Aarau, 22.9.2015 Liebe Menschen Patrizia Bertschi, Netzwerk Asyl Sie haben Namen wie Amira, Ermias, Fatemeh, Kamal, Mehari, Nahla, Mohammed, Sahah, Said, Tesfit oder Yusuf. Sie kommen aus Ländern wie Afghanistan, Eritrea, Guinea, Irak, Iran, Kongo, Sri Lanka, Syrien, Tibet und anderen mehr Sie haben Berufe wie Agronom, Ärztin, Bauer, Coiffeuse, Elektriker, Goldschmid, Hausfrau, Kindergartenkind, Köchin, Kassierin, Künstler, Lehrer, Oekonomin, Pfleger, Schüler, Schweisser, Studentin, Teppichknüpferin, Velomechaniker, Verkäuferin und vieles mehr. Eines haben sie gemeinsam: Sie haben ihr bisheriges Leben aufgegeben und sind nun auf der Flucht. Sie fliehen wegen Krieg und erfahrener oder angedrohter Gewalt, sie fliehen vor politischer Verfolgung, Perspektivlosigkeit, Arbeitslosigkeit, Hunger. Menschen, die fliehen, lassen alles zurück, auch ihr soziales Netz. Die meisten begeben sich auf einen gefährlichen Weg, liefern sich skrupellosen Schleppern aus, die ihnen vieles versprechen und davon oft wenig einhalten. Täglich sehen wir Bilder von Kriegen und Konflikten, die Menschen in die Flucht treiben, Bilder von Menschen auf der Flucht und von Menschen, die die Flucht nicht überstanden haben. Wir hören von Menschen, die sich auf die gefährliche Fahrt übers Meer machten. Sie hatten keine andere Möglichkeit. Fliehen ist meistens eine brutale Erfahrung, die man nur auf sich nimmt, weil Bleiben nicht mehr geht und nur die Hoffnung bleibt, dass es nach der Flucht besser wird. Freiwillig flieht niemand. Die Menschen, die zu uns fliehen, haben es verdient, dass wir ihnen auf Augenhöhe und mit Respekt begegnen. Sie brauchen zunächst einmal Zeit, um zur Ruhe zu kommen und sich ein Bild ihrer Lage zu machen. Sie brauchen Gelegenheiten, uns zu begegnen – und so bauen sich auch die Ängste und Vorurteile auf unserer Seite ab. Glauben wir nicht blind alles, was behauptet wird. Sind die viel zitierten „Sorgen“ der Leute hier wirklich so gross oder werden sie hochgespielt und instrumentalisiert für andere Zwecke? Fragen wir nach, schauen wir genau hin und nicht weg. Und vor allem: Nutzen wir das Wissen, das Können, die Erfahrung und das Talent von Flüchtlingen, denn das ist meistens das Einzige, das sie mitnehmen konnten. Sie wollen hier in Ruhe und Sicherheit leben, arbeiten und sich integrieren, um sich ein eigenständiges Leben aufzubauen. Geben wir ihnen diese Möglichkeit! Das bringt uns alle vorwärts. In den letzten Wochen haben Hilfswerke eine grosse Solidarität erfahren. Auch die Hilfswerke im Aargau. Viele Menschen haben sich gemeldet, um zu helfen. Das tut gut. Das ist wichtig. Diese Welle der Solidarität muss weitergehen, denn solange das Gefälle zwischen Nord und Süd so gross und die Ungerechtigkeiten so massiv sind, solange Menschen verfolgt werden und im Krieg leben, solange werden Menschen migrieren oder eben fliehen. Wir müssen hinstehen und für die Flüchtlinge einstehen.
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