fabrik rund brief

No. 59 | Winter 2015/2016
FABRIK
RUND
BRIEF
FABRIK-Erklärfilm
FABRIK-Flüchtlingshilfe
Vorderhaus außer Haus
Ein Animationsfilm erklärt
­die FABRIK in 3 Minuten
Zahlreiche Aktivitäten
Immer öfter und immer spannend
Patenschaft für das Flüchtlingsheim gibt es Kultur außer Haus,
St. Christoph
erstmals auch im Humboldtsaal
Impressum
Herausgeber
FABRIK für Handwerk, Kultur und Ökologie e.V.
Habsburgerstraße 9
79104 Freiburg
Tel. +49 (0)761.50365-30
eMail: [email protected]
Internet: www.fabrik-freiburg.de
Redaktion
Regina Leonhart, Ute Lingg, Karola Mohr,
Hans Schmid, Martin Wiedemann
© Fotos & Illustrationen
Annika Becker (S.16-18), Thomas Bethmann (6, 12/13),
­Max Erb (7), EWS Schönau (9), Volker Gerling (31),
Ole Husmann (28/29), Susanne Merkwitz (14), Karola
Mohr (10), Dieter Pfeiffer (5), Pudels Kern (1/2, 24),
Frank ­Ritschel (30), Joachim Schiffl (7), Albert Josef
Schmidt (8), ­Sandra Schuck (34), Annette Schwarte
(4, 26/27, 32, 36), übrige: ­FABRIK-Archiv
Satz & Layout
Regina Leonhart, Hans Schmid
Druck
schwarz auf weiss
Papier
100% Recycling
In wenigen Minuten vermittelt der Erklärfilm „Die FABRIK ist eine FABRIK ist keine Fabrik“
das Wichtigste über ein „Wirtschafts-, Kultur- und Sozialzentrum, das aus Freiburg nicht
mehr wegzudenken ist“.
2
Auflage
2.500 Exemplare
Erscheinungsweise
halbjährlich (in der Regel Juli & Dezember)
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Inhalt
unser Rundbrief spiegelt wie immer, was uns in der FABRIK beschäftigt. In diesem Herbst geht es uns wie dem ganzen Land, wir beschäftigen
uns mit der Hilfe für die Flüchtlinge.
Im Augenblick steht die humanitäre Hilfe im Vordergrund. Dabei geht
es um die praktische Solidarität mit Menschen, die zu Opfern geworden
sind. Seit Jahrzehnten, seit Jahrhunderten profitieren die reichen Länder
dieser Welt einseitig von den Ressourcen an Rohstoffen und Arbeitskraft in
den armen Ländern, sichern die eigenen Arbeitsplätze mit Waffenlieferungen für beklagte, aber Teilen der Wirtschaft willkommene Kriege.
Die große Hilfsbereitschaft gegenüber den Flüchtlingen ist ebenso
­beachtlich wie menschlich geboten. Unzählige Ehrenamtliche kümmern
sich um die Erstversorgung und die Aufnahme von Menschen auf der
Flucht. Es hat den Anschein, so die Presse, als ob „das Integrations­
ministerium, das bis heute nicht existiert, kommissarisch von Bürgern
und Freiwilligenverbänden betrieben würde“.
Gleichzeitig ist die politische Arbeit zum Thema Flüchtlinge von
Abwehr gekennzeichnet: gegen Abschiebungen, gegen das Schließen von
Grenzen, gegen Brandstiftungen, gegen Rechts.
Auf lange Sicht stellt sich die Frage nach Integration, und es stellt
sich die Frage, in welcher Gesellschaft wir leben wollen. In einer offenen
Gesellschaft mit allen dazu gehörenden, notwendigen Schwierigkeiten,
Diskussionen und Reibungen? In einer Gesellschaft, die Menschen- und
Bürgerrechte achtet, auch wenn immer wieder gestritten werden muss,
wie diese Rechte aussehen? In einer Gesellschaft, die den demokratischen
Aufwand – Argumentation, Rechtfertigung, Konfrontation, Mehrheitsentscheidungen bei Wahrung von Minderheitsrechten – nicht scheut, die sich
gegen alle Formen totalitären Denkens wendet und die Staat und Religion
weiterhin trennt?
Um diese Auseinandersetzung werden wir nicht herum kommen. Die
Helfer, die Flüchtlinge, die Politik und die kritische Öffentlichkeit.
Mit unserem Rundbrief wollen wir ein Teil dieser Öffentlichkeit sein.
Wir wollen berichten, hinschauen, aufzeigen und in Frage stellen. In
­diesem Heft, wenn es um Kultur geht, um die Rechte von Frauen im
­Arabischen Raum oder um die Wende bei der Energiewende. ­
Respekt, Toleranz, Solidarität: Nicht von ungefähr verweist unser
neuer FABRIK-Erklärfilm auf diese Leitideen aus der Gründungszeit der
FABRIK. Diesen Grundsätzen fühlen wir uns nach wie vor und uneingeschränkt verpflichtet.
Wir hoffen und wünschen uns allen, dass das kommende Jahr davon
geprägt sein wird.
die Rundbrief-Redaktion
03 | Editorial
04 | Nachrichten
40 Jahre MCW | Kultur- und Kreativwirtschaft |
Schülerpraktika | Kunst kommt von Kennen |
­FABRIK 2020 | Neue Stelle | Neues BHKW |
Kleinkunstpreis | Bundessiegerin | Jahresspende |
09 | Hinkley Point
180.000 Beschwerden gegen den AKW-Neubau
10 | Nicht zuschauen, tätig werden!
Die FABRIK engagiert sich in der Flüchtlingshilfe
von Marion Klötzer
12 | Flüchtlingsheim St. Christoph
Die FABRIK übernimmt Patenschaft
von Marion Klötzer
14 | Eine WG der besonderen Art
In unmittelbarer Nachbarschaft zur FABRIK
leben Christen und Muslime gut zusammen
von Susanne Merkwitz
16 | Geteilter Zorn
Bericht von der AMICA-Konferenz in Amman
von Gabriele Michel
19 | Trauer um Stefanie
Zum Tod von Stefanie Betz
20 | Schreibwettbewerb für Jugendliche
Preisverleihung 2015
1. Preis: „Nur ein Traum“ von Marie Frevert
24 | Die FABRIK in 3½ Minuten
Der neue FABRIK-Erklärfilm hatte Premiere
26 | Kommunikation und Transparenz
Die „FABRIK-Woche“ bot viele Einblicke
28 | Vorderhaus außer Haus
Die Vorderhaus-Kultur ist viel unterwegs
30 | Großes Kino in 36 Bildern
Eine Veranstaltung im Humboldtsaal
von Dietrich Roeschmann
32 | Besetzt!
Das Vorderhaus produziert ein eigenes
Kindertheaterstück zum Thema Energie
von Anja Schöne
34 | Richtig schick machen
Kolumne von Frank Goosen
35 | Adressen & Kontakte
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FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Nachrichten
Veranstaltete vor dem Clubraum des MCW einen Höllenlärm:
Jak-Flugzeugmotor
Diese Themen waren den befragten Betrieben aus Kultur und Kreativwirtschaft am Wichtigsten.
40 Jahre alt ...
Kultur und Kreativwirtschaft
... und kein bisschen leise
40 Jahre Motorradclub Weingarten gab es im Oktober zu feiern. Ein stolzes Alter für eine Gruppe, die
in die FABRIK gekommen ist, weil die Jungs auf ihren Bikes gerade dabei waren, aus dem Jugendzentrumsalter hinauszuwachsen. Ein runder Geburtstag ist natürlich immer ein Grund, bei einer kleinen
Feier vor den Clubräumen gelassen Geschenke und
die besten Wünsche von allen entgegen zu nehmen.
Von der FABRIK kamen - nun ja, irgendwie war die
„Flasch´Bier-Feier“ des MC Kuhle Wampe noch im
Gedächtnis - 40 ausgesuchte Biere in der Flasche.
Die „Wampen“ wiederum hatten sich etwas Besonderes ausgedacht. Ihr Geschenk kündigten sie
an als ein immaterielles, als etwas, das man nicht
mit nach Hause nehmen könne, das sich aber einprägen werde, kurz, sie verschenkten LÄRM. Dass
das ganz ernsthaft gemeint war, zeigte sich, als ein
unter der Decke versteckter, aber betriebsbereiter
Flugzeugmotor angeworfen wurde. Eine technische
Raffinesse, der 10 Zylinder Sternmotor einer russischen Jak. Robust, unkaputtbar und: laut, sehr laut!
Auf ungläubige Blicke folgten zugehaltene
Ohren, die „Wampen“ hatten ihr Versprechen gehalten. Und sich revanchiert für den roten Stern
auf schwarzer Clubtür, den die „Weingärtner“ ihnen
zum ihrem runden Geburtstag geschenkt hatten.
Die Feier war lang, die 40 Flaschen haben nicht
gereicht, während der Gesprächsstoff nicht ausgegangen ist, auch wegen eines wirklich nicht alltäglichen Geschenkes.
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Die FWTM zeigt die starke wirtschaftliche Bedeutung dieser
Bereiche für Freiburg auf
Für die europäischen Städte war Kultur in engerem Sinne immer ein wichtiger
Beitrag zur Identitätsfindung, nicht nur reine Unterhaltung und Zeitvertreib.
Deshalb war Kultur immer auch eine öffentliche Aufgabe. Über die Kultur
wurde ein demokratisches, am Menschen orientiertes Gesellschaftsverständnis
diskutiert, austariert und überprüft.
Seit den 1980er Jahren ist in den Städten die Bemühung um eine einheitliche Stadtidentität kontinuierlich gewachsen. Städte wollen sich profilieren,
auch im Hinblick auf wirtschaftliche Konkurrenzsituationen, auf Attraktivität
für Unternehmen und Einzelne. Dabei greifen sie zur Stärkung ihres Standortvorteils auch auf kulturelle Angebote zurück.
Im Theater sieht man die Bühne, im Film die Leinwand, beim Konzert
hört man die Musiker. Man sieht keine Beleuchter, keine Kameraleute, keine
Drucker. Man sieht keine Caterer, keine Schneider, keine Maskenbildner.
Man sieht keine Buchhaltung, kein Archiv, keine Redaktion. Und doch hängt
das alles am Film, am Konzert, am Buch. Und zählt zur Kulturwirtschaft.
Die Freiburg Wirtschaft Messe und Touristik beschäftigt sich lobenswerter
Weise verstärkt mit beiden Bereichen, will deren ökonomische Bedeutung mit
Zahlen belegen und öffentliche Wertschätzung seitens der Stadt zeigen. Dazu
wurde ab Sommer eine stadtweite Branchenbefragung durchgeführt. Deren
Ergebnisse wurden in einem öffentlichen Workshop im Dezember vorgestellt
und diskutiert.
Mit der Kulturwirtschaft wird die ökonomische Wirkung von ­Kultur in
Freiburg sichtbar. Die freie Kultur hat daran einen erheblichen Anteil. Dass
dies wahrgenommen wird, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass neben Vertretern
anderer Sparten auch Martin Wiedemann von der F
­ ABRIK in den von der
FWTM installierten Steuerkreis eingeladen wurde.
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Nachrichten
Diese Ausrüstung wäre für ein Praktikum in der Kindertagesstätte etwas übertrieben.
Das marotte Figurentheater spielt „Klumpwisch und Lichtgeist im
Zimmer von Paul Klee“.
Berufung? Karriere? Oder beides?
Kunst kommt von Kennen
Auch in der FABRIK sind Schulpraktika zur
Berufsorientierung möglich
Schülerinnen und Schüler machen - je nach Schulart zwischen dem 8. und
10. Schuljahr – in Betrieben ihrer Wahl ein Praktikum zur Berufsorientierung.
In den Gymnasien z.B. nennt sich das „BOGY“, in den Werk-Realschulen
„BORS“.
Die Schülerinnen und Schüler sollen herausfinden, ob ihre persönlichen
Interessen und Wünsche mit den zumeist ersten Erfahrungen in der Arbeitswelt in Einklang stehen und ob dieses Arbeitsfeld für sie eine berufliche Perspektive eröffnen kann.
Auch in der FABRIK bieten zwar nicht alle, aber die meisten Betriebe und
Einrichtungen interessierten jungen Leuten diese Möglichkeit, je nach dem
ein paar Tage oder ein bis zwei Wochen lang in einen potentiellen späteren
Beruf hineinzuschnuppern. Wer schon genau weiss, wo er/sie ein solches
Praktikum machen will, kann sich direkt an die jeweiligen Betriebe wenden.
Da die FABRIK ein breites Spektrum an Tätigkeiten versammelt, ist es auch
möglich, das Praktikum aufzuteilen, also beispielsweise ein paar Tage in der
Kindertagesstätte und ein paar Tage in einem Büro mitzuarbeiten. In einem
solchen Fall übernimmt das Hausbüro der FABRIK die Koordination (Anfragen bitte an Karola Mohr: [email protected]). Auf alle Fälle ist es
wichtig, schon frühzeitig anzufragen, damit das Praktikum gut geplant und
vorbereitet werden kann.
➔
fabrik-freiburg.de/index.php/
betriebe/betriebe-einrichtungen
Das neue Kulturpaket ist gut gestartet
Kunst kommt von Können, das ist allgemein bekannt.
Aber vor Können kommt Kennen. Damit Kinder
Kunst kennen lernen können, wird in der FABRIK seit
Herbst diesen Jahres auch unter der Woche Kultur für
Kinder angeboten. Wir haben ein Paket für Kinder­
tageseinrichtungen und Grundschulen geschnürt, das
am 20. Oktober 2015 mit „Bakari und der Wind“ vom
Cargo Theater startete. Im November folgte „Klumpwisch und Lichtgeist“ des marotte Figurentheaters
aus Karlsruhe. Neben einer umfassenden theaterpäda­
gogischen Begleitung bieten wir gemeinsam mit der
Keramikwerkstatt und der Schule für Kampfkunst und
Meditation „Friedlicher Drache“, sowie der pädagogischen Ideenwerkstatt Bagage Workshops und Kurse
an, die sich am Thema der Aufführungen orientieren. Die ersten Vorstellungen waren gut besucht, das
­begleitende Bildungsangebot wird zunehmend nach­
gefragt.
Kinder und Pädagogen zeigten sich begeistert vom
neuen Konzept und wir sind zuversichtlich, dass sich
die neu entstandenen Kooperationen mit zahlreichen
Einrichtungen für Kinder in den nächsten Monaten
verstetigen werden.
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FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Nachrichten
Immer am Dienstag- und Donnerstagnachmittag im Hausbüro
der FABRIK zur erreichen: Jeanette Bihlmaier
Arbeitsgruppen in Aktion
Im Rahmen des Projekts „FABRIK 2020“ sind derzeit fünf AGs
und eine Steuerungsgruppe aktiv
Die AG Transparenz und Integration hat sich darum gekümmert, Schülerpraktikanten- und praktikantinnen, sofern sie es möchten, die Möglichkeit
zu bieten, auf dem FABRIK-Gelände in verschiedene Einrichtungen reinzuschnuppern. Desweiteren beschäftigt sich die AG damit, die FABRIK außerhalb von Kultur und Gastronomie sichtbarer zu machen – ein Projekt, das sie
gemeinsam mit der AG Öffentlichkeit in Angriff nehmen wird.
Die AG Generationswechsel ist aktuell mit den Betrieben und Einrichtungen
im Gespräch, um herauszufinden wie ihre jeweilige Altersvorsorge aussieht,
wie sie sich den Generationswechsel in ihren Betrieben vorstellen und – wie
junge Menschen auf das Gelände kommen.
Die AG Öffentlichkeit hat eben ihr erstes Projekt zu Ende gebracht, den
FABRIK-Erklärfilm (s. Seite 24). Als nächstes steht ein gemeinsames Logo
für alle Betriebe und Einrichtungen an, damit von außen besser erkennbar ist,
dass dieser Betrieb sich auf dem FABRIK-Gelände befindet. Dazu werden
in der AG Ideen gesammelt, Grafiker angefragt, und zu guterletzt wird es
­gemeinsam mit allen Einrichtungen diskutiert werden.
Die AG Soziales Miteinander bietet weiterhin gemeinsame Mittagessen
an und möchte im Neuen Jahr verstärkt die Angebote nutzen, die auf dem
Gelände vertreten sind. So möchte sie attac bitten, den FABRIKlerInnen ihre
­Arbeit vorzustellen. Angedacht sind weitere „fabrikinterne“ Informationsabende, private Reiseberichte oder Kursangebote.
