Nächstenliebe füllt den Magen

2,00 Euro (90 Cent davon gehen an den Verkäufer)
Ausgabe 138 Juli 2015
Nächstenliebe füllt den Magen
Foodsharing & Suspended Coffee
Vorstand
Tel.: 04321-41755
Hans-Christian Hübscher, 1. Vorsitzender
[email protected]
Oliver Sievers, 2. Vorsitzender
[email protected]
Fritz Krämer, Schriftführer
[email protected]
Frank Wohler, Schatzmeister
[email protected]
Leitung
Tel.: 04321-41755
Andreas Böhm
[email protected]
[email protected]
Info
Café Jerusalem
Bahnhofstraße 44, 24534 Neumünster
Telefon: +49 (0) 4321 41755
E-Mail: [email protected]
www.cafe-jerusalem.org
Sie wollen uns schreiben? Herzlich gerne!
Nutzen Sie dafür bitte folgende Möglichkeiten:
E-Mail an die Redaktion:
Finanzverwaltung Tel.: 04321-41755
Malu Schulze
[email protected]
Informationen zum Café:
Finanzen
Tel.: 04321-41755
Frank Wohler
[email protected]
Fragen zu Spenden:
[email protected]
[email protected]
+49 (0) 4321- 41755
[email protected]
[email protected]
Sozialarbeit
Tel.: 04321-41755
Rainer Addicks
[email protected]
Hauswirtschaft Tel.: 04321-41755
Felicitas Prösch
[email protected]
Redaktion
Tel.: 06133-509541
Dr. Frieder Schwitzgebel
[email protected]
Verena Christ
[email protected]
Spendenkonto:
Café Jerusalem e.V.
V + R Bank
IBAN: DE31 2129 0016 0000 020620
BIC: GENODEF 1NMS
138. AUSGABE
MITARBEIT AN DIESER AUSGABE:
Dr. Frieder Schwitzgebel, Andreas Böhm,
Verena Christ
TITELBILD/RÜCKSEITE: Nächstenliebe füllt den Magen
FOTOGRAF: Verena Christ
LAYOUT, SATZ UND IDEE: Café Jerusalem
RÜCKSEITE: Café Jerusalem
HERZLICHEN DANK AN ALLE PATEN!
Unsere Achtung gilt jedem Straßenverkäufer!
Sie stehen bei jeder Witterung in und um Neumünster.......... JË
Wichtiger Hinweis
für den Käufer!
Einziger Verkaufsraum des Straßenmagazins Die Jerusalëmmer ist die Stadt
Neumünster, deren Vororte und in Absprache mit unseren Kollegen von
Hinz&Kunzt sowie Hempels Bad Bramstedt und Bad Segeberg!
(13 8 . ) Au s ga be # 7 • 2 0 1 5
3
JË
Die
Entlang der Küsten der Welt
# 08
Fotograf Michael Priebe hat
aktuell eine Fotoausstellung
in Kiel. Seine Bilder zeigen
einige Küsten der Welt. Wer
ist Michael Priebe und was
fasziniert ihn an den Küsten?
alëm
Jerus
mer
WORT ZUR AUSGABE
.....# 06
KUNST UND KULTUR
Entlang der Küsten der Welt
ÜBER DEN TELLERRAND GESCHAUT
Das schmeckt gut - Foodsharing in Kiel
Suspended Coffee
# 18
"Einen Kaffee für mich und
einen Aufgeschobenen." Die
Aktion 'Suspended Coffee' bietet
Menschen, die wenig Geld haben,
den Genuss von Kaffee kostenlos
an. Wie genau das funktionieren
soll, erfahren Sie hier!
Jogging-Runden für
Abhängige
# 14
Dutzende obdachlose
Abhängige joggen entlang
des Viertels Skid Row in Los
Angeles, um von Drogen und
Alkohol wegzukommen. Was
hat es damit auf sich?
Karl-May-Spiele 2015
# 26
Ein jährlich neu inszeniertes
Schauspiel im Wilden Westen
sorgt bei Tausenden Besuchern
für staunende Gesichter und
leuchtenden Augen. Um was
geht es dieses Jahr? Dies und
mehr verraten wir Ihnen...
# 08
# 12
INSP
Jogging-Runden für Abhängige
# 14
CAFÉ INTERN
Zuwachs im Kleiderlädchen
# 17
ÜBER DEN TELLERRAND GESCHAUT
Suspended Coffee
# 18
KULTUR
An Großvaters Seite
# 20
UNSERE KOLLEGEN
Draussenseiter
# 22
LEBENSBILDER
Achtjähriger spendet seine Haare
# 25
UNSER NORDEN
Karl-May-Spiele 2015 - Im Tal des Todes
# 26
Nachdruck und Nebenrechte:
Nachdruck: Nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos, Bilder oder Bücher wird keine Haftung übernommen.
Das Straßenmagazin von Neumünster "Die Jerusalëmmer" wird vom Café Jerusalem herausgegeben und von einer unabhängigen Redaktion gestaltet. Die
Beiträge geben die Meinungen der jeweiligen Autoren wieder, die nicht notwendigerweise identisch mit der des Herausgebers oder einzelner Mitarbeiter des
Café Jerusalem sein müssen. Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Beiträge
zu kürzen. Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kostenfrei, aber ohne
Rechtsanspruch und Gewähr.
Liebe Leserinnen und Leser,
Die allermeisten Menschen, so habe
ich die Erfahrung gemacht, haben das
Bedürfnis, ihren Mitmenschen etwas
Gutes zu tun. Soweit so gut. Und doch
glauben wir Mitarbeiter im Café Jerusalem, dass wir nicht immer die richtigen
Wege wählen dafür.
Die Redaktion, ein Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Café Jerusalem, möchte
Sie als Leserin und Leser mit Themen,
wie anderen Menschen etwas Gutes
getan wurde und werden kann, vertraut machen. Taten an anderen, die
deren Leben zum Positiven verändern.
Denn unserer Meinung nach, sollte jede
Handlung an einem anderen oder für
einen anderen selbstlos und lebensverändernd wirken. Nicht das wir uns
falsch verstehen. Das Getane darf und
hat natürlicher Weise auch oft angenehme Nebenwirkungen, die mir als
„Täter“ ein gutes Gefühl geben, mich
glücklich machen oder gar vor anderen
Ansehen bringen. Aber dies sollte nie
das wahre Motiv sein.
Bei näherer Betrachtung solch positiven Handelns zeigt sich des Öfteren,
dass eine Handlung nicht immer etwas
mit der Neigung zur Hilfsbereitschaft
zu tun hat, sondern es auch um die
Beruhigung des Gewissens geht – mich
entlasten soll. Es wird u.a. dann deutlich, wenn ich kein wirkliches Interesse
am betroffenen Menschen habe, son-
dern mein Handeln als „Pflichterfüllung
oder Notwendigkeit“ betrachte. Aber
nicht immer muss meine Tat in einer
persönlichen und verbindlichen Beziehung enden. Auch wenn wir glauben,
dass dies der geeignetste Weg ist, Armut wirklich entgegen zu treten. Dafür
gibt es unter anderen ja auch Werke
wie das Café Jerusalem.
Wir sehen zum Beispiel eine Geldgabe
in der Fußgängerzone an einen Menschen, der irgendwo sitzt und bettelt,
als problematisch an! Warum? Weil wir
aus der Erfahrung wissen, dass durch
diese Gabe keine Verhaltens- und Lebensveränderung eintritt, seltenst etwas wirklich Notwendiges gekauft wird
und empfundene „Wertschätzung“ tatsächlich in EURO bemessen wird. Und
wir fragen uns, wem wirklich dabei geholfen wurde?
Tatsache ist doch: Der Bettelnde erlebt,
dass sein Verhalten belohnt wird, und
erhält so an guten Tagen hohe zweistellige Beträge, zeitweise mehr als 100
EURO. Geld, das jeder ihm gönnt und
doch viel zu selten zu einer positiven
Lebensveränderung führt. Und der Geber? Wird Armut dadurch beseitigt?
Wird durch die Gabe ermutigt oder
aufgebaut? Ist persönlicher Zuspruch
dadurch weitergegeben worden? Wir
vermuten und erleben durch Gespräche
mit einigen unserer Gäste: Nein. Es geht
ums liebe Geld! Das macht zwar einiges
leichter und erträglicher, aber es verändert nicht dauerhaft zum Positiven.
Gerade im Sommer werden Armut und
Teile unserer desolaten Gesellschaftssituation erträglicher, weil die „Rahmenbedingungen stimmen“. Es ist nicht
mehr so kalt draußen und viele der Betroffenen sind „auf Wanderschaft“. Erst
wenn es wieder winterlich wird und die
Zeit nach Erntedank beginnt, wird es
schwieriger.
Doch jetzt ist Sommer und die Stimmung ist positiv. Eine Zeit, um den
richtigen Umgang mit dieser Thematik
einzuüben, sich auszuprobieren und
Ausschau zu halten, was mir liegt in der
Verantwortung an meinem Nächsten.
Möglichkeiten, die Sie interessierten
können, werden Sie in dieser Ausgabe
finden. Sie hat einiges zu bieten und ich
wünsche Ihnen von Herzen einen eindrucksvolle Lesezeit!
(13 8 . ) Au s ga be # 7 • 2 0 1 5
5
Wetterfühlig
So, die Johannisnacht - d.h. der längste
Tag und die kürzeste Nacht des Jahres
- liegt hinter uns. Vor uns aber liegt ein
ganzer Sommer, den wir uns sonnig und
leicht wünschen.
Anders als bei Landwirten und Naturvölkern spielt der Rhythmus der Jahreszeiten im Alltag der allermeisten von uns
keine existenzielle Rolle. Klar, wir freuen
uns über schönes Wetter, wünschen uns
weiße Weihnacht und ähnliches. Aber
auch wenn's regnet oder tagelang nebelt, geht unser Leben normalerweise
unbeschadet weiter.
