Weihnachtsbrief - Missions-Benediktinerinnen von Tutzing

Weihnachtsbrief 2015, Nr. 55
Liebe Schwestern,
Die Feier von Weihnachten und der
Weihnachtszeit mögen Sie mit Freude
erfüllen! Die Weihnachtsgnade möge Sie
stärken und froh machen in Ihrer Berufung.
Dieser Wunsch, froh und glücklich in unserer
Berufung zu sein, scheint ein seltsamer
Wunsch für Weihnachten!
Gegen Ende dieses Briefes werden Sie vermutlich verstehen, was ich damit meine und
hoffentlich wird Ihnen diese Weihnachtsgnade gewährt.
Weihnachten ist das Fest der Geschenke. Schauen Sie sich nur die Schaufensterauslagen
schon viele Wochen zuvor an. Warum machen wir einander an Weihnachten Geschenke?
Wohl kaum deshalb, weil die Weisen dem Jesuskind ihre Geschenke brachten. In dieser
Tradition verbirgt sich eine tiefere Bedeutung und eine Aufforderung, Weihnachtsgeschenke
miteinander zu teilen.
Eine Schriftstelle kann uns die Bedeutung der Weihnachtsgeschenke erhellen, obwohl sie sich
nicht in der Weihnachtsliturgie findet. Sie steht im Brief des hl. Paulus an die Römer, Kapitel
8; ein Kapitel, das vermutlich vielen von Ihnen lieb ist. Wir singen den tröstlichen Text
regelmäßig in der Vesper.
“Gott hat seinen eigenen Sohn für uns alle hingegeben,
wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?” (Röm 8,32)
Der Vater gibt uns seinen Sohn und der Sohn gibt sich uns selbst. Dieses Mysterium ist das
Zentrum unseres Glaubens. Das kostbare Geschenk, die Hingabe aus Liebe, ist auch der Grund
und das Ziel des Ordenslebens.
In den vergangenen Wochen des Advents war das liturgische Thema das Kommen des
Messias. Jesus der Messias sagt uns wiederholt, wofür er gekommen ist und wofür er nicht
gekommen ist. In Markus 10,45 bekräftigt er: “Der Menschensohn ist nicht gekommen, um
sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.”
Wir versprechen, Christus im Ordensleben (Conversatio Morum) nachzufolgen. Im Kapitel
über Ausbildung und Weiterbildung (Konstitutionen VI,2) definieren wir unsere Berufung als
einen lebenslangen Prozess der Umgestaltung in Christus. In früheren Zeiten wurde sie als
Nachahmung Christi definiert. Der große Papst des Vatikanischen Konzils, der heilige
Johannes XXIII, ließ sich regelmäßig vom Besteller “Imitatio Christi.” inspirieren. Christus
nachzuahmen heißt, zu DIENEN UND SEIN LEBEN ZU GEBEN. Unsere Profess könnte man mit
diesen wenigen Worten zusammenfassen: Dienen und sein Leben geben.
Es gibt ein bedeutendes lateinamerikanisches Sprichwort, ein Wortspiel. Papst Franziskus
beschloss letzten September in Havanna, Kuba, genau mit diesem Sprichwort seine
Sonntagspredigt: “quien no vive para servir, no sirve para vivir” - „Wer nicht lebt, um zu
dienen, verdient nicht zu leben.“ Leben macht keinen Sinn und kann besonders für uns
Ordensleute nutzlos sein, wenn wir nicht DIENEN UND UNSER LEBEN GEBEN.
Am 2. Februar 2016, dem Fest der Darstellung des Herrn, wird das Jahr des Geweihten Lebens
zu seinem Abschluss kommen. Mittlerweile sind wir in eine andere Gnadenzeit eingetreten:
in das Heilige Jahr der Barmherzigkeit.
An Weihnachten feiern wir Gottes gnadenreiches Geschenk, Seinen Sohn. In Ihm feiern wir
das Geschenk der göttlichen Barmherzigkeit, Jesus Christus, der die göttliche Barmherzigkeit
in Person ist. (Joseph Ratzinger)
Freuen wir uns an diesem Geschenk, an der Geburt von Jesus Christus! Und seien wir
füreinander ein Geschenk!
Eine der Gemeinschaften der Arche, die von Jean Vanier gegründet wurde, verwendet
folgende Frage für die wöchentliche Auswertung: „Was war während dieser Woche das
Geschenk, das ich gegeben habe, und welches Geschenk habe ich empfangen?“ Ich finde, das
ist eine geeignete Frage für unsere Gewissenserforschung, besonders während der
Weihnachtszeit.
Mögen wir mit Freude an unserer Berufung erfüllt werden, damit wir dienen und unser Leben
für die Rettung der Welt geben, wie Jesus es tat.
Ein frohes Weihnachten und eine
gnadenreiche Feier des
Jubiläumsjahrs der Barmherzigkeit!
Mit einem liebevollen Weihnachts-PAX,
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M. Angela Strobel OSB
Generalpriorin