In der AG Synergien geht es darum, wie man sich das Know How auf dem
Gelände besser zu Nutze macht. Jeder Betrieb und jede Einrichtung besitzt
ein bestimmtes Wissen und Potential, das für andere Betriebe oder für einen
Einzelnen nützlich sein kann.
Im November fand ein gemeinsames AG-Treffen statt. Dabei brachten
sich die Arbeitsgruppen auf den neuesten Stand, gleichzeitig konnten vier neue
AG-Mitglieder gewonnen werden. Zum Dank für das anhaltende, ehrenamtliche Engagement waren alle anschließend zum Schnitzelessen in die Vorderhaus Gaststätte eingeladen.
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Neue Stelle im Hausbüro
Jeanette Bihlmaier koordiniert die
FABRIK-Flüchtlingshilfe
Seit November arbeitet Jeanette Bihlmaier in der
FABRIK und koordiniert alle Tätigkeiten und Initiativen in der Flüchtlingshilfe. Die studierte Umwelt­
wissenschaftlerin, Jahrgang 1990, hat bereits in
­einem Praktikum beim Biosphärengebiet Südschwarzwald Erfahrungen in der Zusammenarbeit
mit unterschiedlichen Partnern und bei der Koordination vielfältiger Tätigkeiten sammeln können. Sie
hat sich schnell in die Patenschaft mit St. Christoph
eingearbeitet und baut das entstehende Netzwerk in
der FABRIK, im Stadtteil und mit anderen Engagierten in der Flüchtlingshilfe weiter aus.
Jeanette arbeitet im Rahmen einer 450 EuroStelle, die von verschiedenen Betrieben aus der
FABRIK und einer Krankengymnastik-Praxis im
Stadtteil finanziert wird. „Für mich ist diese Stelle
eine sinnvolle und schöne Aufgabe, mit der ich auch
die Zeit zwischen Studium und ­Promotion über­
brücken kann. Es gibt ein gutes Gefühl mitzuerleben,
dass die eigene Arbeit dazu beiträgt, das Leben von
Menschen, die alles verloren haben, zu verbessern
oder in gewisser Weise leichter zu machen.“ sagt
Jeanette Bihlmaier.
Nachrichten
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Schlichte Kiste mit faustischer Kraft: Mephisto G16 +
Pressesprecher Rudolf-Werner Dreier überreicht als ersten Preis den Preis des Rektors der
Universität Freiburg an das Duo Chamäleon.
Blockheizkraft in 3. Generation
Kleinkunstpreis für Studierende
Die FABRIK nimmt ein neues Blockheizkraftwerk in Betrieb
Seit 24. November 2015 versorgt ein neues Blockheizkraftwerk im Keller des Hauptgebäudes die FABRIK mit
Strom und Wärme. Das erste BHKW der FABRIK – es
war auch Freiburgs erstes BHKW überhaupt – hatte die
­FABRIK 1987 installiert, ein Prototyp, entwickelt von der
damals noch in der FABRIK beheimateten Firma Energossa. Zu jener Zeit musste man das Prinzip der KraftWärme-Kopplung vielen noch erklären, heute ist es zum
Glück den meisten hinlänglich bekannt.
12 Jahre später folgten, nun schon serienmäßig gebaut, zwei Senertec-“Dachse“. Die ersten fünf Jahre in
Regie der Fa. Enersys aus Donaueschingen, dann in der
Hand des FABRIK-Vereins liefen diese beiden Kleinkraftwerke stolze 16 Jahre lang und produzierten in dieser
Zeit rund 1.000.000 kWh Strom, sowie das gut Zweifache
an Wärme.
Jetzt also die dritte Generation: dieses Mal ein
­„Mephisto G16 +“, gebaut von der Fa. kraftwerk (1996
von Elektrotechnikern und Maschinenbauern gegründet,
heute 30 MitarbeiterInnen, Teil des ökologischen Gewerbehofs Hannover-Linden) und installiert von der Fa. Enertec aus Bahlingen („Ener-“ zum Dritten ...).
Das neue BHKW ist um 40 % leistungsstärker als das
Vorgängermodell, mit Brennwerttechnik ausgestattet
und also noch ein bißchen ökologischer als das alte. Bei
„bescheidenen“ Kosten von rund 40.000 EUR, die sich
in wenigen Jahren amortisieren werden, stellt sich nur
die Frage, warum solche dezentralen Blockheizkraftwerke nicht längst flächendeckend die Nummer Eins der
­Energieversorgung ausmachen.
Wettbewerb 2015 und Preisverleihung
Nach dem erfolgreichen Auftakt im letzten Jahr haben das Studierendenwerk Freiburg, das Vorderhaus und die Universität Freiburg zum zweiten
Mal den „Freiburger Kleinkunstpreis für Studierende“ ausgelobt. Egal, ob
Dichter, Rapper, Sänger, Kabarettisten, Zauberer oder Pantomimen, alle
„kleinkünstlerisch tätigen Studierenden“ unter 30 konnten sich bewerben.
Der Wettbewerbsabend mit anschließender Preisverleihung fand am
15. November auf der Bühne des Vorderhauses statt. Fünf Finalisten aus
den Genres Comedy, Akrobatik und a cappella präsentierten sich und
hatten jeweils 15 Minuten Zeit, die Jury und das Publikum für sich zu
gewinnen. Mit viel Witz führte Simon Waldenspuhl das lebhafte Publikum
durch den Abend. Trotz starker Konkurrenz war das Ergebnis am Schluss
eindeutig. Das Duo Chamäleon (Johannes Berning und Johannes Jäck)
überzeugte die Jury und das Publikum durch Bühnenpräsenz, musikalische Vielfalt und kabarettistisches Entertainment, gewann den ersten
Preis (500 €) sowie den Publikumspreis. Besonders bemerkenswert war
hierbei, dass das Duo kurzfristig für die krankheitsbedingt ausgefallene
A-cappella-Gruppe einsprang und dennoch ein Gewinnerprogramm
präsentierte. Der zweite Platz (300 €) ging an Fabian Bürkin. Mit überzeugender Mimik und Gestik und der Hilfe einer Schirmmütze spielte er
die verschiedenen Charaktere einer humorvollen Version der Homer-Sage
Zeus und Europa. Die Akrobatikaufführung „Emptyful“ erhielt den dritten Preis (200€). Miriam Kustermann und ihr Partner Julien zeigten eine
spielerische Handstand-Nummer und nutzten die Bühne des Vorderhauses
auf allen Ebenen bis an die Grenzen aus. Keinen Preis, aber viel Applaus
gab es für Julian Limberger und Lars Lenius für ihre Comedy Acts.
In der Jury saßen in diesem Jahr neben Vertretern vom Studierenden­
werk, der Universität und vom Vorderhaus auch die Studentin Laura
Drzymalla von der Slam-Bühne in der MensaBar und mit SWR3-­
Comedian Andreas Müller sogar ein echter Bühnen-Profi. Die Gewinner/
innen erwartet zusätzlich noch ein Folgeauftritt in der MensaBar.
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FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016Nachrichten
So strahlen Siegerinnen: Ute Derksen
Zwei von zahlreichen Organisationen und Initiativen, die in Freiburg Flüchtlingen helfen
Meisterlich ...
FABRIK-Jahresspende
... auf zwei Rädern
Über Titel und sportliche Erfolge haben wir ja schon
öfters berichtet. Da gab es selbstorganisierte Fußballturniere, Betriebs-Boulemeisterschaften oder
gar einen Breakdance-Weltmeistertitel. Hier soll es
um einen Titel gehen, den es ungerechterweise gar
nicht gibt, nämlich den der Meisterin im Motorradgeschicklichkeitsfahren. In diesem Wettbewerb gibt
es zwar Jugendtitel, Mannschaftstitel und Erwachsenentitel, aber dass Ute Derksen vom Motorradclub
Weingarten weit und breit, nämlich in Südbaden und
beim Bundes-Endlauf, jeweils die beste Dame war,
das muss dann doch auch mal erzählt werden. Wenn
es sich schon auf keiner Siegerliste findet.
Es gab zwar einen Pokal für Ute als beste Fahrerin, aber ansonsten bisher keine öffentlich wahrnehmbare Wertschätzung. Und das im Motorsport,
der wie keine andere Sportart von Zahlen, Tabellen,
Pole Positions, schnellsten Runden und Sektoren­
zeiten lebt. Was daran liegen könnte, dass beim
Veranstalter des Wettbewerbs wohl eher die älteren
Herren den Ton angeben.
Beim Geburtstagsfest der Weingärtner gab es
deshalb von der FABRIK ein Extra-Geschenk, zum
Anlass passend einen Liter Motorenöl. Das gute
5W-40 und damit ganzjährig und für jeden Motorradmotor verwendbar. Also, Ute, nochmal herzlichen
Glückwunsch. Und nächstes Jahr wirst Du einfach
die Allererste von Allen!
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Die FABRIK unterstützt zwei Flüchtlingshilfe-Initiativen
Es lag dieses Jahr nahe, dass die Mitgliederversammlung des FABRIKVereins ihre jährliche Spende an Organisationen vergeben würde, die sich
in Freiburg zu Gunsten von Flüchtlingen engagieren. So beschloss die MV
am 7. ­Dezember 2015, die „Initiative | SCHLÜSSELMENSCH e.V.“ und
das „fz * – ­feministische zentrum freiburg e.V.“ jeweils mit 1.000 € zu unter­
stützen.
Die „Initiative | SCHLÜSSELMENSCH“ setzt sich seit 2011 für
Flüchtlinge in Freiburg ein. Kern der Arbeit ist die Vermittlung von Patenschaften zwischen jungen Menschen, meist Studierenden, und Kindern bzw.
Jugendlichen, die im Flüchtlingsheim St. Christoph leben. Über die aktuell
70 Patenschaften hinaus organisiert der Verein regelmäßige Sport- und
Freizeit­aktivitäten wie z.B. Schwimmunterricht.
Das feministische zentrum freiburg, kurz: fz*, ist ein Ort für feministischen
Aktivismus und Austausch, für feministische Politik und Kultur, für feministisches Leben und Zusammensein. Im Rahmen der Flüchtlingshilfe bietet
das Zentrum Unterstützung für geflüchtete Frauen_Lesben_ Trans_Inter und
queere Menschen an. Aktuell wird ein unabhängiger Frauenraum für geflüchtete Frauen aus der Erstaufnahmestelle geschaffen.
➔
➔
initiative-schluesselmensch.org
fz-freiburg.de
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Hinkley Point
Säckeweise wurde der Protest aus dem Foyer der
Katholischen Akademie Freiburg auf den wartenden Laster geschafft. Mit angepackt haben Jochen
Stay, ­.ausgestrahlt, Sebastian Sladek, EWS, Thomas
­Jorberg, GLS-Bank und Reinhard Uhrig,
Global 2000/Österreich (v.l.n.r.)
180.000 Beschwerden
gegen AKW-Neubau
Hinkley Point
Im letzten FABRIKRundbrief haben wir über
die britischen Pläne zum
Neubau des AKW ­Hinkley
Point C berichtet.
Nach einer durch die EWS
­Schönau ­angestoßenen
­Kampagne sendeten
zehntausende Bürger
Beschwerde­schreiben
gegen die Subventionierung des ­geplanten AKWs
an die EU-Kommission.
Rund 180.000 Menschen haben gegen die Subventionierung eines neuen Atomreaktors in
Großbritannien protestiert. Auf Initiative der
Elektrizitätswerke Schönau (EWS) reichten Bürgerinnen und Bürger aus ganz Europa und 30
Umweltverbände offiziell Beschwerde ein.
„Hinkley Point C ist die Blaupause für eine
europäische Atom­renaissance“, so Sebastian
Sladek, Geschäftsführer der Elektrizitätswerke
Schönau. „Obwohl die milliardenschweren
Atomsubventionen gegen geltendes EU-Recht
verstoßen, billigt die EU-Kommission die Förderung des vollkommen unwirtschaftlichen AKWs.
Gemeinsam mit 180.000 Bürger­innen und Bürgern erhöhen wir nun den politischen Druck auf
die Kommission und zeigen damit neuen AKWs
in Europa die Rote Karte.“
„Die immensen und offensichtlich notwendigen Subventionen für den Reaktorneubau in
Hinkley Point zeigen eindeutig, dass der Neubau
von Atomkraftwerken im Vergleich zum Ausbau
der Erneuerbaren vollkommen unwirtschaftlich
ist“, so Thomas Jorberg, Vorstand der GLS
Bank und Aufsichtsratsvorsitzender der
Netzkauf EWS eG. „Die Beschwerdeflut
setzt ein klares Signal gegen den Ausbau
der Atomenergie und für eine nachhaltige
und kooperative Energiepolitik in Europa.“
„Während noch viele in Deutschland an
die Unumkehrbarkeit des Atomausstiegs
glauben, wird in Brüssel im Rahmen der
Energie-Union massiv an einem Rollback
der Atom­energie gearbeitet“, so Jochen
Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation
.ausgestrahlt, die eben­falls die Beschwerde
unterstützt. „Hinkley Point C öffnet weiteren AKW-Neubauten in Europa Tür und
Tor. Deshalb freue ich mich, wenn 180.000
­Beschwerden in der EU-Kommission nun
klarmachen: Nicht mit uns!“
Selbst innerhalb der EU-Kommission ist
die Bewilligung hoch umstritten. Aufgrund
der hohen politischen Brisanz ver­weigerte
das zuständige Wettbewerbskommissariat
in Brüssel die persönliche Entgegen­nahme
mit den Worten: „Wir lassen uns doch
nicht öffentlich durch den Kakao ziehen!“.
­Daher wurden Ende November die 179.065
Beschwerdeschreiben in 80 Postsäcken
­
mit 1,8 Tonnen Gewicht in Freiburg auf Laster verladen und per Post nach Brüssel
­geschickt.
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FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016FABRIK-Flüchtlingshilfe
In kurzer Zeit produzierten sechs männliche Flüchtlinge in der FABRIK-Küche eine enorme Menge an Weihnachtsgebäck. – Bei der Stadtführung diskutierte die
­syrische Gruppe lange über die Qualität des Sandsteins im Vergleich von Freiburg und Aleppo, war sich aber einig, dass das Freiburger Münster wunderschön ist.
Nicht zuschauen, tätig werden!
In der FABRIK hat sich ein vielfältiges Engagement für Flüchtlinge entwickelt,
getragen von den Betrieben und vielen Einzelnen. Marion Klötzer berichtet davon.
V
Flüchtlinge können sich in der Fahrradwerkstatt der
­FABRIK ­geschenkte Fahrräder herrichten
10
on der Flüchtlingskatastrophe ist zur Zeit überall die Rede – ihre Opfer sind aber
nicht die Millionen von Menschen, die alles verloren haben und versuchen ihr Leben
zu retten – nein, die Schäublesche Lawine überrollt uns, die wir in warmen Wohnzimmern vor dem Fernseher sitzen und Politikern beim Zündeln und Taktieren zusehen:
Das Asylrecht – ausgehöhlt, Waffenexporte – auf Höchststand, Unterkünfte brennen,
in Sachsen kriegen Flüchtlingshelfer schon aufs Maul. Da hilft nur eins: Was machen!
Eine beeindruckende Gegenbewegung formiert sich da in den letzten Monaten: Ein
Strom der Empathie und Hilfsbereitschaft, ein breites Solidaritätsbündnis quer durch
Generationen und Schichten.
Gepackt wurden davon auch die Leute von der FABRIK. Das ist nicht neu: Seit vielen
Jahren unterstützt die vielfach ausgezeichnete Hilfsorganisation AMICA e.V. Frauen und
Mädchen in Krisenregionen und Nachkriegsgebieten. Bis der hier initiierte Vorläuferverein „Bosnienhilfe“ flügge wurde, stand ihm die FABRIK mit Rat und Tat, Geld und Infrastruktur zur Seite. In der Folge arbeiteten Menschen, die vor dem Balkankrieg geflohen
waren, immer wieder in den hauseigenen Betrieben, der Punkt „Hilfe für bedürftige
Personen“ ist schon lange in die Vereinssatzung aufgenommen. Schon im Mai letzten
Jahres organisierte die FABRIK zusammen mit dem Bürgerverein Herdern und der Freiburger Bürgerstiftung ein Willkommensfest für die Flüchtlinge aus dem Schlangenweg.
Irgendwann aber machten sich Zehntausende auf den Weg über die Balkanroute, die
Bilder von den dramatischen Ereignissen am Budapester Bahnhof brannten sich ins
kollektive Gedächtnis. Die Botschaft: Wir sind da, wir brauchen eure Hilfe!
