‚Dialog‘ – Predigt zu den Konfirmationen 2015 zu Mt 14,22-33 Auftakt H1: Sag mal, S/L – kannst du dich noch an den Tag deiner Konfirmation erinnern? Wie war das für dich? S/L2: Natürlich war ich ziemlich aufgeregt und hatte ein bisschen Lampenfieber. So ein Fest erlebt man ja nicht alle Tage und man will auch nichts falsch machen und nichts Peinliches soll passieren. Aber gleichzeitig habe ich mich auch gefreut und war fasziniert. Von den Leuten, vom Gottesdienst, von den Liedern, davon, dass ein neuer Lebensabschnitt beginnt und von Gottes Nähe in diesem Moment H: das ist wohl immer so bei uns Menschen. Wenn wir etwas erleben, was uns umhaut, was wir rein rational nicht in den Griff kriegen, dann sind wir aufgeregt oder erregt oder ängstlich und gleichzeitig fühlen wir uns hingezogen, neugierig und fasziniert. Das können glückliche Momente sein oder auch Erlebnisse, die man als Unglück bezeichnet. Konfirmation heute: aufregend; Ihr Jugendlichen steht im Mittelpunkt. Es ist euer Tag. Die Kindheit habt ihr jetzt eindeutig hinter euch und vor euch liegt ein ganz aufregender Lebensabschnitt. Wie wird das werden? 1. Wem wir vertrauen können S/L: Es gibt ganz viele potenzielle Vertrauenspersonen: Eltern, Freunde und Freundinnen, Geschwister, die Paten, Verwandte, der oder die PfarrerIn, manchmal sogar Lehrern/Lehrerinnen. Menschen, die einem liebevoll, wohlwollend und respektvoll begegnen; die ähnliche Interessen haben; bei denen ich das Gefühl habe: die hauen mich nicht in die Pfanne, die verstehen mich. Auch wenn sie selber manchmal unsicher sind, was sie sagen sollen, wie sie mich trösten oder was mir gerade am besten hilft. Aber sie sind einfach da, für MICH da und stehen mir bei H: Vertrauen kann aber auch erschüttert werden; Risse bekommen. S/L: Ja. Immer dann, wenn mein Vertrauen missbraucht wird; wenn jemand weitererzählt, was ich ihm/ihr anvertraut habe; wenn meine Meinung abgewertet wird; wenn ich mich hintergangen fühle; wenn jemand anders handelt als er/sie redet; wenn Versprechen / Zusagen nicht eingehalten werden, wenn ich nicht ernst genommen werde. Es fallen sicherlich jede/m von Euch und Ihnen Beispiele für solche Vertrauensmissbräuche ein und ihr/Sie wissen auch, wie sehr einen das verletzen und zurück werfen kann H: 1 2 Unsere biblische Geschichte von den Jüngern nachts im Boot ist eine Geschichte vom Vertrauen, von seiner Gefährdung, eine Geschichte der Kirche. Das Schiff, das sich Gemeinde nennt, nimmt Fahrt auf und die Jünger rudern: die Jünger Jesu rudern durch die Nacht der Welt bis heute. Viele Jahre vor euch sind Menschen hier in Schildgen am Rudern: sie wurden geboren, wurden getauft, wurden konfirmiert und wurden getraut – immer mit einem segnenden Wort losgeschickt ins Boot ihres Lebens ins Boot ihres Berufes ins Boot ihrer Familien ins Boot ihrer Kirche Und alle haben tapfer gerudert. Auf dem See im Sturm kommen die Wellen und der Gegenwind. V 24: Das Boot war schon weit vom Land entfernt. Die Wellen machten ihm H = Pfarrer H Kotthaus S = Diakonin Sabine Gresser-Ritter; L = Jugendmitarbeiter Lorenz Nachreiner schwer zu schaffen, denn der Wind blies direkt von vorn. Die Wellen und der Sturm bringen das Vertrauen in Gefahr S/L: wie soll ich das denn verstehen? H: das ist eine Symbolgeschichte. Das Schiff, die Nacht, die Wellen, der Sturm – das steht symbolisch für das, was das Vertrauen schwer macht; Vertrauen zu Menschen, Vertrauen zu Gott. Das sind ja auch die wichtigsten Themen, mit denen wir uns im Konfi beschäftigt haben: wem kann ich / können wir trauen? S/L: Ich finde, das ist ein gutes Bild. Darunter kann ich viel zusammenfassen, was so passiert. Sturm und Wellen. Es gibt auch im Glauben nicht immer ein ruhiges Meer. Der Kinderglaube kann mich nicht durch alle Unwetter durchtragen. H: die