Keine Eile bei der Rente Wer vorzeitig geht, muss Einbußen

in Kooperation mit dem Finanzportal biallo.de
Von Rolf Winkel
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Keine Eile bei der Rente
Wer vorzeitig geht, muss Einbußen hinnehmen
Die meisten Rentner müssen mit ihren Einkünften im Alter gut haushalten: 973 Euro für
Männer und 513 Euro für Frauen. So hoch
fallen im Schnitt die gesetzlichen Nettorenten
derjenigen aus, die 2014 in den Ruhestand
gegangen sind. Keine berauschende Perspektive. Doch selbst 60-Jährige und Ältere
können noch gegensteuern.
„Möglichst spät in Rente gehen, vielleicht
sogar über das reguläre Rentenalter hinaus
arbeiten.“ Diesen Tipp gibt der Rentenberater
Norbert Loos aus München. Er rät, zunächst
Alternativen zur Rente auszuschöpfen.
Im Folgenden erfahren Sie, welche Altersrenten derzeit noch für wen in Frage kommen
und was die Inanspruchnahme der jeweiligen
Rente für die Rentenhöhe bedeutet. Im Zweiten Teil des Dossiers gehen wir auf Alternativen zum frühen Renteneintritt ein.
1. Aktuelles Rentenrecht
1a) Beste Frührente: Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Das beste Angebot der deutschen Rentenversicherung zur
frühzeitigen Verrentung ist die Altersrente für
besonders langjährig Versicherte. Diese gibt
es für den Geburtsjahrgang 1952 mit 63 Jahren und ganz ohne Abschläge. Dafür darf es
auf dem Versicherungskonto allerdings nicht
allzu viele Brüche geben. Die Rente gibt es
nur für diejenigen, die 45 Versicherungsjahre
vorweisen können, wobei weder Zeiten mit
freiwilligen Beiträgen (jedenfalls in der Regel)
noch Schul- und Studienzeiten, noch Zeiten
des Bezugs von Arbeitslosenhilfe oder Hartz
IV mitzählen. Es zählen dabei vor allem sozialversicherungspflichtige Beschäftigungszeiten, aber auch Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I (allerdings nicht in den letzten beiden Jahren vor Renteneintritt) oder die
sogenannten Berücksichtigungszeiten für
Kindererziehung.
Zwar wird die Rente derzeit unter dem Label
„Rente mit 63“ verkauft, die 63-JahresGrenze gilt jedoch nur für diejenigen, die
1952 geboren sind. Ab dem Jahrgang 1953
steigt die Altersgrenze stufenweise um je
zwei Monate pro Geburtsjahrgang an (siehe
Tabelle). Für 1953er gilt eine Grenze von 63
Jahren und zwei Monaten. Wer also beispielsweise im Mai 1953 geboren wurde,
kann die neue Rente ab August 2016 erhalten. Das ist der Monat, der dem Monat folgt,
an dem der oder die Betreffende 63 Jahre
und zwei Monate alt wird. Für 1954er sind es
63 Jahre und vier Monate und so weiter. Ab
dem Jahrgang 1964 gilt dann – wie bisher –
die 65-Jahres-Grenze.
Tipp: Häufig sind Arbeitnehmer in der Zeit
vor dem Eintritt in den Ruhestand arbeitslos
und beziehen die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld I. Die Zeit des Bezugs dieser
Leistung im Vorfeld des Renteneintritts zählt
nicht mit, wenn geprüft wird, ob die 45 erforderlichen Versicherungsjahre für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte
zusammenkommen. Wer bislang erst auf 43
oder 44 Jahre kommt, für den kann sich die
Aufnahme eines Minijobs lohnen. Ein solcher
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Job kann neben dem ALG I bezogen werden
(Anmeldung bei der Arbeitsagentur nicht vergessen!). Solche Jobs gelten seit 2013 als
versicherungspflichtig (soweit diese Pflicht
nicht abgewählt wird). Die Zeit der Beschäftigung im Minijob ist damit eine vollwertige
Rentenversicherungszeit. Ein Jahr mit Minijob
bringt z.B. ein Jahr Versicherungszeit für die
Altersrente für besonders langjährig Versicherte.