Etwas anders sieht das für viele Gäste
des Cafés aus. Wer auf der Straße lebt ist
Kälte, Feuchtigkeit oder aber übergroßer
Hitze ganz anders ausgeliefert. Hier ist
schlechtes Wetter nicht nur lästig. Hier
kann es zur großen Last werden.
Einer, der sich darüber Gedanken macht,
ist der Künstler Stefan Weiller. Seit 2009
reist er in deutschsprachige Städte und
interviewt wohnungslose Frauen und
Männer. 351 Interviews hat er seither
geführt. Die Begegnungen finden jeweils
in Einrichtungen der Obdachlosenhilfe,
in Teestuben, Bahnhofsmissionen, aber
auch in Frauenhäusern statt.
Morgenhase & M
orgenkater visitin
g Sunny Weather
In den Interviews stellt Weiller Fragen
zur Vorgeschichte, die in die soziale Not
führte, und zum Erleben der eigenen
Situation. Die Interviews verarbeitet
Weiller zu Texten für die bundesweit
beachteten dokumentarischen Musikprojekte „Deutsche Winterreise“ (www.
deutsche-winterreise.de), „Die schöne
Müllerin“ (www.die-schoene-muellerin.com) und „Wiegenlieder – von der
Sehnsucht nach Ruhe und Schlaf“ (www.
schlafundwiegenlieder.de) .
Im Rahmen dieser Projekte wurde auch
folgende Aussage aufgezeichnet: „Ihr
denkt ja immer, Weihnachten sei das mit
der Obdachlosigkeit besonders schlimm.
Das stimmt gar nicht. Schlimm ist es im
April, wenn sich kein Mensch und keine
Zeitung mehr für dich interessiert. Oder
im Juli, wenn jeder denkt, wir hätten es
ja jetzt hübsch warm und romantisch –
so arbeitslos und lässig im Park. Weihnachten, da kommen den Leuten Gefühle, da hat jeder Angst, du könntest unter
städtischem Lichterschmuck erfrieren
- by Claus Ast
und mit deinem toten Kadaver so richtig
die Glühweinstimmung vermiesen. Sobald es draußen wieder blüht, glaubt jeder: jetzt sei alles gut. Aber hab ich mehr
Freunde, nur weil die Rosen blühen? Gibt
mir einer einen Job, nur weil Krokusse
im Park stehen? Soll ich zufrieden sein,
nur weil es warm ist? Im Sommer, wenn
sich wirklich keiner mehr für dich interessiert, dann ist eigentlich Eiszeit.“
Gott nimmt unsere Taten ernst
WORT ZUR AUSGABE
Eines ist ganz klar:
Niemand von uns kann sich den Himmel mit guten Taten
verdienen. Wenn wir bei denen stehen, die die Herrlichkeit
Gottes erben dürfen, dann ist das die reine Gnade Gottes.
Aber ich möchte damit den Worten Jesu keinesfalls die Spitze
abbrechen. Jesus sieht wohl auf
das, was wir tun. Er interessiert
sich ganz außerordentlich dafür,
ob wir seinen geringsten Brüdern
zu essen geben und ob wir bereit
sind, die Gemeinschaft mit ihnen
zu pflegen.
„Der Glaube ohne Taten ist tot“
sagt Jakobus. Und ich muss mich
fragen lassen, ob ich das wirklich ernst nehme. Ich muss mich
fragen lassen, ob ich mich nicht
manchmal hinter meinem Glauben verstecke, wenn ich an den
geringsten Brüdern in Rumänien
vorbeigehe, die von den hundert
Euro auf meinem Konto gut und
gerne drei Monate leben könnten.
Jesus fragt am Schluss nicht nach
großen Weltverbesserungs-
theorien. Er wirft auch keinem vor,
dass er die ungerechte Weltwirtschaftsordnung nicht umgekrempelt hat. Sondern er spricht von
ganz konkreten kleinen Taten, die
jeder von uns tun kann und die wir
entweder getan oder unterlassen
haben.
Er sagt: „Vers 35 Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu trinken
gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen,
und ihr habt mich gekleidet. Ich
bin krank gewesen, und ihr habt
mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen, und ihr seid zu mir
gekommen.“
Jesus spricht hier nicht davon,
dass wir eine perfekte Welt schaffen müssen, so dass wir uns rausreden könnten mit dem Ar-
gument, dass wir ja gegen die
Politiker nicht ankämen. Sondern
Jesus spricht davon, dass wir die
einfachsten menschlichen Grundbedürfnisse Einzelner stillen: Das
Bedürfnis nach Essen und Trinken,
nach Wohnung und Kleidung, sowie das Bedürfnis nach menschlicher Nähe. Und dazu haben wir
reichlich Gelegenheit.
Bei allem kann es natürlich nicht
darum gehen dafür zu sorgen, dass
unsere guten Taten beim jüngsten
Gericht namentlich erwähnt werden. Wir sind dann ganz sicher auf
der falschen Spur, wenn wir selbst
das wohlwollende Urteil Gottes
über unser Verhalten vorwegnehmen wollen. Es ist ein Unterschied,
ob wir uns und unsere Taten anerkennend betrachten, oder ob Jesus
das tut. Denn was die Schar der
Gerechten ausmacht ist ja
(13 8 . ) Au s ga be # 7 • 2 0 1 5
gerade, dass sie sich überhaupt
keiner guten Taten bewusst sind.
Sie fallen aus allen Wolken, als Jesus ihnen sagt, dass sie sich um
ihre Nachbarn gekümmert hätten. Sie haben einfach das getan,
wozu sie aus Liebe zu Gott und
den Menschen getrieben wurden.
Sie sind sich keines Verdienstes
bewusst.
Nun ist es natürlich schwierig, sich
vorzunehmen, gute Taten zu tun,
von denen man nicht weiß, dass es
gute Taten sind. Aber keine Angst.
Wenn wir sie aus Liebe zu Jesus
und mit dem Herzen tun, dann
vergessen wir sie automatisch bald
wieder. Und wenn wir dann vor
ihm stehen, werden wir so überwältigt sein, dass wir außer an die
Gnade und Liebe Jesu sowieso an
nichts anderes mehr denken können. Wir müssen also keine Angst
7
haben, so vielen Menschen mit
einem guten Wort oder einer geschenkten Stunde Zeit zu helfen,
dass wir das vor dem Thron Jesu
noch wissen. Wir haben die großartige Möglichkeit, den Herrn aller
Herren in unser Haus einzuladen,
ihm eine Spende nach Afrika zu
schicken und ihm im Sterben die
Hand zu halten. Oder spendieren
Sie Jesus doch einfach mal wieder
eine Portion Pommes mit Majo.
Oder, oder, oder...
AMEN
www.predigtnetz.de
Entlang der Küsten der Welt
Michael Priebe Photography
Im Kieler Finanzministerium läuft zurzeit eine Fotoausstellung mit dem Thema "Bilder aus Eis und
Meer". Die beiden Fotografen Michael Priebe und Christiane Repenning haben einige ihrer Fotografien
eingereicht, welche nun im großen Format die Wände zieren und einen beim Betrachten an andere
Orte tragen.
Wir fanden, Michael Priebe hat noch viel mehr zu bieten und in dieser Ausgabe möchten wir ihn Ihnen
und seine Bilder von den Küsten der Welt vorstellen.
KUNST UND KULTUR
Fotos © Michael Priebe
Bilder aus Eis und Meer
Was sind das für weiße Gestalten,
die seelenruhig auf blauem Wasser
treiben? Das können nur Eisberge
sein. Fotograf Michael Priebe zeigt
in der Ausstellung im Finanzministerium viele seiner Bilder, die zu
seinen Serien "By the Sea" und "Ice"
gehören. Diese hat er an den unterschiedlichsten Küsten der Welt
gemacht: Grönland, Island, Usedom,
Griechenland.
Die ausgestellten Bilder hat der Fotograf auf die Bitte hin, dass es überwiegend Farbige sein sollen, selbst
ausgewählt. Für ihn nicht ganz leicht,
denn der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der SW-Fotografie. Seine
Grönlandbilder werden hier zum ersten Mal öffentlich gezeigt. Zu seiner Auswahl sagt er: "Es ist mir zum
einen wichtig, eine gewisse Band-
breite meiner Arbeit zu zeigen, zum
anderen müssen die ausgewählten
Arbeiten in sich kleine Themengruppen bilden, welche in der Hängung
zusammenspielen." Zu seinen Eisbildern passt folgendes Zitat:
"Eis - fester Aggregatzustand des
Wassers, doch so wie dieses mehr
ist als nur Flüssigkeit, ist es mehr
als nur ein fester Stoff: Vielfältig in
der Kühle seiner Farben, hart in den
Kontrasten zu seiner Umgebung,
flüchtig in der Beständigkeit seiner
Formen ... fortwährend dabei, sich
im Schmelzen zu verlieren und doch
im Verlust der Form neuen Formen
Gestalt gebend."
Es werden aber nicht nur mit Eisbergen gezierte Küsten gezeigt, sondern
auch solche ohne Eis. Ein zentrales
Motiv seiner Fotografie ist die Landschaft. Er möchte mit seinen aus-
gestellten Bildern das existenzialistische Verhältnis zur Landschaft in
Verbindung mit der Einsamkeit in
und vor ihr, welches in seinen Bildern
mitschwingt, deutlich machen. Des
Weiteren möchte er die Größe und
Erhabenheit der Natur, die lange vor
uns existierte und uns lange überdauern wird, zeigen. "Manche der
gezeigten Orte werden die Betrachter
nie persönlich kennenlernen, andere
bekannte aus einer vielleicht neuen
Perspektive sehen und ihnen mit einer anderen Aufmerksamkeit begegnen." Im Vordergrund steht jedoch
die Schönheit, die sich in Formen, Farben und Strukturen offenbart.
