Gott und die Fluchtlinge 11. Oktober 2015 Markus Wüthrich FEG Horw-Kriens Einleitung Ich komme von zwei erholsamen Ferienwochen zurück. Kein Internet, keine Zeitung - nur die News, die man einfach so aufschnappt, wenn man nicht ganz in der Einöde lebt. Das hat gut getan. Aber jetzt sind wir wieder am Ankommen im Alltag. Und zum Alltag gehören auch die Nachrichten über die Flüchtlingswelle. Ich las gestern den Bericht eines Mädchens, wie es von Syrien nach Deutschland gekommen ist. Es ist nicht einfach eine Sache, diese Flüchtlingswelle. Nicht so etwas, wie eine Naturkatastrophe, über die wir hier erregt diskutieren und Meinungen hin- und herschieben. Es sind Menschen. Es sind Einzelschicksale, die hinter jedem Gesicht stecken. Jede Frau, jedes Kind, jeder Mann, die wir auf solchen Fotos sehen, ist ein von Gott geliebter Mensch, wertvoll, unersetzbar. Und diese Menschen stehen vor unserer Tür. Sie kommen. Wie gehen wir damit um? Mit unseren theoretischen Überzeugungen, mit der Angst, der Überforderung, dem Wunsch zu helfen? Es ist erfreulich, dass es viele privaten Initiativen gibt, die etwas anpacken wollen. Die Schweizerische Evangelische Allianz hat vor 2 Wochen eine Idee lanciert: sie wollen eine Fachperson anstellen, die unterstützen kann, wenn jemand Flüchtlinge bei sich privat aufnehmen möchte. Immerhin hatten sich bei der Evangelischen Allianz bereits 500 Leute gemeldet, die Privatunterkünfte anbieten möchten. Das benötigte Geld für diese Teilzeitstelle wird via Crowdfunding gesammelt - innerhalb von 2 Wochen ist die Zielsumme bereits übertroffen worden. Wir stecken mitten in unserer Predigtserie zu diesem Thema. Heute will ich nicht politisieren oder Apelle machen. Ich glaube, wir sollten heute einfach mal anhalten und beobachten, wie Gott im Verlauf der Geschichte mit Flüchtlingen umgegangen ist. Dabei wird etwas offensichtlich: Gott hat ein grosses Herz für die Schwachen - und Flüchtlinge gehören definitiv zu den Schwachen. Entwurzelt, heimatlos, oft sehr, sehr arm und misshandelt. Die Bibel steckt voller Geschichten über Flucht und das Leben in einem fremden Land. Kommt, wir lassen ein paar solche Geschichten auf uns wirken. Auf der Flucht vor Gott Die erste Geschichte überrascht. Da sind Menschen auf der Flucht - aber nicht vor Gewalt oder Hunger, sondern vor Gott. Adam und Eva haben Angst vor Gott. Sie fliehen, verstecken sich: Und sie hörten die Stimme Gottes des Herrn, der im Garten wandelte, als der Tag kühl war; und der Mensch und seine Frau versteckten sich vor dem Angesicht Gottes des Herrn hinter den Bäumen des Gartens. Da rief Gott der Herr den Menschen und sprach: Wo bist du? Und er antwortete: Ich hörte deine Stimme im Garten und fürchtete mich, denn ich bin nackt; darum habe ich mich verborgen! (1.Mose 3,8-10 schlachter2000) Warum bringe ich diese Geschichte? Weil hier die Wurzel des ganzen Flüchtlingsproblems aufgezeigt wird. Es ist die Sünde. Das bedeutet nicht, dass die Flüchtlinge auf der Flucht sind, weil sie gesündigt haben. Aber das bedeutet, dass die Sünde die erste Ursache ist, dass überhaupt Menschen flüchten müssen. Wenn wir hier mit den Schultern zucken, dann haben wir wieder einmal vergessen, wie tief sich das Prinzip der Sünde in das menschliche Wesen