Bewertung: Diese vorzeitige Altersrente ist
die günstigste Möglichkeit des frühzeitigen
Renteneintritts, um schon ab 63 Jahren eine
Rente ohne Abschläge zu bekommen. Das
scheint vielen sehr attraktiv. Doch in jedem
Fall sollten Versicherte prüfen, ob sie sich
diese Rente leisten können. „Und niemand
sollte sich unter Verweis auf diese Rente voreilig aus dem Job drängen lassen“, warnt
Rentenberater Loos. Denn wer diese vorzeitige Rente beantragt, dem fehlen gut zwei
Versicherungsjahre bis zum regulären Rentenalter. Das macht für einen Durchschnittsverdiener ein Rentenminus von gut 60 Euro
aus.
1b) Schwerbehindertenrente
Wer gesundheitliche Handicaps hat, kann
häufig nicht bis zum regulären Rentenalter
voll arbeiten. Das berücksichtigt die gesetzliche Rentenversicherung. Wer als schwerbehindert anerkannt ist (Voraussetzung: Grad
der Behinderung von mindestens 50), kann
deshalb deutlich früher in die Altersrente gehen. Dafür ist die Altersrente für schwerbehinderte Menschen – salopp: die Schwerbehindertenrente – vorgesehen. Wer 1953 geboren wurde, kann beispielsweise mit 63 Jahren und sieben Monaten ohne Abschläge
diese Altersrente erhalten. Und es geht auch
noch deutlich früher – dann aber nur mit Abschlägen. Für 1953er gibt es die Schwerbehindertenrente bereits mit 60 Jahren und sieben Monaten – allerdings mit einer Rentenkürzung um 10,8 Prozent.
In den kommenden Jahren wird die Altersgrenze für die frühestmögliche Inanspruchnahme dieser Rente peu à peu nach hinten
verschoben – bis auf 62 Jahre (für den Jahrgang 1964). Und die Grenze für den abschlagfreien Bezug der Schwerbehindertenrente steigt auf 65 Jahre (ebenfalls für den
Jahrgang 1964). Doch weiterhin gilt: Die
Schwerbehindertenrente gibt’s deutlich früher
als die reguläre Altersrente.
Die Hürden, die der Gesetzgeber vor dieser
Rente aufgebaut hat, sind vergleichsweise
niedrig. Schon nach 35 Versicherungsjahren
wird die Schwerbehindertenrente gewährt,
wobei auch Zeiten des Schulbesuchs oder
der Arbeitslosigkeit mitzählen und pro Kind
maximal zehn Jahre sogenannter Berücksichtigungszeit. Deshalb haben die meisten Arbeitnehmer mit einem Schwerbehindertenausweis einen Anspruch auf die Schwerbehindertenrente, wenn sie die für sie maßgebliche Altersgrenze erreichen.
Tipp: Schwerbehinderte sollten in jedem Fall
prüfen, ob für sie auch die Altersrente für besonders langjährig Versicherte in Frage
kommt. Denn mit dieser Rente können die
Betroffenen unter Umständen schon einige
Monate früher – und ohne Rentenkürzung –
in den Ruhestand gehen.
Tipp: Darüber hinaus sollten Schwerbehinderte prüfen, ob es für sie nicht günstiger ist,
statt der Schwerbehindertenrente die Rente
wegen voller Erwerbsminderung zu beantragen. In jedem Fall sollten sich die Betroffenen
beraten lassen – etwa bei einem Versichertenberater der Rentenversicherung oder (gegen Honorar) bei einem privaten Rentenberater – ob sie die Voraussetzungen für die
Erwerbminderungsrente erfüllen.