"Landschaft - das Ergebnis geologischer und klimatischer Prozesse ...
Lebensraum und Existenzgrundlage
ihrer Bewohner ... in ihrer bildhaften
Wiedergabe immer auch Zeichen von
gesellschaftlicher Verfassung und
(13 8 . ) Au s ga be # 7 • 2 0 1 5
Michael Priebe
Spiegel seelischer Empfindungen ... gefangen im Spannungsfeld zwischen Kultur- und Naturlandschaft."
Caspar David Friedrichs Gemälde "Kreidefelsen auf
Rügen" (1818, Romantik) verbinden wir mit der Weite
und Sehnsucht nach etwas Neuem. Das folgende
Zitat veranschaulicht die Empfindungen Michael
Priebes, wenn er die Küsten der Welt betrachtet: "Für
mich stand immer die Erfahrung von Weite, Einsamkeit und die Unmittelbarkeit der Elemente im Vordergrund. Das Meer als Wüste, das mich herausfordert
und mich zwingt, mich auf mich selbst zu beziehen."
Michael Priebe ist in Norddeutschland aufgewachsen.
Deshalb waren Küsten, Inseln und Strände schon früh
ein Teil seiner Erlebniswelt. In den 80er Jahren begann er das Segeln und durfte auf diesem Wege viele
Küsten Europas und die Weiten des Atlantiks bestaunen. Er schwärmt: "Von See aus hat die Küste das
Bedrohliche mit ihren Zweifeln an der Genauigkeit
der Position und dem Wissen um die ausreichende
Wassertiefe, von der Küste aus ist es das Meer mit
seiner Unberechenbarkeit von Wind und Wellen."
"Am Meer - die Nahtstelle zwischen dem Land und
dem Ozean, der Übergang vom Begehbarem zum Befahrbarem, vom Ortbarem und Fassbaren zur bestimmten Weite des Ortlosen. Das Meer - Projektionsfläche für das Leben und zugleich seiner Bedrohung;
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der sich hinaus wagt, riskiert sein Leben
und entdeckt die unbekannte Ferne."
Michael Priebe sagt, die schönsten
Strände gäbe es in der Ägäis, Griechenland. "Endlose weiße, saubere
und einsame Sandstrände, das türkise Leuchten des glasklaren Wassers,
Felsen und Inseln, und über allem ein
tiefblauer Himmel", schwärmt er.
Wer ist Michael Priebe?
Geboren und aufgewachsen ist Michael Priebe in Oldenburg, Niedersachsen. Nach seinem Abitur studierte er
an der HBK in Braunschweig in den
Fachklassen Fotografie, Film und
Puppentheater und erfüllte sich anschließend seinen Kindheitstraum:
er zog nach Hamburg. Anfang der
80er Jahre betrieb er mit Freunden
das "Moorburger Puppentheater" mit
etlichen Auftritten auf Hamburger
Kleinkunstbühnen. In den 90er Jahren entwarf und produzierte er Ge-
brauchskeramik in der Gießtechnik in
künstlerischen Kleinauflagen. Für die
Fotografie interessierte er sich schon
im frühen Alter von 14 Jahren. Damals
durfte er mit der alten Sucherkamera
seines Vaters aus den 50ern anfangen zu fotografieren. Mit 18 Jahren
bekam er eine Praktika geschenkt,
die er im Laufe der Zeit mit unterschiedlichen Objektiven bestückte.
Diese Ausrüstung hat ihn sein ganzes Studium über begleitet. Ergänzt
durch eine Dunkelkammer war so die
Grundlage für die eigenständige Bildproduktion gelegt. Heute lebt Michael Priebe in der Peripherie der Großstadt, in Ahrensburg und arbeitet als
Kunsterzieher an einem Gymnasium
in Schleswig-Holstein. Seine Freizeit
verbringt er gerne zu Fuß oder mit
dem Rad in der Natur.
Die einsame Tätigkeit
Die Fotografie ist ein bildgebendes
künstlerisches Verfahren, dessen
Vorteil in seiner Schnelligkeit und
Präzision der Abbildung liegt. Um zu
einem sehr guten Ergebnis zu kommen ist eine große Aufmerksamkeit
erforderlich: im Sehen, im Erfassen,
im Ordnen und im Aufnehmen des
Bildes. Die Fotografie ist eine "lebendige Kunst", die sich immer weiterentwickelt. Die digitale Bearbeitung
vermischt die Fotografie mit der
Malerei. Für Michael Priebe hat das
Fotografieren und die anschließende
Bildbearbeitung etwas Meditatives.
"Am Computer gewinnt die Bildidee
ihre abschließende Form, ähnlich
dem Bildhauer, der nach Hammer
und Meißel zu Raspel und Schleifklotz greift", erklärt er.
Die Wahl der Kamera ist für ihn nicht
das Entscheidenste. Der ausschlaggebende Faktor für die Qualität eines
Fotos ist die Person hinter der Kamera. Er selbst arbeitet mit verschiedenen Kameras unterschiedlicher Größe
(13 8 . ) Au s ga be # 7 • 2 0 1 5
Ein gutes Foto
Was macht ein gutes Foto aus? Es
sind verschiedene Faktoren, die in der
Hand des Fotografen/der Fotografin
liegen (z.B. Komposition, Bildaufbau,
Ausschnitt, Perspektive, Bestimmung
der Schärfe). Hinzu kommen Faktoren, die wir nicht bestimmen können
(z.B. Lichtverhältnisse sind abhängig
vom Wetter oder der Zeit und Ausdauer). "Zum richtigen Zeitpunkt
am richtigen Ort zu sein, ist großes
Glück." In einem guten Foto spielen
all diese Faktoren zusammen. Sie
lassen die Bildwirkung und -aussage
entstehen, die etwas über die Sicht
des Fotografen auf die Welt deutlich werden lässt, und im Idealfall
beinhaltet das Foto etwas, was über
das Motiv und auch den Fotografen/
die Fotografin hinausweist und viele
Menschen erreicht und berührt.
Zum Schluss wollte ich wissen, ob
Michael Priebe einen Lieblingsort hat:
Er bevorzugt Orte weit ab von den
Pfaden des Massentourismus; Orte
der Weite, Ruhe und Einsamkeit.
Ausstellung
Finanzministerium
Düsternbrooker Weg 64
24105 Kiel
Öffnungszeiten:
Mai bis Oktober 2015
Mo-Fr 9 - 17 Uhr
Zum Einlass bitte Personalausweis bereithalten.
Kontakt
Michael Priebe
Homepage: michaelpriebe.de
E-Mail: [email protected]
Tel.: 0 41 02 - 3 00 50
VC
KUNST UND KULTUR
und unterschiedlicher Qualität. Ganz
selbstverständlich sagt er: "Die beste
Kamera ist immer die, die zur Hand
ist, wenn man das Motiv erkennt". Auf
Auslandsreisen hat er immer eine digitale Spiegelreflexkamera mit Wechselobjektiven dabei. Im Alltag fotografiert
er auch gerne mit seinem Smartphone - "denn diese Kamera ist immer
verfügbar." Beim Fotografieren ist er
meist allein unterwegs, denn wie jede
künstlerische Tätigkeit ist auch das Fotografieren eine einsame. Er folgt dann
einer "inneren Matrix", die ihn Motive
erkennen lässt. "Im Idealfall ist es wie
ein stiller Rausch, bei dem sich die Idee
in der Wirklichkeit spiegelt und langsam in den Bildern Gestalt annimmt."
Legt er seine Aufmerksamkeit auf den
Fokus in seiner Arbeit, findet er große
innere Stille und Ruhe.
11
Das schmeckt gut
ÜBER DEN TELLERRAND GESCHAUT
Foodsharing in Kiel
Sie kümmern sich darum, dass Lebensmittel nicht im Müll landen:
Foodsaver sammeln in Cafés oder
Supermärkten überzähliges Essen
ein und verteilen es an bedürftige
Menschen. Unsere Autorin hat eine
Tour begleitet.
Wir können es kaum glauben. Zusammen mit Stephanie Jette Uhde stehe ich in der Küche eines Kieler Cafés
– vor uns ein Dutzend Matjesfilets,
Bratkartoffeln mit Speck, zudem noch
eine dazu passende Soße, lauter Reste
vom Mittagstisch. Und wir können all
das umsonst mitnehmen, was sonst
bestimmt viel Geld kosten würde, am
nächsten Tag aber nicht mehr verkauft
werden darf. Nicht mitnehmen für unseren privaten Gebrauch, sondern mitnehmen für bedürftige Menschen. Denn
die 41-jährige Tierärztin Uhde, die ich
an diesem Abend für meine Reportage
begleite, ist Lebensmittelretterin.
Seit Oktober 2013 geht Uhde dieser
ehrenamtlichen Aufgabe nach. Anfangs
waren es nur ein paar wenige Men-
schen, die sich so wie sie für die Rettung überzähliger Lebensmittel eingesetzt haben. Inzwischen sind es allein
in Kiel mehr als 120 Frauen und Männer, die bei 28 Kooperationsbetrieben
90 Abholungen wöchentlich stemmen.
Knapp 20.000 Kilogramm konnten sie
im vergangenen Jahr retten; auch in
Städten wie Lübeck gibt es inzwischen
aktive Foodsharing-Communities.
Lebensmittelretter – auch Foodsaver
genannt – setzen sich dafür ein, dass
Restaurants, Cafés, Bäckereien, Supermärkte und andere Lebensmittelbetriebe ihre übriggebliebenen Produkte
am Ende eines Tages nicht länger wegschmeißen müssen, nur weil diese am
folgenden Tag nicht mehr verkauft werden können. Uhde fungiert dabei als
eine von zwei Botschafterinnen in Kiel,
die das Lebensmittelretten nach außen
repräsentieren und für die Organisation
der Abholungen zuständig sind.