„Viele Leute, die unbedingt was machen wollten“ lässt sich auch die Stimmung
der ersten FABRIK-Sitzung zum Thema Flüchtlinge zusammenfassen. Die Patenschaft
FABRIK-Flüchtlingshilfe
für das Flüchtlingsheim St. Christoph wird beschlossen, hier hat die
FABRIK seit vielen Jahren Kontakt über Ex-Kita-Mutter und Sozialarbeiterin Doris Hoffmann.
Beim ersten Treffen des wiederbelebten Freundeskreises auf St.
Christoph im Oktober sitzen dann rund dreißig ganz unterschiedliche Menschen gemeinsam am Tisch, stecken voller Tatendrang,
die Ideen sprudeln. „Das war wie früher zu Bürgerinitiativ-Zeiten –
alle ziehen an einem Strang, unabhängig von Parteipolitik“, erzählt
­Martin Wiedemann. Das Ergebnis: Man will sich lokal und direkt engagieren, lange Wege für Unterstützer und Geflüchtete vermeiden.
Trotzdem wird schnell klar, dass eine lebendige Patenschaft nur
mittels kontinuierlicher Kommunikation funktionieren kann. Eine
Aufgabe, die das Zeitbudget von Betrieben und Privatpersonen
sprengt ...
Ein Problem, das derzeit fast alle Institutionen und Vereine kennen: Unzählige Anfragen, Spenden- und Hilfsangebote landen auf
ihren Schreibtischen, noch steckt die Infrastruktur dafür in den Kinderschuhen. Dauert die Antwort mit konkreten Einsatzmöglichkeiten zu lange oder bleibt gar aus, verpufft diese dringlich gebrauchte
Unterstützung ungenützt. Wie aber Ehrenamtliche und Flüchtlinge
sinnvoll zusammenbringen, wenn schon die Organisation des Nötigsten alle Zeit beansprucht? – Man kann die folgende FABRIKEntscheidung nicht positiv genug einschätzen: Die Betriebe legen
zusammen und schaffen eine 450 Euro-Stelle. Seit 1. November
laufen bei Jeanette Bihlmaier die Fäden zwischen Ehrenamtlichen,
FABRIK und Flüchtlingsheim zusammen – in kurzer Zeit konnte sie
schon erstaunlich viele Projekte und Aktionen begleiten.
„Sehr schön und positiv“ erlebt die 25-Jährige ihre Arbeit „mit
Gleichgesinnten“. Sie hat gerade ihr Studium mit dem Master in Umweltwissenschaften abgeschlossen und plant die Promotion. Jeden
Tag bekommt sie nun Emails und Anrufe von motivierten Menschen,
je konkreter die Angebote, umso besser kann sie vermitteln. „Es
ist interessant, in wenigen Wochen hat sich schon viel verändert:
Deutschkurse haben für die Flüchtlinge nicht mehr oberste Priorität,
der Bedarf scheint erst einmal abgedeckt. Groß aber ist das Bedürfnis nach Anschluss und Kontakt“, so ihre Erfahrungen. Dabei kann
ein Stück geteilter Alltag vieles sein: Ein Bummel über den Münstermarkt, eine Stadtführung, eine Schachpartie oder Tischkickerrunde,
jemanden in eine Ausstellung mitnehmen, zum Fußballglotzen oder
mit seiner Familie auf den Spielplatz einladen. – Alltags- und Freizeitaktivitäten eben, die einen Geflüchteten zum Mitbürger und zur
Mitbürgerin machen, die einen Newcomer eine fremde Kultur erst
verstehen lassen und das Ankommen erleichtern.
Jeanette Bihlmaier teilt diese Angebote dann Doris Hoffmann
vom St. Christoph mit – die überlegt, ob und wie sie umsetzbar
sind und sucht die passenden Interessenten. So entsteht ein Netzwerk aus einmaligen Aktionen und längerfristigen Projekten, aus
Begegnungen und Ansprechpartnern, vielleicht sogar aus neuen
Freunden ... So kam es zu einer großen Plätzchen-Backaktion in der
FABRIK-­Küche, viele aus dem Flüchtlingsheim waren begeistert von
dieser Idee. Zum Einsatz kam das Backwerk dann beim WeihnachtsLichterfest, das die Eltern und Schüler vom Droste-Gymnasium
auf St. Christoph organisiert haben: Die Lehrerschaft ist mit im
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
BAGAGE hat schon erste Entwürfe für den Spielplatz gezeichnet, den sie zusammen mit den Flüchtlingen beim neuen Wohnheim im Hochdorfer Gewerbegebiet
gestalten und bauen wollen.
Freundeskreis, die FABRIK unterstützte das Event mit ihrem FestEquipment.
Und auch die Liste geplanter Aktionen der FABRIK- Betriebe
kann sich sehen lassen: BAGAGE ist derzeit mit der Stadt im Gespräch, beim Containercamp im Gewerbegebiet Hochdorf in einer
72-Stunden Aktion Anfang 2016 einen Spielplatz mit vielen Bewegungsmöglichkeiten zu schaffen. Das Material ist Spende, gearbeitet wird mit Bewohnern und Ehrenamtlichen gemeinsam. Parallel
sammelt BAGAGE unter dem Motto „Ein Stuhl ist kein Stuhl, wenn
niemand darauf sitzt“ Kinder- und Erwachsenenstühle für das geplante Begegnungscafé im Neubau von St. Christoph, jeder Stuhl
wird künstlerisch „upgecycelt“ und ist am Ende ein Einzelstück. Und
auch die Fahrradwerkstatt sammelt – natürlich Fahrräder: Wöchentlich werden zwei davon zusammen mit ihren neuen Besitzern wieder
flott gemacht. Die Schreinerei wird ein Projekt für Flüchtlinge und
Ehrenamtliche anbieten, bei dem Holzspielgeräte gebaut werden.
Und das Vorderhaus kooperiert mit dem Theater Freiburg: Am 24.
Januar werden Georg Schramm und Matthias Deutschmann einen
„Kabarettistischen Abend für eine offene Gesellschaft“ im Großen
Haus bestreiten. Der Abend ist auch als Dank für viele Ehrenamtliche und ihr Engagement gedacht, deswegen wird über die Träger ein
Kontingent Karten zur Verfügung gestellt. Der Erlös des Abend fließt
in die Flüchtlingspatenschaften des Theaters und der FABRIK. Hut ab!
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FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
St. Christoph
Nie vergessen: die Solidarität!
Die FABRIK hat die Patenschaft für das Flüchtlingsheim St. Christoph übernommen.
Marion Klötzer stellt das Heim und seine Leiterin Doris Hoffmann vor.
I
m Sommer hängen in der Hermann-Mitsch-Straße 13 immer
viele Teppiche über dem Zaun, ansonsten kann man kaum glauben, dass hier draußen im Nirgendwo zwischen Messe, Recyclinghof und Sportflugplatz rund 230 Menschen leben, die meisten
von ihnen als Familien. Dabei ist St. Christoph das zweitgrößte,
städtische Flüchtlingsheim in Freiburg: Seit 1991 wohnen in den
ehemaligen, zweistöckigen Kasernengebäude Asylbewerber aus
fast zwanzig Nationen, lange Zeit waren es vor allem Roma aus
der Balkanregion. Nachbarn gibt es hier keine, seit der IKEA-­
Eröffnung aber immerhin eine Bushaltestelle. Ansonsten verirrt
sich selten jemand in dieses Dorf hinter der eleganten Messe.
Es gibt wenige Orte in Freiburg, an denen einem die gerade vier
Kilometer entfernte Innenstadt so sehr als Paralleluniversum erscheint ...
in „Satelliten“-Wohnungen im Stadtgebiet. Der Stellenschlüssel
von 1:100 wird deutlich überschritten.
St. Christoph ist auch das kinderreichste Wohnheim Freiburgs:
150 Minderjährige leben hier, die meisten schon seit vier bis fünf
Jahren. In den letzten Wochen wurden alle Balkanländer als sichere
Herkunftsländer eingestuft, nun haben die betroffenen Familien
Sorge abgeschoben zu werden. Seit 2014 kam eine große Gruppe
geflüchteter Familien aus Syrien, dem Irak, Eritrea und Nigeria
dazu. „Wir brauchen jetzt zu jeder Sprechstunde einen ArabischDolmetscher“, erzählt Doris Hoffmann. Seit 1993 arbeitet die
ausgebildete Sozialpädagogin in St. Christoph, doch gerade macht
sie statt Sozial- vor allem Verwaltungsarbeit, schreibt Anträge,
organisiert Arzttermine ... „Verwaltungsschritte abbauen!“, so
auch ihr dringlicher Appell an die Politik, ist doch vor allem die
Der Neubau wirkt da mit seinen bunten Fassaden wie ein
hoffnungsvoller Fremdkörper: Er beherbergt Wohnungen in unterschiedlichen Größen, den Verwaltungstrakt und Räume für
Betreuungs- und Schulungsangebote. Noch steht auf dem Hof
der Baufirmen-Fuhrpark, aber einige Wohnungen sind schon belegt, zeigt Doris Hoffmann vom Sozialdienst durch das Fenster
ihres Büros. Demnächst werden sie und ihr Kollege auch in den
Neubau ziehen, trotzdem entschuldigt sie sich für ihren voll gestapelten Schreibtisch – es ist furchtbar viel zu tun zur Zeit. Dazu
sind sie seit längerem unterbesetzt, es fehlt eine Stelle, weil sich
kein Bewerber findet – „der Markt ist leer“, so Hoffmann. Ist der
Neubau voll belegt, ist der Sozialdienst hier für 310 Menschen zuständig, dazu kommt noch die Betreuung von 50 bis 60 Personen
Bürokratie schuld an den aktuellen, oft aberwitzigen Situationen:
Zeltunterkünfte auf dem Mundenhof. Menschen, die monatelang
in der Erstaufnahme geparkt werden, ohne das etwas passiert und
die dann nur hin und her geschoben werden ...
Umso wichtiger, in diesem kleinen Dorf weiterhin einen sinnvollen Tagesablauf zu gestalten, mit Begleitung, Beratung, Freizeitangeboten, Sprachkursen, Kinder- und Hausaufgabenbetreuung.
„Da gibt´s noch soviel schöne Sachen, die ich machen möchte
...“ meint Hoffmann. So wie die Dschungelbuch-Ferienaktion
mit Film und riesigen Pappmachéfiguren – der dicke Balu steht
immer noch zwischen Kinderbibliothek und Spielzeugkisten im
Besprechungsraum. Seit vielen Jahren leiten im St. Christoph auch
­Ehrenamtliche feste Angebote wie eine Mädchen-Tanzgruppe,
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FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
St. Christoph
Doris Hoffmann leitet seit 21 Jahren das
Flüchtlingsheim St. Christoph.
Fotos auf der linken Seite:
In den alten Baracken leben derzeit rund
230 Menschen aus 20 Nationen.
80 weitere Menschen werden in diesen Tagen
in den wesentlich freundlicheren Neubau
einziehen.
Trommeln oder Fußball. Studierende bieten mit dem „Lese­karussell“ regelmäßige Leseförderung, der Verein „Schlüsselmensch“ ist kontinuierlich gewachsen und pflegt mittlerweile siebzig Patenschaften, nimmt seine Schützlinge mit zum Eisessen, Schwimmkurs oder Fußballtraining. All das sind wichtige Bausteine in punkto Förderung und gesellschaftlicher Teilhabe.
Da ist die neue Patenschaft mit der FABRIK und dem ­wiederbelebten Freundeskreis St.
Christoph eine große Hilfe: Viele Aktive des in den 90er Jahren gegründeten Freundeskreises
sind mittlerweile in Rente – nun bekommt ihre Arbeit eine Zukunftsperspektive. „Mit der
FABRIK haben wir einen verlässlichen Partner an unserer Seite, einen Partner, hinter dem
viele Menschen stehen“, so Doris Hoffmann, die sich der FABRIK seit Jahrzehnten verbunden fühlt. Überhaupt findet Hoffmann das derzeitige Engagement toll: „Eine offene und
hilfsbereite Gesellschaft – in so einer Gesellschaft will ich leben!“. Da ist es für alle Beteiligten
doppelt frustrierend, wenn täglich Leute anrufen und sagen „Ich will mich engagieren“. Denn
ehrenamtliche Hilfe funktioniert gerade nur mit viel Eigeninitiative.
Umso wichtiger, dass Jeanette Bihlmaier nun mit der von den FABRIK-Betrieben geschaffenen 450 Euro-Stelle zuarbeiten kann: Sie beantwortet in ihren Bürozeiten die vielen
Anfragen, konkretisiert die Hilfsbereitschaft zu Ideen und Aktionen, übernimmt deren Vermittlung und Koordination. Eine wichtige Unterstützung ist auch, dass die Schulgemeinschaft des ­Droste-Hülshoff-Gymnasiums die Aufgabe übernommen hat, Kleiderspenden zu
sammeln und vorzusortieren. Und auch wenn Flüchtlinge umziehen und Möbel brauchen,
hat Doris Hoffmann dort ihre Ansprechpartner. Ein besonderes Herzstück aber wird das Begegnungscafé im Neubau von St. Christoph, das im Januar 2016 starten soll: Ein lebendiger
Treffpunkt von Stadtgesellschaft und Bewohnern soll es werden, ein Raum für Gespräche,
Feste und Aktivitäten. Den Betrieb übernehmen Ehren­amtliche und Flüchtlinge gemeinsam,
erst einmal wird an einem Tag in der Woche geöffnet. Die Caféstühle, die gerade von BAGAGE beim Samstagsmarkt vor der FABRIK gesammelt und dann künstlerisch umgearbeitet
werden, hat Hoffmann noch gar nicht ­gesehen. Aber sie freut sich sehr darüber, genauso wie
über all die anderen Projekte wie Plätzchenbacken, Stadtführungen oder Fahrradreparieren.
- Große Aufgaben brauchen viele Menschen, die Ideen haben
und anpacken ... Hier wird angepackt!
➔
➔
➔
„Ein Stuhl, auf dem niemand
sitzt, ist kein Stuhl.“ —
BAGAGE sammelt Kinder- und
Erwachsenenstühle,
jeden Samstag auf dem
­FABRIK-Wochenmarkt
¬ Dagmar Schulz-Stadelmann
[email protected]
„Ein Fahrrad, auf dem niemand
fährt, ist kein Fahrrad.“ —
Die Fahrradwerkstatt sammelt
Fahrräder zum Reparieren
¬ Ally Dolle
[email protected]
Koordinationsstelle der
­FABRIK-Flüchtlingshilfe
¬ Jeannette Bihlmaier
[email protected]
Tel. 0761/ 50365-30
Bürozeiten: Di+Do 13-17 h
Marion Klötzer
ist freischaffende Journalistin und
Autorin. Sie lebt in Freiburg.
13
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016Nachbarschaft
Leben gut als Wohngemeinschaft zusammen: Helen mit Betelihen, Zahaa, Salah mit Ammar und Salomon (von links nach rechts)
Eine WG der besonderen Art
Ein Bericht von Susanne Merkwitz
Gleich um die Ecke der FABRIK
leben zwei Flüchtlingsfamilien
zusammen, die ­unterschied­licher
kaum sein könnten –
und trotzdem bestens
miteinander ­auskommen.
Wir durften sie
in ihrem Zuhause
besuchen.
14
W
ie können Menschen aus völlig verschiedenen Kulturkreisen im Alltag
zusammenfinden? Kann es unter den aktuellen Bedingungen klappen,
das konfliktfreie und respektvolle Miteinander von Muslimen und Christen?
Was, wenn es sich zudem um Menschen handelt, die Schlimmes erlebt und alles
verloren haben? Seitdem Flüchtlinge in großer Zahl nach Deutschland kommen,
wird diese Frage in der Öffentlichkeit viel diskutiert, inklusive düsterer Prognosen, sorgenvoller Analysen und dumpfer Befürchtungen.
Da ist es schön zu sehen, wie einfach es im Alltag gehen kann. Zum Beispiel
direkt um die Ecke der FABRIK. Wer das Gelände durch den Hinterhof verlässt, steht nach wenigen Schritten vor einem nicht sonderlich ansehnlichen
Mehrfamilienhaus, in dem Flüchtlingsfamilien untergebracht sind. Hier hat
sich eine ganz besondere WG zusammengefunden: In einer der etwas größeren
Wohnungen leben eine christliche Familie aus Eritrea und eine muslimische aus
Syrien zusammen – nicht etwa, weil dies von Amts wegen angeordnet wurde,
sondern auf eigenen Wunsch.