Bewertung: Wer die Altersrente für Schwerbehinderte in Anspruch nimmt, dem fehlen
bei der Rente a) Versicherungsjahre und b)
müssen meist Abschläge in Kauf genommen
werden. Die Betroffenen sollten daher prüfen,
ob für sie Alternativen zum Renteneintritt in
Frage kommen (siehe Punkt 3 und 4).
1c) Altersrente für langjährig Versicherte
Wer 35 Versicherungsjahre vorweisen kann –
wobei beispielsweise Studien- und Schulzeiten mitzählen – hat mit 63 Jahren Anspruch
auf die Altersrente für langjährig Versicherte.
Dabei fallen derzeit Rentenabschläge in
Höhe von neun Prozent an – künftig wachsen
diese bis auf 14,4 Prozent. Wer in seinem
Arbeitsleben im Schnitt durchschnittlich verdient hat, für den bedeuten allein die Abschläge derzeit ein Rentenminus von ca. 100
Euro im Monat – und zwar lebenslang. Darüber hinaus fehlen auch hier natürlich die Verwww.biallo.de
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sicherungsjahre bis zum regulären Renteneintrittsalter.
Bewertung: Dies ist die schlechteste Möglichkeit des vorzeitigen Renteneintritts. Diejenigen, für die nur diese Lösung in Frage
kommt, sollten Alternativen zum vorzeitigen
Renteneintritt in jedem Fall ins Auge fassen.
1d) Auslaufende Sonderregelungen für
Jahrgänge vor 1952
Zwei vorzeitige Altersruhegelder der gesetzlichen Rentenversicherung können zwar von
Jahrgängen ab 1952 nicht mehr in Anspruch
genommen werden – wohl aber von denjenigen, die vor 1952 geboren wurden. De facto
kommen diese Renten derzeit nur für Arbeitnehmer in Frage, die bereits älter als 63 sind.
Hierbei handelt es sich um die Altersrente
wegen Arbeitslosigkeit und nach Altersteilzeit,
und die Altersrente für Frauen. Wer diese
Altersrenten in Anspruch nimmt, muss deutliche Rentenabschläge in Kauf nehmen. Beispiel: Nimmt ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin, die/der im Dezember 2011 geboren wurde, eine dieser Renten ab Januar
2016 in Anspruch, so fallen Rentenabschläge
in Höhe von 3,6 Prozent an. Um diesen Prozentsatz wird die Rente dauerhaft gekürzt.
1e) Reguläre Altersrente
Die reguläre Altersrente, auf die fast alle älteren Arbeitnehmer Anspruch haben (bereits
nach fünf Versicherungsjahren), können derzeit Versicherte mit 65 Jahren und vier Monaten erhalten. Diese Altersgrenze steigt künftig
Schritt für Schritt bis auf 67 Jahre. Wichtig ist
allerdings: Mit 65 Jahren und vier Monaten
endet das Arbeitsleben keineswegs automatisch. Man kann manchmal auch nach Erreichen des regulären Rentenalters weiterarbeiten, statt Rente zu beantragen. Rente gibt es
nämlich nur dann, wenn man einen Rentenantrag stellt. Diesen kann man jedoch auch
aufschieben und sich beispielsweise erst mit
67 oder 70 vom Arbeitsleben verabschieden.
„Wer erst nach dem Erreichen des regulären
Rentenalters mit dem Arbeiten aufhört, be-
kommt später mehr Rente. Es rechnet sich
also, später in Rente zu gehen“, sagt Stefan
Braatz von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Das Altersruhegeld erhöht sich
nämlich pro Monat des späteren Einstiegs um
0,5 Prozent. Wer erst mit 67 statt mit 65 und
vier Monaten in Rente geht, erhält also derzeit noch eine um zehn Prozent höhere Rente – und zwar lebenslang. Bei zwei Jahren
Weiterarbeit gibt es bereits einen Zuschlag
von zwölf Prozent. Hinzu kommt: Wer über
das 65. Lebensjahr hinaus arbeitet, ist in der
Regel auch weiterhin rentenversicherungspflichtig. Die gezahlten Beiträge bringen dann
nochmals eine Rentenerhöhung. Unterm
Strich können so zwei Jahre Mehrarbeit 15
oder gar 20 Prozent mehr Rente bringen.
