„Chic – fair – meins/Mainz“ – Fachveranstaltung als

Messe in der Messe
12. – 14.03.2016
Fair gehandelte und regionale Produkte
Live-Acts, Mitmachaktionen und Beratung
Leckere Gastronomie: fair, bio, regional
NEU: Bildungsangebote für Schulen
NEU: Fachtag Faire Textilien
Fairer Handel und mehr
www.facebook.com/fairewelten
18.03.2016
6.491 Zeichen
Text: Birgit Steck
Fotos: Klaus Benz
„Chic – fair – meins/Mainz“ –
Fachveranstaltung als gelungener
Abschluss der Faire Welten
Rund 70 Fachleute und interessierte Messebesucher beteiligten
sich am vergangenen Montag unter dem Motto „Chic – fair –
meins/Mainz“ an der Diskussionsveranstaltung zu den Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie und der steigenden Nachfrage
nach „öko-fairer Mode“.
Die zentrale Fachveranstaltung zum Thema Faire Textilien bildete
den Abschluss der dreitägigen Faire Welten, die zum dritten Mal in Folge als eine Mischung aus vielfältigen Verkaufs- und Informationsständen im Rahmen der Rheinland-Pfalz Ausstellung stattfand.
Über 20.000 Besuchern wurde an den drei Messetagen auch ein attraktives Rahmenprogramm mit
diesjährigem Schwerpunkt auf faire Textilien und Upcycling geboten. Die rund 50 Akteure der Faire
Welten konnten auf einer im Vergleich zum Vorjahr verdoppelten Ausstellungsfläche eine positive
Bilanz ziehen.
Etwa 70 extra angereiste Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen der Zivilgesellschaft, aus
Kirchenkreisen, Schulen, Ministerien und Kommunen sowie aus der Textilbranche und dem Handel
aus Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland verfolgten am Montag die von Dr. Sabine Gresch moderierte Podiumsdiskussion unter dem Titel „Chic-fair-meins/Mainz“.
Dr. Gisela Burckhardt, Vorstandsvorsitzende von FEMNET e.V. und Autorin von „Todschick. Edle Labels, billige Mode - unmenschlich produziert“
schilderte in ihrem Einführungsvortrag die Arbeitsbedingungen in der
Textilindustrie und was sich nach dem Einsturz des Fabrikgebäudes Rana
Plaza im Jahr 2013 verändert hat. So sind Arbeitszeiten von über zehn
Stunden am Tag und Zwangsarbeit in der Textilindustrie leider immer
noch üblich. Mit den vorgeschriebenen Mindestlöhnen (50 Euro pro Monat in Bangladesch) kann eine Textilarbeiterin ihre Existenz nicht sichern.
Es müssten mindestens 250 Euro sein; oft werden daher 100 Überstunden pro Monat (und mehr) geleistet.
Es gibt meistens keinen Gesundheits- oder Arbeitsschutz. In vielen Fällen verstehen es die Fabrikbesitzer auch weiterhin, die (gewerkschaftliche) Organisation der Beschäftigten zu verhindern. An der
Preiszusammensetzung eines T-Shirts wird deutlich, dass für die Näherin kaum ein Unterschied für
ihren Lohnanteil bei dem Kauf von Billigprodukten oder teuren Marken-T-Shirts besteht. Dr. Burckhardt betonte: „Mit teureren Produkten zahlt man nicht für bessere Arbeitsbedingungen, sondern
für bessere Margen!“. Seit dem Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes, in dem über 2000 TextilarbeiterInnen verletzt wurden und 1134 Menschen starben, wurden Marken von 27 Einkäufern gefunden,
darunter u.a. auch Walmart, Benetton, Mango, Primark, C&A, Adler Kik und NKD. Als Fortschritt wertete sie das Brand- und Gebäudeschutzabkommen in Bangladesch, das u.a. unabhängige Inspektionen in rund 2000 Fabriken mit ca. 2 Mio. Beschäftigten festschreibt. Leider werden dadurch nicht alle
Produktionsstätten entsprechend geprüft; außerdem werden Arbeitsrechtsverletzungen durch das
Abkommen nicht beseitigt. Bei der Opferentschädigung sind einige der o.a. Modelabels ihren Zahlungsverpflichtungen überhaupt nicht oder nur teilweise nachgekommen. Positiv wertet Gisela
Burckhardt das seitdem in Deutschland gestiegene Bewusstsein und die Gründung des Textilbündnisses. Es gibt seitdem immer mehr „faire Labels“, neben den schon bekannten ökologischen Produktsiegeln auf dem Markt (z.B. das Siegel der „Fair Wear Foundation“).