Zurück zu den Matjes und Bratkartoffeln: Hygienisch in Tupperdosen verpackt, machen wir uns damit schnell
auf den Weg zu einer Familie. Die Frau
ist arbeitsunfähig, seit sie an Multipler Sklerose leidet, ihr und ihrem
Mann fehlt es an Geld. Vor einigen
Monaten hatten sie die Lebensmittelretter durch einen privaten Lebensmitteltausch über Facebook kennengelernt. Als wir in der Tür stehen, ist
die Freude über das kostenlose Essen
groß. Selbst die beiden Hunde der Familie scheinen die Freude zu spüren
und bellen ganz aufgeregt. Oft kommen auch zahlreiche Freunde der Kinder und Nachbarn vorbei und nehmen
sich etwas von den geretteten Lebensmitteln mit.
Als kleines Dankeschön werden wir
noch zu einem Kaffee eingeladen,
dann müssen wir aber bald weiter.
Denn nun geht es zunächst in einen
kleinen Gemüseladen, dann in einen
Bio-Mitgliederladen, wo Suppen und
Salate, Brote, Obst und Gemüse auf uns
warten. Schließlich stehen wir abends
in der Filiale einer Bäckerei-kette und
ich komme gar nicht mehr aus dem
Staunen heraus, als uns ein Angestellter zwei mit Tabletts gefüllte Wagen
bringt. Die unterschiedlichsten Backwaren finden sich dort, alle umsonst.
Mit kistenweise Puddingschnecken,
Schokobrötchen,
Laugenstangen,
Würstchen im Teigmantel, Pizzataschen und vielem mehr machen wir
uns auf den Weg in eine Unterkunft
für Asylbewerber. Die Freude bei den
Bewohnern könnte kaum größer sein,
als wir ihnen die Lebensmittel überreichen. Ein schönes Gefühl, auch für
uns.
Aber wie funktioniert dieses Prinzip
des Lebensmittelrettens? Meist denken
Menschen in diesem Zusammenhang
an das bekanntere Containern – an
Menschen, die sich aus Supermarktcontainern noch brauchbare, aber wegen abgelaufener Haltbarkeitsdaten
weggeworfene Lebensmittel holen. Das
macht einerseits zwar Sinn, ist in der
Regel aber illegal und kann im Einzelfall wegen möglicher Krankheitserreger
auch gesundheitsgefährdend sein.
Ganz anders bei Foodsharing: Hier gehen die Lokalgruppen des Vereins offizielle Partnerschaften mit Betrieben in
ihrer Region ein. Jeder Foodsaver hat
eine Rechtserklärungung unterzeichnet, in der er sich dazu verpflichtet,
verantwortungsvoll die Lebensmittel
auf ihre Verzehrfähigkeit zu überprüfen und weiterzuverschenken an
Freunde, Nachbarn, Bedürftige oder
soziale Einrichtungen. Sie dürfen die
(13 8 . ) Au s ga be # 7 • 2 0 1 5
13
Benjamin Schmitt
u. Helena Ja
inspizieren das gesa chmann (aus Berlin)
mmelte Essen
geretteten Lebensmittel aber auch selbst konsumieren.
Denn im Vordergrund steht der ökologische Gedanke.
Uhde: "Die Ressourcen der Erde sind endlich. Daher
sollten wir bereits produzierte Lebensmittel nicht wegwerfen, sondern aufessen.“ Man könne so einen eigenen kleinen Beitrag gegen die weltweite Lebensmittelverschwendung leisten“.
Die Kieler Foodsaver (Kontakt per E-Mail: foodsharing.
[email protected]) organisieren sich über die bundesweite
Internetseite www.foodsharing.de. In einem internen
Forum sind alle Kooperationsbetriebe aufgelistet, die
registrierten Foodsaver tragen sich nach eigenem Belieben für die jeweiligen Abholtermine eigenverantwortlich ein. Seit neustem gibt es auch Foodsharer: Sie holen
nicht selbst ab, sondern verteilen ausschließlich die geretteten Lebensmittel. Ob nun Foodsaver oder Foodsharer: Mitmachen kann jeder, und so finden sich unter den
Kieler Foodsavern Studenten, alleinerziehende Mütter,
Arbeitslose, Berufstätige und auch Senioren.
Überregional ins Leben gerufen wurde foodsharing e.V.
durch Valentin Thurn, Autor des 2011 erschienenen
Films „Taste the Waste“. Zusammen mit Gleichgesinnten hatte er 2012 mit der Bio Company die erste Kooperation beschlossen. Gut zwei Jahre später sind in
Deutschland, Österreich und der Schweiz bereits 9000
Foodsaver aktiv, die in über 600 Betrieben schon fast
900.000 Kilogramm Lebensmittel vor dem Wegwerfen
gerettet haben. Und die Bewegung wächst weiter. Woche für Woche gibt es mehr Menschen wie Stephanie
Jette Uhde, die gegen das Verschwenden von Lebensmitteln ein Zeichen setzten wollen.
Text: Melina Schönknecht
Fotos © REUTERS: Fabrizio Bensch
Wir danken dem Straßenmagazin "Hempels" (Kiel), dass wir
diesen Artikel einmalig auch in unserer Straßenzeitung bringen
dürfen!
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Jogging-Runden für Abhängige
INSP
Dutzende obdachlose Abhängige joggen entlang des Viertels Skid Row in Los Angeles, um von Drogen und Alkohol
wegzukommen. Die Jogging-Runden, die am frühen Morgen stattfinden und über fünf Meilen gehen, enden in einem
trostlosen Teil der Skid Row, in dem mittellose Männer und Frauen auf ein kostenloses Frühstück warten. Die Midnight
Mission organisiert die Treffen, der hochrangige Richter Craig Mitchell führt sie an. Mitchell setzt sich leidenschaftlich
für das Laufen als eine Form der Therapie ein. Er schätzt, dass bis jetzt 75 bis 100 Menschen teilgenommen haben, und
ist überzeugt, dass die Treffen ihnen helfen, clean zu bleiben. Ihre Geschichte wird in der Dokumentation „Skid Row
Marathon“ erzählt, die im kommenden Jahr herauskommt.
Text: Mary Milliken
Fotos © REUTERS: Lucy Nicholson
Die acht Kilometer langen Jogging-Runden, die am frühen Morgen
stattfinden, enden in einem trostlosen Teil der Skid Row. Hier warten
mittellose Frauen und Männer auf
ein kostenloses Frühstück.
Die Läufer hingegen haben eine gesunde Ausstrahlung. Sie unterhalten
sich über den gerade absolvierten
Lauf und die künftigen Herausforderungen. Das Elend von Crocker Street
erinnert sie eindringlich daran, wie
weit sie es schon gebracht haben.
Es ist jetzt ein Jahr her, dass Oscar
Knight (53) alles verloren hat. Er
konnte einfach nicht aufhören zu
trinken. Dann zog er in die Midnight
Mission im Stadtteil Skid Row, fing
mit dem Entzug an und schloss sich
der Laufgruppe an. Zusammen sind
sie den Rom Marathon gelaufen und
sind auf dem Petersplatz Papst Franziskus ganz nah gekommen.
Viele der obdachlosen Abhängigen
fingen während des Entzugs- und Genesungsprogramms mit dem Laufen
an, um weiter drogenfrei zu bleiben.
Sie sind alle überzeugt davon, dass
sie einem unerwarteten Wohltäter viel zu verdanken haben. Knight
nennt ihn "den Kleber der Gruppe".
Craig Mitchell löst sich von der Gruppe und eilt zum Gericht. Dort tauscht
er die Joggingklamotten gegen die
schwarze Robe eines Richters am
Oberlandesgericht.
Mitchell (59) hat oft keine andere
Wahl, als Leute zu lebenslänglich zu
verurteilen. Ein Mann, den er verurteilt
hatte, kam auf Bewährung frei und
ging zum Entzug und zur Genesung in
die Mission. So kam Mitchell vor vier
Jahren mit Skid Row in Kontakt.
Mitchell hat in den letzten 20 Jahren
an mehr als 50 Marathonläufen teilgenommen und ist sich sicher: Laufen
in der Gruppe ist eine gute Therapie.
Zwei Mal die Woche kommt Mitchell
zu Fuß um 3.45 Uhr morgens in die
Mission. Gegen 6.00 Uhr waten die
Läufer durch das Chaos an Menschen
und Wagen im Hinterhof und machen
ihre ersten Schritte durch die stinkenden und von Müll übersäten Straßen.
"Er läuft so frei"
"Er kommt hierher in die Innenstadt,
nach Skid Row - eine der übelsten
Wohngegenden und er läuft so frei,"
erzählt James Knox (34), ein Süchtiger in Behandlung. Er fing letzten
Spruch zur
Ausgabe 138
Mut ist, wenn man Angst hat und trotzdem weitergeht.
- Dan Rather
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November an zu laufen.
Etwa 1500 Menschen leben im Stadtteil Skid Row auf der Straße - ein Ort
geprägt von psychisch Kranken, Drogensüchtigen und viel Gewalt. Letzen
März hat die Polizei einen Obdachlosen erschossen, der aus der Mission
gekommen ist.
Mitchell schätzt, dass etwa 75 von 100
Leuten über den Club dazu gekommen
sind und er ist überzeugt, dass es ihnen leichter fällt clean zu bleiben, als
das bei den Bewohnern der Mission
für gewöhnlich der Fall ist.
"Sie halten sich von den anderen
fern, bleiben nüchtern. Zwischen den
Läufern, den Mentoren, den Netzwerken und mir selbst hat sich eine
enge Verbindung und Freundschaft
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Läufer vom Midnight Mission Running Club
bei einem Lauf im Sonnenaufgang durch
Skid
Row und über den LA River in Los Angeles,
California
entwickelt", so Mitchell.