Beispiel: Nehmen wir einen Arbeitnehmer,
der im regulären Rentenalter Anspruch auf
1.500 Euro Monatsrente hat. Er arbeitet zwei
Jahre weiter, ist Gutverdiener, zahlt damit
den Höchstbetrag in die Rentenkasse ein.
Innerhalb von zwei Jahren zahlt er damit ca.
13.000 Euro ein (den gleichen Betrag entrichtet auch der Arbeitgeber). Innerhalb der zwei
Jahre Weiterarbeit verzichtet er auf insgesamt 36.000 Euro Rente. Zusammen mit den
Einzahlungen von 13.000 Euro investiert er
damit 49.000 Euro. Seine eigene Rente erhöht sich für jedes Jahr, in dem er den
Höchstbetrag einzahlt, um ca. 60 Euro. Er
kommt dann also mit 67 Jahren und vier Monaten auf einen Rentenanspruch von 1.620
Euro. Darauf gibt es einen Zuschlag von
zwölf Prozent, was 194,40 Euro ausmacht.
Insgesamt erhält er damit eine Rente in Höhe
von 1.814,40 Euro, also ein Plus von 314,40
Euro, aufs Jahr bezogen sind dies 3.772 Euro. Nach 13 Bezugsjahren hätte der Betroffene damit seine „Investition“ herausbekommen.
Bewertung: Die Rendite ist hier weit besser
als bei jeder privaten Rente. Für einen gesunden Älteren, der noch gerne weiterhin
erwerbstätig wäre, ist der Aufschub des Renteneinstiegs eine höchst lukrative Angelegenheit.
2. Rentenabschläge ausgleichen
In vielen Fällen sehen Versicherte gar keine
andere Möglichkeit, als vorzeitig – und das
heißt dann meist mit Abschlägen – in die
Rente zu gehen. In diesen Fällen sollte man
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prüfen, ob es sich lohnt, die Abschläge durch
eine Einmalzahlung (ggf. auch durch ratenweise Zahlungen) auszugleichen. Hierzu
steht gar nicht selten Geld zur Verfügung –
etwa aus einer Erbschaft oder einer auslaufenden Kapitallebensversicherung.
Wie die Abschläge ausgeglichen werden ist in
Paragraf 187a SGB VI geregelt. Hierzu muss
man der deutschen Rentenversicherung gegenüber erklären, dass man eine geminderte
Rente beansprucht und entstehende Rentenabschläge durch eine Beitragszahlung ausgleichen möchte. Die Rentenversicherung
rechnet daraufhin aus, in welchem Umfang
genau Rentenabschläge anfallen und welcher
Betrag zum Wiederauffüllen aufzuwenden
wäre. Die Abschläge müssen nicht voll ausgeglichen werden, auch ein teilweiser Ausgleich ist möglich. Zudem gibt es die Möglichkeit einer Ratenzahlung (wodurch sich allerdings der Ausgleichsbetrag erhöht).
Derzeit würde es beispielsweise 8.543 Euro
kosten, um einen Rentenabschlag in Höhe
von 36 Euro zu vermeiden. Hierdurch würde
sich die jährliche Rente um insgesamt 432
Euro erhöhen. Besonders interessant wäre
diese Variante

für privat Krankenversicherte. Denn
sie erhalten zur gesetzlichen Rente

sogar noch einen Zuschlag von 7,3
Prozent für die Krankenversicherung.
für Versicherte, die im Kalenderjahr, in
dem sie den Rentenabschlag ausgleichen, eine hohe Steuerbelastung haben. Denn der Abschlag kann (genau
wie freiwillige Rentenbeiträge und
Einzahlungen
in
RürupRentenversicherungen) zu 80 Prozent
von der Steuer abgesetzt werden.