Nachbarschaft
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Kennengelernt haben sie sich in einem Wohnheim in der Kaiserstuhlstraße. Den ersten Schritt haben dabei die Frauen getan:
„Ich habe Helen öfter auf einer Treppe sitzen sehen und habe sie
gleich gemocht“, erzählt Zahaa, die Frau des syrischen Ehepaares. Dass Helen und ihr Mann Salomon aus Eritrea stammten,
spielte für sie keine Rolle. Die beiden Frauen lernten sich kennen
und waren sich tatsächlich sympathisch, bald wuchs auch zwischen ihren Ehemännern eine Freundschaft. „Dann hörten wir,
dass in der Okenstraße eine Wohnung frei wird, wir die aber nicht
haben können, weil sie zu groß für uns ist. Da kam uns die Idee,
die Wohnung zusammen mit unseren Freunden aus Eritrea zu
beziehen“, erzählt Zahaas Ehemann Salah.
Wenn sie über ihr verlorenes Leben in Syrien sprechen, werden
Salah und Zahaa wehmütig. „Uns fehlen unsere Freunde, das
Essen und die Atmosphäre dort; bei uns ist es so, dass alle Familien in einer Straße sich gut kennen und viel miteinander zu
tun haben“, erzählt Salah. An das deutsche Wetter haben sie sich
auch noch nicht so recht gewöhnt. „Wenn Syrien ein demokratischer Staat wäre, würden wir gerne dort leben“, stellt Zahaa klar.
Da dies nicht in Aussicht steht, nehmen die beiden ihr Leben in
Deutschland in die Hand. Ihre Träume? Salah würde am liebsten
studieren, das hätte er in Syrien schon gerne getan, als konkreten
Berufswunsch hat er sich aber erst einmal Krankenpfleger überlegt, seine Frau möchte Erzieherin werden.
Das Experiment wurde ermöglicht und nun leben sie zusammen:
Salomon, Helen und die neugeborene Betelihen aus Eritrea sowie Salah mit Frau Zahaa und ihrem kleinen Sohn Ammar, bald
werden Zwillinge auf die Welt kommen. Bei einem Besuch der
beiden Familien fällt als erstes die ruhige und gelassene Atmosphäre in ihrem Zuhause auf. Trotz der einfachen Ausstattung
wirkt die Wohnung gemütlich, auf dem Küchentisch steht selbstgebackener Blechkuchen mit Mandelblättchen, auf dem Herd
kocht aufregend duftendes Essen vor sich hin. Stühle werden
zusammengeholt, alle versammeln sich samt Kindern in einem
Raum und erzählen bereitwillig von ihrem Leben.
Und wonach haben Helen und Salomon Sehnsucht? Plagt sie
das Heimweh? Auf diese Frage können die beiden keine Antwort geben – weil sie sie schlicht nicht verstehen. Helen wurde
­– wie alle Frauen in ihrem Land – mit 16 zu einem fünfjährigen
Militärdienst eingezogen, in dieser Zeit wurde eine ihre Hände
zerschossen. Zudem war sie von familiären Erfahrungen abgeschnitten, sodass sie heute wenig über Dinge wie Kochen oder
Babypflege weiß; sie ist froh, dass Zahaa ihr beim ersten Kind zur
Seite steht. Auch Salomon kann der Zeit in seinem Land nicht
nachtrauern: „Außer dem Militärdienst habe ich nur die Arbeit
als Straßenarbeiter kennengelernt, wir wurden sehr schlecht behandelt“, erzählt er.
Wie es ist, trotz unterschiedlicher Religionen den Alltag zu teilen? Salomon und sein syrischer Freund sitzen nebeneinander
auf dem Sofa und diskutieren die Frage kurz. „Wenn Salah dem
falschen Glauben anhängt, wird mein Gott ihn bestrafen, wenn
ich dem falschen Glauben anhänge, wird sein Gott mich bestrafen“, erklärt Salomon – und dann lächeln die beiden Männer
breit und scheinen sehr zufrieden, das Problem damit abgehandelt zu haben. Sie seien Freunde, Religion ließen sie dabei außen
vor, setzt Salah auseinander.
Wenn besondere Feste wie das muslimische Bayram oder das
christliche Weihnachten anstehen, lädt man sich gegenseitig zum
Essen ein und begeht den besonderen Tag miteinander. „Bevor
wir zusammengezogen sind, hatte ich keine Ahnung von christlichen Ritualen, alles, was ich darüber weiß, habe ich von Salomon
erfahren“, sagt Salah. Er freut sich auf die große Feier, die fällig
wird, wenn seine Zwillinge auf die Welt kommen. „Dann werden
wir zwei Schafe schlachten, für jedes Kind eines. Wichtig ist,
dieses Essen mit vielen anderen Menschen zu teilen“, erklärt
seine Frau.
Im Hier und Jetzt setzen die Sechs auf das, was sie verbindet: Die
beiden Männer besuchen täglich gemeinsam einen Deutschkurs,
gehen zusammen aus, zum Beispiel zum syrischen Abend. Die
beiden Frauen tauschen sich über die Details der Babypflege aus,
schenken sich selbst gebackenes Brot. Wie weit die Lebens- und
Denkwelten der beiden Familien eigentlich auseinanderliegen,
zeigt sich erst, wenn es um Vergangenheit und Zukunft geht.
Sich ein schönes Leben zu erträumen, ihren persönlichen Interessen nachzuspüren –­ soweit ist das Paar noch nicht. Im Moment
sind sie erfüllt von der Erleichterung, den Zuständen in ihrem
Land entronnen zu sein und dem Wunsch, nicht dorthin zurückkehren zu müssen. Arbeiten möchten sie auf jeden Fall gerne, das
steht für sie fest. „Mir ist langweilig, ich möchte etwas tun – was,
ist mir erst mal egal“, sagt Salomon. Es ist zu spüren, dass er froh
ist, Anschluss zum zielstrebigen Salah gefunden zu haben, der
ihm dabei hilft, sich im deutschen Alltag besser zurechtzufinden.
Beide Familien haben sich mit der Situation arrangiert und
dürfen hoffen: ihre Aussichten, bleiben und bald auch arbeiten
zu dürfen, sind gut. Und so herrscht eine stille Zufriedenheit in
der christlich-muslimischen Muster-WG. Die Sechs haben im
Kleinen eine ganz einfache Antwort auf die Frage gefunden,
wie man religiöse, soziale und kulturelle Unterschiede bewältigt:
indem man auf das Verbindende blickt.
Susanne Merkwitz
ist freie Journalistin
und Textchefin
in Freiburg
15
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016AMICA
Geteilter Zorn
In Jordaniens Hauptstadt Amman veranstaltete AMICA eine Konferenz über Rechte
für Frauen in Krisenregionen. Ein Bericht von Gabriele Michel
A
mman, die Hauptstadt des Königreichs Jordanien, ist derzeit der Ruhepol in der
Region. Hier führen der amerikanische Außenminister Kerry und Palästinenserpräsident Abbas ihre Friedensgespräche, hier treffen sich Nichtregierungsorganisationen, die
im Nahen Osten arbeiten, nach Amman flüchten auch ehemalige Mitglieder von Baschar
al-Assads Geheimpolizei, die ausgestiegen sind. Dabei ist die Stadt mit ihren 2,3 Millionen
Einwohnern alles andere als ruhig und gemächlich: Stundenlanges Taxifahren im Stau
vermittelt eher das Gefühl, aufgesogen zu werden von diesem Brodeln aus Menschen,
Häusern und hupenden Autos, es ist laut, voll, chaotisch – und doch entspannt. Kein
Park, kein Fluss, nirgends Grün – aber sie wirken freundlich, die zahllosen, eng aneinander
gebauten Sandsteinhäuser, die in der Ferne hell gen unendlich ansteigen. Und wenn der
Muezzin in der Morgen- und Abenddämmerung seinen Ruf über die Stadt schickt, öffnet
sie sich dem Himmel entgegen.
Auch für unsere Konferenz zum Londoner Protokoll, die wir zusammen mit unserer
jordanischen Partnerorganisation Mizan for Law – Recht im Gleichgewicht – veranstal-
Blick in den Konferenzraum in Amman
16
ten, ist Amman der richtige Ort. Weil hier
Fachleute aus der arabischen Welt gefahrlos hinreisen können. Dennoch erschien
mir die Liste der Teilnehmer und Teilnehmerinnen während der Planung mitunter
wie ein Wahnwitz: Ägypten, Nord-Irak,
Jemen, Jordanien, Kurdistan, Libyen, Libanon, Syrien, Westjordanland. Bei jedem
der Namen, außer unserem Gastgeberland
Jordanien, sah ich brennende Häuser vor
mir, zerbombte Städte, Verwundete, Tote.
Als die gut 50 Frauen und Männer in
dem großen Konferenzsaal versammelt
sind, verschwinden die Bilder. Stattdessen erfüllt ein Wuseln unterschiedlichster
Menschen, Farben, Stimmen und Temperamenten den Raum. Farbintensive Jalabiyas und gedeckt-gediegene Anzüge, Kopftuch und High Heels, Rasta-Locken und
Epauletten-Uniformen, schon die Outfits
machen deutlich, dass hier Welten aufeinandertreffen. Und das bei jedem Podium,
jeder Diskussion, jedem Workshop aufs
Neue.
Lamya Jabrin zum Beispiel, die in der
Westbank als Menschenrechtsaktivistin
und Expertin für „Schutz von Frauen
unter internationalen Gesetzen“ arbeitet,
könnte, so wie sie konzentriert, quasi auf
der Stuhlkante sitzend der Diskussion
folgt, auch eine deutsche Aktivistin sein.
Doch wenn Lamya zum Mikro greift, packt
sie eine ganz eigene Energie. Sie spricht
nicht einfach, sondern jagt mit atemloser
Dringlichkeit von Argument zu Argument.
Die Enttäuschung und Erbitterung über
den fruchtlosen jahrzehntelangen Kampf
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
AMICA
Blick auf Amman
mit Rhagadan-Fahnenmast
gegen die Besetzung der Israelis verdichten sich in ihren Beiträgen zu einem
sprachlichen Feuerwerk. Faszinierend, überzeugend – aber auch bestürzend.
Die Übersetzerin, die an diesen Tagen unerschrocken auch lange und heftige
Wortmeldungen meistert, verlässt bei Lamyas Beiträgen mehrfach kopfschüttelnd ihre Kabine: Sie spricht zu schnell! Shwan Saber, Vorsitzender des „Justice
Network for Prisoners“ und mehrerer anderer NGOs in Nordirak, hat eine ganz
andere Art, seinen Anliegen Nachdruck zu verleihen. Der auf den ersten Blick
eher gemütlich wirkende Menschenrechtler spricht zwar bedächtig – aber mit
explosiver Ironie: „Wenn man nichts unternehmen will, bildet man ein Komitee
oder man bittet die UN, sich darum zu kümmern. Warum dauern die Beschlüsse
bei den Vereinten Nationen so unendlich lang? Sie beginnen mit einer Konvention, dann sprechen sie über diese Konvention und so geht es ewig weiter.“ Man
hört nach jedem Satz ein Ausrufezeichen, zähneknirschenden Zorn.
In der Tat macht Saber auf einen grundsätzlichen Missstand aufmerksam,
der in diesen Tagen immer wieder diskutiert wird: dass viele Beschlüsse und
Entscheidungen auf höchster politischer Ebene nicht dort ankommen, wo sie am
meisten gebraucht werden in diesen Tagen. Die UN-Resolution 1325 beispielsweise, die sich für „Frauen, Frieden und Sicherheit“ starkmacht, hat weder die
Jesidinnen vor dem Terror des IS bewahrt, noch schützt sie die Frauen in Syrien
vor den Verheerungen des Bürgerkriegs. Shwan Saber wurde selbst als Jurist wegen kritischer Stellungnahmen 2014 in Erbil inhaftiert. Er kam zwar gegen eine
Kaution wieder frei, die Anklage wurde jedoch nicht aufgehoben. Vorsichtig oder
gar ängstlich ist er dadurch allerdings nicht geworden. Im Gegenteil – Shwan
Saber hat es eindeutig satt, beschwichtigt, vertröstet, belogen zu werden.
Die heftigsten, aufrüttelndsten Statements kommen in diesen Tagen allerdings von Frauen. Frauen wie Nisreen Ahmeer.Die junge Juristin ist Leiterin des
arabisch-europäischen Zentrums für Menschenrechte und Internationales Recht
in Libyen und gehört zur jüngeren Generation der Konferenz teilnehmenden.
➔
Die Konferenz in Amman
Kriegsgewalt gegen Frauen beenden –
unter diesem Motto stand im Jahr 2014
ein globales Gipfeltreffen in London.
Dort wurde ein internationales Protokoll vorgestellt, das die Notwendigkeit
­hervorhebt, Beweise und ZeuginnenAussagen zu sexualisierter Gewalt in
Kriegen zu sammeln und die Verbrechen
zu dokumentieren. Weil die Einstufung
von Vergewaltigung im Krieg als Kriegsverbrechen und als Verbrechen gegen
die Menschlichkeit nur so strafrechtlich
­verfolgt werden kann.
Um dieses Protokoll in die Praxis um­
zusetzen, führt AMICA e.V. ein Projekt
durch, in dem männliche und weibliche
Juristen, Psychologen und Sozial­arbeiter
im arabischen Raum beginnen, die
Grundsätze des Protokolls von London
für die eigene Praxis zu übersetzen und
handlungsleitend zu machen. Dazu fand
im Oktober 2015 ein Expertentreffen in
Amman statt.
17
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016AMICA
Konferenz-Gruppenbild. In der vorderen Reihe die Vertreterinnen von AMICA e.V.: Heide Serra (ganz links), Gabriele Michel und Dagmar Ihlau (3. und 4. von links)
Das kopftuchgerahmte Gesicht fasziniert mit seiner blitzwachen Anmut – ihre
Gestik, der ganze Körper strahlen Entschiedenheit aus, wenn sie berichtet, wie
schwierig sich die Situation für Frauen in Libyen auch nach Gaddafis Tod und
bis heute darstellt: Das muss sich ändern, das werden wir ändern!
Die Wortmeldungen folgen nahtlos, manchmal auch aufgeregt aufeinander.
Dass die Konferenzsprache Arabisch ist, erweist sich als gute Entscheidung.
So können die, auf deren Arbeit und Erfahrungen dieses Projekt aufbaut, sich
in ihrer eigenen Sprache, mit der ihnen eigenen Vitalität dem Thema nähern,
Ergebnisse und Forderungen herausarbeiten. Dabei wird auch immer wieder
deutlich, warum die Präsenz von Männern – rund ein Drittel der Teilnehmenden
ist männlich – so wichtig ist.
Durch ihren Respekt und ihre Diskretion verkörpern sie die Möglichkeit
des gemeinsamen Arbeitens über die Geschlechtergrenzen hinweg – auch bei
dieser Problematik. Und es wird deutlich, dass es bei dem Thema sexualisierte
Gewalt nicht um Sexualität oder „Geschlechterkampf“ geht, sondern um eine
Kriegswaffe und die Verletzung grundlegender Menschenrechte. Eine Waffe, die
sich auch gegen Männer und Jungen richtet. Aber Frauen sind, wie die jordanische Journalistin Lima Nabeel in ihrem Schlussreferat auf beklemmende Weise
anhand von zahlreichen Beispielen belegt, ungleich stärker betroffen.
Eindrucksvoll ist auch, wie sachorientiert und fair diskutiert wird. Hier
fällt niemand der oder dem anderen ins Wort. Keine Selbstdarstellungen, keine
Eitelkeiten, keine ideologischen Hickhacks. Frauen und Männer, Christen und
Muslime, Personen, die gewohnt sind, im Rampenlicht zu stehen und solche,
die ihre ganze Energie in die Feldarbeit stecken, sie alle ringen um ein gemeinsames Ziel. Was an Spannung spürbar ist, sind Momente des Entsetzens, ist
geteilter Zorn – und die Entschiedenheit, sich nicht beirren, nicht entmutigen,
durch nichts und niemand von der selbstgesetzten Aufgabe abbringen zu lassen.
Obwohl jede und jeder hier im Raum sehr wohl weiß, dass es schwer sein und
einen langen Atem brauchen wird, um die Politik der Straflosigkeit zu beenden.
Den langen Atem werden sie haben – und sofort mit der Arbeit beginnen:
Noch in diesem Jahr sind Runde Tische in allen teilnehmenden Ländern vereinbart. Außer in Syrien und im Yemen. Bei diesen Zusammentreffen wird es darum
gehen, das Londoner Protokoll auf die konkrete Situation in den einzelnen Ländern anzuwenden. Die länderspezifischen Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt
18
– die in Syrien ganz anders sind als beispielsweise
im Westjordanland oder in Ägypten – sollen analysiert und ein Trainingsprogramm erarbeitet werden, mithilfe dessen Vertreter von Behörden und
Nichtregierungsorganisationen für den Umgang
mit Opfern sexualisierter Gewalt geschult werden.
