MEDIENKONFERENZ VOM 2.SEPTEMBER 2015 Daniel Lampart, Leiter SGB-Sekretariat Gute Geschäftslage in vielen Branchen: Lohnerhöhungen von bis zu 1.5 Prozent – insbesondere bei langjährigen Mitarbeitenden In den letzten Monaten hat sich die Weltkonjunktur weiter erholt. Insbesondere in der für die Schweiz wichtigen Europäischen Union haben sich die Aufwärtstendenzen gefestigt. Die Arbeitslosigkeit sinkt, was sich positiv auf den Privatkonsum und die Wohnbautätigkeit auswirkt. Die Produktionskapazitäten sind besser ausgelastet, wodurch die Firmen vermehrt bereit sind, Investitionen zu tätigen. Auch in den USA setzt sich die wirtschaftliche Erholung fort. Gewisse Unsicherheiten gibt es in Bezug auf die Schwellenländer. In der Schweiz fällt vor allem die robuste Entwicklung der Binnenwirtschaft positiv auf. Die Geschäftslage im Bau – insbesondere im Ausbaugewerbe – ist ausgesprochen gut, wie die Umfragen der KOF ETH bei den Firmen zeigen. Auch die Branchen Verkehr/Kommunikation machen gute Geschäfte. Im Finanzsektor setzte sich die Erholung seit der Finanzkrise fort. Die Banken und Versicherungen machen Gewinne. Die Geschäfte laufen gemäss Angaben der Firmen grossmehrheitlich gut (KOF-Umfragen). Die Exportwirtschaft sowie Teile des Detailhandels in Grenzregionen spüren den überbewerteten Franken, wobei die leichte Abwertung in letzter Zeit etwas Luft gibt. Positiv ist jedoch die Konjunkturerholung auf den ausländischen Absatzmärkten. Sie belebt die Nachfrage nach Schweizer Produkten. Zudem sind die Einkäufe von ausländischen Vorprodukten gegenüber dem Vorjahr um mehr als 10 Prozent billiger geworden. Die Energiepreise sind sogar um rund ein Drittel gesunken. 2 Geschäftslage in Branchen der Schweizer Binnenwirtschaft Saldo1 gemäss KOF-Umfrage, saison- und zufallsbereinigt (Bau) Bauhauptgewerbe Ausbaugewerbe Verkehr, Kommunikation 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: KOF Geschäftslage bei Banken und Versicherungen Saldo gemäss KOF-Umfrage, saisonbereinigt Banken Versicherungen 70 60 50 40 30 20 10 0 -10 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: KOF 1 Der Saldo ist definiert als der Anteil der Firmen mit „guter Geschäftslage“ minus Firmen mit „schlechter Geschäftslage“ multipliziert mit 100. Sind die Werte positiv, überwiegen somit Firmen, welche im Rahmen der Umfrage eine „gute Geschäftslage“ gemeldet haben. 3 Auch die öffentlichen Finanzen entwickeln sich grösstenteils positiv - im Gegensatz zur Schwarzmalerei verschiedener Kantonsregierungen. Die Budgets und Finanzpläne sind in der Regel zu pessimistisch wie die im Juni veröffentlichte Untersuchung des SGB zu den Kantonsfinanzen zeigt . Zwischen 1999 und 2014 fielen die Rechnungen – gemessen an den Einnahmen um 3.7 Prozent besser aus als budgetiert. 