Generell gilt: Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung rechnen sich – angesichts des niedrigen Zinsniveaus und der
wenig verbraucherfreundlichen Kalkulation
der privaten Versicherer – derzeit eher als der
Abschluss einer privaten Rentenversicherung
bzw. eine private Sofortrente. Die beste derzeit angebotene Sofortrente (Europa, Versicherung pur) würde aktuell bei einer entsprechenden Einzahlung nur eine jährliche garantierte Rente in Höhe von 324 Euro bringen
(siehe hierzu: http://bit.ly/1JUPiVo.)
Dies ist im Übrigen kein grundsätzliches Argument gegen eine private Sofortrente. Doch
zunächst sollte man evtl. vorhandenes Kapital
attraktiver investieren, etwa – wenn möglich –
in die gesetzliche Rentenversicherung, in die
Abtragung von Schulden und ggf. in eine
notwendige Modernisierung von Wohneigentum).
3. Krankengeld in Anspruch nehmen
Viele ältere Arbeitnehmer sind gesundheitlich
angeschlagen – und sehnen auch aus diesem Grund häufig den Ruhestand herbei.
Doch vom Grundsatz her ist für Leistungen
an kranke Arbeitnehmer die Kranken- und
nicht die Rentenversicherung zuständig. Ältere haben, soweit sie arbeitsunfähig sind, genau wie Jüngere Anspruch auf Krankengeld –
und zwar auf maximal 78 Wochen, wobei die
Zeit der Lohnfortzahlung des Arbeitgebers
angerechnet wird. Für Kranke lohnt es sich in
aller Regel, zunächst Krankengeld und erst
später Rente zu beziehen.
Wichtig zu wissen: Das Krankengeld fällt
auch mit dem Erreichen des Rentenregelalters nicht automatisch weg. Paragraf 51 Abs.
2 SGB V regelt vielmehr, dass die Krankenkasse Krankengeldbeziehern, die die Vo-
raussetzungen für den Bezug der Regelaltersrente oder Altersrente aus der Alterssicherung der Landwirte erfüllen, eine Frist von
zehn Wochen setzen (kann), innerhalb der
sie den Antrag auf diese Leistung zu stellen
haben. Wird der Rentenantrag dann nicht
gestellt, entfällt nach Absatz 3 der Anspruch
auf Krankengeld mit Ablauf der Frist.
Bei Krankheit gewährt der Arbeitgeber bis
zum letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses Lohnfortzahlung (soweit der sechswöchige Lohnfortzahlungszeitraum noch nicht
beendet ist). Anschließend zahlt die Krankenkasse nahtlos Krankengeld. Die Höhe des
Krankengelds ist gesetzlich vorgeschrieben:
Es beträgt 70 Prozent des Bruttoverdienstes,
aber nicht mehr als 90 Prozent des Nettoverdienstes. Vom Krankengeld sind in der Regel
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noch Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und
Pflegeversicherung zu entrichten. Das Krankengeld ist in der Regel deutlich höher als die
Altersrente, die Sie stattdessen beziehen
könnten. Wichtig weiterhin: Zeiten des Bezugs von Krankengeld sind für die Rente fast
so viel wert wie „normale“ beitragspflichtige
Beschäftigungszeiten. So sollen Nachteile bei
der Rente vermieden werden. Die Krankengeldzeiten zählen als Pflichtbeitragszeiten in
der gesetzlichen Rentenversicherung und
werden dem zuständigen Rentenversicherungsträger von der Krankenkasse gemeldet.