eingegraben hat. Eva und dann auch Adam haben nicht einfach eine leckere Frucht gegessen. Sie haben vielmehr begonnen, Gottes Güte zu misstrauen. Und sie haben sich selber die Regeln gemacht. Selbstherrlichkeit. Sie wollten nicht mehr „SEIN“, nicht mehr geliebte Geschöpfe Gottes sein - das hat ihnen nicht genügt. Sie wollten „HABEN“, gierig die Frucht für sich haben, und die absolute Erkenntnis haben. Das war der Sündenfall. Was war die Folge? Angst, Scham und Schuld. Angst vor dem Tod, Angst vor Konsequenzen, Angst vor dem gerechten, heiligen Gott, Angst vor Strafe, Angst ums Leben. Und Scham. Sie schämten sich vor sich selber - sie hatten so nichts zu bieten. Sie schämten sich voreinander, vor der ganzen Schöpfung - und versteckten sich vor Gott. Und Schuld. Das Gewissen belastet und verschmutzt. Das nagende Wissen: da war etwas Unrecht, da habe ich voll neben dem Ziel vorbeigeschossen, da habe ich eine Grenze übertreten. Angst, Scham und Schuld begleiten auch den heutigen Flüchtlingsstrom. Schauen wir in die Gesichter. Angst, Scham und Schuld können aber auch einen freien Mitteleuropäer in die Flucht schlagen. Vielleicht bist du auch schon auf einer solchen Flucht gewesen. Es ist keine Flucht aus einem unsicheren Land. Aber es ist die Flucht aus der Verantwortung, die Flucht in ein verhärtetes Herz, die Flucht vor Gott. Wie geht Gott mit diesen Flüchtlingen um? Gott geht Adam und Eva nach. Er könnte sie ihrem Schicksal überlassen. Aber so ist Gott nicht. Er zeigt ihnen ZUWENDUNG. Und Gott spricht mit seinen Flüchtlingen. Stellt Fragen. Deckt auf, was wirklich geschehen ist. Und zieht faire Konsequenzen. Er gibt GERECHTIGKEIT: Adam und Eva bekommen Asyl vor sich selber. Sie ziehen aus dem Paradies aus. Aber nicht ohne, dass Gott ihnen zwei Dinge mit gibt: Hoffnung und Kleidung. Die Hoffnung legt Gott in eine besondere Aussage: es wir einer kommen, welcher dem Satan, der die beiden in die Sünde gezogen hat, den Kopf zertritt. Es gibt Erlösung von der Sünde. Das ist die HOFFNUNG, die heute jedem Menschen zugerufen werden muss. Es gibt Hilfe in Angst, neue Ehre statt Scham und Vergebung der Schuld! Und dass Gott den Adam und die Eva nicht nackt ziehen lässt, sondern mit Fellen einkleidet, beweist seine GÜTE. Menschen sollen nicht in ihrer Scham stecken bleiben - sie sollen wieder Würde bekommen. Diese vier Stichworte sollten wir uns merken, wenn wir über die Flüchtlinge nachdenken: Zuwendung, Gerechtigkeit, Hoffnung und Güte. Auf der Flucht vor Rache Wie abgrundtief die Sünde im menschlichen Herzen verankert ist, zeigt die Geschichte der beiden Söhne von Adam und Eva. Der ältere, Kain, wird zum Flüchtling, zum echten Flüchtling. Weil er ein Brudermörder war und die Rache der Angehörigen fürchtete. Wieder war die Sünde die Ursache: Kain wollte HABEN: die Ehre bei Gott und bei Menschen. Und weil er dachte, sein Bruder hätte mehr davon, hat er ihn beseitigt. Fein säuberlich geplant war er, dieser Mord. Kaum war es geschehen, wurde er überschwemmt von den Folgen der Sünde: Schuld - er war erschlagen von seiner Schuld. Das Blut seine Bruders schrie nach Gerechtigkeit. Er konnte es nicht mehr rückgängig machen. Angst - was sagen die Angehörigen? Das Wort „Blutrache“ gab es noch nicht, aber genau davor