Dr. Anna-Maria Schneider, vom Referat Nachhaltigkeitsstandards des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), beschrieb die gesamte Produktionskette „vom Baumwollfeld zum Bügel“
als sehr komplex. Gesetzliche Regelungen auf internationaler Ebene seien nur schwierig umsetzbar. In Frankreich
gibt es einen Gesetzesentwurf der Textilindustrie in Bezug
auf die „Sorgfaltspflicht“ entlang der gesamten Lieferkette. Seitens des deutschen Bündnisses für nachhaltige Textilien, das eineinhalb Jahre nach seiner
Gründung 175 Mitglieder zählt, setzt man auf freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie. Diese sei
transparent und auch öffentlich angreifbar. Ein Metasiegel, das über allen anderen bestehenden Textilsiegeln stünde, sieht sie noch in weiter Zukunft.
Dr. Rossitza Krueger von Fairtrade International verwies auf den 22.
März 2016, wenn Fairtrade International den neuen Fairtrade-Textilstandard veröffentlicht. Ziel des Standards ist es, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen und Arbeiter in der gesamten Verarbeitungskette zu verbessern und ihre Rechte zu stärken. Unternehmen können mit Hilfe des Textilstandards die Bedingungen in der Kleidungs- und Textilindustrie positiv verändern. Der Standard wird begleitet von einem ausführlichen Textilprogramm, mit dem die Produktionsstätten vor Ort dabei unterstützt werden, konkrete Schritte zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen durchzuführen.
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Rolf Heimann, Vorstand der hessnatur Stiftung fasste die
Veränderungen in der Einstellung und Nachfrage bei den
Kundinnen und Kunden zusammen: „Öko-faire Mode
muss modisch schön sein und man muss sich darin wohl
fühlen!“. In der Textilbranche müsse es um den ganzheitlichen Ansatz gehen, der bei der ökologischen Rohstoffproduktion beginnt, selbstverständlich unter Fairtrade-Bedingungen und bis zum bewussten, nachhaltigen Konsum geht.
Kein Mensch soll unter den Modeprodukten zu leiden haben.
Konkret auf das Kundenverhalten angesprochen, erläuterte Andrea Breil als Geschäftsleiterin des Modecenter
Boecker in Ingelheim (Steilmann SE), dass sie sich - zusammen mit ihrer Einkäuferin für junge Mode - dazu entschlossen habe, „diesen Trend mitzumachen“. Dort ist
das Fairtrade Label „Armed Angels“ sehr prominent inmitten des Angebots platziert. Dennoch argumentierte
sie, dass viele Kunden sich nach „Optik-Material-Preis“
und nicht unbedingt nach „Fairtrade-Siegeln“ orientieren. Immerhin läuft dieses neue Angebot zumindest so gut, dass die faire Damen-Oberbekleidung auch um die Herrenlinie erweitert werden soll.
Schließlich liegt es am Ende an allen, so Sabine Gresch, die eigenen Konsumgewohnheiten zu überprüfen, auch in Sachen Mode bewusste Kaufentscheidungen zu treffen, auf fair gehandelte Produkte
zu achten, im Sinne von Upcycling schon Gebrauchtes umzuschneidern und ganz bewusst öfter auch
„Second Hand“ zu kaufen.
Kontakt:
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