Ein Jahr mit Krankengeld eines vormaligen
Durchschnittsverdieners erhöht damit in den
alten Bundesländern die spätere Monatsrente
um 23,37 Euro. In den neuen Bundesländern
sind es 21,64 Euro. Wichtig zudem: Wer z.B.
als 63-Jähriger ein Jahr Krankengeld bezieht
und deshalb ein Jahr später in die Rente für
langjährig Versicherte geht, vermeidet auch
Rentenabschläge in Höhe von 3,6 Prozent.
Achtung: Krankenkassen haben das Recht,
den betroffenen Versicherten bei einer möglicherweise dauerhaften Gefährdung der Er-
werbsfähigkeit zur Stellung eines Antrags auf
Rehabilitationsleistungen zu verpflichten (Paragraf 51 SGB V). Die Folgen eines solchen
Antrags: Bleibt die Reha-Maßnahme ohne
Erfolg, gilt der Reha-Antrag als Rentenantrag.
Wird der Reha-Antrag gerade deshalb nicht
gestellt, endet der Anspruch auf Krankengeld
(Paragraf 51 Abs. 3 SGB V).
Tipp: Wenn Sie nicht bereits im laufenden
Krankengeldbezug sind, sollten Sie als Kranker spätestens am letzten Beschäftigungstag
zum Arzt gehen, sich krankschreiben lassen
und Krankengeld beantragen. Nehmen Sie
am besten das Kündigungsschreiben Ihres
Arbeitgebers mit zur Krankenkasse. Die
Krankenkasse händigt Ihnen dann eine Verdienstbescheinigung für Ihren früheren Arbeitgeber und einen Antrag auf Krankengeld
aus. Krankengeld erhalten Sie i. d. R. nahtlos
bereits ab dem ersten Tag nach dem Ende
des Beschäftigungsverhältnisses. Übrigens:
Wenn Sie bettlägerig sind, können Sie die
Meldung bei Ihrer Krankenkasse auch telefonisch oder schriftlich erledigen.
4. Arbeitslosengeld I beanspruchen
Wer mit 60 oder 61 seine Arbeit verliert, hat
genauso wie ein jüngerer Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Es lohnt sich,
diesen Anspruch zu nutzen – und so spät wie
möglich in Rente zu gehen.
eine Altersrente besteht, geht die Arbeitsagenturen nichts an.
Viele Ältere können sich demnach frei zwischen Arbeitslosengeld I und Rente entscheiden.
Wer arbeitslos ist und die Voraussetzungen für
die Versicherungsleistung ALG I erfüllt, kann
dieses bis zum regulären Rentenalter erhalten
– maximal 24 Monate lang. Paragraf 136 Absatz 2 des Dritten Sozialgesetzbuchs regelt,
dass ein Anspruch auf ALG I so lange besteht,
bis das für die Regelaltersrente erforderliche
Lebensalter erreicht ist. Das bedeutet: Mit dem
schrittweisen Übergang zur Rente mit 67 wird
auch die Altersgrenze der Arbeitslosenversicherung Schritt für Schritt angehoben. Wer
z.B. 1952 geboren wurde, kann im Prinzip bis
zum Alter von 65 Jahren und sechs Monaten
ALG I beziehen.
Drei wichtige finanzielle Gründe sprechen für
eine Entscheidung gegen die vorzeitige Rente
und für den weiteren Bezug der Leistungen
der Arbeitsagentur.
Wichtig: Diese Wahlfreiheit besteht auch
dann, wenn sich der Betroffene für ein vorgezogenes Altersruhegeld entscheiden könnte –
statt ALG I zu beziehen. Ob ein Anspruch auf

ALG I ist häufig höher als die Rente,

jedes Jahr des ArbeitslosengeldBezugs erhöht die Rente (ähnlich wie
beim Krankengeld),

wer vorzeitig in Rente geht, wird durch
Rentenabschläge bestraft
Keine Sonderregeln für Ältere bei Zumutbarkeit und Jobsuche.