fürchtete Kain sich. Und er schämte sich. Und Kain sprach zum Herrn: Meine Strafe ist zu groß, als daß ich sie tragen könnte! Siehe, du vertreibst mich heute vom Erdboden, und ich muß mich vor deinem Angesicht verbergen und ruhelos und flüchtig sein auf der Erde. Und es wird geschehen, daß mich totschlägt, wer mich findet! Da sprach der Herr zu ihm: Fürwahr, wer Kain totschlägt, der zieht sich siebenfache Rache zu! Und der Herr gab dem Kain ein Zeichen, damit ihn niemand erschlage, wenn er ihn fände. Und Kain ging hinweg von dem Angesicht des Herrn und wohnte im Land Nod, östlich von Eden. (1.Mose 4,13-16) Und auch diesem Flüchtling, dem Brudermörder, begegnet Gott mit Zuwendung, Gerechtigkeit, Hoffnung und Güte... Gott schützt Kain vor unangemessener Blutrache. Auch heute fliehen Menschen, ähnlich wie Kain, weil sie ein Verbrechen begangen haben. Aber nicht jedes dieser Verbrechen ist ein Mord. Viele fliehen auch, weil sie ein Gesetz in ihrem Land übertreten haben, das für uns vollkommen unnachvollziehbar ist: weil sie ihren Glauben gewechselt haben! Bekannt ist eine pakistanische Frau, die als Kind mit ihrer muslimischen Familie nach Österreich kam. Dort ist sie zum Glauben an Jesus gekommen - was in ihrer Familie eine negative Kettenreaktion auslöste. Sie musste vor ihrer Familie fliehen - in Österreich! Seither lebt sie unter Polizeischutz, ist unter ihrem Decknamen Sabatina James bekannt und setzt sich für unterdrückte Frauen ein. Auch Menschen, die vor der Rache ihres Volkes flüchten, haben Recht auf Schutz. So ist Gottes Herzschlag. Lasst uns unseren Herzschlag mit Gottes Herzschlag synchronisieren. Auf der Flucht vor der Hungersnot Blättern wir einige Seiten weiter, finden wir in 1.Mose 12 den Start einer neuen Geschichte. Es ist das Leben von Abraham und seinen Nachkommen. Abraham begegnet uns zuerst als wohlhabender Bürger eines Ortes am persischen Golf. Dann verlässt er seine Heimat, weil er Gottes Ruf hörte. Er war bereit, alles zurückzulassen, um auf Hoffnung hin ihn ein fremdes Land zu ziehen. Dort konnte er sich kein Haus bauen. Das Land gehörte ihm nicht. Er war ein Fremdling, der als Halbnomade in Zelten wohnte und mit seinen Viehherden von Ort zu Ort zog. Das „Fremd-Sein“ kannte Abraham von Grund auf. Du wohnst an einem Ort und bist doch fremd. Entwurzelt sein, keine richtige Heimat haben - das ist auch die Grunderfahrung von Flüchtlingen. Dann geschieht etwas Unvorhergesehenes: eine Hungersnot zwingt Abraham, all sein Hab und Gut zusammen zu raffen und zu fliehen. Das Land gibt nicht mehr genug Nahrung her für die Einheimischen und für Abrahams grosse Herden. Abraham wird zum Wirtschaftsflüchtling. Es entstand aber eine Hungersnot im Land; da zog Abram nach Ägypten hinab, um dort als Fremder zu leben, denn die Hungersnot lag schwer auf dem Land. (1.Mose 12,10) Diese Flucht war temporär. Als die Lage wieder besser war, kehrte Abraham zurück. Aber dort in Ägypten wurde er und seine Familie aufgenommen und versorgt. Das war normal. Abraham probierte dort, mit Tricks durchzukommen, weil er ja nicht wusste, ob er den Ägyptern wirklich trauen konnte. Auch das ist normal. Es hat wieder mit der Sünde im menschlichen Herzen zu tun: selbstherrlich alles so drehen, dass es uns gut geht und