Mitchell kommt für Teile der Kosten
des Laufclubs aus eigener Tasche
auf. Weil er als Richter nicht nach
Spenden fragen darf, unterstützen
Familienmitglieder und Freunde sein
Engagement von sich aus.
Die Trips zu Marathonläufen im Ausland - etwa in Ghana, Italien oder
nächstes Jahr Vietnam - "sind besser
als jedes Weihnachtsfest, das ich je
hatte", so Mitchell. "Man muss nur das
Wunder in ihren Gesichtern erkennen".
"Als wir letztens in Rom waren,
kamen so viele auf mich zu in ruhigen
Momenten und meinten 'Herr Richter, ich kann das einfach nicht glauben. Das ist hier wie im
Traum. Wann werde ich
wohl aufwachen?'"
Die Geschichte wird in
einem Dokumentarfilm
erzählt, der nächstes
Jahr veröffentlich wird
unter dem Titel "Skid
Row Marathon".
Ben Shirley (50) ziert das Poster für
den Club. Vor vier Jahren kam er in die
Mission - in erbärmlichem Zustand.
"Vier Flaschen Wodka am Tag, eine tägliche Heroindosis im Wert von 300 US
Dollar, eine aufgeblähte Leber, vergrößertes Herz, obdachlos... Nur Sterben
konnte ich nicht", so Shirley, der früher
ein erfolgreicher Rockmusiker war.
Kürzlich ist er an einem Konservatorium in San Francisco angenommen
worden. Er wird dort Komposition
studieren.
"Er ist mein Vertrauter und Mentor",
sagt Shirley über Mitchell. "Er ist einer derjenigen, die einem die Hand
reichen, jemand der sich tatsächlich
kümmert. Ich hatte das vorher in
meinem Leben so nicht gekannt".
Übersetzung: Sabrina Eisenreich
INSP News Service www.street-papers.org /
Reuters
Los Angeles Richter Craig Mitchell, 58, (l.) gratuliert
Ben Shirley, 50, nach einem 'Midnight Mission Running ClubSonnenaufgang-Lauf' durch Skid Row in LA, California
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Ev.-Luth. Luther-Kirchengemeinde Neumünster, Schulstr. 30
Danke für
Wann?
2
5
Inhalt
3 8
2
1
8
Mit wem?
Sonntag, 05.07.
10:00 Uhr
JESUS - ER weiß Bescheid.
P. Hübscher & Team
Freitag, 10.07.
20:00 Uhr
Haltestelle No. 30
P. Hübscher & Team
Sonntag, 12.07.
Schlussgottesdienst Tungendorfer Woche Sven Warnk
Sonntag, 19.07.
Sind Wunder nur Märchen?
P. Hübscher
Sonntag, 26.07.
Sei was du bist, aber das sei ganz!
P.i.R. F. Krämer
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Zuwachs im
Kleiderlädchen
Hallo liebe Leserinnen und Leser der Jerusalëmmer,
schon seit Ende Januar kann man mich im Lädchen des
Café Jerusalems sehen. Es wird Zeit, mich vorzustellen:
Vor langer Zeit, noch im Krieg (1941) bin ich in Nordfriesland geboren. Durch meine Heirat bin ich nach
Neumünster gekommen. Mein Mann und ich haben
drei Kinder, drei Schwiegerkinder und sieben Enkelkinder. Durch die Gemeinschaft in der Ev. Kirche lernte ich
das Café Jerusalem kennen. Unser Posaunenchor hat
oft bei Weihnachtsfeiern gespielt. Auch die Erntedankgaben (Lebensmittel) haben wir zum Café gebracht.
Einige Male hörte ich, dass dringend Mitarbeiter im
Lädchen gesucht werden. Ja, das wollte ich gerne. Die
Enkelkinder werden größer und brauchen meine Hilfe nicht mehr so oft. Aber, aber … Als ich den Aufruf
wieder hörte, dachte ich: „Jetzt müssen Taten folgen!“
Ein Anruf bei Andreas Böhm, Leiter des Cafés, und so
nahm alles seinen Lauf. Malu Schulze und Irene Gerdt,
meine neuen Kolleginnen, haben mich sehr herzlich
aufgenommen – einfach toll!
Mit den Gästen in Kontakt zu kommen, ist für mich eine
schöne Aufgabe. Manchmal dauert es etwas länger, bis
die richtige Größe oder die Farbe für das T-Shirt, die
Bluse, Hose oder den Pulli gefunden wird. Haben wir
das Richtige entdeckt, ist es für uns beide eine große
Freude. Taschen, Hüte, Schuhe und hygienische Artikel
geben wir für eine Spende ab. Das Café bekommt auch
elektrische Geräte, die im eigenen Haushalt überflüssig
sind. Diese stehen bei uns nicht lange.
Ich bin froh, dass mir Gott diesen Weg gezeigt hat, darum gehe ich jeden Donnerstag gerne ins Café.
Gut wäre es, wenn noch Helfer dazukommen, dann könnte das Lädchen zwei mal in der Woche die Türen öffnen.
Liebe Grüße von Christa Stegert
Foto © Café Jerusalem - Verena Christ
CAFÉ INTERN
Christa Stegert
Suspended Coffee
ÜBER DEN TELLERRAND GESCHAUT
Anonyme Nächstenliebe geht
warm durch den Magen
Jeden Tag eine gute Tat! Die Aktion "Suspended Coffee" (dt. aufgeschobener Kaffee) setzt dieses
Pfadfinderversprechen in die Tat um
oder besser gesagt, Sie. Sie alle können Teil dieser Aktion sein und mit
Ihrer Nächstenliebe einem Ihnen
Unbekannten einen warmen Magen
verschaffen. Wie das gehen soll? Sie
kaufen sich einen Kaffee und einen
zweiten gleich dazu. Der zweite Kaffee ist aber nicht für Sie, sondern für
jemand anderes, den Sie nicht kennen. Dieser "Jemand" wird früher
oder später in dem Café nach einem
"aufgeschobenen Kaffee" fragen und
ihn kostenlos überreicht bekommen.
Woher kommt diese Idee?
Der "aufgeschobene Kaffee" kommt
aus der italienischen Stadt Neapel.
Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten sich nicht mehr viele einen Kaffee leisten. Die dort lebenden Bürger
waren der Meinung, dass jeder das
"Grundrecht" auf einen Kaffee hat.
Wer mehr Geld hatte als andere, hat
für zwei Kaffees bezahlt und davon
nur einen selbst getrunken. Bald darauf wurden in Bars und Restaurants
Menschen von den Kellnern gefragt,
ob sie einen Kaffee haben möchten
- eine Geste mit der Bedeutung "wir
haben einen aufgeschobenen Kaffee". Die Idee lebte auf und im Laufe
der Weltwirtschaftskrise verbreitete
sich die Idee auf der ganzen Welt.
2010 feierte diese sogenannte Tradition ihren 100. Geburtstag.
Hat diese Tradition eine Zielgruppe?
Ein "aufgeschobener Kaffee" muss
nicht zwingend für einen Obdachlosen sein. Er ist für alle Menschen
gedacht, die wenig oder kein Geld
haben (z.B. Hartz-lV-Empfänger,
Rentner, alleinerziehende Elternteile,
Studenten...).
Wie können wir als Betrieb darauf
aufmerksam machen, dass wir den
"Suspended Coffee" anbieten?
Verteilen Sie Flyer oder hängen Sie
ein Schild mit dem Hinweis auf. Ist ein
Kaffee aufgeschoben worden, können Sie dies an einer Pinnwand
oder in einem Sammelglas deutlich machen.
Nutzen Sie die Medien.
Aber am wirksamsten ist
die "Mund-zu-Mund-Propaganda"; wenn sich einfach
über die Aktion ausgetauscht wird.
Kann nur Kaffee
aufgeschoben werden?
Nein, im Grunde kann alles aufgeschoben werden (Getränke und Essen). Am besten fragen Sie in dem
Café, Restaurant oder der Bar nach,
wo Sie dies tun möchten.
Wer nimmt an der Aktion teil?
Auf der Internetseite coffeesharing.com sind bereits 195 Orte in 19
Ländern (weltweit) eingetragen.
Dort können Sie sich leicht erkundigen, ob es ein Café, ein Restaurant
oder eine Bar in Ihrer Nähe gibt.
Wie wird diese Aktion von Gebern
und Nehmern angenommen?
Schlemmerecke Jelen (Kiel) sagt,
dass es von beiden Seiten sehr gut
angenommen wird!
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Liebe Neumünsteraner,
warum machen wir so eine Aktion nicht auch
hier in unserer Stadt?! Fragen Sie in Ihrem
Lieblingscafé, in Ihrem Lieblingsrestaurant oder
in Ihrer Lieblingsbar nach oder schlagen Sie
diese Idee vor. Verteilen Sie auf anonyme Art
warme Nächstenliebe! Viele von Ihnen genießen
jeden Morgen den Geschmack von heißem Kaffee (schwarz, mit Milch und Zucker, als Cappuccino, Espresso, Latte Macchiatto...). Lassen
Sie auch die in den Genuss der schwarzen Flüssigkeit kommen, denen es nicht so gut geht.
Auch wir aus dem Café Jerusalem möchten die Idee
"Suspended Coffee" unterstützen. Sicher kennen Sie
unsere glänzenden Jerusalëmmer Taler.
Geben Sie unserem Tresenteam Bescheid und übergeben sie ihm eine kleine Spende, damit dieser einen
Taler für einen Bedürftigen zurücklegt.