2 Budgets und Rechnungsergebnisse der Kantone In Prozent der Einnahmen Budget Rechnung 8% 6% 4% 2% 0% -2% -4% 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 -6% Quelle: FDK, SGB Ungenügende Lohnentwicklung in den letzten 10 Jahren – besonders für langjährige MitarbeiterInnen und Berufsleute mit Lehre In den letzten 10 Jahren ist die Produktivität der Berufstätigen in der Schweiz gemäss offiziellen Zahlen um fast 11 Prozent gestiegen . Effektiv dürfte das Wachstum noch höher sein, da diese Zahlen die tatsächliche Entwicklung unterschätzen. Die Löhne haben damit nicht Schritt gehalten. Sie stiegen real um knapp 8 Prozent. 3 4 5 Besonders schwach war die Lohnentwicklung bei den langjährigen MitarbeiterInnen in den Betrieben. Wer 20 Jahre und mehr in der Firma tätig war, erhielt eine Reallohnerhöhung von 2.7 Prozent (Median). Auch bei den Berufstätigen mit einer Lehre als höchstem Abschluss ist die 2 3 4 5 D. Lampart und A. Tanner (2015): Fragwürdige Spar- und Steuerpolitik in den Kantonen, SGB-Dossier Nr. 111. Stundenproduktivität gemäss BFS, http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/04/03/blank/key/02.html. Zur Berechnung der realen Wertschöpfung deflationiert das BFS die nominalen Wertschöpfungszahlen in gewissen Dienstleistungsbranchen mit den Lohnindizes. Diese Lohnindizes enthalten jedoch nicht nur den Teuerungsausgleich, sondern auch eine Erhöhung infolge der höheren Produktivität. Ein Teil des Produktivitätsanstiegs wird deshalb „wegdeflationiert“. Lohnindex des BFS +7.6 Prozent. Schätzung mit Medianlohn gemäss Lohnstrukturerhebung ca. +8.1 Prozent (Gesamtwirtschaft) bzw. +7.3 Prozent (Privatsektor und Bund). 4 Lohnentwicklung vergleichsweise schwach. Ihre Reallöhne stiegen um 3 Prozent. Diese falschen Entwicklungen müssen nun korrigiert werden. Lohnwachstum nach Lohnklasse 1996 bis 2012 Preisbereinigt, Privatwirtschaft und Bund 14% 12% 12% 10% 7,3% 8% 6% 4% 3% 2% 0% Lehre Mittlerer Lohn, alle Arbeitnehmenden Oberste Kader Quelle: BFS, Lohnstrukturerhebung Lohnwachstum nach Dienstalter 2004 bis 2012 Preisbereinigt, Privatwirtschaft und Bund bzw. für Dienstjahre 2010-2012: Gesamtwirtschaft 9,0% 8,0% 7,3% 7,8% 7,0% 6,0% 5,0% 4,0% 2,7% 3,0% 2,0% 1,0% 0,0% Alle Weniger als 1 Dienstjahr 20 Dienstjahre und mehr Quelle: BFS, Lohnstrukturerhebung 5 Lohnforderungen für 2016 - zahlreiche bereits vereinbarte Lohnerhöhungen Die SGB-Verbände fordern für 2016 Lohnerhöhungen bis zu 1.5 Prozent – abhängig von den finanziellen Möglichkeiten und dem Handlungsbedarf in den Branchen. Überfällig sind Lohnerhöhungen für langjährige Mitarbeitende und Berufstätige mit einer Lehre. Gerade die Situation bei den langjährigen Mitarbeitenden erfordert generelle Lohnerhöhungen. Sie kommen in der Regel zu kurz, wenn die Firmen ihre Löhne nur individuell erhöhen. Verschiedene Branchen und Firmen haben die Löhne für 2016 bereits im Rahmen von GAVVerhandlungen beschlossen. Diese Lohnerhöhungen bewegen sich im Bereich von 0.6 bis 2.15 Prozent. Im Reinigungs-GAV der Westschweiz steigen die Mindestlöhne zwischen 1.2 und 2.15 Prozent. Bei der SBB werden für individuelle Lohnentwicklung 0.8 Prozent Lohnsumme eingesetzt plus weitere 0.4 Prozent für überdurchschnittliche Leistungen. Bei der Post schliesslich gibt es eine Lohnerhöhung von 0.6 Prozent plus eine Einmalzahlung von 400 Franken.
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