Gottes Güte nicht restlos vertrauen. Nun, Hungersnöte auf der ganzen Welt treiben Menschen auf die Flucht. Die, die fliehen können, tun's. Andere können es nicht, es fehlen ihnen die Möglichkeiten dazu. Und wir im reichen Europa? Während wir diskutieren, ob der Staat 2 Promille mehr Entwicklungshilfe zahlen soll oder ob dies nicht besser staatsunabhängige Organisationen (NGOs) tun sollten, sterben jährlich x Tausende an Hunger. Wir diskutieren, ob Wirtschaftsflüchtlinge legitime Asylbewerber sind, reden über Prinzipien und Definitionen. Aber jeder Mensch, der an Hunger und Not leidet, ist ein Einzelschicksal. Und ein von Gott geliebter Mensch. Gott will auch hier dieses: dass sich seine Leute in seinem Namen diesen Menschen zuwenden, ihnen Gerechtigkeit und Hoffnung bringen und ihnen mit Güte begegnen. Im Jakobusbrief im Neuen Testament der Bibel wird das sehr deutlich ausgesprochen: Wenn nun ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung ist und es ihnen an der täglichen Nahrung fehlt, und jemand von euch würde zu ihnen sagen: Geht hin in Frieden, wärmt und sättigt euch!, aber ihr würdet ihnen nicht geben, was zur Befriedigung ihrer leiblichen Bedürfnisse erforderlich ist, was würde das helfen? So ist es auch mit dem Glauben: Wenn er keine Werke hat, so ist er an und für sich tot. (Jakobus 2,15-17 ngü) Verschleppt Den Urenkel von Abraham lernen wir als versnobbten Egoisten kennen: Josef. Durch sein Verhalten und seine eingebildete Art, aber auch durch die Bevorzugung durch den Vater und scheinbar auch durch Gott, zieht Josef die Feindschaft seiner zehn älteren Brüder auf sich. Feindschaft ist Sünde! Hass ist Sünde: sich selbstherrlich das Recht verschaffen, die eigenen Regeln durchsetzen, die verhassten Menschen aus dem Weg räumen. Die zehn älteren Brüder verkaufen Josef an eine Schlepperbande. Nun gut, das waren eigentlich rechtschaffene Händler, die mit ihren Kamelen durch die Gegend zogen. Wobei: rechtschaffen? Wer kauft Menschen - und verkauft sie wieder? Die Sünde, die in allem einen Profit sieht, verblendet Menschen, solche Dinge zu tun. Sogar so weit zu gehen, um Leuten ihr eigenes Geld abzuknöpfen, um sie in einem löchrigen Boot oder einem Kühlwagen über irgendeine Grenze zu schleppen. Spannend bei der Geschichte von Josef ist, wie er selber mit seinem Einzelschicksal umgeht. Baut er in seinen Gedanken nun selbst einen unbändigen Hass gegen seine Brüder, gegen seine Schlepper und gegen seinen Sklavenhalter in Ägypten auf? Das wäre normal und nachvollziehbar. Ich habe das einmal selbst aus nächster Nähe erlebt: in den 90er Jahren waren im Eigental Flüchtlinge aus dem Kosovo einquartiert. Wir haben mit dem Teen-Treff einen Spielnachmittag für Kinder in diesem Camp durchgeführt. Dabei lernten wir einen jungen Mann kennen, ein Musiker und Lehrer. Er brachte den albanischen Kindern Gedichte und Lieder bei, die sie uns vortrugen. Wir verstanden die Kinder nicht, aber ihre Stimme war jeweils laut und aggressiv. Als wir die Bedeutung der Texte erfuhren, war ich schockiert: Hass, Hass, Hass! Hass gegen die Serben, welche im Balkan damals gegen die Kosovo-Albaner kämpften. Aber Josef kultiviert nicht Hass. Im Gegenteil: er lässt sich von Gott im Innersten verändern. Er reagiert auf