Kauf und Verkauf von Pflegediensten RA Dr. Christian Burholt, LL.M. | Partner, Berlin Fachanwalt für Medizinrecht 14. Oktober 2015 Kauf und Verkauf von Pflegediensten ➢ Der ambulante Pflegemarkt in Deutschland ➢ Überblick über die verschiedenen Arten der Due Diligence im Pflegesektor ➢ Schwerpunkt „pflegerechtliche“ Due Diligence ‹#› Der ambulante Pflegemarkt in Deutschland Der ambulante Pflegemarkt in Deutschland (1) ➢ Mehr als 13.000 ambulante Pflegedienste in Deutschland ➢ Davon ca. 800 - 1.000 Leistungserbringer im Bereich ambulante Intensivpflege tätig ➢ Etwas mehr als die Hälfte der ambulanten Pflegedienste in der Hand privater Anbieter ➢ Ambulante Pflege nach wie vor ein sehr regionales Geschäftsmodell ➢ Nur wenige Anbieter sind überregional tätig ‹#› Der ambulante Pflegemarkt in Deutschland (2) ➢ (Noch) überwiegend kleine Personengesellschaften ➢ Mehr als 50 % der Unternehmen beschäftigen weniger als 20 Mitarbeiter ➢ Große ambulanten Intensivpflegedienste in Deutschland, z.B.: ➢ Bonitas Holding GmbH & Co. KG ➢ Deutsche Fachpflege Gruppe ➢ GIP Gesellschaft für medizinische Intensivpflege mbH / GIP Gesellschaft für med. Intensivpflege Bayern mbH ➢ RENAFAN GmbH ➢ Advita Pflegedienst GmbH ➢ Private Equity Investmentgesellschaften beobachten den Markt ‹#› Überblick Due Diligence Überblick Due Diligences im Pflegesektor (1) ➢ Due Diligence: ➢Prüfung eines Unternehmens in rechtlicher, wirtschaftlicher und ggf. technischer Hinsicht vor Abschluss eines Unternehmenskaufvertrags durch den Käufer bzw. Berater ➢ Verschiedene Arten der Due Diligence, z.B.: ➢Due Diligence aus bilanzieller Sicht ➢Vermögens- und Finanzlage des Pflegedienstes ➢Due Diligence aus steuerlicher Sicht (Tax Due Diligence) ➢Due Diligence aus rechtlicher Sicht (Legal Due Diligence) ‹#› Überblick Due Diligences im Pflegesektor (2) ➢ Rechtliche Due Diligence ➢Umfassende rechtliche Prüfung aller bestehenden Vertragsbeziehungen des Pflegedienste, z.B. ➢Gesellschaftsverträge, Geschäftsführer- und Mitarbeiterverträge, Miet- und Leasingverträge, Lieferverträge, Versicherungsverträge, Finanzierungsverträge etc. ➢Heutiger Schwerpunkt: ➢„Pflegerechtliche“ Due Diligence ‹#› „Pflegerechtliche“ Due Diligence „Pflegerechtliche“ Due Diligence ➢ Ambulante Intensiv-Pflegedienste: ➢ Zwei wesentliche „Assets“ 1. Mitarbeiter des Pfegedienstes 2. Abrechnungsbefugnis ➢ ggü. der gesetzlichen Krankenversicherung, ➢ ggü. der gesetzlichen Pflegeversicherung, ➢ ggü. Sozialhilfeträgern bzw. Angehörigen sowie ➢ ggü. privatversicherten Klienten ‹#› 1. „Asset“ – Mitarbeiter des Pfegedienstes (1) ➢ Problem: Ausreichend qualifiziertes Pflegepersonal ist (insbesondere im Bereich der Intensivpflege) Mangelware ➢Achtung: BGH-Beschluss vom 16.06.2014 (Az. 4 StR 21/14) ‹#› BGH-Beschluss vom 16.06.2014 (Az. 4 StR 21/14) (1) ➢ BGH hat die Verurteilung einer Pflegedienstbetreiberin zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren wegen Abrechnungsbetrugs bestätigt ➢ Pflegedienstbetreiberin hatte sich im Rahmen einer Ergänzungsvereinbarung verpflichtet, langfristige Pflege eines schwerkranken Wachkomapatienten durch fachlich speziell qualifizierte Pflegekräfte zu erbringen ➢ In der Folge setzte die