Unsere Jerusalëmmer Taler sind ein Notgroschen
für die, die wenig bis kein Geld haben, aber z.B. in
unserem Kleiderlädchen etwas Neues zum Anziehen
erwerben möchten, eine Straßenzeitung kaufen wollen oder eine zweite Mahlzeit erhalten möchten. Auf
Nachfrage erhält der Fragende einen Taler und kann
diesen bei uns nützlich einsetzen. Wir bedanken uns
im Namen aller, die einen Taler durch Ihre Spende erhalten!
VC
Fotos © Café Jerusalem - Verena Christ
19
An Großvaters Seite
KULTUR
(gekürzte Verion)
Plötzlich ist es, als hielte mir das
Gedächtnis das Ende eines Fadens
hin, als brauchte ich diesem Faden
nur zu folgen, nur die heimatliche
Dorfstraße im Geist hinaufzulaufen,
um am Ende doch noch das begehrte Fleckchen vor Augen zu haben.
Und ich greife nach dem Faden. Er
führt mich in die Wohnküche im
Haus der Großmutter. Und da sehe
ich die flinke Frau auch schon zum
Küchenschrank huschen, nach einem
Stückchen Würfelzucker aus der
kleinen Porzellandose langen und
mir in den aufgesperrten Mund stecken. Ich fühle die süße Kostbarkeit
noch heute auf der Zunge zergehen.
Verborgene Kammern in meinem
Gedächtnis haben sich geöffnet;
angenehme Erinnerungen strömen
heraus: Ich sitze auf dem Sofa, einen
der spannenden Detektivromane vor
Augen, den die Oma, da ich des Lesens kundig geworden bin, für mich
auf den Küchenschrank gelegt hat.
Die sind für mich zur neuen Umwelt
geworden. Oma schimpft oft, aber
davor fürchte ich mich nicht. Wenn
ich sie groß ansehe, fängt sie gleich
wieder an zu lachen. Sie kommandiert. Ich muss mich von der Lektüre losreißen, in die „gute Stube“,
in das Wohnzimmer, wechseln. Und
mir geht allmählich auf, heute ist
ein Festtag für mich! Denn auf dem
Tisch ist die eiserne Spielzeugeisenbahn aufgebaut, der Opa schiebt
den Zug schon über die Schienen. Es
riecht angenehm nach Zigarrenrauch
im Zimmer, Opa hat nur eine Hand
frei für sein Hantieren, die andere
hält die Zigarre. Er winkt mich an
den Tisch heran, und wir versinken
im Spiel. Zu guter Letzt steckt er der
Lokomotive seinen qualmenden Zigarrenstummel in den Schornstein.
An einem solchen Tag bleibt mir das
Glück treu. Großvater, der als Oberladeschaffner im Saganer Bahnhof
arbeitet, im, wie Großmutter vor
Leuten hervorzuheben pflegt, „gehobenen Dienst“, als Beamter also, Opa
hat heute seinen freien Tag. Er steckt
sich eine neue dicke Zigarre unter
die Nase und macht Anstalten, zu einem seiner gewohnten Spaziergänge
aufzu-brechen, das heißt, für zwei
Stunden zum Lehrer aufzusteigen
und mir die Welt zu erklären, wie er
sie sieht.
Schienenstränge umschließen unseren Ort von allen Seiten, sie führen
nach Breslau, Glogau und Liegnitz.
Der Großvater und ich zotteln bis
zur Bahnschranke. Opa ist für mich
eine hochgestellte Persönlichkeit.
Nicht, weil es die Oma behauptet,
eher schon, weil Opas großer, runder Kopf in einer Höhe schwebt,
wohin mein Blick nur mit Mühe
reicht, vor allem aber, weil er auf
dem Saganer Bahnhof offenbar
eine bedeutende Stellung innehat,
weshalb in seinem Berufsausweis
auch der unverständliche und daher um so vornehmere Ausdruck
„Reichsbahnoberladeschaffner“ und
in Klammern das Wort „Beamter“
steht. Schon die Dienstmütze, unter der er heute seinen Dreimillimeterstoppelschnitt verbirgt, macht
ihn zur Respektsperson. Ein solcher
Mensch weiß alles. Ich frage, was mir
gerade in den Kopf kommt. Ich frage Großvater Löcher in den Bauch.
Blick auf die Dorfstraße in Machenau mit dem
Haus unseres Nachbarn, das unserem ähnelt. Links
ragt der Drahtzaun unseres Grundstücks ins Bild.
„Opa, kann ich mal deine Mütze haben?“ Der Großvater nimmt die Mütze ab und hervor kommt sein Stoppelschnitt. „Opa, mit Mütze siehst
du aber besser aus!“ Der Großvater
fühlt sich bemüßigt, mir seine kurzgeschorenen Haare als wirksame
Methode gegen den Haarausfall anzupreisen und droht mir allerhand
Krankheiten an. „Deine sind viel zu
lang, du wirst noch mal anzufangen
zu schielen!“ „Schielen, Opa, meinst
Du wirklich schielen?“ „Deine Mähne
fällt dir doch immer wieder auf das
linke Auge, dort wird es dann finster! Alle paar Sekunden schmeißt du
deshalb die Haare nach hinten. Du
wirst noch mal ’ne Schüttellähmung
kriegen!“ „Schüttel… was?“
Ich sehe nach oben und versuche in
seinem Gesicht zu lesen. Er lächelt
und ich beruhige mich. Dann schiebt
er mir seine suppentellergroße Mütze auf den Scheitel. Mein Kopf verschwindet darin. Aus seiner Höhe
sieht er nur noch die Mütze. „He,
Junge, wo bist du denn?“ Er zieht an
seiner dicken Zigarre, hebt den Kopf
und bläst vergnügt den Rauch in die
Luft. „Na gib mal wieder her! Ich fang
schon an zu frieren.“ Die Geschichte
mit der Mütze hat sich somit erle-
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digt. Aber sie zieht eine Frage nach
sich: „Opa, der Papa hat auch mal
‘ne Mütze gehabt, da war ‘ne Schnur
dran. Was is’n das für eene? Die hing
immer vorne am Haken, jetzt is’ se
weg, jetzt hängt da so ‘piekfeine
braune Uniform. Die muss immer
gebügelt sein!“ „Aha, aha! Die Thälmann-Mütze hat er im Schrank versteckt und die Naziuniform zeigt er
vor!“ Großvaters Gesichtsausdruck
verändert sich, er wird abweisend.
Aber Großvater will wohl nichts gegen den Vater sagen, er schweigt lieber ein Weilchen. Bedeutende Menschen, wie Großvater, schweigen
manchmal. Ich verstumme auch.
Wir sind inzwischen an der Breslauer
Bahnschranke angelangt. Der grellweißgrellrot gestreifte metallene
Schlagbaum senkt sich gerade, das
Läutewerk schickt seine tönende
Warnung an uns beide. Großvater
stopft mir seine Kenntnisse über die
Mechanik der Anlage in den Kopf und
die Ermahnung dazu, niemals unter
einer geschlossenen Schranke hindurchzukriechen, alles im reinsten
Hochdeutsch. Und schon fliegt der
angekündigte Zug an uns vorüber.
In der Sicherheit großväterlicher Obhut verliere ich ein Stück der Angst
vor dem Gedröhn. Künftig werde ich
die neue Erfahrung schützend vor
die Angst setzen, dass mir der heranjagende Zug nichts anhaben kann,
dass er mir, wie diesmal, nur kühlende Zugluft um die Ohren weht,
ein Labsal an heißen Sommertagen.
Großvaters gute Laune kehrt zurück.
Er steckt sich eine weitere Zigarre
an, spaziert mit mir paffend über die
Gleise, hin zu neuen Offenbarungen.
Zu Hartmanns Loch zieht es ihn, weil
er hofft, mit diesem seltsamen Teich
mein Gemüt zu beeindrucken. Es sei
viel tiefer, als es sich für einen Teich
gehöre, behauptet er, noch immer
21
in gepflegter Aussprache, man könne den
Kirchturm der Saganer Gnadenkirche darin unterbringen. Dann
aber bekommt er einen
Schreck, denn er sieht
den kleinen neugierigen
Enkelsohn allzu nahe
am gefährlichen Wasserloch stehen und er
fällt in seinen gewöhnlichen niederschlesischen Dialekt: „Oh, oh,
geh ja nie so nahe ran,
dass de dir nie unterstehst! Dein Vater wär
bald mal drinne ersuffen und der kann gutt
schwimm! Nee, nee,
mit Hartmanns Loch
is nie zu spaßen, hier
isses nie geheuer!“
„Hexen, Opa, vielleicht
sind Hexen drinne oder
Zauberer?“ Es gruselt mich, aber
ich will mehr wissen. Doch Großvater ist Atheist und glaubt nicht an
Gott und schon gar nicht an Hexen.
Und die stille Wasseroberfläche des
Teiches schweigt. Als sich Großvater die dritte Zigarre gönnt, stehen
wir am Bober, dem großen Fluß
meiner Kindheit. „Hier kannste reingehn, vastehste, aber bloß bis zu
die Kniee! Das Wasser is reißend!“
– Großvater muss seinen Enkel behüten. – „Es zieht dir de Beene weg
und schunn biste an die Drehlöcher,
dort drehts dich drei Meter in die
Tiefe, da kummste nimmer raus!
Ja ja, da hat schunn mancher drinne gelegen und später ham se ihn
ausm Wasser gefischt, am Wehr!“
„Tot, Großvater, tot?“ „Was denkst’n
du!“ Überall Gefahr! Aber Großvater
ist bei mir. Und außerdem: Habe ich
nicht an der Bahnschranke dem heranrasenden Zug widerstanden? An
Großvaters Seite ist selbst das Gruseln angenehm. Ich schaue über den
Fluss. Drüben, in Deutsch Machen,
muss Vaters Elternhaus liegen. Aber
es führt keine Brücke hinüber. Der
Großvater bemerkt meinen Blick.