Jünger sind auf sich allein gestellt in der Nacht im Boot. Jesus ist nicht mit dabei. Sie fühlen sich auf einmal allein gelassen. – Was sind ‚Wellen‘ heute? S/L: Dafür fallen bestimmt jede/m ganz persönliche Beispiele ein. Wenn ein lieber Mensch stirbt; wenn unser Vertrauen missbraucht wird; Gewalt und Terror; wenn wir zusehen müssen, wie tausende von Menschen im Mittelmeer sterben; Erfahrung von Isolierung auf dem Schulhof oder in der Klasse; ausgelacht werden; man hat sich verletzt und sehnt sich nach Beistand. Ich glaube wir alle könnten diese Liste noch weiter führen H: Wellen und Sturm – Symbole für allein sein; sich verlassen fühlen, sich machtlos fühlen S/L: Aber macht das den Glauben kleiner? Worauf können sich die Jünger denn in der Nacht denn noch verlassen? Auf einmal ist alles anders. Wie geht ‚Glauben‘, wenn ich erwachsen werde? Wie geht Glauben in den Stürmen des Lebens? Da gibt es sicher die einen, die vor lauter Angst den Glauben fahren lassen und es gibt die anderen, die so eine Erfahrung als Chance sehen, dass der Glaube erwachsen wird. H: wie geht es dir damit in deiner Umgebung, wenn deine Leute mitkriegen, dass du dich in der Kirche engagierst? …, dass du dich mit dem christlichen Glauben auseinandersetzt? Wirst du ernst genommen oder ausgelacht? Begegnen dir Vorurteile? S/L: Oh ja; zB Du kriegst kein Geld für das, was du da machst? Dass du mit deiner Zeit nichts Besseres zu tun hast. Wer glaubt schon an Gott? ; Den gibt’s doch sowieso nicht Wieso hängt man freiwillig mit so verklemmten, alten Leuten ab? 2. Angst vor Gott? H: In der Geschichte wird das Ganze ja noch gesteigert: V 25+26: Um die vierte Nachtwache kam Jesus zu den Jüngern. Er lief über den See. Als die Jünger ihn über den See laufen sahen, wurden sie von Furcht gepackt. Sie riefen: „Das ist ein Gespenst!“ Vor Angst schrien sie laut auf. Angst; ein Gespenst. Die Situation wird bedrohlich. Sie sind erschüttert und zugleich fasziniert. So etwas haben bisher sie noch nie erlebt. S/L: wieso haben die denn Angst vor Jesus? Wieso haben Menschen Angst vor Gott? 2 H: Nacht - Angst - Zweifel: die Jünger können das nicht selbst überwinden. Sprüche wie: stell dich nicht so an! Wenn du nur willst, kannst du auch glauben! Reiß dich zusammen! Sei kein Warmduscher! etc. helfen nicht. Jesus kommt zu ihnen in der Nacht / Sturm. Das ist überraschend. Damit konnten sie nicht rechnen. Diese Erfahrung ist wohl so überwältigend, dass sie gar nicht anders konnten als sich zu fürchten. Übrigens beobachten wir das in der Bibel an mehreren Stellen: die Hirten auf dem Feld in der Weihnacht als die Engel zu ihnen kamen, fürchteten sich; Mose am brennenden Dornbusch; die Frauen am leeren Grab – immer heißt es da: fürchtet euch nicht! Oder wie hier: erschreckt nicht! Ich bin es. Ihr braucht keine Angst zu haben. 3. kleines und großes Vertrauen – Petrus findet Halt bei Jesus S/L: der Petrus will es wieder mal ganz genau wissen. Ich finde das ziemlich verrückt, was der da macht. 28f lesen: Petrus antwortete Jesus: „Herr, wenn du es bist, befiehl mir, über das Wasser zu dir zu kommen.“ Jesus sagte: „Komm!“ Da stieg Petrus aus dem Boot, ging über das Wasser und kam zu Jesus. H: wieso ist das verrückt? Ich finde den Petrus konsequent: 28 wenn du es wirklich bist, wenn dir alle Macht gegeben ist im Himmel und auf Erden, dann lass mich auch auf diese Ebene. Damit fängt Glaube an: Jesus sagt: ich bin der Herr des Kosmos. Mir ist gegeben… Das ist der Außenhalt des Glaubens. Mit welchen Ängsten oder Nöten du hier im Gottesdienst sitzt: ER sagt das jetzt zu jeder und jeden Einzelnen: ich bin bei Dir; ich dein Gott. S/L: Das hört sich gut an. Glaube fängt nicht damit an, dass Petrus sich im Boot den Puls fühlt: bin ich auch gläubig / fromm genug? Trau ich mich wirklich? Glaube fängt