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„Ein Wunder, dass sie überlebt hat“
Eine Leipziger Familie bedankt sich in der Uniklinik für eine lebensrettende OP und die sorgsame Betreuung
An den Tag, als alles passierte, kann sich
Anne Hüttenrauch nicht erinnern. Sie
weiß nur davon, weil man es ihr erzählt
hat. Wie eine Geschichte, mit der sie selbst
nichts zu tun hat. Aber die 28-Jährige
steckt noch mittendrin, in dieser Geschichte. Geduldig kämpft sie um Fähigkeiten, die früher selbstverständlich waren.
Den Rollstuhl hat sie hinter sich gelassen,
das Laufen wieder gelernt. Das sprechen
fällt noch schwer. „Aber wir sind sehr froh
darüber, was sie schon geschafft hat“, sagt
ihre Mutter Heike Hüttenrauch.
Es war Pfingstsonntag, mit einem Freund
fuhr Anne Hüttenrauch zum Inline-Skaten
zur Schladitzer Bucht. Der Freund stürzte,
brach sich den Arm. Wahrscheinlich war
es der Schock, der bei der jungen Frau ein
Aneurysma auslöste. Der Notarzt kam, die
Erstversorgung erfolgte im Klinikum St.
Georg, die Not-Operation wenige Stunden
später in der Uniklinik, erfolgreich ausgeführt von Dr. Ulf Nestler.
„Es ist wie ein zweiter Geburtstag. Sie ist
Foto: Stefan Straube
n Eine Hirnblutung hätte Anne Hüttenrauch fast aus dem Leben gerissen.
Eine Not-Operation an der Uniklinik
Leipzig rettete sie. Inzwischen erobert
sich die junge Leipzigerin Schritt für
Schritt ihr altes Leben zurück. In der
Klinik bedankte sie sich jetzt bei Ärzten und Pflegern.
Anne Hüttenrauch und ihre Mutter Heike bedanken sich bei Pfleger Holger Rapsky für die
gute Betreuung.
dank der Ärzte in dieser Nacht dem Tod
von der Schippe gesprungen“, sagt Heike
Hüttenrauch. Sechs Wochen lang lag die
junge Frau im Koma, wochenlang bangten
die Eltern und Freunde. Die Mutter zeigt
Fotos ihrer Tochter, wie sie im Kranken-
bett liegt, versorgt durch Schläuche. „Anne
selbst konnte sich gar nicht vorstellen, was
sie durchlebt hat.“
Familie Hüttenrauch ist dankbar für die
erfolgreiche Operation, die anschließende
ärztliche Versorgung und die sorgsame Be-
treuung durch Pfleger und Schwestern.
Drei Geschenkkörbe für die Ärzte Dr. Ulf
Nestler, Dr. Petra Jancová und den Pfleger
Holger Rapsky hat Anne Hüttenrauch Anfang Februar in der Uniklinik überreicht,
dazu gab es obendrauf den „Blumenstrauß
des Monats“ für alle drei. „Aber es haben
sich auch alle anderen so intensiv gekümmert, da kann man eigentlich niemanden
hervorheben“, sagt Heike Hüttenrauch.
„Ich hatte das Gefühl, dass Annes Fall alle
berührt hat. Ein Arzt sagte zu mir: So ein
junges Schicksal lässt niemanden kalt.“
Eine stationäre Reha in Kreischa schloss
sich an die Entlassung aus der Uniklinik
an. In Leipzig macht Anne Hüttenrauch
jetzt weiter Fortschritte in der Tagesklinik
für kognitive Neurologie. Auch eine Augen-Operation wird noch folgen, da es zu
einer Einblutung gekommen ist. Die
Stimmung wechselt. Insgesamt aber sieht
Anne Hüttenrauch die kleinen Fortschritte jeden Tag. Und die großen, wenn sie
den Vergleich zieht zu den vergangenen
Monaten. Das spendet Mut für die Zukunft.
Bei der Übergabe der Präsente gibt es ein
herzliches Wiedersehen mit dem Pfleger
Holger. Dr. Nestler und Dr. Jancová können leider doch nicht anwesend sein –
eine Operation ist dazwischen gekommen. Niemand hat dafür mehr Verständnis
als Anne Hüttenrauch.