Ich sehe den Alten sinnieren, bis er
unter dem Mützenschild schließlich
hervorbricht, leise, undeutlich, resignierend: „Ja, dein Vater, der ist nie
da, der is’ weit weg. Bis nach Rußland
kannste nie seh’n, der muss dort uff
die Russen schießen, dein Vater, den
hab’n ‘se in der Mangel.“
Text: Klaus Pawka
Auszug aus:
Geborgen bei Oma und Opa
Zeitzeugen erinnern sich an ihre Großeltern. Band 2.
Zeitgut-Original.
192 Seiten mit Abbildungen, Ortsregister,
Zeitgut Verlag, Berlin.
Gebundene Geschenkausgabe.
ISBN: 978-3-86614-224-4
Unsere Kollegen von
DRAUSSENSEITER
UNSERE KOLLEGEN
In den folgenden Ausgaben möchten wir Ihnen unsere Kollegen von anderen Straßenzeitungen in anderen Städten
vorstellen. Straßenzeitungen sind lesenswert und sollten bekannter gemacht werden, denn es steckt viel Kraft und
Mühe in der Themenfindung und Liebe im Layout. Alles zusammen ergibt ein interessantes und anspruchsvolles Blatt.
Die Juli-Ausgabe berichet vom Straßenmagazin "Draussenseiter" aus Köln.
Fotos © Draussenseiter
Fotos (Gruppe) © Hanna Witte
Gründung
Mit einer Idee fängt alles an: eine
Handvoll Obdachloser wollte ein
"Sprachrohr" für sich und ihre Belange. Eine mündliche Übertragung
verfliegt, aber geschriebene Worte
stehen fest und können immer wieder hervor geholt werden. Diese
Obdachlosen gründeten die Straßenzeitung "Bank Express". Im Juni
1992 ging sie an den Start. Der Name
wurde schnell wieder geändert. Der
(verstorbene) Verleger Alfred Neven
du Mont bestellte das kleine, bunte
Redaktionsteam in das große, ehrwürdige Verlagshaus und wies darauf hin, dass der "Kölner Express"
keine Konkurrenz brauche. Christina
Bacher, Chefredakteurin des DRAUSSENSEITERs, sagt: "Man war schwer
stolz darauf, dass man mit einer
selbst kopierten, handschriftlich verfassten Zeitung schon so viel Wind
machen konnte." Die Straßenzeitung
wurde nun als "Bank Extra" verkauft.
Einige Jahre vergingen und die Straßenverkäufer stellten fest, dass es in
Köln immer weniger Parkbänke, aber
dafür immer mehr Banken gäbe.
Zeit für eine Namensveränderung.
Ein Kunstname sollte es sein. 2010
wurde der DRAUSSENSEITER geboren und mit dem Namen sind in der
Redaktion alle mehr als zufrieden.
Ziele
Das, was im Vordergrund steht, ist
die Hilfe zur Selbsthilfe. Der Verkauf
der Zeitung soll den Wohnungslosen
und Menschen in sozialen Schwierigkeiten eine neue Perspektive geben.
Es soll ihnen das Gefühl vermittelt
werden, dass sie durch eigene Arbeit
etwas verdienen können - von nichts
kommt schließlich nichts. Ihre festen
Verkaufszeiten strukturieren ihren
Tag und sie kommen in Kontakt mit
vielen Kunden, wodurch sie Akzeptanz erfahren.
Die Zeitung
Der DRAUSSENSEITER hat zwischen
20 und 100 Straßenverkäufer. Jeder
Verkäufer bekommt zum Start einen Verkäuferausweis und zehn Zeitungen gratis.
Das Redaktionsteam besteht heute aus vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern (erfahrene Journalisten,
bekannte Autoren, Designer, Fotografen und Menschen, die früher
wohnungslos waren oder die gerne
schreiben). So kommt es, dass bei
den zweiwöchentlichen Redaktionssitzungen mal sechs und ein anderes
Mal 16 Personen teilnehmen. Zusammen erstellen sie elf Ausgaben
pro Jahr (inkl. Sommerausgabe), die
sich mit sozialen Themen, die die
Kölner bewegen, auseinandersetzen.
Hinzu kommen die Bereiche Kultur
ohne Eintrittskarte, kostengünstige
Rezepte und Wegweiser durch die
Behörden. Zusammen zeigen sie Ihnen eine andere Seite von Köln; Geschichten, die vom Leben geschrieben werden.
Ca. 3000 Hefte (stetig wachsend)
kommen pro Monat auf die Straße
und werden von einer gemischten
Leserschaft gekauft. Bei den Abonnenten befinden sich jedoch mehr
Frauen, aber Leserbriefe und Mails
werden hierbei häufiger von Män-
(13 8 . ) Au s ga be # 7 • 2 0 1 5
nern verfasst. Hin und wieder meldet
sich auch eine prominente Person
beim DRAUSSENSEITER. Sabrina Burbach, Redaktions-Assistentin, fügt
hinzu, dass eine Zielgruppen-Befragung noch aussteht. Beim Zeitungsabo können Sie selbst entscheiden,
ob Sie das gewöhnliche Straßenabo,
das Sponsorenabo oder das Förderabo nehmen möchten.
In den vergangenen Jahren hat sich
das Design verändert. Anfangs erschien der DRAUSSENSEITER in
schwarz-weiß, dann wurde er zur
halb-farbigen Ausgabe. Heute ist die
Straßenzeitung komplett farbig, weil
dem Team die Fotos sehr wichtig sind.
Finanziert wird das Straßenmagazin
durch den Träger "Oase e.V.", die als
Herausgeberin fungiert. Zusätzlich
wird das Team von Spenden, einem
kleinen Zuschuss der Stadt und durch
den Verkauf von wenigen Anzeigen
unterstützt. Aber auch Prominente
23
tragen ihren Teil bei - dies zeugt von
der Vielfalt des Leserkreises.
Die Adresse für Leute ohne
Die "Oase e.V." ist ein freier Träger
der Wohnungslosenhilfe in Köln. Er
unterstützt Menschen ohne Wohung
oder in Wohnungsnot. Seit über 20
Jahren leistet er folgende Aufgaben:
* Beratung und Bereitstellung weiterführender Hilfen (Wohnungslosigkeit und drohender Wohnungsverlust)
* ambulante Begleitung
* Hilfestellung beim Umgang mit
Suchtverhalten, Verschuldung und
Erwerbslosigkeit
* Geldverwaltung und Kontenführung
* einzelne Wohnprojekte
* Angebote zur Gestaltung der freien Zeit
Wenn Sie mehr über die OASE erfahren möchten, dann klicken Sie sich
rein unter oase-koeln.de.
Wunsch für die Zukunft
Einen Wunsch hat jeder. Auch das
Team vom DRAUSSENSEITER hat einen: "Noch mehr Leser, noch mehr
Verkäufer, noch mehr gute Artikel",
sagt Christina Bacher ganz selbstbewusst und mit einem Lächeln auf
den Lippen.
Kontakt
DRAUSSENSEITER
Benedikt Labre e.V. - Oase
Alfred Schütte Allee 4
50679 Köln
Telefon: 02 21 - 989 353 - 0
E-Mail: [email protected]
Die Infos haben wir von Christina Bacher (Chefredakteurin) und Sabrina
Burbach (Redaktions-Assistentin)
DRAUSSENSEITER. Vielen Dank!
Wenn Sie bei Ihrer nächsten Reise einem
Straßenverkäufer begegnen, unterstützen
Sie ihn und die örtliche Straßenzeitung, indem Sie ein Exemplar kaufen. Danke!
ein Teil aus dem Team der Redaktion vom Draussenseiter
VC
Ausflug der Männergruppe
ins Café Jerusalem
Am Samstag, den 09. Mai machten
sich fünf Männer der Männergruppe
aus Großenaspe mit ihren Schubkarren und Schaufeln auf ins Café Jerusalem in Neumünster.
Hans Schäfer, Bastian Schäfer,
Wolfgang Rahmen, Bernhard von
Bodelschwingh und ich selbst (Michael Klein) trafen dort auf Andreas
Böhm, Leiter des Cafés, um gemeinsam im Innenhof einen Teilbereich
neu zu pflastern. Leider regnete es
an diesem Tag sehr, aber der HERR
kannte unser Vorhaben, denn unser Arbeitsbereich befand sich im
überdachten Bereich. Der Regen war
aber auch ein Segen: der entstandene Staub, der uns leicht die Sicht
vernebelte, wurde weggespült.
Andreas Böhm erzählte uns von
einer Sache, die bei Starkregen
passiert, während im Hintergrund
die Regentropfen Musik machten:
Das Wasser sammelt sich gelegent-
lich im Innenhof an. Um mögliche
Überschwemmungen zu verhindern,
müssen sich die Café-Mitarbeiter
der Beseitigung der Wassermassen
widmen und werden so in ihrem gewohnten Arbeitsablauf behindert.
Wir wollten dann den Untergrund
wasserdurchlässig gestalten und
die Pflastersteine neu verlegen. Einige unserer begabten Männer hatten zusätzlich noch die Idee, einen
Bodenabfluss einzubauen. So fuhren
sie kurz in den Baumarkt und besorgten sich die erforderlichen Materialien.
Gemeinsam pflasterten wir schließlich
den Bereich des Innenhofes, während
der Bodenablauf angepasst wurde.
Am späten Nachmittag konnten
wir unser Werk dann vollenden und
fuhren erschöpft, aber erfreut, mit
dem guten Gefühl zurück, dass durch
unsere Arbeit ein schöner Innenhof
für das Cafés entstanden ist.
Das Café Jerusalem bedankt sich für
eure Hilfe! Das angesammelte Wasser hat nun eine gute Hilfestellung,
woanders hin zu fließen.