Gottes Anklopfen - und wird zu einer Schlüsselperson im fremden Land! Er selbst sah sein Schicksal rückblickend so: Da sprach Joseph zu seinen Brüdern: Tretet doch her zu mir! Als sie nun näher kamen, sprach er zu ihnen: Ich bin Joseph, euer Bruder, den ihr nach Ägypten verkauft habt! Und nun bekümmert euch nicht und macht euch keine Vorwürfe darüber, daß ihr mich hierher verkauft habt; denn zur Lebensrettung hat mich Gott vor euch her gesandt! (...) Und nun, nicht ihr habt mich hierher gesandt, sondern Gott: Er hat mich dem Pharao zum Vater gesetzt und zum Herrn über sein ganzes Haus und zum Herrscher über das ganze Land Ägypten. (1.Mose 45,4-5.8 schlachter2000) So können auch Flüchtlinge bei uns zu Schlüsselpersonen werden. Wenn sie Gott finden, wie Josef Gott fand dann werden sie uns gut tun. Wenn sie aber in ihrem Hass bleiben, können sie uns auch beeinflussen. Nun, welchem Gott begegnen die flüchtenden Afghanen, Eriträer und Syrer, wenn sie zu uns nach Europa kommen? Werden sie dem Gott begegnen, der ein Herz für die Schwachen hat? Vergiss deine eigene Fremdlingszeit nicht! So kam es, dass Israel in Ägypten zu einem Volk heranwuchs. Nach Jahrhunderten wurden sie von dem ägyptischen König versklavt - und konnten schliesslich fliehen, mit Gottes Hilfe. Eine ganze Generation lang lebte das Volk dann als Flüchtlinge in der Wüste Sinai. Und hier holt sie Gott ab: sie, die Flüchtlinge, spricht er an und sagt: „Ihr seid mein Volk und ich bin euer Gott!“ Er gibt ihnen als Rahmenbedingungen die Zehn Gebote - die Zehn Gebote sind in einem Flüchtlingsumfeld entstanden! Und schliesslich legt ihnen Gott sein Herzensanliegen für die Schwachen ans Herz: Denn der Herr, euer Gott, Er ist der Gott der Götter und der Herr der Herren, der große, mächtige und furchtgebietende Gott, der die Person nicht ansieht und kein Bestechungsgeschenk annimmt, der der Waise und der Witwe Recht schafft und den Fremdling liebhat, so daß er ihm Speise und Kleidung gibt. Und auch ihr sollt den Fremdling lieben, denn ihr seid ebenfalls Fremdlinge gewesen im Land Ägypten. (5.Mose 10,17-19 schlachter2000) Kürzlich hörte ich einem Gespräch auf einem Berggipfel zwischen zwei Wanderern zu. Es ging - wie könnte es anders sein - um die Flüchtlinge. Der eine sagte etwas in dem Sinn, dass viele ja „nur“ Wirtschaftsflüchtlinge seien. Der andere erwiderte: „Wenn ich daran denke, wie viele Schweizer im 19.Jahrhundert auswanderten, um in einem andern Land bessere Lebensumstände zu finden...“ Vergiss nie, dass auch dein eigens Volk nicht immer heimisch war. Es gibt immer Flüchtlingssituationen auf dieser Welt, weil es immer Sünde gibt - und die Folgen der Sünde, ob Krieg oder Hunger, die Leute auf die Flucht bringen. Als Christen haben wir sogar noch einen erweiterten Denkrahmen: wir sind hier auf dieser Welt nicht definitiv zu Hause. Wir haben eine Heimat im Himmel. Hier sind wir - so etwas wie Fremdlinge in der Welt. Vergiss deine eigene Fremdlingszeit nicht! Das hilft, den einzelnen Menschen, die jetzt kommen und vor unserer Türe stehen, mit anderen, barmherzigeren Augen zu begegnen. Sie brauchen Zuwendung, sie brauchen Gerechtigkeit, sie brauchen Hoffnung auf Rettung - auch auf Rettung ihrer Seelen vor der Sünde! Und sie brauchen Güte: offene Türen, Kleider, Wärme, menschliche Nähe! Warum? Weil Gott ihnen das geben möchte - und wo hat Gott seine Hände und Füsse in dieser Welt? Gott und die Flüchtlinge Die Flüchtlingsgeschichten in der Bibel sind bei weitem nicht fertig. Naomi und ihr Mann fliehen vor der Hungersnot. David flieht vor dem despotischen König Saul. Maria und Josef fliehen vor dem mörderischen Herodes. Onesimus flieht aus der Sklavenschaft von Philemon. Priszilla und Aquila fliehen aus der Stadt Rom, weil dort Juden verfolgt wurden... Und heute fliehen Syrer, Afghanan, Eriträer und viele mehr. Es fliehen auch Schweizer vor Schweizern - oder vor sich selber - oder sie fliehen vor Gott. Lasst mich zum Abschluss diese Frage stellen: Was wäre, wenn Gott die Situation nicht ausser Kontrolle geraten wäre? Was wäre, wenn er einen guten Plan hinter all den schrecklichen Dingen hätte? Dann müssten wir fragen: Was könnte sein guter Plan sein? Dass Hungernde gesätigt werden und Nackte bekleidet (Mat 25) Dass Menschen zum Segen im Fremden Land werden? (Vgl. Josef) Dass Schutz und Gerechtigkeit geschieht Dass die Gemeinde von Jesus in Bewegung gesetzt wird! These 1: Viele von uns können nicht in andere Länder reisen, um dort die Liebe Gottes weiterzugeben - als Missionare oder Entwicklungshelfer. Aber Gott sendet uns jetzt die Leute vorbei. These 2: Wir leben in einem nach-christlichen Land. Die Reaktion unserer Einheimischen aufs Evangelium klingt so: „Das brauche ich nicht.“ Warum nicht? Viele von uns sagen: „Es geht ihnen zu gut.“ Ich glaube das eigentlich nicht so ganz: es kann niemandem zu gut gehen, um das Evangelium zu verstehen und anzunehmen. Das Problem ist meiner Meinung nach vielmehr: sie haben keine Ahnung, was das Evangelium wirklich ist! (Der Apostel Paulus nennt es in den Korintherbriefen so: es ist ein Schleier auf ihrem Verständnis, sie sind „Unkundige“.) Und uns hören sie nicht zu. Warum wohl? Vielleicht sind es die Vorurteile: veraltet, uninteressant, nicht relevant - ohne Bedeutung. Und vielleicht haben wir selber ein paar Böcke geschossen: die Bibel um die Ohren gehauen... Oder wir sind nicht echt - reden fromm, sind aber im Leben nicht aufrichtig... Und jetzt kommen Syrer, Eriträer, Aghanen mit weichen Herzen, mit Sehnsucht nach Liebe und hoher Bereitschaft, ihre Verfolger zu hassen! Und sie lernen hier Jesus kennen. Sie erfahren, was es bedeutet erlöst zu sein: frei von Schuld - und Schuldgefühlen frei von Hass und Rachegefühlen Trost in und Heilung von traumatischen Erfahrungen Sie werden voll Feuer sein und unsere eigenen Leute erreichen. Ja, das ist die These: Gott will durch Ausländer, die von der Liebe Gottes erfasst werden, unser eigenes Volk wieder zurückgewinnen für den Glauben an den Erlöser Jesus Christus. Damit die Sünde besiegt wird. Damit auch freie Mitteleuropäer wirklich frei werden und nicht vor Gott flüchten müssen. Lasst uns beten … für die Flüchtlinge, die jetzt unterwegs sind, dass sie Heimat finden … für die Gastländer: für Weisheit, Kraft und gute Integration … für uns als Christen: für Mut und Gelegenheiten, Gottes Liebe zu zeigen … für uns persönlich: was ist unsere Möglichkeit, Chance, Auftrag? Gottes Herz schlägt für die Schwachen. Und meines? Und deines?
© Copyright 2024 ExpyDoc