mit dem Wort Jesu Christi an: Ich bin’s; fürchtet euch nicht! - Petrus reagiert: wenn du es bist, dann lass mich die Wellen, dann lass mich die Mächte … so behandeln wie du: unter deinen Füßen! Befiehl du mir, zu dir zu kommen und über den Wellen zu stehen und nicht unterzugehen. Der Glaube betrachtet den Herrn über den Wellen, nicht die Wellen. H: die Lage, in der du dich befindest. Dein Leben. Was dir Angst und Druck macht. Das sind Wellen; das ist Sturm. Frage dich: kannst du dir denken, dass Jesus darüber geht und es beherrscht? Oder sind in deiner Vorstellung die Probleme größer als Jesus? Dann ist Jesus bereits untergegangen. Das Evangelium heute: er geht über den Wellen. Er sagt zu jeder/jedem von uns: Ich bin’s; fürchte dich nicht. Lernen wir von Petrus: wenn du es wirklich bist, dann löse nicht die Probleme. Dann lass mich zu dir kommen. Ich will auf jeden Fall bei dir sein. Petrus sagt nicht: lass den Wind aufhören und die Wellen verebben. Der Glaube braucht nicht die Beseitigung der Probleme - so sehr wir uns das alle wünschen! Wer krank ist, will doch gesund werden! - Der Glaube braucht Gott. Egal, was passiert, befiehl mir zu dir kommen. S/L: V 29 komm! Da stieg Petrus aus dem Boot, ging über das Wasser und kam zu Jesus fordert Petrus zu einem Wagnis auf. Ohne Wagnis und Risiko keine Gewissheit. So erlebt der Glaube, dass Zweifel und Probleme unter den Füßen sind. So kann es weitergehen. H: dann kommt die aufregendste Szene. V 30: Aber auf einmal merkte er, wie stark der Wind war und bekam Angst. Er begann zu sinken und schrie: „Herr, rette mich!“ Sofort streckte Jesus ihm die Hand entgegen und hielt ihn fest. Er sagte zu Petrus: „Du hast zu wenig Vertrauen. Warum hast du gezweifelt?“ 3 Petrus sackt ab. Das erlebt nur, wer glaubt. Nie hat Petrus mehr geträumt als er auf die Wellen sah untergehen. Wer glaubt, sieht nicht auf sich und die kleine Kraft, nicht auf die Wellen und den Sturm, er/sie sieht auf den Herrn über den Wellen. Das ist die Konfirmation des Petrus S/L: Wenn ihr das so hört und an euren eigenen Glauben denkt – da kann die Frage aufkommen: werde ich auch in ein paar Jahren noch glauben können? Wie werde ich durch Krisen kommen? Gut wäre, wenn euch dieses Bild dann wieder einfällt: Petrus auf den Wellen. Auf die Wellen sehen / auf mich selber sehen / auf die Probleme sehen untergehen. Auf Jesus sehen leben können. Und wenn ich doch untergehe / wenn ich doch einen kleinen Glauben habe, dann streckt er seine Hand aus und hält mich fest. Das finde ich einen ganz eindrücklichen Teil in dieser Geschichte, diesen Vers 31: Sofort streckte Jesus ihm die Hand entgegen und hielt ihn fest. Aus dem Bild der Wellen des Lebens heraus gesprochen: Jesus hält uns fest. Er sagt: Alles wird gut, hab keine Angst, du bist mein/e geliebte/r Tochter/Sohn. Auf mich kannst du bauen, mir kannst du vertrauen. Ich lasse dich nicht alleine, ich lasse dich nicht untergehen. Und dieses „Ja“ zu uns, was Jesus uns hier zusichert, das erwidert ihr KonfirmandInnen heute. H: Diese Gewissheit liegt nicht in mir; nicht in meiner Gläubigkeit, meinem Engagement in der Kirchengemeinde. Die Gewissheit liegt darin: Gott hat beschlossen: Jesus mache ich zum Retter der Welt. Glaube ist ein Vertrauen darauf: ich kann nie tiefer fallen als in Gottes Hand. Das bekommst du heute und wann immer du willst von ihm geschenkt. S/L: wie kommen wir denn zu dieser Gewissheit? H: ganz praktisch: ich spreche vor ihm aus, was mich bewegt; was mir Angst macht; was mich umtreibt – das kann sein, was es will. Gott ist nie weiter weg als das nächste Gebet. Heute höre ich: das Evangelium gilt mir ganz persönlich: fürchte dich nicht! Ich bin’s, der Herr, dein Gott. Ich bin mit dir, wohin du auch gehst! 4
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