Dimo Rieß
Stimmerkrankungen bei Lehrern können durch
bessere Ausbildung verhindert werden
14. Leipziger Symposium zur Kinder- und Jugendstimme widmet sich der Stimme im pädagogischen Alltag
„Ein Lehrer muss 40 Jahre lang mit dem
Arbeitsinstrument Stimme arbeiten,
und das oft unter schwierigen Bedingungen wie Lärm und das Sprechen zu
großen Gruppen“, erläutert Prof. Michael Fuchs, Leiter der Sektion Phoniatrie und Audiologie am UKL und Leiter
des Symposiums. „Ob die Stimme dieser
Belastung auf Dauer gewachsen ist und
damit Erkrankungen oder Berufsunfähigkeiten verhindert werden können,
hängt von der Qualität der Stimmausbildung während des Studiums ab“, so
Fuchs. Das belegt eine große multizentrische Studie, deren Ergebnisse die
Leipziger Phoniater auf dem diesjährigen
Symposium vorstellen werden. Dabei
wurden an drei Kliniken 202 Lehrer untersucht, die alle schon seit mindestens
fünf Jahren an einer Grundschule, Mit-
LIEBIGSTRASSE AKTUELL
|
Foto: Stefan Straube
n Das pädagogische Arbeitsmittel
Stimme und vor allem deren Gesunderhaltung sind Thema des 14.
Leipziger Symposiums zur Kinderund Jugendstimme. Vom 26. bis 28.
Februar treffen sich dazu mehr als
500 Mediziner, Logopäden, Pädagogen sowie Stimm- und Musiktherapeuten aus dem deutschsprachigen
Raum in der Messestadt. Besonders
im Fokus steht dabei in diesem Jahr
die Qualität der Stimmausbildung
von Lehrern in Deutschland.
Prof. Dr. Michael Fuchs leitet am UKL die
Sektion Phoniatrie und Audiologie.
tel-/Oberschule oder am Gymnasium
unterrichten. 31 Prozent hatten eine
Stimmerkrankung, 69 Prozent waren beschwerdefrei. Dabei zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang: je besser die
Stimmausbildung während des Studiums, umso gesünder die Stimme. „Fehlt
eine Stimmausbildung während des Stu-
diums, steigt das Risiko einer Stimmerkrankung um das 1,6-fache“, so Fuchs.
Besonders gefährdet sind daher Quereinsteiger, die beispielsweise als Naturwissenschaftler in den Lehrerberuf
wechseln. In der Studie zeigte sich aber
auch, dass besonders Grundschullehrer
gefährdet sind, im Laufe ihrer Schullaufbahn eine Stimmerkrankung zu bekommen.
Insgesamt ist deutschlandweit der Umgang mit dem Thema Lehrerstimme sehr
unterschiedlich geregelt, oftmals erfolgt
die Studienzulassung ohne vorherige
Tauglichkeitsprüfung. Fehlt dann eine
Stimm- und Sprechausbildung im Studium, werden auch stimmlich ungeeignete Kandidaten Lehrer. „Nach fünf bis
zehn Jahren beginnen dann die Stimmprobleme, die letztlich zu einer Berufsuntauglichkeit führen können“, beschreibt Prof. Fuchs die Folgen. Auf erste
funktionelle Stimmstörungen wie Heiserkeit oder ein Missempfinden können
auch Stimmbandknötchen folgen, die
wiederum die Funktion der Stimme
weiter mindern. Ein Teufelskreislauf, der
nur mit einer Behandlung verbunden
mit Berufspause durchbrochen werden
kann. „Stimmübungsbehandlungen und
Stimmheilkuren können hier in allen
Stadien helfen“, so der Stimmexperte
Fuchs. Als letzte Option bleibt immer
auch eine Operation.
Die Folgen einer Stimmschädigung können weitreichend sein: Etwa 20 Prozent
der neu pensionierten Lehrer wurden
aufgrund einer Dienstunfähigkeit in den
vorgezogenen
Ruhestand
versetzt.
Hauptursachen sind dabei stimmliche
und psychische Beschwerden. Viele dieser Ausfälle wären mit einer besseren
Stimmausbildung und einem geschulten
Stimmeinsatz vermeidbar, ist Prof. Michael Fuchs überzeugt.
Anregungen dafür liefert die Leipziger
Tagung auch in ganz praktischer Weise:
In vier Workshops können die Teilnehmer den Umgang mit der Stimme üben,
ob bei Vokal-Improvisationen, im Fall
von Konfliktsituationen oder unter Einsatz von komplementären Verfahren wie
Qigong. Das Vortragsprogramm beleuchtet das zentrale Thema aus unterschiedlichen Perspektiven, unter anderem mit Blick auf die Auswirkungen der
Pädagogen-Stimme auf die Leistungsfähigkeit von Kindern oder Untersuchungen zur Lärmauswirkung auf Stimme
und Hören von Erzieherinnen in Kindertagesstätten.
Eingerahmt wird das dreitägige Programm
wie jedes Jahr von musikalischen Highlights – zur Eröffnung begrüßen erstmals
die Thomaner die Teilnehmer des bereits
ausgebuchten Symposiums, den Abschluss
bildet ein Auftritt des Leipziger Lehrerchors.
Helena Reinhardt