Chiara R. - pts-feldkirch.vobs.at

Charakterisierung
An meinem ersten Schultag lernte ich meine Lehrerin, Frau Müller, kennen. Eine zierliche, eher streng
aussehende Frau stand vor uns und erklärte den schulischen Verlauf der kommenden zwei Jahre.
Ich war verunsichert, denn nicht nur der Schulanfang machte mir zu schaffen. In meiner Klasse gab
es achtzehn Buben und vier Mädchen. Für unsere Lehrerin Frau Müller eine große Herausforderung.
Damals war sie Mitte vierzig! Sie war stets gepflegt gekleidet und ihre Frisur war immer perfekt.
Der Schulalltag begann und somit lernte ich Frau Müller besser kennen. Viele Kinder und deren Eltern
jammerten, dass sie viel zu viel Druck auf uns ausübe und die Hausaufgaben übertrieben gestaltet
waren. Pünktlichkeit war für Frau Müller von Wichtigkeit. Jede Schulstunde war sorgfältig vorbereitet
und inhaltlich geschickt an uns vermittelt. Unsaubere Heftgestaltung tolerierte sie überhaupt nicht.
Form und Rechtschreibung allein genügten noch lange nicht für eine gute Note. Wenn wir in der
Zweierreihe standen um in den Turnsaal zu gehen und sie nur einen Laut oder ein Lachen von einem
Kind vernahm, wurde statt Turnen gerechnet oder geschrieben.
Was Frau Müller uns beibrachte, war enorm. Sie hatte die Gabe nicht nur die stärkeren Schüler zu
motivieren. Es war für sie von Wichtigkeit die schwachen Schüler so zu stärken, dass die gesamte
Klasse durchschnittlich gut war. Fehlende Hausübungen wurden bestraft und nachgeholt!
Ziemlich schnell wurde mir klar, dass Frau Müller es eigentlich mit allen von uns gut meinte. Sie war
nicht überaus lustig, doch wenn sie mit unserer Klasse an einem Konzert oder einem anderen
Schulfest teilnahm, lächelte sie zufrieden. Sie war stolz auf das, was sie leistete! Gab es jedoch einen
vorlauten Schüler dabei, reichte ein Blick von ihr. Derjenige wusste gleich, was sie damit meinte. Es
wurde dann im Klassenzimmer besprochen, was ihr an unserem Verhalten gefiel und was nicht.
Ich war immer eher ruhig und wusste, was für Aufgaben ich zu machen hatte. Man merkte, dass Frau
Müller in ihrem Beruf auflebte. Je mehr Wissen sie uns beibringen konnte, umso größer war ihr
Ehrgeiz.
Von ihr lernten wir nicht nur Schulisches! Ehrlichkeit, Sauberkeit, Achtung und Toleranz standen an
erster Stelle. Meine Mutter sagte mir immer wieder, dass Frau Müller eine der besten Lehrerin sei.
Beim Elternsprechtag hörte man viele Mütter über sie tuscheln. Sie erkannten die wahre Frau Müller
nicht: Sie wollte uns doch nur das Beste mit auf unsere Schullaufbahn bzw. auf unsere Zukunft
mitgeben! Sie bevorzugte keinen Schüler und wenn jemand glaubte, mit der Note 1 zufrieden zu sein
täuschte man sich. Sie lehrte uns, dass man nur mit Ehrgeiz ein Ziel erreichen kann und wenn man
glaubt in etwas Meister geworden zu sein, sollte man mit einer neuen Lehre beginnen.
Frau Müller selbst ist sich und ihrem Weg treu geblieben. Sie hat ihren Beruf erlernt und kann viel
mehr als nur fachliches Wissen an die Schüler vermitteln. Ihre starke Persönlichkeit hat sie sich selbst
erschaffen. Sie kann stolz auf sich sein.
Und auch wenn ich Frau Müller heute begegne: Sie ist immer nett, freundlich und doch eher
zurückhaltend. Sie erkundet sich stets über meine schulischen Leistungen, über das Wohlergehen
unserer Familie und über meine Zukunftspläne.
Sie selbst hat zwei Kinder, beide studieren und werden in die Fußstapfen von Frau Müller treten. Sie
ist nicht nur ihren Kindern ein großes Vorbild. Sie schaffte es uns allen einen positiven Schulstart zu
ermöglichen. Das anfängliche Bild einer strengen Lehrerin hat sich total verändert.
Chiara R.