Woher nehmen die Frauen und Männer hier
die Kraft und den Mut, so hartnäckig zu kämpfen? Sabah Hallak, seit 1985 Mitglied des syrischen
Frauenverbands und in unzähligen Initiativen, Projekten, Forschungen und praktischen Trainings zur
Verbesserung der Situation der Frauen in Syrien
und in der Region aktiv, gibt am Ende der Konferenz eine Art Antwort: „Wir sollten uns durch
Hoffnung leiten lassen. Anders können wir unsere
Arbeit nicht tun.“
Beim Weg zum Flughafen nochmal ein Blick
zum Rhagadan-Fahnenmast, der – mit 126,8 Metern der siebthöchste freistehende Mast der Welt
– mitten in der Stadt aufragt. Stoßgebet, dass hier
niemals die schwarze Fahne des IS aufgezogen
wird!
Gabriele Michel
ist Vorstandsvorsitzende
von AMICA e.V.
➔
www.amica-ev.org
Spendenkonto:
IBAN: DE15 6809 0000 0002 1001 00
BIC: GENODE61FR1
Trauer um Stefanie
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Stefanie Betz war von 1993 bis 2012 Erzieherin in der Kindertagesstätte. Verbunden war sie der FABRIK allerdings
von ­Anfang an. Sei es als Sängerin verschiedener Freiburger
Bands, die in den frühen 80-er Jahren im „Alten Saal“ auftraten, oder als Auszubildende bei network electronic. Sie
pflegte viele Kontakte auf dem Gelände, auch jenseits der Kita
und war, als ihr das Arbeiten schon nicht mehr möglich war,
noch oft zu Besuch. Stellvertretend für uns alle denkt Gertrud
Schröder vom „Friedlichen Drachen“ zurück an Stefanie.
Trauer um
Stefanie Betz
* 18.04.1956 † 16.11.2015
Kennengelernt habe ich Stefanie erst, als sie nicht mehr in
der FABRIK arbeiten konnte. Vorher blieb es bei Einladungen zum Training und den üblichen Hallos en passant. Ich
erinnere mich noch gut an den Mittag im August 2012,
ihren letzten Arbeitstag, als sie zu mir sagte: „Jetzt hab ich
Zeit, mit Dir zu trainieren.“
Aus den wöchentlichen Trainingseinheiten entstand eine
schöne Freundschaft und Verbundenheit. Wir entwickelten
das Übungsprogramm den jeweiligen Möglich­keiten angepasst. Bei allen Vorführungen und größeren ­Veranstaltungen
war sie dabei, und wir präsentierten unser Training. Was für
ein großartiges Vorbild wurde sie durch diese Aktionen für
viele Menschen aus meinem Kreis. Sätze wie „wissen, dass
ich Geduld in den alltäglichen K
­ leinigkeiten bewahren kann“
und „Komplimente annehmen, aber auch mich abgrenzen
können vor mitleidigem G
­ etue und trotzdem Verständnis für
die Schwächen und Hilflosigkeit des Gegenübers haben“,
hatten in ihrem ­Lebensalltag eine besondere Bedeutung.
Durch Präsentationen auf meinen Seminaren in Deutschland und Österreich nahmen viele Menschen an ihrem
Schicksal teil und bewunderten sie für ihre Stärke.
Viele besondere Momente bleiben in Erinnerung wie z.B.
Kinder aus meiner Gruppe, die Stefanie noch als Erzieherin
erlebten. „Was für tolle Muffins hat sie für uns gebacken!“,
„Wie lieb und geduldig sie immer war“ – mit diesen Kindern
waren wir diesen Sommer in der Vaubanaise, um der WG
und vor allem Stefanie unser Training vorzuführen. Belohnt
wurden wir mit Gummibärchen, Bionade und Muffins, die
eine Bewohnerin backte. Berührungsängste wurden schnell
abgebaut. Oder als ich diesen Sommer einen Unfall hatte und
mich selbst nicht mehr bewegen konnte, bekam ich eine sms
von Stefanie „Wenn ich für Dich da sein kann, lass es mich
wissen!“ Sie selbst konnte sich kaum mehr bewegen und
kaum noch sprechen und doch war sie, solange es ihr möglich
war, für mich und andere da, hörte zu und gab Impulse zum
nachdenken. Und auch Zeit miteinander zu lachen hatten wir
oft! Sie teilte für eine Weile auf eine besondere Weise Lebensmomente mit mir. Danke Stefanie ...
Gertrud
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FABRIK-Rundbrief |Winter 2015/2016Schreibwettbewerb
Die zehn besten Stories
Wieder einmal wurden junge Autoren und Autorinnen
für ihre Geschichten geehrt
Wie wir im letzten FABRIK-Rundbrief
schon berichtet hatten, wurde der
„Schreibwettbewerb für Jugendliche
2015“ ausschließlich von Jugendlichen
selbst gestaltet. Einige TeilnehmerInnen
einer Schreibwerkstatt, die vom Literaturbüro organisiert worden war, dachten sich ein Thema aus. Sie bestimmten
die grafische Darstellung des flyers und
übernahmen zu guter Letzt auch die Jurorentätigkeit, das hieß lesen, bewerten,
diskutieren.
Zum Thema „grenzenlos“ wurden
rund 70 Texte eingereicht, die aus Geschichten, Gedichten und Essays von
Flüchtlingen, Vorurteilen, die Begrenztheit des grenzenlosen und einigem
mehr beschäftigten. Die Jury, die aus
sechs Jugendlichen bestand, hatte die
schöne Aufgabe, die zehn besten Stories auszuwählen.
In diesem Jahr waren sieben Mädchen und drei Jungen unter den ersten
Zehn.
Siegerin wurde Marie Frevert aus Freiburg, 16 Jahre alt, mit ihrer Geschichte „Nur ein
Traum“. Sie handelt von einem Flüchtlingsjungen aus Syrien. Platz 2 belegte Marius Müller,
14 Jahre, mit einer Erzählung und Platz 3 ging an Caitlin Arnold, 14 Jahre, mit einem Gedicht.
Auf Platz 4 landete Helena Köster, 17 Jahre, mit ihrem Gedicht „165 Wörter und 10 Buchstaben“. Sie nahm zum zweiten Mal am Schreibwettbewerb teil. Steen Willms reichte einen Roman­
auszug ein und war mit 13 Jahren der jüngste Schreibende unter den Preisträgern.
Die Preisverleihung fand, wie im letzten Jahr schon, an einem Sonntagmittag im josfritzcafé
statt. Die PreisträgerInnen kamen vollzählig mit ihren Familien und Freunden. Moderiert wurde
die Veranstaltung zum wiederholten Male von dem Kabarettisten und Autor Jess Jochimsen,
der es durch seine lockere Art verstand, den jungen Menschen etwas die Aufregung zu nehmen.
Denn auf die Bühne mussten sie alle, um ihre Urkunden und Preise entgegen zu nehmen. Der
Siegertext wurde traditionell vorgelesen und bei der Geschichte von Marie Frevert musste man
schon die eine oder andere Träne wegwischen.
Aber so soll es ja auch sein. Geschichten sollen bewegen und berühren, dann sind sie gut
und werden, wie bei dieser Preisverleihung, auch prämiert.
20
Schreibwettbewerb
Nur ein Traum
von Marie Frevert
Fünf Tage schon sind wir unterwegs.
Wohin ich auch schaue, überall Wasser.
Aneinander gepfercht wie Tiere siechen wir dahin, während das
Boot, kaum eine Walnussschale, durch die endlose Wüste aus
Wasser schaukelt.
Meine Schwester liegt auf meinem Schoß, sie redet in einem
Fiebertraum zu mir:
„Komm Karim, lass uns etwas spielen. Die anderen Kinder sind
schon draußen
... Riechst du das? Mama hat bestimmt wieder einen Kuchen gebacken. Sag Karim, wo ist Papa? Wollte er nicht zum Abendessen
wieder zu Hause sein? …Wie blau der Himmel heute ist. Blau ist
eine schöne Farbe, nicht?“
„Ja, blau ist eine schöne Farbe.“
Blau ist der Himmel, der uns erdrückt. Blau ist das Wasser, das
bedrohlich funkelt. Blau waren die Augen meines Vaters.
Blaue Augen sind in unserem Land etwas Besonderes, sogar
große Staatsmänner haben davor Angst.
Leider habe ich meine Augen nicht von ihm, sondern von meiner
Mutter.
Meine Mutter ... Meine Augen brennen, doch ich halte die
Tränen zurück.
In letzter Zeit sind zu viele von ihnen geflossen, außerdem werde
ich die Flüssigkeit noch brauchen. Vor zwei Tagen haben wir die
Wasserreserven aufgebraucht, seitdem sitzen wir nur noch da
und schweigen wie verdurstende Kamele.
Meine Schwester hat sich am Anfang beschwert und nach Wasser
verlangt, oder irgendetwas, um ihren Durst zu stillen. Als ich sie
dann daran gehindert habe, das Meerwasser zu trinken, ist sie
ganz ruhig geworden.
Gestern fing es dann an mit dem Fieber. Erst stöhnte sie und
redete wirres Zeug, aber inzwischen lächelt sie nur noch vor
sich hin.
Wie ein Engel.
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Ich habe Angst, dieser verheißungsvollen Traumwelt zu verfallen,
die so viel schöner sein muss als unsere blaue Hölle.
Und ich habe Angst, dass ich dann nie wieder zurück will, in die
wirkliche Welt.
„Schau doch, Karim, wie Mama schwimmt! Hallo Mama! ... Da
bist du ja, Papa. Mama hat etwas Leckeres gekocht! Aber warum
sind da Männer im Flur? Willst du nicht zum Abendessen bleiben? Das Essen wird sonst kalt! … Willst du auch schwimmen?
Mama ist schon im Wasser!“
Ich wünschte, ich könnte so unbeschwert reden wie sie. Aber sie
ist noch jung, sie hat das ganze Leben vor sich.
Sie hat nicht mit angesehen, wie unser Vater verhaftet wurde.
Oder wie unsere Mutter ertrunken ist. Für sie ist das alles nur
ein Spiel gewesen, und Mama und Papa haben es verloren. So
einfach ist das. Wie gerne würde ich die Welt aus ihren Augen
sehen.
Aber ich kann das nicht mehr, ich habe meine Kindheit in den
letzten Tagen wie ein zu klein gewordenes Hemd abgelegt, um
in ein viel größeres zu schlüpfen, in das ich seither schwimme.
Samira, mein kleiner Engel, hat aufgehört zu reden. Sie schaut
zu mir hoch, aber eigentlich ist sie nicht mehr hier. Sie ist schon
woanders, an einem schöneren Ort. Dort sind wir alle vereint,
die ganze Familie.
Ich rede auf sie ein, versuche sie zu überzeugen, mich nicht im
Stich zu lassen. Nicht auch sie. Sie ist mein Anker, die letzte
Kraft, die mich hier festhält.
Aber ich kann sie nicht halten, kann sie nicht davon überzeugen,
dass es ihr hier besser gehen wird.
Sie ist schon weit weg, während ich mich an ihren ausgemergelten Körper klammere. Aber meine Tränen sind schon längst
versiegt, fortgerissen von diesem brennenden Durst.
Der kleine Körper wird mir entrissen, landet bei den anderen
Körpern im Wasser. Still beobachte ich, wie das Meer ihn verschlingt und mit einer nassen Decke überzieht.
Es ist mitten in der Nacht und die Sterne funkeln uns aus einem
klaren Himmel an. Es sind die Sterne der Verstorbenen und
Ertrunkenen. Es sind viele Sterne. Zu viele.
Ich will nicht mehr darüber nachdenken, wie lange ich noch leben werde und wie viel Leid schon dieses Meer gesehen hat. Ich
will einfach nur schlafen und alles vergessen. Und hoffen, dass
alles nur ein Albtraum war.
Aber ich schlafe nicht ein, denn jedes Mal, wenn ich es versuche,
sehe ich sie.
Sie trägt ein rotes Kleid und strahlt mich an. Ihr Kinderlachen
hallt in meinen Ohren wider, während sie mir etwas zuruft. Ich
verstehe sie nicht, aber instinktiv muss ich lächeln. Sie sieht
nicht so aus wie vor ihrem Tod. Sie sieht aus wie früher, vor dem
Ganzen. Verändert. Glücklich.
Ihre Züge verblassen, machen einem anderen Bild Platz: Meine
Mutter kocht, es duftet in der gesamten Wohnung. Ich sehe sie in
der Küche stehen. Mein Vater kommt herein und umarmt sie von
hinten. Er flüstert ihr etwas ins Ohr, woraufhin sie beide lachen.
21
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016Schreibwettbewerb
Plötzlich donnern Fäuste gegen die Haustür. „Polizei! Aufmachen!“
Mein Vater drückt meiner Mutter leicht die Hand. Sie verstehen
sich auch ohne Worte.
Sie schaut ihm lange in die Augen, dann nickt sie.
Auch dieser Augenblick verblasst unter den vielen Erinnerungen
und ich öffne die Augen.
Inzwischen ist es morgen und der Himmel leuchtet rötlich auf.
Meine Lippen haben ein Lächeln geformt. Es schmerzt und ich
schmecke Blut. Sie waren wahrscheinlich so trocken, dass sie
gerissen sind.
Den ganzen Tag über verbringe ich damit, Wolken und Wellen
zu zählen, damit ich nicht an diesen unbändigen Durst erinnert
werde, der meine Kehle austrocknet und uns alle am Reden
hindert.
Viele schon sind der Versuchung erlegen, ihren Durst mit ihren
Ausscheidungen zu stillen, ich noch nicht. Wir wissen aber alle,
dass wir nicht mehr lange durchhalten können.
Wenn es nicht der Durst ist, der uns tötet, dann ist es die pralle
Sonne oder das Wasser, das bei jeder größeren Welle ein paar
Unglückliche mit sich reißt, während wir anderen darauf hoffen,
dass das Boot nicht kentert.
Ich habe aufgehört in den Himmel zu schauen. Stattdessen
versuche ich den Grund des Meeres zu erraten. Ich sehe ihn, ein
tiefer Abgrund. Da unten sehe ich sie alle, meine ganze Familie.
Vereint.
Ich brauche nur den Arm auszustrecken, dann kann ich sie
erreichen.
Sie winken mir zu, rufen mich zu sich. Ich beuge mich vor, bin
bald wieder daheim.
Aber etwas hält mich am Arm fest. Oder besser gesagt jemand.
Der Fremde reicht mir seine Hand: „Yusuf.“ Er sieht mich mit
seinen stechenden Augen an, als könnte er jeden meiner Gedanken erraten.
Er weiß, was ich vorhatte, aber er sagt nichts, vielleicht, weil er
nicht genügend Speichel dafür hat.
Seine Haltung verströmt eine ungewöhnliche Ruhe, dabei muss
er ungefähr so alt sein wie ich. Er wirft mir immer wieder rasche
Blicke, um sicherzugehen, dass ich nichts Unüberlegtes tue.
Jetzt habe ich einen Beschützer, und irgendwie beruhigt mich
das.
22
Bald schon breitet sich die Nacht erneut über unseren Köpfen
aus. Wie ein Cocon umschließt sie uns und gibt uns Sicherheit.
Leider währt der Frieden nicht lange.
Auf einmal bleibt das Boot stehen.
Zwei Lichter stechen durch die Nacht. Gemeinsam versteifen
wir uns gegen die bevorstehende Gefahr. Gebannt lauschen
wir auf das näher kommende Brummen der Motoren. Aus den
Tiefen des Kahns kommt ein Wispern: „Grenzer! Sie haben uns
gesehen. Wir sind verloren!“
Hundert entsetzte Gesichter halten den Atem an, aus Angst,
die Grenzer könnten auf sie aufmerksam werden, während sie
versuchen, die aufsteigende Panik zu unterdrücken.
Hundert offene Münder formen stumm ein Gebet, während
das schemenhafte Grenzboot ähnlich einer Erscheinung vorüber
gleitet.
Hundert Lungen füllen sich im allgemeinen Aufatmen. Als die,
alles verschlingende Stille wieder einsetzt und allen bewusst wird,
wie knapp sie einer Entdeckung entronnen sind.
Hundert Menschen schreien im Chor auf, als das Boot sich
durch die Kraft einer Welle zur Seite neigt und sie alle in das
hungrige Nass geworfen werden.
Das ganze Schauspiel dauert knapp eine Stunde, dann sind diese
hundert elenden Menschen von ihren Qualen befreit.
Auch ich werde in die Tiefe gezogen und ich sehe mich schon mit
den anderen Sternen den Himmel erleuchten. Aber eine Kraft,
ein Urinstinkt jedes Lebewesens, lässt mich strampeln und mich
gegen das Wasser ankämpfen.
