Überprüfung von sonderpädagogischen Mass

Kanton Zürich
Bildungsdirektion
Volksschulamt
Amtsleitung, Rechtsdienst
26. August 2015
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Überprüfung von sonderpädagogischen Massnahmen, Beschlussfassung bei Aufhebung, Änderung oder Weiterführung der Sonderschulung
Verfahren im Allgemeinen
Gemäss § 28 der Verordnung über die sonderpädagogischen Massnahmen (VSM) werden sonderpädagogische Massnahmen, sofern keine frühere Frist vereinbart wurde, nach
Ablauf eines Jahres überprüft (Abs. 1). Die Überprüfung erfolgt soweit möglich durch die
an der Anordnung der Massnahme Beteiligten. Der schulpsychologische Dienst oder andere Fachleute können beigezogen werden (Abs. 2). Nach der Überprüfung wird über
Aufhebung, Änderung oder Weiterführung der Massnahme entschieden. Das Verfahren
richtet sich nach den §§ 24–26 VSM (Abs. 3). Der Entscheid der Schulpflege erfolgt in
der Regel in Form eines Beschlusses.
Die Verfahrensschritte gelten auch für die Sonderschulung und sind im Detail dem Merkblatt „Zuweisung zur Sonderschulung“ zu entnehmen. Im Zusammenhang mit der Aufhebung, Änderung oder Weiterführung der Sonderschulung ist zudem das Nachfolgende zu
beachten.
Aufhebung der Sonderschulung
Der Anspruch auf Sonderschulung gemäss Volksschulgesetz (§ 36 Abs. 2 VSG), gestützt
auf Art. 62 Abs. 3 der Bundesverfassung, dauert längstens bis zur Vollendung des 20. Altersjahrs. Damit ist ein Maximalalter festgelegt und es besteht kein absoluter Anspruch
auf Sonderschulung bis zu diesem Alter. Der Anspruch kann im konkreten Einzelfall bereits vor dem vollendeten 20. Altersjahr enden.
Grundsätzlich endet der Anspruch auf Sonderschulung, wenn jene Lerninhalte vermittelt
worden sind, die für eine möglichst gleichberechtigte Teilnahme am gesellschaftlichen
Leben erforderlich sind oder wenn der Einzelne jene Fähigkeiten vermittelt bekommen
hat, die ihm erlauben, so selbständig wie möglich am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. 1 Eine Schülerin oder ein Schüler sollte demnach in der Lage sein, eine den Fähigkeiten entsprechende Perspektive mit einer passenden Anschlusslösung in Angriff zu
nehmen.
Eine mögliche Aufhebung der Sonderschulung wird am schulischen Standortgespräch
unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse und unter den oben erwähnten Beteiligten überprüft und besprochen. Namentlich beim bevorstehenden Wechsel in eine
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AESCHLIMANN-ZIEGLER, Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht von Kindern und
Jugendlichen mit einer Behinderung, Diss. Uni Basel, Bern 2011.
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Anschlusslösung nach Beendigung der obligatorischen Schulzeit resp. nach einer weiterführenden Sonderschulung (Sonderschulung 15plus, s. unten) sind allfällige Ergebnisse
der Berufsberatung miteinzubeziehen. Der Wechsel ist dann zu vollziehen, wenn eine
Anschlusslösung verbindlich feststeht.
