Messias Viele Mißverständnisse, nicht zuletzt im christlich-jüdischen Dialog beruhen auf der Verwendung des Wortes „Messias“. Das hebräisch / aramäische Wort maschi ach bedeutet „gesalbt“ / „Gesalbter“ und diente u. a. zur Bezeichnung einer göttlich autorisierten Funktionsausübung als Priester, speziell Hohepriester, als Prophet, und als Herrscher bzw. König. Der Salbungsakt erfolgte durch Priester bzw. Propheten, aber auch unabhängig davon wurde „gesalbt“ im Sinne von „theokratisch legitimiert“ verwendet. Das Problem einer Diskrepanz zwischen göttlich legitimierter und eigenmächtiger Funktionsausübung kam jedoch v. a. am Herrscher zu Bewußtsein, im AT wird sie am Gegensatz zwischen Saul und David illustriert. Schon in der Bibel war nämlich David zum Typus des gottgefälligen, gehorsamen, torahtreuen Regenten gezeichnet worden und daher konnte für die Zukunft im Rahmen der Endzeiterwartung ein „gesalbter König“ als Idealherrscher erhofft werden. Die Salbung des Herrschers war im Grunde mit der Dynastiegründung verbunden, also nicht in jedem Fall erforderlich, sie symbolisiert die Verpflichtung sowohl gegenüber Gott wie dem Gottesvolk. Kennzeichen bzw. Pflicht des „gesalbten Königs“ bzw. des „Gesalbten des Herrn“ ist es v. a., sich der Torah zu unterstellen und die „Kriege des Herrn“ zu führen. Auch die rabbinische Tradition spricht noch von dem „gesalbten König“ und nur in abgekürzter Redeweise vom „Gesalbten“. Umgekehrt im Christentum, wo im NT bereits die wörtliche (nicht aber funktionale) griechische Entsprechung christos absolut und alsbald auch als Eigenname verwendet worden ist. „Christus“ umfaßt darum alles an Funktionen, was Christen in Jesus von Nazareth erfüllt glaubten, wurde so zu einer alles umfassenden Heilbringerbezeichnung, deren Bedeutung dann im christlichen Sprachgebrauch automatisch und unbewußt auch auf das hebräische „gesalbt“ / Gesalbter“ übertragen wurde, so daß das Lehnwort „Messias“ zwar formal den im Judentum erwarteten endzeitlichen König bezeichnet, sich im Bedeutungsinhalt aber nicht von „Christus“ unterscheidet. Auf jüdischer Seite wurde daher das christliche Ansinnen, Christus als Messias anzuerkennen, durchwegs als unbegreiflich und unbegründet abgewiesen. Das immense Gewicht des Themas „Messias“ in der Fachliteratur beruht also einseitig auf christlichem Interesse und auf den jüdischen Reaktionen (Apologetik). (Johann Maier)
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