Mit Mühe schaffe ich es, ein letztes Mal aufzutauchen. Der Himmel ist schön heute, denke ich noch, ehe das Wasser in meinen
Mund dringt.
Ertrinken ist kein schöner Tod. Erst füllen sich die Lungen mit
diesem scheußlichen Meerwasser, es erdrückt einen von innen.
Dazu kommt, dass die Tiefe einen zu sich zieht und währenddessen das ganze Leben wie ein Farbfilm vorm inneren Auge
abgespielt wird.
Aber ehe ich der Welt Lebewohl sagen kann, hat mich auch schon
jemand am Arm gepackt und zieht mich Richtung Luft.
Yusuf.
Nachdem er mich zu den anderen ans umgedrehte Boot gebracht
hat schaut er mir dabei zu, wie ich huste und mich mehrmals
übergebe. Ich schaffe es noch, ihm für seine Rettung zu danken,
da dringt ein allzu vertrautes Geräusch zu uns.
Schreibwettbewerb
Dieses Mal aber ist es kein Entsetzen, das wir verspüren, sondern
unermessliche Freude, als die Grenzpolizei auf uns zukommt.
Jeder einzelne Überlebende verbraucht seine letzte Kraft, um
Hilfe zu rufen.
Es sind wenige Stimmen, die meisten von ihnen nur ein heiseres
Krächzen als Beweis unserer tagelangen Austrocknung.
Was ist, wenn uns die Grenzer nicht hören? Was, wenn sie einfach
vorbeifahren oder, schlimmer, uns mit ihrem Schiff rammen?
Yusuf neben mir muss das gleiche gedacht haben, nur dass er
jetzt gegen das umgekippte Boot schlägt wie ein Verrückter. Wir
alle machen es ihm nach.
Da, endlich, hält das Boot an. Es leuchtet uns an, hat uns endlich
entdeckt.
Danach geht alles blitzschnell. Ich kann den Grenzern anmerken,
dass so etwas für sie Routine ist und dass diese Routine sie langweilt. Allerdings haben sie die Geistesgegenwertigkeit, uns etwas
zu trinken zu geben, bevor sie uns näher unter die Lupe nehmen.
Ein Polizist bleibt vor mir stehen und stellt mir lauter Fragen. Ich
sage ihm, dass ich ihn nicht verstehe. Yusuf übersetzt für mich.
Wir erfahren, dass wir in Italien gelandet sind. Das ist gut, denn
von hier aus können sie uns nicht einfach zurückschicken.
Der Polizist schaut in seine Papiere, sieht wieder hoch, durch
mich hindurch und wiederholt seinen Text: „Name?“ - „Karim
Yesir“ - „Alter?“ - „16“ „Staatsangehörigkeit?“ - „Syrisch“ -„Angehörige?“ … Ich schweige.
Er fragt mich erneut. Was will er von mir hören?
„Keine“, probiere ich. Er schreibt sich etwas auf.
„Du bleibst hier, bis wir die Daten geprüft haben. Dann werden
wir sehen, ob du bleiben darfst oder nicht.“
Habe ich mich verhört? Kann es sein, dass ich wieder nach Syrien geschickt werde?
Nach allem, was ich verloren habe? War das ganze Leid, der Tod
meiner Familie - war das alles umsonst? Um jetzt wieder an den
Ort gebracht zu werden, von dem ich geflohen bin?
Von Yusuf erfahre ich, dass Minderjährige eine größere Chance
haben, zu bleiben, als Erwachsene. Er sieht mich traurig an mit
seinen durchdringenden Augen.
Er ist gerade 18 geworden.
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Es kann eine Weile dauern, bis wir wissen, ob wir bleiben dürfen
oder nicht.
Solange sind wir draußen, zu mehreren Dutzend eingeengt, wie
auf dem Boot. Aber wenigstens kann ich hier noch meine Beine
bewegen.
Ich schaue starr geradeaus. Hinter den Gittern und Zäunen sehe
ich das Meer silbern glänzen. Irgendwie vermisse ich es.
Vom Strand führt eine Straße in die Stadt. An dieser Straße steht
ein Schild, fest verwurzelt im Asphalt. Es ist blau und darauf
prangen viele Sterne. Es steht etwas geschrieben.
„Willkommen in der Europäischen Union“, liest Yusuf. Er lacht.
Ich muss unwillkürlich mitlachen, aber es klingt eher wie ein
Schnauben.
Wie etwas, was Menschen von sich geben, die schon zu viel
gesehen haben.
Ich kneife die Augen zusammen. Das Schild verschwimmt langsam vor meiner Sicht, wird zu einem blauen Fleck, so als gäbe es
keine Grenzen, nur dieses undurchdringliche Blau.
Aber das ist wahrscheinlich nur ein Traum.
Marie Frevert
ist 16 Jahre alt.
Mit ihrer Kurzgeschichte „Nur ein Traum“
gewann sie den ersten Preis beim Schreibwettbewerb für ­Jugendliche 2015.
Wir landen zusammen in einer Auffangstation, ein anderes Wort
für Gefängnis. Ich bleibe immer in der Nähe von Yusuf.
23
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016FABRIK-Erklärfilm
►
Die FABRIK
in 3½ Minuten
So war die Einladung zur Premiere
des neuen FABRIK-Films überschrieben.
Nach der Aufführung waren sich alle einig,
dass das nicht geflunkert war.
Premieren sind im Vorderhaus ja nichts seltenes. Die nächste, die ansteht ist die
Premiere des neuen Programms von Matthias Deutschmann. Und dann im Februar
die unserer Eigenproduktion „Besetzt!“. Natürlich ist jede Premiere spannend und
einzigartig, aber die Uraufführung eines Films, zumal über die FABRIK, hatten wir
schon lange nicht mehr. Seit 2003 genau genommen, dort lief „Ich arbeite gerne
in der FABRIK, weil ...“. Und der legendäre Streifen „FABRIK – der Film“ ist ja fast
genauso alt wie die FABRIK selbst.
Dementsprechend groß war die Neugier auf „Die FABRIK ist eine FABRIK ist
keine Fabrik“. Rund 100 Leute waren voller Vorfreude und Neugier in den Saal des
Vorderhaus gekommen, zur wohl kürzesten Vorführung, die je auf der Vorderhausbühne zu sehen war. 3½ Minuten dauert ein guter Popsong, hatte es in der
Einladung geheißen, und mehr braucht es tatsächlich nicht, um einen Bogen von
1978 bis 2015 zu schlagen. Ein ehrgeiziges Unterfangen. Der Beifall und Zuspruch
nach dem Ende des Films hat gezeigt, dass der Anspruch eingelöst wurde.
Das Team von „Pudelskern“, einer Berliner Produktionsfirma, hat unsere gemeinsam erarbeiteten Ideen richtig schön in eine sehr moderne Bildsprache umgesetzt. „Pudelskern“ ist bekannt dafür, komplexe Inhalte weit herunterbrechen
zu können, ohne dass die Botschaft verloren geht.
Entstanden war die Idee, einen kurzen Imagefilm zu machen, in der AG
­Öffentlichkeitsarbeit. Kurzweilig und unterhaltsam sollte die Geschichte der
24
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
FABRIK-Erklärfilm
­ ABRIK erzählt werden. Vor allem aber sollten die Werte und gesellschaftlichen
F
Zielsetzungen transportiert werden, die uns seit 37 Jahren antreiben und die die
Grundlage aller Arbeit auf dem Gelände sind.
Nach den ersten Kontakten Ende Sommer wurde mit Pudelskern ein Konzept
für den Film erstellt, im Lauf des Herbstes wurde der Text immer mehr eingedampft, immer prägnanter. Für uns war es ein Lernprozess, wie Worte durch Bilder
nicht nur begleitet, sondern ersetzt werden. Eine schöne Erfahrung! Wir haben
uns immer gefreut auf die neueste Email aus Berlin mit dem jeweils aktualisierten
Storyboard aus 17 Panels und Texten. Und dann war er fertig, unser kurzer FABRIKFilm. Und siehe da, es brauchte keine 3½ Minuten. In 2Minuten41 ist alles erzählt, in
2Minuten41 ist ein zufriedenes Lächeln in die Gesichter der Zuschauer gezaubert.
Der Film findet sich auf der Website der Fabrik: http://fabrik-freiburg.de/index.
php/aktuell/news – schaut ihn an und schickt ihn weiter!
Wir haben das schon gemacht und wirklich von allen Seiten nur Lob erhalten.
Danke!
➔
Ein großer Dank an alle,
die am Film beteiligt waren:
Idee:
AG Öffentlichkeitsarbeit
Projektleitung:
Regina Leonhart und Karola Mohr
Sprecherin:
Sybille Denker
Tonaufnahmen:
acousticmedia, Freiburg
Rainer Lenz und Michael Summ
Musik:
Pudelskern, Berlin
Filmproduktion:
Pudelskern, Berlin
Mo Aufderhaar und Oliver Eberhardt
Einmal abgesehen von einigen filmischen ­Medienberichten, zumeist in Zusammenhang mit FABRIK-Jubiläen oder besonderen
­Ereignissen, kann die FABRIK noch mit mindestens zwei nennenswerten Eigenproduktionen aus früheren Jahren aufwarten:
FABRIK 1984 – Der Film
Mehr ambitioniert als professionell wurde 1984 der Versuch unternommen, die FABRIK
zum Dreh- und Angelpunkt eines Spielfilms zu machen, dessen Drehbuch sich bis zum
­Abbruch der Filmproduktion nie zwischen selbstironischer Dokumentation und avan­
gardistischem Experimentalfilm entscheiden konnte. Letztlich blieb der Film unvollendet,
bietet aber mit seiner immerhin auf 52 Minuten geschnittenen Rohfassung durchaus
einiges an Reiz: nach 30 Jahren sind die dokumentierten Räumlichkeiten nur mit Mühe
wieder­zuerkennen. Ähnliches gilt für die meisten der Mitspielenden. Die Impressionen aus
der FABRIK überwiegen die Informationen, um so mehr manifestiert sich in diesem Film
den damalige Zeitgeist des links-alternativen Milieus.
Ich arbeite in der FABRIK weil ...
Wesentlich persönlicher, aber gerade deshalb auch mehr über die FABRIK aussagend kommt
diese mit 8 Minuten eher kleine Dokumen­tation daher. Anlass dafür war das 25-jährige
­Jubiläum der FABRIK, das im Jahr 2003 denkwürdig gefeiert wurde. In diesem kurzen Filmbeitrag erzählen 25 sehr verschiedene Menschen ernsthaft, ironisch und witzig, vor allem
aber kurz und bündig, warum sie in der ­FABRIK arbeiten.
25
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016FABRIK-Woche
Kommunikation und Transparenz
Die „FABRIK-Woche“ bot – ähnlich wie schon die „FABRIK-Tage“ in den Vorjahren –
zahlreiche Möglichkeiten zum hausinternen Austausch
Die Idee
Montag
Dienstag
Als Fortsetzung der „FABRIK-Tage“ in 2013
und 2014 gab es in diesem Jahr gleich
eine ganze „FABRIK-Woche“. Standen bei
den FABRIK-Tagen noch die privaten Leidenschaften der FABRIK-Beschäftigten im
Fokus, so ging es dieses Mal um die unterschiedlichen Arbeitsfelder der in der ­FABRIK
ansässigen Betriebe. Die Grundidee dabei
war, dass innerhalb einer Woche reihum jeder Betrieb interessierte MitarbeiterInnen
der anderen Betriebe für ein bis zwei Stunden zu sich einladen sollte, um sich jenseits
des üblichen Alltags kennenzulernen, um
Fragen zu stellen und um, meist gut verköstigt, miteinander zu plaudern. So sollte
also die Pädagogin erfahren können, warum
die Schreinerei die Rotbuche liebt, und der
Motorradfahrer, was bei The Move so alles
getanzt wird.
Im Vorfeld fand die Idee großen Anklang
auf dem Gelände, aber die Umsetzung war
dann doch etwas schwierig. Mit etwas Anschubhilfe und Anregungen durch das Hausbüro fanden aber schließlich alle Betriebe
reizvolle Ideen für ihre Einladungen, und so
kam für die Woche vom 28. September bis
zum 1. Oktober ein durchaus spannendes
und abwechslungsreiches Programm zustande.
Zum Auftakt lud morgens das Hausbüro zu
einem französischen Frühstück und zu einer
Büchertauschbörse. Das große Bücherregal
im Tagungsraum des Hauptgebäudes wurde
denn auch die ganze Woche über eifrig zum
Holen und Bringen genutzt.
Am späten Vormittag stellte BAGAGE
ihre Atelier- und Werkstattpädagogik vor.
Und passend zum Konzept gab es unter der
Anleitung von Udo Lange für die FABRIKGäste auch gleich eine praktische Übung im
„blinden“ Zeichen.
Für eine nette Episode sorgte ein
­FABRIKler (Name der Redaktion bekannt),
der versehentlich in einem regulär stattfindenden Kurs landete und sich dort bis zum
Ende der Stunde mit Vergnügen am Filzen
beteiligte. Echte Zweifel, am falschen Ort zu
sein, befielen ihn nicht, obwohl, ein bisschen
seltsam war ihm schon, dass so viele fremde
Gesichter da waren ...
Am Nachmittag wurde es wild: die Tiere
waren los – im Friedlichen Drachen von
­Gertrud Schröder, die einen Einblick in ihr
Training mit Kindern bot.
Der Montagabend stand im Zeichen
der Vergangenheit. Die FABRIK-Veteranen
Hans Schmid, Martin Wiedemann und Ludwig Dörr erzählten in Wort und Bild von
den Anfangsjahren der FABRIK, in denen so
manche, die heute in der FABRIK arbeiten,
gerade erst geboren wurden.
Vormittags öffnete die Naturschule ihre
Türen und überraschte mit der Aktion
Brennessel. Man glaubt es kaum: Brennnesseln können viel mehr als britzeln, man kann
sie essen, trinken oder stabile Schnüre daraus anfertigen – alles war geboten.
­Der Nachmittag bot die Gelegenheit,
endlich einmal im Rampenlicht zu stehen.
Und zwar im Vorderhaus-Saal. Das Kulturbüro weihte in die hauseigene Licht- und
Tontechnik ein und ließ nachfühlen, wie es
so ist, als Künstler, allein auf der Bühne und
im Rampenlicht. Catering, ganz nebenbei,
natürlich inklusive.
Als Beitrag zur FABRIK-Woche steuerte
die friga – Sozialberatung Beratungstermine
bei. Was immer gefragt war, von A wie Abfindung bis Z wie Zuzahlung, die friga konnte
weiterhelfen.
Am Abend war Töpfern in der Keramik­
werkstatt angesagt. Es gab Ton und Engoben zum Bemalen, reichlich Rotwein und
Knoblauchdips. Und die entstandenen
Kunstwerke wurden auf Wunsch später
auch gebrannt.
Anschließend lud die Fahrradwerkstatt
zu Sekt, Saft, Musik und Film ein. Dabei
wurde mehr Sekt als Saft getrunken, und so
ergab sich denn ein sehr geselliger Abend.
26
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
FABRIK-Woche
Mittwoch
Freitag
Fazit
Nach so viel leiblichem Wohl hieß es am
Mittwoch morgen erst einmal in Bewegung
kommen. Gertrud Schröder vom Friedlichen
Drachen brachte auf Trapp und schulte die
Beweglichkeit, wie auch das Gleichgewicht.
Am späten Nachmittag war AMICA die
Gastgeberin. Heide Serra berichtete über
die Entstehung von AMICA, über das Prinzip
der Hilfe zur Selbsthilfe und über Syrien, wo
sich AMICA schon seit Jahren engagiert,
lange bevor sich die Öffentlichkeit für Syrien interessierte.
Der Tag klang in der Vorderhaus-Gaststätte aus. Verhandelt und getestet wurden
neue Essenstrends wie etwa „Schwarzwaldtapas“, zu denen Christian Miess allerdings
bewährte Getränke kredenzte.
Morgens standen in der Kita Rhythmik, Musik und Bewegung auf dem Programm. Kinder, Erzieher und Gäste schlängelten sich im
Alten Saal und auch hier hieß es: lieber mitten drin statt nur dabei – also mitmachen!
Am Nachmittag gab es eine Führung
durch die Freie Holzwerkstatt. Zu testen
und zu bewundern waren neben diversen
Ausstellungsstücken auch eine fast fertiggestellte, wunderschöne Apothekentheke.
Und ganz nebenbei erfuhr man viel über
die besonderen Herausforderungen, in den
Kellerräumen der FABRIK eine Schreinerei
zu betreiben.