Als Anschlusslösungen gelten:
a. Obligatorische Schulzeit
−
Regelklassen der Volksschule, allenfalls mit Unterstützung von sonderpädagogischen Massnahmen
−
Integrative Förderung (IF) im Rahmen der Volksschule
−
Mittelschulen
−
Privatschulen
b. nach Beendigung der obligatorischen Schulzeit resp. nach einer weiterführenden
Sonderschulung (Sonderschulung 15plus):
−
Mittelschulen
−
berufliche Grundbildungen mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) oder mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) im ersten oder im geschützten
Arbeitsmarkt
−
berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest und verstärkter Unterstützung (wie im Programm EBAplus) im ersten oder im geschützten Arbeitsmarkt
−
erstmalige berufliche Ausbildungen im Rahmen der IV, so die Praktische Ausbildungen nach INSOS (PrA) oder die IV-Anlehren im ersten oder im geschützten Arbeitsmarkt
−
Arbeitsstellen im ersten oder im geschützten Arbeitsmarkt
−
Aktivierung und Beschäftigung in einer Tagesstätte
−
Brückenangebote
−
Privatschulen
Tritt die Schülerin oder der Schüler in eine Anschlusslösung im Rahmen der obligatorischen Schulzeit über, hält der erforderliche Beschluss die Aufhebung der Sonderschulung und den Übertritt in die entsprechende Anschlusslösung fest. Erfolgt der Übertritt in
eine Anschlusslösungen nach Beendigung der obligatorischen Schulzeit resp. nach einer
weiterführenden Sonderschulung (Sonderschulung 15plus), ist ein Beschluss empfehlenswert aber nicht zwingend, da der Anspruch auf Sonderschulung mit dem Austritt aus
der Volksschule endet und hinfällig wird.
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Weiterführende Sonderschulung (Sonderschulung 15plus)
Sofern die Weiterführung der Sonderschulung über die Dauer der obligatorischen Schulzeit hinaus für eine geeignete Anschlussmöglichkeit erforderlich ist, besteht der Anspruch
auf eine verlängerte Sonderschulung (Sonderschulung 15plus), unabhängig davon, welche Art der Beeinträchtigung resp. Behinderung vorliegt. Eine mögliche Verlängerung
der Sonderschulung wird auch in diesem Fall am schulischen Standortgespräch unter
den oben erwähnten Beteiligten überprüft und besprochen.
Tritt die Schülerin oder der Schüler in die Sonderschulung 15plus über, hält der erforderliche Beschluss die Notwendigkeit der Weiterführung der Sonderschulung und den Übertritt in die entsprechende Sonderschulung 15plus fest.
Änderung der Sonderschulung
Eine Änderung der Sonderschulung liegt vor, wenn der Umfang oder die Art der Sonderschulung sich verändert. Dies kann ein Wechsel von der separierten in die integrierte
Sonderschulung oder umgekehrt sowie ein Wechsel in eine andere Sonderschuleinrichtung sein. Eine mögliche Änderung der Sonderschulung wird unter Berücksichtigung der
individuellen Bedürfnisse und unter den oben erwähnten Beteiligten überprüft und besprochen.
Bei geringfügigen Änderungen des Umfangs innerhalb der bestehenden Sonderschulung
ist ein Beschluss empfehlenswert aber nicht zwingend. Tritt die Schülerin oder der Schüler in eine andere Art der Sonderschulung über oder wird die Sonderschulung an einem
neuen Ort durchgeführt und ist zudem mit veränderten Kosten zu rechnen, hält der erforderliche Beschluss die Aufhebung der bisherigen Sonderschulung und den Wechsel in
die neue Sonderschulung fest.
Sonderschulung nach nicht erfolgreicher Anschlusslösung
Aufgrund der oben beschriebenen rechtlichen Rahmenbedingungen kann grundsätzlich
auf eine abgeschlossene Sonderschulung nicht mehr zurückgekommen werden. Vorausgesetzt, Jugendliche sind vor dem vollendeten 20. Altersjahr bereits in den Genuss eines
ausreichenden Grundschulunterrichts gekommen. Dann haben sie keinen weiteren Anspruch mehr auf Sonderschulung.
Begriffsbestimmung „bis zum vollendeten 20. Altersjahr“
Das 20. Altersjahr beginnt mit dem 19. Geburtstag und ist mit dem Ende des Tages vor
dem zwanzigsten Geburtstag "vollendet". Zum Vergleich: Volljährig ist man mit dem 18.
Geburtstag (also nach vollendetem 18. Altersjahr).