Fotos © Café Jerusalem
der neue Bodenabfluss
neu gelegte Pflastersteine ziehren
den Innenhof
bei der Arbeit
das Männerteam wird
itet
be
von guter Laune gle
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Achtjähriger spendet seine
Haare für Krebs-Patienten
Melbourne (Florida/USA) - Christian
McPhilamy war sechs Jahre alt, als er
im Fernsehen einen Werbespot eines
Kinderkrankenhauses sah. Der Spot
zeigte das Leben von krebskranken
Kindern, die durch ihre Chemotherapie
ihre Haare verloren haben. Krebs - eine
Krankheit, die vielen Kindern fremd
ist. Während sie draußen mit ihren
Freunde spielen, wissen sie nicht, dass
es Kinder gibt, die dies nicht tun kön-
nen. Solche Kinder müssen sich schon
früh dem Kampf um Leben und Tod
stellen. Mit diesen Bildern nahm alles
seinen Lauf.
Christian hatte noch nie etwas über
eine solch schwere Krankheit gehört
und fing an, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Im Internet ist er auf die
"Children With Hair Less"-Stiftung
gestoßen. Diese Stiftung stellt Perrücken für Kinder her. Christian soll zu
seiner Mutter gesagt haben: "Ich will
das machen."
Die Zeit des Mobbings und der Unverständnis begannen. Das blonde Haar
des Jungen wurde immer länger. Die
Kinder in seiner Schule nannten ihn
"Mädchen" und Erwachsene sollen ihm
sogar Geld geboten haben, damit er
sich die Haare schneiden lassen kann.
Christian verlor nie sein Ziel aus den
Augen und ließ die Hänseleien über
sich ergehen. Zwei Jahre lang rührte
keine Schere seine Haare an.
Um eine Perrücke aus echtem Haar
machen zu können, müssen die Haare
bis zu 25cm lang sein. Christian ist
mitlerweile acht Jahre alt und hat sich
vor wenigen Wochen seine Haare zu
vier Zöpfen gebunden und von seinen
Eltern abschneiden lassen. Sein Ziel
wurde in die Tat umgesetzt: er hat
seine Haare der "Children With Hair
Less"-Stiftung übergeben.
Das US-Nachrichtenportal „Florida Today“ berichtete: "Von dem Engagement
seines Sohnes ist Stiefvater Scott Norris (30) überwältigt. Zu 'Florida Today'
sagte er: >Ich war mit Freude und Stolz
erfüllt. Es war einfach überwältigend.
Mein kleiner Junge …<"
Kinder haben die besten Ideen. Man
muss nicht viel Geld haben, um etwas
Großes zu leisten. Wir finden die Aktion von Christian McPhilamy klasse!
VC
Fotos © Deeanna Thomas
Infos: heftig.co/christian-haarig & bild.de
LEBENSBILDER
Im Jahr 2010 fand in Melbourne (Australien) die jährlich stattfindende INSPKonferenz statt. Hier trafen sich die im
Verband stehenden Mitglieder zu einer
vollen Gesprächsrunde. Jetzt im Jahr
2015 sind wir wieder auf Melbourne
aufmerksam geworden. Aber Moment
mal! Die hier erzählte Geschichte spielt
in einem ganz anderen Melbourne:
Karl-May-Spiele 2015
Im Tal des Todes
Im Wilden Westen unter freiem Himmel das "Tal des Todes" erleben. Die
Kulisse am Kalkberg in Bad Segeberg lässt ihre Besucher wieder in ein
atemberaubendes Schauspiel eintauchen. Vom 27. Juni - 06. September
findet, wie jedes Jahr, ein neues Stück im Freilichttheater statt. Nicht
nur "Im Tal des Todes" lockt viele Tausende Besucher an, sondern auch
das Indian Village. Erleben Sie hautnah den Wilden Westen!
UNSER NORDEN
Fotos © Karl-May-Spiele Bad Segeberg
Im Tal des Todes
"Es ist ein geheimnisvoller Ort, von
dem selbst hart gesottene Westmänner nur mit Furcht sprechen: das
Tal des Todes. Noch nie soll jemand
lebend von dort zurückgekehrt sein.
Der Verbrecher Roulin (gespielt von
Joshy Peters) macht sich die alten
Legenden zunutze – und betreibt in
dem verborgenen Tal ein Quecksilberwerk, in dem er Sklaven inmitten
giftiger Dämpfe arbeiten lässt. Auch
der Plantagenbesitzer Georg von
Adlerhorst (gespielt von Harald P.
Wieczorek), sein Sohn Martin (verkörpert durch Felix Ströbel) und dessen Braut, die geheimnisvolle Paloma
Nakana, geraten in Roulins Hände.
Die Lage scheint aussichtslos, denn
die Maricopas unter der Führung
ihres trunksüchtigen Häuptlings
Eiserner Pfeil (verkörpert durch Nico-
Winnetou reitet durch die Besucherreihen
las König) haben sich den Schurken
angeschlossen. Winnetou (gespielt
von Jan Sosniok) und sein Freund
Old Firehand (verkörpert durch Ralf
Bauer) geraten von einer Gefahr in
die andere – auch, weil Old Firehands kleiner Sohn Harry (gespielt
von den drei Jungs Keno Fakhoury,
Theo Seegebrecht, Nick Wiese) ins
Bergwerk verschleppt wird. Welche
Rolle aber spielt die attraktive Senorita Miranda (verkörpert durch Barbara Wussow), die in ihrer Cantina in
San Miguel rauschende Fiestas feiert
und Old Firehands Herz erobert hat?
Und wird es dem skurrilen Westmann Sam Hawkens (gespielt von
Dirc Simpson) gelingen, den schöngeistigen Dichter Heinz-Egon Winzigmann (verkörpert durch Patrick
L. Schmitz), der sich kreuz und quer
durch den Wilden Westen reimt, aus
der Schusslinie zu halten? Als Winnetou und Old Firehand schließlich ins
Tal des Todes ziehen, kommt es dort
zu einem feurigen Finale …“
Freilichttheater am
Kalkberg Bad Segeberg
Nur eine halbe Stunde braucht man
mit dem Auto oder der Bahn von
Neumünster bis nach Bad Segeberg.
unterwegs im Indian Village
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Das dortige Freilichttheater ist mit
Sicherheit eines der Schönsten in
ganz Europa. Mit einer Gesamtfläche
von 17.000qm bietet es nicht nur
den 11.500 Besuchern, die hier Platz
finden, ein Open Air Feeling, sondern
auch den Darstellern und Sängern (in
der Vergangenheit: Bob Dylan, David
Bowie, Elton John, Stevie Wonder,
Peter Maffay, Marius Müller-Westernhagen u.v.m.).
Das Freilichttheater ist nicht nur
wegen seines Schauspiels bekannt,
sondern auch für das drum herum
liegende "Indian Village".
Indian Village
Der Name verrät es schon: es handelt sich um eine Westernstadt.
Kaum hat man sie betreten, glaubt
man, sich im Jahre 1880 zu befinden.
"In der Luft hängt der würzige Geruch eines prasselnden Lagerfeuers,
vor den Blockhäusern knirscht der
trockene Sand unter den Füßen."
Die Westernstadt am Kalkberg bietet einen Barbar Shop mit eingebautem Drugstore. Dort gibt es wie
zur damaligen Zeit Pillen gegen Alkoholsucht und im Drugstore stehen
eine Menge alter Fläschchen und
zwei Friseurplätze inklusive Lederriemen zum Wetzen des Rasiermessers. Zusätzlich ist ein Krämerladen,
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in dem es einfach alles gibt,
vorhanden. Neben Lebensmitteln, Werkzeuder Saloon im Indi
an Village
gen und Stoffen
konnten dort auch Waffen gekauft
werden. Direkt nebenan hat der Kosten:
Sheriff sein Büro mit zusätzlicher ver- Erwachsene 2,00 €
gitterter Gefängniszelle. Und was darf Kinder 1,50 €
nicht fehlen? Ein Saloon. Dort stehen ein Klavier und natürlich einige Die Karl-May-Spiele sind jährlich
Tische, an denen es sich die Karl-May- ein empfehlenswertes Spektakel für
Besucher gemütlich machen können.
die ganze Familie und Freunde. Wir
wünschen Ihnen und allen, die Sie
Karl-May-City-Express
mitnehmen, viel Spaß!
"Die perfekte Einstimmung auf das "Blaue Blume" hat gesprochen.
turbulente Geschehen im Freilicht- (Wer Zeit vertreiben will, kann auf testetheater: eine romantische Fahrt mit dich.de/quiz34/quiz/1404916249/DeinIndianer-Name seinen eigenen Indianischen
dem originalgetreuen Karl-May-City- Namen herausfinden - dem Ergebnis keine
Express. In den Waggons, gezogen große Bedeutung geben, denn es soll nur
von der nachgebauten traditions- zum Spaß sein.)
reichen Dampflokomotive 'Muson River', haben bis zu 35 Fahrgäste Platz." Kontakt:
Die Fahrt führt vorbei an den vielen Se- Kalkberg GmbH Bad Segeberg
henswürdigkeiten von Bad Segeberg.
Karl-May-Platz
23795 Bad Segeberg
Homepage: karl-may-spiele.de
Telefon (Ticket-Hotline):
0 18 05 - 95 21 11
E-Mail: [email protected]
Öffnungszeiten (Kasse):
Mo – Mi 10 bis 17 Uhr
Do – Sa 10 bis 21 Uhr
So 10 bis 16 Uhr
Telefonisch erreichbar:
Mo – Mi 8:30 bis 18 Uhr
Do – Sa 8:30 bis 20 Uhr
So 8:30 bis 15 Uhr
das Freilichttheater verwandelt sich in einen Ort im Wilden Westen
VC
Nächstenliebe hat den Magen gefüllt
Danke!