Anschließend war die Druckerei
schwarz-auf-weiss zu besichtigen. Zu verfolgen war der Weg eines Produktes vom
Auftragseingang bis zur Fertigstellung. Als
Schmankerl hatten sich die Drucker ein Ratespiel mit drucktechnischen Fragen ausgedacht – die besten Teilnehmer wurden,
standesgemäß, mit alkoholischen Getränken
ausgezeichnet.
Zum Abschluss der FABRIK-Woche gab
es ein Fest bei den Motorradclubs. Der MC
Weingarten feierte nämlich seinen 40. Geburtstag, aber darüber wurde in diesem
Rundbrief weiter vorne schon berichtet.
Die Idee war gut, das angebotene Programm
vielseitig und spannend, aber die Nachfrage,
sprich: die Teilnahme eher enttäuschend
schwach. Selten kamen mehr als zehn Personen zu den Terminen, manchmal waren
es nur drei oder vier. Offensichtlich schafften es nur wenige FABRIKler, sich während
ihrer normalen Arbeitszeit für ein bis zwei
Stunden vom Alltag frei zu machen, um die
Kollegen und Kolleginnen vom Nachbarbetrieb zu besuchen. Trotzdem: das Interesse,
mehr voneinander zu erfahren, ist auf dem
Gelände immer präsent und spürbar groß.
Also gilt es, weiter über geeignete Formen
und Formate nachzudenken. Für nächstes
Jahr jedenfalls gibt es schon Pläne für thematische Nach-der-Arbeit-Treffen.
Donnerstag
Der neue Tag begann mit Kaffee und Kuchen und viel Information bei der Freiburger
Kinderhaus-Initiative, unter anderem zur
neuen, aktuellen Herausforderung, zunehmend auch Flüchtlingskinder in den Kindergärten zu integrieren.
Am Nachmittag konnte man ein weiteres Mal aktiv werden. The Move im Alten
Saal zeigte eine Kurzaufführung, bevor es
dann hieß: mitmachen!
27
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Vorderhaus außer Haus
„Vorderhaus außer Haus“ – das klingt griffig und ist inzwischen ein etablierter
Titel für die Veranstaltungen, die vom Kulturteam des Vorderhauses geplant
werden, aber nicht im ­Theatersaal der FABRIK stattfinden.
„Vorderhaus außer Haus“, das war lange nicht selbstverständlich. Der Saal an
der Habsburgerstraße war und ist Heimathafen: Zuhause, Basis, Grundlage und
Ausgangspunkt. Dass immer wieder Veranstaltungen an den verschiedensten
Orten außerhalb organisiert werden, hat vielfältige Gründe.
Da gibt es eine große Neugier auf Orte mit besonderem Flair, mit einer ganz
eigenen, nur dort zu findenden Atmosphäre. In der Regel finden hier weniger
Zuschauer Platz als im Vorderhaus, aber im Saal des Vorderhauses wurden
auch noch nie Klaviere oder wertvolle Weine gelagert, es wurde noch nie
übernachtet und am Morgen beim weiten Blick hinüber zu den Vogesen gefrühstückt. Nie hat es im Vorderhaus einen Blick in die unendlichen Weiten
des Weltalls gegeben oder den in Augenhöhe zu einer Ziergiebel-Statue an
der Kaiser-Joseph-Straße.
Aber der Reihe nach
Vorderhaus
außer Haus
Das Vorderhaus ist mit s­ einen
­Veranstaltungen gerne in
ganz F
­ reiburg unterwegs, aber
­schlussendlich ist es zuhause
doch am Schönsten
Das Alte Klavierdepot des Pianohaus Sanwald war einstmals bis unter die
Decke gefüllt mit Klavieren. Jetzt ist es leergeräumt, liebevoll neu eingerichtet
und wird von Petra Gack bespielt und mit neuem Leben gefüllt.
Hier sind wir zu Gast im Rahmen des freiburg-grenzenlos-festival genauso
wie im Weintunnel des Schwarzen Adler in Oberbergen. Gelagert werden hier
keine Klaviere, sondern, ebenfalls bis zur Decke hoch, beste Bordeaux-Weine.
Das kann man nicht nur sehen, sondern auch riechen! Einmal im Jahr wird für
einige Tage eine Bühne vor kleinen Barriquefässen aufgebaut und für verschiedenste Veranstaltungen genutzt. Wir haben in diesem besonderen Ambiente
meist Lesungen organisiert, mit Hannelore Hoger etwa oder Joachim Król.
Etwas verwunschen liegt das alte Berghotel auf dem Schauinsland am Ende
eines kleinen Sträßchens unter dem Gipfel. Im ehemaligen Speisesaal, den wir
jetzt als Bühne nutzen, kann man weit nach Westen blicken. Und manchmal
mannshohe Eiszapfen vor den Fenstern bestaunen, wenn Ende Januar extra
für unser Publikum die Schauinsland-Bahn in Bewegung gesetzt wird. Der
Platz verlangt nach etwas Bodenständigen, wir bespielen ihn meist mit einem
„Schwarzwälder“ Thema.
Im Planetarium Freiburg bietet sich eine eigenwillige Verschränkung von
Hören und Sehen. Die schräge Musik und ganz besondere Humor der Ars
Vitalis-Nachfolgruppe „Das wüste Gobi“ wurde begleitet von einem opulenten
­optischen Ausflug in interstellare Welten. Ein Abend, an dem man beispielhaft
erklären könnte, wie viel Vor-Arbeit und Organisation mit einem Theaterabend
verbunden ist, der nicht auf einer „normalen“ Bühne stattfindet und der dann
doch so leicht, locker und lebendig daherkommt …
Neu entdecken wollen wir zusammen mit unserem Publikum beim grenzenlosfestival im kommenden Februar den Humboldt-Saal in der Freiburger Stadtmitte. Dietrich Roeschmann hat den Saal schon vorher besucht und beschreibt
seine Eindrücke weiter hinten im Heft.
Alle diese Orte und Bühnen zeichnen sich durch ihre eigene unverwechselbare
Atmosphäre aus. Das gilt natürlich auch für die Innenhöfe, in denen wir im Lauf
der Jahre mit der Vorlesereihe „unter sternen“ zu Gast waren. Nachdem der
Innenhof des Adelhauserklosters wegen Umnutzungen nicht mehr bespielt
werden konnte, sind wir für zwei Jahre in das Haus zur Lieben Hand gezogen.
Lauschig und intim war der Hof dort, aber leider viel zu klein. So finden die
sommerlichen Lesungen inzwischen seit sieben Jahren im Hof der Spechtpas-
28
Vorderhaus außer Haus
sage statt, auch einer der Freiburger Plätze mit ganz eigenem Flair.
Für das breite Publikum sind alle diese „kleinen Bühnen“ eine Entdeckung, etwas Besonderes sind sie auch für uns als Veranstalter.
Wird hier doch erfahrbar, woher der Begriff „Kleinkunst“ kommt,
nämlich von kleinen Theatern, in denen schon die räumliche Nähe
zwischen Publikum und Bühne dafür sorgt, dass aus einer Kabarettvorstellung kein Weihe-Spiel wird. Dieter Hildebrandt etwa wollte nie
in einen größeren Raum, er hat die Intimität des „kleinen“ Vorderhauses sehr geschätzt. So, wie das Matthias Deutschmann oder Bea
von Malchus, die oft bei uns auftreten, heute tun.
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
nen Charakter. Im Großen Haus etwa mit seinen über 800 Plätzen
herrscht eine ganz intime Beziehung zwischen Künstlern und Publikum, das ist spürbar bis auf den letzten Sitz im zweiten Rang. Hier
sind alle Zuschauer dicht dran, denen auf der Bühne fällt es leicht,
alle Zuschauer mit einzubeziehen, es gibt keine Distanz, alles ist
nah und direkt. Das spürt man, wenn man das Vergnügen hat, selbst
einmal auf dieser Bühne zu stehen, wie das Vorderhaus-Team beim
Jubiläumsakt zum 25. Geburtstag.
Oder der Paulussaal, das gute alte „Dickschiff“ der Freiburger Veranstaltungsorte, mit seinem Charme und seiner Patina. Ein Ort mit
Viele wollen kommen …
allen Vor- und Nachteilen, die es so gibt. Keine Parkplätze, dafür
Atmosphäre ist das eine, Zuschauerzuspruch das andere. Seit der
nahe der Innenstadt. Keine Lademöglichkeiten, jeder ScheinwerGründung des Vorderhauses vor 27 Jahren hat sich vieles geänfer, jede Box, jedes Kabel und jede Flasche Sekt müssen über die
dert in der öffentlichen
Außentreppen auf die
Rezeption von Kabarett,
Bühne getragen werComedy und Co. Die
den. Wir sperren ganze
Kleinkunst hat die KelSitzreihen wegen Sichtlerbühnen verlassen, ist
behinderungen und die
breit im Fernsehen oder
Bestuhlung ist schon
auf YouTube und damit
sichtbar in die Jahre
auch in Messehallen
gekommen. Und trotzund Fußballstadien andem, der Paulussaal ist
gekommen. Eine solche
fest verankert im kultuGrößenordnung funktiorellen Bewusstsein der
niert natürlich nur, wenn
Stadt. Die Freiburgerinder Mainstream bedient
nen und Freiburger sind
wird - mit flachen Witzen
mit ihm aufgewachsen,
und harmlosen Pointen.
sie kommen gerne und
Dass es auch anders
zahlreich dort hin. So
geht, zeigt sich bei
wie auch das KulturVorderhaus-Gastspielen
team und die Gastroin „großen“ Räumen.
nomie des Vorderhaus
Marc-Uwe Kling im Bürden Saal mögen, allein
gerhaus Seepark, Haschon wegen des netgen Rether oder Jochen
ten und unkomplizierMalmsheimer im Konten Paulussaal-Teams!
zerthaus, Frank-Markus
Der Saal und die Bühne
Barwasser, Gerhard
wie auch die FunktionsPolt oder Gogol & Mäx
räume werden ab Frühim Paulussaal, Georg
jahr 2016 grundlegend
Schramm, Max Uthoff
erneuert, das wird rund
oder Matthias Brandt im
anderthalb Jahre dauGroßen Haus des Theaern. Ausreichend Zeit,
ter Freiburg – an solchen
um die Vorfreude auf
Abenden zeichnet sich
die Wiedereröffnung
Der Paulussaal, noch so, wie wir ihn kennen. Das wird sich ändern: ab April 2016 wird das
Größe und Qualität von
wachsen zu lassen.
­Traditionshaus grundlegend renoviert und saniert
Kabarett und Kleinkunst
durch Konsequenz, Kompromisslosigkeit und Haltung aus und eben
Wir sind gerne außer Haus mit dem Vorderhaus. Keine Frage, Ausnicht durch Zugeständnisse an den Massengeschmack.
flüge würzen das Leben. Aber wie gesagt, der Saal des Vorhauses
mit seinen knapp 200 Plätzen, mit der Gastronomie daneben als Ort
Es ist allerdings nicht allein die Größe eines Raumes, auf die es
zum Treffen und Diskutieren, zur Nachbereitung und Aufarbeitung:
ankommt. Bühnen haben oft ihre eigenen Qualitäten, ihren eigedas ist unser Heimathafen, ohne den für uns alles nichts wäre!
29
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
grenzenlos im Humboldtsaal
Volker Gerling – Daumenkinograph
Großes Kino in 36 Bildern
Eine beeindruckende „grenzenlos“-Veranstaltung
an einem beeindruckenden Ort, vorgestellt von Dietrich Roeschmann
M
anchmal reicht ein kurzer Abstecher in eine Seitengasse und ein Trip im Fahrstuhl, um dann staunend
aus einem Fenster im Dachgeschoss zu schauen und sich zu
fragen: Hey, ist das wirklich meine Stadt? Kenne ich diese
Straßen? Diese Giebel und Gauben gegenüber mit ihren irren Verzierungen und diese riesigen Dachterrassen mit Blick
über die Stadt, auf denen sich vermutlich nie jemand länger
aufhält als für eine Zigarette?
Einer dieser Orte, von denen aus man Freiburg kaum
wiedererkennt, ist der Humboldtsaal im frisch renovierten
Dachstuhl des Freiburger Hofes an der Humboldtstraße.
Geht man die bodentiefen Fenster ab, ist das wie ein Spaziergang durch die Freiburger Architekturgeschichte. Angefangen beim überladenen Historismus des Martinstor-Ensembles aus dem 19. Jahrhundert schiebt sich bald die coole,
technizistische Fassade des 1972 erbauten „Radio Bastian”Hauses in den Blick. Dahinter duckt sich die heutige „Mehlwaage”, 1767 als Stechhäusle des ehemaligen Schlachthauses
30
fertig gestellt, in den Schatten des KG III, das zu
den gelungenen Beispielen des Brutalismus der
späten Sechzigerjahre in Freiburg gehört.
Im Sommer 2014 vom Ticket-Service Reservix angemietet, der mittlerweile auch vier weitere
Etagen des denkmalgeschützten Freiburger Hofes
belegt, schließt der helle Saal mit seiner moderaten Größe für knapp 100 Personen eine Lücke im
Angebot der Veranstaltungsräume in Freiburg. Mitten in der Altstadt, aber hoch über den Dächern,
überschaubar, aber weitläufig dank freitragender
Dachkonstruktion, bietet er ein ideales Format für
Kammermusik, für Talks, Kleinkunst und andere
Performances, denen ein intimer Rahmen gut tut.
So gesehen war es nur eine Frage der Zeit, bis
die Veranstalter des freiburg-grenzenlos-festivals auf
den Raum aufmerksam wurden. Als Martin Wiedemann vom Vorderhaus – Kultur in der F
­ ABRIK
grenzenlos im Humboldtsaal
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Mädchen mit langen und mit kurzen Haaren, Jena, 2003
„Als ich Antonia auf der Straße nach dem Weg frage, sucht sie gerade eine Steckdose für ihre Haar­­­
schneide­maschine. Antonia hat beschlossen, sich die Haare von ihren Freundinnen abschneiden zu lassen.
Jetzt hat sie keine Zeit zu verlieren, weil sie Angst hat, es sich doch noch anders zu überlegen.
Antonia schließt die Augen. Erst wenn die Haare ab sind, will sie sich wieder anschauen.“
den Raum im vergangenen Sommer das erste Mal betrat, war er begeistert und hatte
sofort einen Künstler im Kopf, dessen Programm nirgendwo besser aufgehoben
wäre als hier, wo es so sehr um Blicke und Perspektiven geht und um das seltsam
entrückte, staunende, glückliche Gefühl, mitten im Alltag trotzdem über den Dingen
zu schweben.
Der deutsche Filmemacher und Fotograf Volker Gerling produziert ein solches
Glück seit Jahren mit denkbar einfachen, günstigen und ziemlich eigenwilligen
Mitteln: Seine Kunst ist das Daumenkino, dieses bewegte Bildgedicht mit seiner
stummen Fokussierung auf einen winzigen Augenblick, den man wie im Rausch
wieder und wieder durchblättert und in dessen unendlicher Wiederholung Gegenwart und Vergänglichkeit auf wundersame Weise zusammenfallen. 2002 baute sich
Gerling aus einem Küchenblech einen Bauchladen, legte sechs selbst fotografierte
Büchlein darauf aus und tourte mit dieser Mikro-Ausstellung einen Sommer lang
zu Fuß durch das Land. Aus den Begegnungen mit den Menschen, die er dabei auf
Dorffesten, in Fußgängerzonen oder Eckkneipen kennenlernte, entstanden wiederum
neue Fotoserien, die er zu neuen Daumenkinofilmen verarbeitete. Keiner umfasst
mehr als 36 Bilder, in 12 Sekunden fotografiert. Weil die Menschen oft nicht ahnen,
dass die Kamera in dieser Zeit drei Dutzend mal belichtet, fangen Gerlings Porträts
auch ihr stilles Aus-der-Pose-Rutschen ein und halten so die unmittelbare Schönheit
eines flüchtigen Moments fest.
„Bilder lernen laufen, indem man sie herumträgt” heißt das Programm, in dem
Gerling seine von Sommerwanderung zu Sommerwanderung wachsende Filmografie
bei Live-Auftritten vorstellt. Im Februar ist er damit im Rahmen des „GrenzenlosFestivals” nun erstmals auch in Freiburg zu Gast. „Auf der Bühne blättere ich die
Daumenkinos unter einer Videokamera ab, projiziere die Bilder auf die Leinwand
und lasse meine Protagonisten so für einen Moment lebendig werden“, sagt Gerling.
