer, mit Sägewerk in Prigglitz und Holzwerkstoffproduktion in Ternitz in Niederösterreich: In den Jahren 2007 bis
2009 stieg die Holzmenge wegen
Windbruchs und Borkenkäfer in
den Wäldern. Die Baubranche
boomte, ergänzt Hutter. Die österreichischen Sägewerke erweiterten ihre Kapazitäten. Doch
dann kam die Wirtschaftskrise,
von der auch Hauptabnehmerländer wie Italien betroffen waren – und sind.
Steigende Rohstoffpreise
Hinzu kam ein Rohstoffmangel,
die Holzpreise kletterten nach
oben. Hutter: „Der Rundholzpreis stieg innerhalb der vergangenen fünf Jahre um 15 Prozent.
Der Verkaufspreis für Schnittholz aber nur um acht Prozent.“
Verschärft wird die Situation nun
durch die Flaute in der Baubranche: Das Auftragsvolumen im
Schnittholzbereich ging bei Hutter von Oktober 2014 bis März
2015 um acht Prozent zurück.
Mit den milden Wintertemperaturen und weniger Pelletsproduktion wuchs auch die Konkurrenz auf dem Markt mit Sägeabfällen: Die Preise für Sägespäne, die Spanplattenproduzenten abnehmen, und Hackgut, das
Zellstoffproduzenten
verwenden, sackten um 15 bis 20 Prozent ab. Hutter musste 2014 ein
Umsatzminus von 14 Prozent
hinnehmen und seit August fünf
Mitarbeitern kündigen. Heute
sind 40 im Sägewerk beschäftigt.
Neue Standbeine
Hutter will nun den Absatzmarkt
erweitern: Japan würde die
Qualität österreichischen Holzes
schätzen, China habe zu wenig
eigene Produktion, aber großes
Wachstum. Franz Kirnbauer wiederum setzte mit seinen 57 Mitarbeitern bereits auf langsameres
Wachstum: „Wir haben die Kapazitäten nur der Nachfrage
angepasst, deshalb sind die Umsätze auch gewachsen.“ 2014 zuletzt auf 25 Millionen €. Außerdem kommt der Umsatz auch
aus der Holzverarbeitung: Kirnbauer sägt nicht nur Bretter, er
produziert auch Brettschichtholz, Lamellenbalken und Konstruktionsvollholz. Da das Holzbauvolumen steigt, steigt auch
der Absatz. Denn von Holz als
Werkstoff sind beide Säger überzeugt. Hutter sagt: „Holz ist das
Bauprodukt der Zukunft.“
MARTINA MADNER
[email protected]
Maschinen
Wintersteiger
wächst mit
Holzkosmetik
Die Situation der Sägeindustrie ist prekär: Mit der Flaute auf dem Bau schrumpft der Absatz.
Gewerbeimmobilien
Holzbau fasst im Industriebau Fuß
Tirols Holzbauunternehmen haben massiv
Marktanteile gewonnen.
Bei Firmengebäuden
hat sich das Volumen
seit 2008 verdoppelt.
INNSBRUCK. Das Leuchtturmprojekt der Kerbler-Gruppe in
Wien-Aspern, wo Günter Kerbler für 60 Millionen € ein 24-geschossiges Holzhochhaus errichtet, zeigt: Der Holzbau erobert
den Bereich der Großbauten – so
auch in Tirol. Hier beweist eine
aktuelle Studie des Instituts für
Holztechnologie und nachwachsende Rohstoffe der Universität
für Bodenkultur, dass sich das
mit Holz verbaute Volumen bei
Gewerbe- und Industriebauten
in Tirol zwischen 2008 und 2014
von elf auf 23 Prozent mehr als
verdoppelt hat.
So hat sich etwa Ceratizit, ein
Gemeinschaftsunternehmen der
Plansee-Gruppe und des Luxem-
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burger Hartmetallherstellers Cerametal, in Breitenwang eine
Werkshalle aus Holz errichten
lassen. Ausführendes Unternehmen war das Außerferner Holzbauunternehmen Saurer. Es hat
auch für Plansee ein Bürogebäude aus Holz und für den Holzwerkstofferzeuger Egger ein
8000 Quadratmeter großes Verwaltungsgebäude – beide ebenfalls aus Holz – errichtet.
Binderholz aus Fügen baut
aktuell in London an einem
Holzgroßbau mit zehn Stockwerken mit – das Projekt hat eine
Nutzfläche von 6750 Quadratmetern, Binderholz liefert dafür
1400 Kubikmeter Brettsperrholz.
Innsbruck hinkt nach
Freilich fällt auf: Während Holz
in Großstädten wie London,
Wien und Zürich groß Einzug
bei Großbauten hält, ist der
Werkstoff in Tirol beinah nur in
ländlichen Gebieten ein Thema.
Industrie- und Gewerbeunternehmen im Raum Innsbruck las-
sen dagegen nach wie vor lieber
ohne Holz bauen, bemängelt der
Holzbauunternehmer Karl Schafferer aus Navis, Vorstandschef
der Initiative Pro Holz Tirol: „In
der Landeshauptstadt gibt es
noch viel Luft nach oben.“
Aber nicht nur dort, sondern
auch im Bereich öffentlicher
Bauten ist Holz in Tirol noch
unterrepräsentiert. Das mit Holz
errichtete Volumen macht hier
nur acht Prozent aus. Schafferer:
„Zwar wird bei Kindergärten und
Schulen häufig auf Holz gesetzt,
bei Verwaltung-, Kommunalund Verkehrsbauten erwartet die
Holzwirtschaft aber künftig ein
stärkeres Bekenntnis zum heimischen, nachwachsenden Rohstoff
Holz.“
Die 200 Tiroler Holzbauunternehmen beschäftigen insgesamt
1400 Mitarbeiter und haben in
einem schwächelnden Gesamtbaumarkt eine stabile Entwicklung, sagt Schafferer. „Es gibt gar
nicht so wenige Jungunternehmer in der Branche.“
(mr)
RIED/METTMACH. Der Spezialmaschinenbauer
Wintersteiger
machte 2014 rund 25 Prozent seines Umsatzes von 135,8 Millionen € im Holzbereich, also mit
dem Werkzeug Säge, großen Maschinen wie Band- und Gattersägen sowie Holzreparatur- und
Holzkosmetikmaschinen.
Der Bereich Woodtech allein
stagniert, gemeinsam mit der
Automatisation wuchs er aber
um drei Prozent. 2014 verkaufte
Wintersteiger z. B. automatisierte
Großanlagen, die jährlich insgesamt zehn Millionen Quadratmeter Holzpaneele spachteln.
Wintersteiger-CEO Reiner Thalacker erläutert: „Es gibt den
Trend zum künstlichen Alterungsprozess von Böden und
jenen zu grellen Farben. Deshalb
kommt das Wachstum aus der
Holzkosmetik.“
Hohe Margen in Woodtech
Die mangelnde Investitionsbereitschaft der Sägewerke führt
Thalacker auf die großen Kapazitäten, die in den Jahren 2007
bis 2009 aufgebaut wurden, zurück: „Erst wenn diese ausgelastet sind, wird wieder neu investiert.“ Wintersteiger verdient
deshalb vornehmlich am Werkzeug zur Säge und dem Sägeblatt.
Woodtech bleibt aber spannend
für den Konzern: „Die Margen in
dem Bereich sind hoch.“ (mad)