Betreiberin des Pflegedienstes jedoch zu keinem Zeitpunkt Personal ein, das über die in der Ergänzungsvereinbarung geforderten Zusatzqualifikationen verfügt ➢ Stattdessen Einsatz examinierter Krankenschwestern, Altenpfleger/-innen, Altenpflegehelfer/-innen und Auszubildende ‹#› zur Krankenschwester BGH-Beschluss vom 16.06.2014 (Az. 4 StR 21/14) (2) ➢ Nach Auffassung des BGH führt das Unterschreiten der vereinbarten Qualifikationen auch dann zum vollständigen Entfallen des Vergütungsanspruchs, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden ➢ Darüber hinaus stellte die erbrachte Versorgung auch keine gleichwertige Gegenleistung für die Zahlungen der Krankenkassen dar ➢ Die eingesetzten Mitarbeiter könnten aufgrund ihrer geringeren Qualifikation keine hinreichende Versorgung des Patienten – etwa in Notfallsituationen – sicherstellen ➢ Der Kranken- und Pflegekasse sei daher ein Betrugsschaden in Höhe der an die Betreiberin des Pflegedienstes gezahlten Beträge entstanden. ‹#› 1. „Asset“ – Mitarbeiter des Pfegedienstes (2) ➢ Arbeitsrechtliche Prüfung der MitarbeiterArbeitsverträge, z.B. ➢ Art des Arbeitsvertrags ➢ unbefristeter /befristeter Arbeitsvertrag ➢ Schwerbehinderteneigenschaft ➢ Bekannte Schwangerschaft ➢ Mitgliedschaft in einer Arbeitnehmervertretung ➢ Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit ➢ Bruttovergütung im letzten Kalenderjahr (einschließlich Sonderzahlungen, Firmenwagen, Sachbezüge etc.) ‹#› 2. „Asset“ – Abrechnungsbefugnis (1) ➢ ggü. der gesetzlichen Krankenversicherung ➢ Aktueller Stand der Rahmenvereinbarungen / Ergänzungsvereinbarung(en) gem. §132a SGB V ➢ Z.T. deutliche regionale Unterschiede bzgl. ➢ Inhalt der Rahmenvereinbarungen / Ergänzungsvereinbarungen ➢ Insbes. stark variierende Stundensätze ➢ Verhandlungsmodalitäten ➢ z.T. gemeinsame Verhandlung der Ergänzungsvereinbarungen durch Krankenkassen(verbände) ‹#› 2. „Asset“ – Abrechnungsbefugnis (2) ➢ Entscheidende Faktoren: ➢ Höhe der Stundensätze ➢ Häuslichkeit / Wohngemeinschaft ➢ Problemfall: Dauerhafte Unterbelegung der WG ➢ Kinder- / Erwachsenenversorgung ‹#› 2. „Asset“ – Abrechnungsbefugnis (3) ➢ Personalschlüssel Wohngemeinschaft ➢ 1:2, 1:3 oder sogar 1:4? ➢ Fortbildungsverpflichtungen für Mitarbeiter ➢ Kündigigungsmodalitäten / Fortgeltungsklauseln ➢ Eintritt in neue Vergütungsverhandlungen erfolgsversprechend? ‹#› 2. „Asset“ – Abrechnungsbefugnis (4) ➢ Abrechnungsbefugnis ggü. der gesetzlichen Pflegeversicherung ➢ Art und Höhe der nach § 89 SGB XI vereinbarten Vergütung: ➢ Abrechnung nach Leistungskomplexen oder ➢ Vergütung nach Zeitaufwand (Stunden-/ Minutensätze)? ‹#› 2. „Asset“ – Abrechnungsbefugnis (5) ➢ Ggf. Abrechnungsbefugnis ➢ ggü. Sozialhilfteträgern bzw. Angehörigen ➢ ggü. privatversicherten Klienten ➢ Prüfung der entspr. (Vergütungs-)Regelungen in den mit den Klienten abgeschlossenen Pflegeverträgen ‹#› 2. „Asset“ – Abrechnungsbefugnis (6) ➢ Frage der Kostenverteilung zwischen gesetzlicher Kranken- und Pflegeversicherung im Rahmen der 24-stündigen Intensivversorgung ➢Praktische Umsetzung des Drachenflieger II-Urteils des BSG vom 17.06.2010 (Az. B 3 KR 7/09 R) ➢ Pflegekasse hat die Kosten der Hälfte des Zeitaufwandes der „reinen“ Grundpflege zu tragen ‹#› 2. „Asset“ – Abrechnungsbefugnis (7) ➢Problem: Intensivpflegedienste, die keine Zeitvergütungsvereinbarung mit den Pflegekassen abgeschlossen haben, können ausschließlich nach dem gültigen Leistungskomplex-System abrechnen ➢Eine anteilige Abrechnung der erbrachten Grundpflege nach den Maßstäben des BSG-Urteils ist nicht möglich ➢Achtung: Bisher keine (höchst-)richterliche Klärung dieser Rechtsfrage! ‹#› Rechtliche Grauzone Intensiv-WG (1) ➢ Müssen heimordnungsrechtliche Vorgaben beachtet werden? ➢ Früher: Heimgesetz des Bundes (HeimG) ➢ Föderalismusreform im Jahr 2006: ➢ Übergang der Gesetzgebungskompetenz für das öffentlich-rechtliche Heimrecht auf die Bundesländer ➢ Juni 2014: ➢ Als letztes Bundesland hat Thüringen das Thüringer Gesetz über betreute Wohnformen und Teilhabe (Thüringer Wohn- und Teilhabegesetz – ThürWTG) verabschiedet ➢ Das HeimG wurde damit mittlerweile bundesweit durch Landesrecht ersetzt ‹#› Rechtliche Grauzone Intensiv-WG (2) ➢ Entscheidendes Kriterium für Geltung / Nicht-Geltung des Heimrechts der Länder idR: ➢ Selbstbestimmtheit / Selbstorganisation der Bewohner ➢ Keine einheitliche Definition ➢ Rechtsunsicherheit insbes. für überregional tätige Pflegedienste ‹#› Rechtliche Grauzone Intensiv-WG (3) ➢ Ausblick Länderheimrecht: ➢ WGs zunehmend im Fokus der Landesgesetzgeber ➢ z.T. Bedeutung von WGs bei Entwurf der Länderheimgesetze unterschätzt ➢Verschärfung der ordnungsrechtlichen Anforderungen nicht auszuschließen ‹#› Rechtliche Grauzone Intensiv-WG (4) ➢ Aber: Heimordnungsrechtliche Einordnung der Wohngemeinschaft steht in keinem Zusammenhang mit der leistungsrechtlichen Einordnung der Wohngemeinschaft ➢ Vgl. z.B. auch Klarstellung in § 1 III ThürWTG: „Die Feststellung, ob eine Wohnform dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterfällt und ob sie als stationäre Einrichtung oder ambulant betreute Wohnform zu behandeln ist, lässt die leistungsrechtliche Einordnung der Wohnform unberührt“ ➢ Selbstbestimmtheit und Eigenverantwortlichkeit des Versicherten dennoch auch bei leistungsrechtlicher Einordnung wichtige Faktoren ‹#› Baker & McKenzie denkt von Anfang an global. Seit der Gründung. Internationalität liegt uns in den Genen. Dr. Christian Burholt, LL.M. Partner Baker & McKenzie Partnerschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Solicitors Friedrichstrasse 88/ Tel.: + 49 30 2 20 02 81 643 Unter d. Linden 10117 Berlin [email protected] Die Baker & McKenzie - Partnerschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern mbB ist eine im Partnerschaftsregister des Amtsgerichts Frankfurt/Main unter PR-Nr. 1602 eingetragene Partnerschaftsgesellschaft nach deutschem Recht mit Sitz in Frankfurt/Main. Sie ist assoziiert mit Baker & McKenzie International, einem Verein nach Schweizer Recht. Mitglieder von Baker & McKenzie International sind die weltweiten Baker & McKenzie-Anwaltsgesellschaften. Der allgemeinen Übung von Beratungsunternehmen folgend, bezeichnen wir als "Partner" einen Freiberufler, der als Gesellschafter oder in vergleichbarer Funktion für uns oder ein Mitglied von Baker & McKenzie International tätig ist. 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