Sicherlich betrachtet der eine oder andere
ältere Arbeitslose den Arbeitslosengeld-IBezug als Übergangszeit zur späteren Rente
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und ist weniger an einer Arbeitsaufnahme interessiert. Daher ist das Verhältnis zwischen
älteren Arbeitslosen und Arbeitsagentur
manchmal keineswegs konfliktfrei.
Tipp: Als Älterer sollten Sie sich klarmachen,
dass bei der Arbeitsagentur für Jung und Alt
die gleichen Regeln gelten. Dies gilt selbst für
64-Jährige, die kurz vor dem regulären Rentenalter stehen. Insbesondere müssen die
Betroffenen alle zumutbaren Arbeiten annehmen. Und zumutbar ist etwa im Grundsatz
auch für eine Bankkauffrau eine Reinigungsarbeit. Denn auch für Arbeitslose gibt es generell keinen Berufs- und Qualifikationsschutz.
Zudem müssen sich auch ältere Arbeitslose
die Vermittlung in Stellen gefallen lassen, die
weit schlechter dotiert sind als diejenige, die
sie zuletzt innegehabt haben. Schon in den
ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ist die
Vermittlung in eine – gemessen am früheren
Job – 20 Prozent schlechter bezahlte Stelle
möglich. Ab dem vierten Monat sind sogar
Abschläge von 30 Prozent hinzunehmen. Und
mit dem Beginn des siebten Monats ist eine
Beschäftigung nur dann nicht zumutbar, wenn
das zu erzielende Arbeitseinkommen nach
Abzug der Werbungskosten niedriger ist als
das Ihnen gezahlte ALG I. Wenn Sie zumutbare Stellen ablehnen, droht Ihnen zumindest
eine zeitweilige Sperre der Versicherungsleistung.
kauffrau-Beispiel“ ist nicht aus der Welt gegriffen. Ähnliche Erfahrungen haben bereits manche Ältere gemacht. Der eine oder andere
Arbeitsvermittler scheint Gefallen daran zu
finden, gerade älteren Arbeitslosen Stellen
anzubieten, an denen diese aller Voraussicht
nach kaum Interesse haben.
Tipp: Nehmen Sie auch Stellenangebote
ernst, an denen Sie nicht interessiert sind.
Wenn Sie – etwa als Bankkauffrau – eine
Putzstelle ablehnen, kann Ihnen eine zeitweise
oder gar dauerhafte Streichung Ihres ALG I
drohen. Letzteres gilt dann, wenn Sie erklären,
dass Sie an solchen Stellen prinzipiell nicht
interessiert sind. Wenn Sie sich dagegen bei
einem Arbeitgeber vorstellen und die Stelle
nicht erhalten, drohen Ihnen keinerlei Sanktionen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Arbeitgeber, der eine Reinigungskraft sucht, sich für
eine ältere Bankkauffrau entscheidet, ist übrigens außerordentlich gering.
Genauso ernst sollten Sie eine Einladung zu
Trainingsmaßnahmen nehmen – beispielsweise zu einem Bewerbungstraining. Auch wenn
die Wahrscheinlichkeit, dass Sie nochmals
eine Arbeit aufnehmen, „gegen null“ gehen
sollte, sind Sie verpflichtet, an solchen Maßnahmen teilzunehmen. Falls Sie eine solche
Teilnahme grundsätzlich ablehnen, kann Ihnen
sogar eine Streichung des Arbeitslosengelds
drohen.
Diese Regeln sollten ältere Arbeitslose stets
beachten. Denn das oben gewählte „Bank-
Das „Thema der Woche“ ist ein Service der Verbraucher-Redaktion Biallo & Team GmbH, Bahnhofstraße 25, 86938 Schondorf. Sie können uns erreichen unter [email protected] oder per Telefon:
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