Durch ihre Geschichten, die er zu den Bildern erzählt, mutieren seine Daumenkinos
zu großem Kino. Es sind poetische Dokumentarminiaturen, witzig, überraschend
und oft zutiefst berührend. Sie handeln von Menschen, die unerwartet in ein neues
Leben stolpern, von einer jungen Obdachlosen etwa, die auf der Suche nach ihrer
gestohlenen Kindheit ist, oder von einem alten Mann, der die Welt verbessern wollte
und daran beinahe zugrunde ging.
Dass Gerlings bewegte Porträts jetzt den Weg nach Freiburg gefunden haben, ist
übrigens auch das Resultat einer ziemlich unmittelbaren Begegnung. Margrit Müller,
die als freischaffende Fotografin unter anderem für die FABRIK arbeitet, hatte die
Daumenkinos des in Berlin lebenden Regisseurs erstmals 2012 an der Hamburger
Triennale der Photographie gesehen. „Ich war von Anfang an hin und weg”, sagt
sie. Wo auch immer Gerling gerade auftrat, schickte Müller ihre Freundinnen und
Freunde hin – und infizierte schließlich auch das Kulturbüro der FABRIK und das
grenzenlos-Team mit ihrer Begeisterung für seine große Poesie der kleinen Form.
Dietrich Roeschmann
ist freier Journalist und
lebt in Freiburg
31
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016Besetzt!
Das frisch gegründete Ensemble Vorderhaus spielt „Besetzt!“
– Premiere ist am 27. Februar 2016
Neuland
Eigenproduktion
Mit „Besetzt!“ zeigt das Vorderhaus
ein eigenes Kindertheaterstück
A
b Februar erweitert das Vorderhaus sein Kinderkulturprogramm
um ein besonders Projekt: neben den zahlreichen KindertheaterGastspielen wird es nun auch eine erste Eigenproduktion geben.
„Besetzt!“ ist der Titel des spannenden Theaterstücks mit Musik
für Menschen ab 5 Jahren aus der Feder der Kölner Autorin und
Regisseurin Anja Schöne, die ihr Auftragswerk für das Vorderhaus
auch selbst inszeniert. Unterstützt wird sie dabei von den beliebten
Freiburger Schauspielern Veronika Sautter-Bendiks und Peter HaugLamersdorf, die allen Kindertheaterfans in der Region sicherlich ein
Begriff sind.
Die Idee für diese Eigenproduktion entsprang dem Wunsch, sich
auf der Bühne mit wichtigen Fragen rund um das Thema Umweltschutz und Klimawandel auseinanderzusetzen. Was zunächst ein
wenig theoretisch klingt, macht das Stück mit einem spannenden
Setting und einer Vielzahl an schrägen Protagonisten zu einem Theatererlebnis für die ganze Familie, bei dem Energiesparen zu einem
regelrechten Abenteuer wird: den Tieren reicht es endgültig – sie
wollen nicht länger unter den Folgen des menschengemachten Klimawandels leiden. Als Abgeordnete besetzen Siebenschläferdame
Selma und Eisbär Elvis ein Kraftwerk und legen damit eine ganze
Stadt lahm. Ihre Forderung: glaubwürdige Beweise, dass die Menschen ihr Energieverhalten in Zukunft ändern wollen. Da Elvis ein
riesiger Musikfan ist, wird der Appell an die Menschen nicht nur
zu einem alarmierenden Report, sondern gleichzeitig zu einer mitreißenden Musiknummer, die alle sofort für die Belange der Tiere
einnimmt. Alle - außer dem uneinsichtigen Leiter des Kraftwerks,
der seinen Angestellten Florian verdonnert, den stromlosen Zustand
zu ändern – und zwar schnell. Florian erkennt allerdings sofort, dass
er sich um Alternativen zum verschwenderischen Umgang mit dem
Kraftwerksstrom kümmern muss, um den Forderungen der Tiere
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gerecht zu werden und damit die Lichter in der
Stadt wieder angehen zu lassen. Unterstützt
von seiner Tochter Lina macht er sich auf eine
spannende Entdeckungsreise zu möglichen Alternativen und gemeinsamen Perspektiven von
Mensch und Tier.
Ohne pädagogischen Zeigefinger zeigt „Besetzt!“ wie sehr unser Leben von der Stromproduktion abhängt und wie aufmerksam wir
gleichzeitig mit der Art der Stromerzeugung
und -nutzung umgehen müssen, um die Welt
für uns und alle anderen Lebewesen zu erhalten. Die beiden Protagonisten springen dafür
in temporeichen Wechseln von einer Rolle in
die nächste, sind eben noch Vater und Tochter
und im nächsten Moment schon die Abgeordneten der Tiere. Der Welt der vermeintlichen
eigenen Bedürfnisse wird die Welt der Tiere und
Pflanzen gegenübergestellt, die nicht wegen
menschlicher Bedürfnisse zerstört werden darf.
Humorvoll und gleichzeitig informativ erläutert
das Stück, wie sehr ein ausufernder Energieverbrauch die Grundlagen unserer wichtigsten
Bedürfnisse zerstört und wie jeder dazu beitragen kann, verantwortungsvoller mit Energie
umzugehen und gegen die Klimaerwärmung anzusteuern. Die jungen Zuschauer werden dabei
zu Komplizen im Bemühen um einen aktiven
FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Besetzt!
Anja Schöne
Regisseurin und Autorin, Köln
Anja Schöne, 1978 in Krefeld geboren, studierte
nach dem Abitur Theaterwissenschaften, Germanistik und Anglistik. Danach arbeitete sie am Staatstheater Stuttgart sowie am Schlosstheater Moers.
Seit 2007 ist Anja Schöne freiberuflich als
­Regisseurin, Autorin, Theaterdozentin und
­Festivalleiterin unterwegs. Sie arbeitet regelmäßig
für verschiedene Theater (u.a. Junges Schauspielhaus Bochum, Comedia Köln, Kammeroper Köln).
Seit 2013 ist sie Hausregisseurin am Horizont Theater Köln.
Außerdem ist sie im Bereich der kulturellen Bildung aktiv, entwickelt Theaterproduktionen mit Jugendlichen und leitet Schreibwerkstätten. Das so entstandene Stück
„Just do it“ ist Preisträger des Wettbewerbs Kinder zum Olymp! der Kulturstiftung
der Länder.
Auch ihre eigenen Stücke und Inszenierungen sind vielfach ausgezeichnet. 2011
­erhielt sie für ihre Geschichte „septembermädchen“ den Moerser Literaturpreis.
Peter Haug-Lamersdorf
Schauspieler und Sprecher, Freiburg
Schutz unserer Welt gemacht. So entsteht ein
Theatererlebnis, das allen ebenso viel Freude
machen wie auch zu einem bewussteren Handeln im eigenen Alltag inspirieren soll.
Anja Schöne
Eine möglichst umweltschonende Energie­
versorgung und -nutzung ist von zentraler
­Bedeutung, nicht nur in ökologischer Hinsicht.
Energieerzeugung hat auch mit Demokratie
zu tun. Aus zentralistischen Strukturen ent­
steht kein demokratischer Umgang mit einem
wichtigen Thema unserer Gesellschaft, der
­Energieversorgung.
Der „Förderverein für umweltfreund­
liche Stromverteilung und Energieerzeugung
Schönau im Schwarzwald“, kurz FuSS, hat
sich zum Zweck gesetzt, darüber Informatio­
nen insbesondere an Entscheidungsträger im
politischen und wirtschaftlichen Bereich zu
verbreiten. In der Geschichte des Vereins und
seiner Informationsarbeit wurde immer auch
Kultur gefördert.
Wir bedanken uns ganz herzlich beim
FuSS e.V. für die große finanzielle Unter­
stützung bei der Produktion von „Besetzt!“.
Als ein Zeichen des Danks und der Verbun­
denheit wird das Stück auch an Schönauer
Schulen aufgeführt werden.
Peter Haug-Lamersdorf wurde 1961 in VillingenSchwenningen im Schwarzwald geboren. Nach der
Schauspielausbildung folgten für ihn Engagements
in vielen Städten. Auch in der Freien Szene ist er
zuhause, so verbrachte er einige Zeit in Berlin
und in Zürich. Seit 1992 spielt er regelmäßig am
Wallgraben Theater und am Theater Freiburg.
­Außerdem ist er Mitglied beim Freiburger Ensemble
RadiX.
Darüber hinaus tritt er mit eigenen Programmen auf, wie zum Beispiel der preis­
gekrönten Inszenierung von „Wer hat meinen kleinen Jungen gesehen?“.
Und nicht zu vergessen: Lange Jahre war er die Stimme in den Straßenbahnen Freiburgs. Ganz charmant und zuverlässig sagte er täglich alle Haltestellen von Breisach
bis Gundelfingen an. Und wie seine sehr angenehme, geschulte Stimme vermuten
lässt, ist er auch als Sprecher sehr gefragt, etwa bei ARTE und beim SWR.
Veronika Sautter-Bendiks
Schauspielerin, Sprecherin und Theaterpädagogin,
­Freiburg
Veronika Sautter-Bendiks, geboren 1983 in
­Tübingen, besuchte von 2008 bis 2012 die
­Freiburger Schauspielschule. Davor studierte sie
Musik, Kunst und Deutsch an der Pädagogischen
Hochschule Freiburg. Während des Studiums
­absolvierte sie die Ausbildung zur Theater­
pädagogin im SpielRaum Freiburg.
Seit 2012 ist Veronika Sautter-Bendiks als frei­
berufliche Schauspielerin, Sprecherin und Theaterpädagogin tätig. Zu sehen ist sie
in den verschiedensten Produktionen am Wallgraben Theater, im E-Werk, bei den
­Immoralisten. Seit 2008 ist sie festes Ensemble-Mitglied beim Theater RadiX.
Im Jahr 2014 gründete sie das KinderTheaterRadieschen, die Premiere des ersten
Stücks „Lenchens Geheimnis“ fand im September 2014 im Vorderhaus statt.
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FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Kolumne
Richtig schick machen
Für Frank Goosen müssen Künstler und Publikum schon zusammenpassen
B
ei meinen Bühnenveranstaltungen kommt es bisweilen zu Missverständnissen.
Manchmal passen Künstler und Publikum nicht so recht zusammen. In klassischen Kabarett-Theatern kann es sein, dass die Menschen vor allem Politisches erwarten, also dass der Protagonist auf der Bühne in zwei Stunden sämtliche Probleme des
Landes anspricht, durchdiskutiert – und löst. Da haben dann die Männer das Jackett
wie Rolf Hochhuth nur mal schnell über die Schultern geworfen und balancieren ein
Glas Rotwein in den Saal. Da weiß ich dann: Das wird schwer! Für mich - und für die!
Im Hofgarten-Theater in Aschaffenburg hatte ich jedoch mal eine Vorstellung, da
saßen in der ersten Reihe keine Jackett-Träger, sondern drei Jungs in Trikots des FC
Schalke. Statt „Guten Abend“ sagte ich: „Ich kann so nicht arbeiten!“ – und ging
wieder ab. Darauf sangen die drei: „Schalke ist der geilste Club der Welt!“ Das konnte
ich so natürlich nicht stehen lassen, ging zurück und lieferte mir mit den Drei einen
etwa fünfminütigen verbalen Schlagabtausch, nach dem dann auch den Rotweinsäufern im Publikum klar war, in welche Richtung sich dieser Abend entwickeln würde.
Bei meinem nächsten Auftritt im selben Theater waren nicht nur die drei Schalker
wieder da, sondern auch ein schon vor der Vorstellung herzhaft betrunkener Bochumer, außerdem Anhänger von Eintracht Frankfurt, Kickers Offenbach, Mainz 05 und
sogar Darmstadt 98 und Hessen Kassel. Alle in Trikots!
➔
Frank Goosen ist Autor,
­Kabarettist, Fußballfan und
außerdem Präsidiumsmitglied
beim VfL Bochum.
1997 gastierte er zum ersten
Mal im Vorderhaus, damals
noch im Duo „Tresenlesen“.
Sein nächster Auftritt
mit dem Programm
„Förster, mein Förster“
ist am 1. März 2016.
Oder nehmen wir Heidelberg: Da hatte der Veranstalter für alle Anwesenden zur
Voraussetzung gemacht, dass sie in Fußballtrikots erscheinen. Hatten auch alle brav
gemacht. Bis auf einen, den ich dann irgendwann von der Bühne herunter fragte,
wieso er denn von der Kleiderordnung abweiche. Er gab zurück, dass er Fan des
1.FC Kaiserslautern sei und nur ein einziges Trikot gehabt habe, nämlich eines aus
der Saison, in welcher der FCK als Aufsteiger direkt deutscher Meister geworden sei.
Und genau dieses Trikot habe die Frau, von der er sich kürzlich getrennt habe, als
Racheakt verbrannt! Die Empörung im Saal schlug hohe Wellen. Es wurde erwogen,
dieser Frau jetzt sofort einen Besuch abzustatten. Ich fragte den Trikotlosen, wie er
denn auf diesen niederträchtigen Akt reagiert habe. Darauf sprach er breit grinsend:
„Ich habe alle ihre anderen Klamotten verbrannt!“
Nach der Vorstellung kam es dann noch zu einem regelrechten Bambi-Moment. Ein
anderer Lauterer-Anhänger stellte sich vor und eröffnete dem Brandstiftungsopfer,
er habe noch ein Trikot aus jener Saison, das könne der Andere gerne haben. Gleich
darauf lagen sich zwei Männer weinend vor Glück in den Armen und bewiesen mal
wieder, dass das Frauen-Vorurteil, Männer könnten keine Gefühle zeigen, nicht
stimmt. Sie sprechen uns nur oft auf die falschen Dinge an.
Angeblich werden ja die Männer abends immer nur von ihren Frauen gezwungen, ins
Theater zu gehen. Für meine Veranstaltungen gilt aber wohl das Argument: Komm
mal schön mit, bei dem kannst du dich auch richtig schick machen! Auch in Freiburg!
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FABRIK-Rundbrief | Winter 2015/2016
Adressen
FABRIK für Handwerk, Kultur und Ökologie e.V.
Habsburgerstraße 9 | 79104 Freiburg | Tel. 0761.50 365-30 | Fax 0761.50 365-55 | www.fabrik-freiburg.de
Hausbüro
50 365-30
Vorderhaus-Kulturbüro
50 365-40
Veranstaltungsinfo
50 365-44
Keramik-Werkstatt der FABRIK
50 365-56
Offene Werkstatt
Di 16-20, Fr 17-21
www.fabrik-freiburg.de
www.vorderhaus.de
AMICA 556 92 51
BAGAGE – Pädagogische Ideenwerkstatt 55 57 52
bagageArt 55 57 31
Mo-Fr 8.30-12, 13-17
Fahrradwerkstatt
5 27 29
Mo-Fr 10-13, 15-18.30
Reparatur in Selbsthilfe Mo-Fr 15-18.30, Sa 10-14
Die Radgeber & Tandemladen (Spechtpassage) 292 76 70
Freiburger Kinderhaus-Initiative
707 68 22
Freie Holzwerkstatt
5 45 31
Mo-Fr 8.30-12.30, 13.30-17
Friedlicher Drache Gertrud Schröder
47 14 85
friga – Sozialberatung
090010-37442 Di-Do 10-15
Kindertagesstätte FABRIK 55 35 95
Mo-Fr 7.30-16
Markt & Strategie Eckhard Tröger
557 46 01
Medien Service Siegfried Wernet
514 57-16
Motorradclub Kuhle Wampe
Mi 20.30
Motorradclub Weingarten
Fr 20
Naturschule Freiburg
2 44 08
Di, Mi, Fr 9-12 Do 13-16
Probe — Projektberatung in der FABRIK
27 28 39
schwarz auf weiss Druck & Litho
514 57-0
The Move — Neuer Tanz im Alten Saal
707 85 33
Vorderhaus Gaststätte
557 70 70
Mo-Sa ab 12, So ab 10
Wochenmarkt in der FABRIK 590 09 83
Sa 9-13
Zett [di’zain] Günther Zembsch
514 57-18
www.amica-ev.org
www.bagage.de
www.bagageArt.de
www.fahrradwerkstatt-freiburg.de
www.fabrik-keramik.de
N
E
R
U
FIG R
E
T
A
E
H
T
TAGE
www.radgeber-freiburg.de
www.freiburger-kinderhausinitiative.de
www.wir-machen-moebel.de
www.friedlicherdrache.de
www.friga-freiburg.de
www.marktundstrategie.de
www.freiburg.kuhle-wampe.de
www.mcw-freiburg.de
www.naturschule-freiburg.de
www.sawdruck.de
www.move-freiburg.de
www.vorderhaus-restaurant.de
K U LT U R I N D E R FABRIK
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